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Girovertrag – Falschüberweisung und Rückforderungsanspruch

Amtsgericht München

Az: 222 C 5471/07

Urteil vom 18.06.2007


Das Amtsgericht München erläßt in dem Rechtsstreit wegen Forderung aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3.5.2007 am 18.6.2007 folgendes Endurteil

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klagepartei.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann von der Klagepartei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Streitwert wird auf EUR 1.800,– festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen Pflichtverletzung eines Girovertrages.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten unter der Kontonummer XXX ein Girokonto. Auf dieses Konto sollte von der Firma XXX ein Betrag von EUR 1.800,– überwiesen werden. Überweisende Bank war die Kreissparkasse XXX. Der Überweisungsauftrag erfolgte im beleglosen Zahlungsverkehr, d. h. im Wege des Online-Banking. Auf dem Überweisungsträger wurde am 22.11.2005 durch den Geschäftsführer der XXX versehentlich eine falsche Kontonummer angegeben. Das fälschlicherweise angegebene Konto mit der Nummer XXX lautet auf den Namen von XXX. Dieser wurde der Betrag von EUR 1.800,– überwiesen. XXX ist aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, das Geld zu erstatten. In einem vom Kläger gegen sie vor dem Amtsgericht Schorndorf geführten Rechtsstreit erklärte sie, dass sie zahlungsunfähig ist. Das Verfahren endete durch Abschluss eines Vergleichs, in welchem XXX dem Kläger sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte abtrat.

Der Kläger behauptet; die XXX habe ihm ihre Ansprüche gegen die versehentliche Empfängerin XXX und gegen die Beklagte abgetreten.

Er ist der Auffassung, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, einen Abgleich zwischen dem von der Kreissparkasse XXX als Überweisender Bank übermittelten Empfänger und der übermittelten Kontonummer vorzunehmen und die Abweichung aufzuklären. Es wäre dann nicht zu der Fehlüberweisung gekommen.
Die Beklagte sei daher zum Schadensersatz verpflichtet.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.800,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.01.07 zu bezahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 114,77 EUR (nicht anrechenbare Geschäftsgebühr) zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Sie ist der Auffassung, dass sie im beleglosen Datenverkehr berechtigt sei, die Gutschrift ausschließlich anhand numerisch übermittelten Daten vorzunehmen, wobei die angegebene Kontonummer für die Überweisung maßgeblich sei.

Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2007.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der EUR. 1.800,– weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht zu.

1. Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte, die Empfängerbank, scheitert bereits am Fehlen einer Pflichtverletzung der Beklagten.

a) Unstreitig wurde der Überweisungsauftrag der XX an die Kreissparkasse XXX im beleglosen Überweisungsverkehr erteilt. Der von der Beklagten insoweit in der Klageerwiderung dargelegte Sachverhalt wurde vom Kläger nicht bestritten. Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2007 diese Tatsache in Zweifel zog, war dies vollkommen unsubstantiiert. Das bloße Infragestellen stellt kein wirksames Bestreiten dar. Der bis dato unstreitige Vortrag gilt gemäß § 138 Absatz 3 ZPO als zugestanden. Die Gewährung einer Schriftsatzfrist hierzu war daher nicht veranIaßt. Im Übrigen kann sich die Klagepartei auch nicht auf ein bloßes Bestreiten zurückziehen, sondern müsste aufgrund der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen ihrerseits nachweisen, dass die Überweisung im beleghaften Zahlungsverkehr erfolgte. Dies ergibt sich auch nicht.aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 14.05.2007. Aus dem dortigen Vorbringen und der Anlage eines EDV-Datenträgers kann vielmehr auf eine beleglose Überweisung geschlossen werden.

b) Im beleglosen Überweisungsverkehr trifft die Beklagte als Empfängerbank keine Pflicht zum Abgleich zwischen Kontonummer und Empfängernamen.
Nachdem die Überweisende, die XXX ihre Bank durch Online-Banking mit der Überweisung beauftragt hat, handelt es sich um einen Fall des originär beleglosen Zahlungsverkehrs. In diesem Fall ist aber die Empfängerbank berechtigt, die ihr von der überweisenden Bank übermittelten Daten ausschließlich aufgrund der numerischen Angaben auszuführen (vgl. BGHZ 108, 386, 389).
Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Klagepartei zitierten Entscheidung des Thüringischen Oberlandesgerichts vom 19.12.2000. In diesem Verfahren begehrte der Überweisende von seiner eigenen, der überweisenden Bank die Erstattung eines fehlüberwiesenen Betrags und berief sich darauf, dass der Abgleich zwischen Empfänger und Konto pflichtwidrig unterblieben sei. Das Gericht stellte die Frage, ob allein die Vereinbarung der Abwicklung des Auftrages in seiner Gesamtheit im beleglosen Datenträgeraustausch auch ein Einverständnis des Auftraggebers. in einen Verzicht auf einen Abgleich des bezeichneten Empfängers mit dem Kontoinhaber des bezeichneten Kontos beinhaltet. Das Gericht verneinte dies.
Der BGH entschied jedoch in einem Urteil vom 15.11.2005, XI ZR 265/04, dass ein derartiger Verzicht jedenfalls dann zu bejahen sei, wenn – wie vorliegend – der Überweisende Unternehmer im Sinne des § 14 BGB ist und mit seiner Bank den beleglosen Überweisungsverkehr vereinbart hat.
Wenn danach schon der Überweisende, hier die XXX auf einen Abgleich verzichtet hat und die Kreissparkasse XXX als Überweisungsbank den Auftrag insgesamt als beleglosen behandeln durfte, für den dann zwischen den beiden beteiligten Banken die Vereinbarung über den beleglosen Datenaustausch in der zwischenbetrieblichen Abwicklung des Inlandszahlungsverkehrs (Clearing-Abkommen) gilt, so scheidet eine Pflichtverletzung der Beklagten aus.

2. Selbst wenn eine.Pflichtverletzung der Beklagten angenommen wurde, besteht ein Anspruch des Klägers aus eigenem Recht aber auch deshalb nicht, weil bei ihm kein Schaden eingetreten ist.

Sein ursprünglicher Erfüllungsanspruch gegen die XXX auf Zahlung der EUR 1.800,- besteht nämlich fort.

3. Etwaige Ansprüche der versehentlichen Empfängerin gegen ihre eigene .Bank wegen Zuvielüberweisung, die sie im Vergleichswege an den Kläger abgetreten hat, sind nicht ersichtlich. Hierzu wurde auch nicht vorgetragen.

4. Ein Anspruch der XXX als Auftraggeberin gegen die Beklagte besteht:nicht, da keinerlei Vertragsverhaltnisse zwischen dem Anweisenden und der Empfängerbank bestehen, weshalb eine Pflichtverletzung mangels Schuldverhältnis bereits ausscheidet. Vertragsverhältnisse bestehen lediglich zwischen dem Überweisenden und seiner Bank, zwischen der Überweisenden und der Empfängerbank sowie zwischen der Empfängerbank und dem Empfänger. Sonstige Anspruchsgrundlagen im Verhältnis zwischen der XXX und der Beklagten sind nicht ersichtlich.
Es kann daher auch offen bleiben, ob tatsächlich eine wirksame Abtretungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der XXX zustandekam.

5. Auch ein Erstattungsanspruch des Klägers nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation scheidet aus.
Zwar ist denkbar, dass der Kläger – für den Fall, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten bejaht würde – den Schaden der XXX der dieser aufgrund der Nichtbeitreibbarkeit des Überweisungsbetrages bei der Empfängerin XXX entstanden ist, im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen könnte. Es liegt jedoch kein Fall der zufälligen Schadensverlagerung vor, in dem die Rechtssprechung die Liquidation eines fremden Schadens anerkennt.

Das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 14.05.2007 wurde gemäß § 296 Absatz 1 ZPO nicht berücksichtigt, ebenso nicht der hierauf folgende Schriftsatz der Beklagtenpartei vom 18.05.2007.
Bezüglich der Frage des Auftrages wird auf die unter Ziffer 1 gemachten Ausführungen verwiesen.
Nachdem das Gericht bereits in der Terminsladung auf den fehlenden Vortrag zum Vorliegen eines Schadens beim Kläger hingewiesen hatte, bedurfte es insoweit keiner Gewährung einer weiteren Schriftsatzfrist. Soweit zum Schaden der XXX vorgetragen wird, sind diese Ausführungen auch unerheblich.

Auch soweit der Kläger zur Abtretungsvereinbarung vortragen wollte, war eine Schriftsatzfrist nicht zu gewähren, da es auf deren Wirksamkeit nach den obigen Ausführungen nicht ankam.

Nachdem die geltend gemachte Hauptforderung nicht besteht, besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlich angefallenen außergerichtlichen Geschäftsgebühr.

Aus den genannten Gründen war die Klage daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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