➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 415 HKO 84/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern
Übersicht:
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Gericht zwingt Google: AdWords-Konto trotz Sperrung wieder freizuschalten
- ✔ Der Fall vor dem Landgericht Hamburg
- Adwords-Konto von Google ohne Begründung gesperrt
- Klägerin bietet legale Online-Dienstleistungen wie Autobahnvignetten an
- Google sperrt Adwords-Konto trotz jahrelanger Zusammenarbeit
- Gericht: Sperrung war ungerechtfertigt – Google muss Konto reaktivieren
- Wichtiger Präzedenzfall zum Schutz von Adwords-Kunden
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Welche rechtlichen Schritte kann ich einleiten, wenn Google mein AdWords-Konto ohne nachvollziehbare Begründung gesperrt hat?
- Unter welchen Voraussetzungen darf Google ein AdWords-Konto wegen Verstößen gegen Werberichtlinien sperren?
- Wie kann ich überprüfen, ob eine AdWords-Kontosperrung durch Google rechtmäßig war?
- Welche Rolle spielen Googles marktbeherrschende Stellung und das Kartellrecht bei AdWords-Kontosperrungen?
- Was kann ich tun, um eine ungerechtfertigte AdWords-Kontosperrung durch Google zu verhindern?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Hamburg
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Die Klägerin, ein digitales Dienstleistungsunternehmen, forderte die Wiederfreischaltung ihres gesperrten Google AdWords-Kontos.
- Google hatte das Konto wegen angeblicher „Umgehung von Systemen“ gesperrt. Dies wurde zunächst zurückgewiesen, dann wieder freigeschaltet und kurze Zeit später erneut gesperrt.
- Die Klägerin argumentierte, dass sie keine Richtlinien umgangen habe und die Sperrung vertragswidrig sei.
- Google berief sich auf Richtlinienänderungen, die nach Vertragsabschluss eingeführt wurden, insbesondere die osDD-Richtlinie, die Werbung für staatliche Dienstleistungen untersagt.
- Die Klägerin betonte, dass ihre Anzeigen nicht irreführend oder betrügerisch seien und einen klaren Mehrwert böten, wie gebündelte Vignettenbeschaffung und mehr Zahlungsmöglichkeiten.
- Das Gericht entschied zugunsten der Klägerin und ordnete die Wiederfreischaltung des Kontos an.
- Google darf das Konto nicht mit pauschalen Verweisen auf Systemumgehung sperren.
- Bei Verstößen gegen diese Anordnung drohen Google erhebliche Ordnungsgelder oder Haftstrafen.
- Das Gericht urteilte, dass die Änderungen der Richtlinien, auf die Google sich berief, nicht wirksam in den bestehenden Vertrag einbezogen wurden.
- Die Entscheidung stärkt die Position von Werbekunden gegen unklare oder nachträglich eingeführte Richtlinien von Anbietern.
Gericht zwingt Google: AdWords-Konto trotz Sperrung wieder freizuschalten
Google AdWords ist ein weit verbreitetes Online-Werbe-Tool, das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Produkte und Dienstleistungen effizient zu bewerben. Viele Betriebe setzen auf die Reichweite und Zielgenauigkeit der Google-Plattform, um potenzielle Kunden zu erreichen. Jedoch gibt es Fälle, in denen Konten ohne ersichtlichen Grund gesperrt werden. Dies kann für die betroffenen Unternehmen mit erheblichen Schwierigkeiten einhergehen, da ihr Zugang zur Werbeplattform verloren geht. In einem solchen Fall ist es wichtig, die rechtlichen Aspekte zu kennen und die Möglichkeiten zum Vorgehen gegen eine ungerechtfertigte Kontosperrung zu verstehen. Der folgende Beitrag analysiert ein konkretes Gerichtsurteil zu diesem Thema und beleuchtet die Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien.
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✔ Der Fall vor dem Landgericht Hamburg
Adwords-Konto von Google ohne Begründung gesperrt

Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 27.12.2022 (Az.: 415 HKO 84/22) entschieden, dass Google das gesperrte Adwords-Konto einer Anbieterin von Online-Dienstleistungen wieder freischalten muss. Google hatte das Konto der Klägerin, die u.a. den Online-Vertrieb von Autobahnvignetten anbietet, überraschend und ohne Angabe nachvollziehbarer Gründe mit dem pauschalen Vorwurf einer „Umgehung von Systemen“ gesperrt.
Klägerin bietet legale Online-Dienstleistungen wie Autobahnvignetten an
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das verschiedene digitale Dienstleistungen anbietet. Dazu gehört der Vertrieb von digitalen Autobahnvignetten über mehrere Webseiten. Dabei wird den Kunden der amtliche Vignettenpreis zuzüglich eines Dienstleistungsentgelts berechnet. Die Klägerin ist von der ungarischen Mautbetreibergesellschaft ermächtigt und beauftragt, die ungarischen Vignetten in deren Auftrag über das Internet zu vermitteln. Weitere Angebote der Klägerin sind z.B. die Geltendmachung von Fahrpreiserstattungen bei Zugverspätungen.
Google sperrt Adwords-Konto trotz jahrelanger Zusammenarbeit
Seit 2018 nutzte die Klägerin den Google Adwords-Dienst, um Werbeanzeigen auf Google zu schalten. Google förderte die Klägerin aktiv, wählte sie für spezielle Werbeprogramme aus und arbeitete mit ihr zusammen, um die Werbekampagnen zu optimieren. Im Oktober 2022 sperrte Google dann plötzlich ohne Vorwarnung das Konto und verwies pauschal auf einen angeblichen Verstoß gegen die „Richtlinie zur Umgehung von Systemen“. Eine nähere Begründung erfolgte nicht.
Gericht: Sperrung war ungerechtfertigt – Google muss Konto reaktivieren
Das Gericht sah in der Sperrung sowohl einen Verstoß gegen den Nutzungsvertrag als auch einen kartellrechtlichen Missbrauch von Googles marktbeherrschender Stellung.
Die Sperrung verstieß gegen den Vertrag, da Google die Klägerin zuvor hätte konkret abmahnen und ihr die Möglichkeit zur Abhilfe geben müssen. Das war nicht geschehen. Der pauschale Hinweis auf eine nicht näher erläuterte „Umgehung von Systemen“ genügte nicht.
Kartellrechtlich liegt ein Missbrauch von Googles marktbeherrschender Stellung vor, da die Kontosperrung eine unbillige Behinderung der Klägerin darstellt. Zwar darf Google irreführende Werbung unterbinden. Die komplette Sperrung des Kontos ist aber unverhältnismäßig. Google hätte mildere Mittel wie die Ablehnung einzelner Anzeigen wählen müssen. Hinzu kommt, dass Google jahrelang eng mit der Klägerin zusammengearbeitet hatte und deren Geschäftsmodell kannte und förderte.
Das Gericht verpflichtete Google daher, das gesperrte Konto wieder freizuschalten. Auch zukünftig darf Google das Konto nicht einfach pauschal wegen angeblicher „Systemumgehung“ sperren.
Wichtiger Präzedenzfall zum Schutz von Adwords-Kunden
Das Urteil ist ein wichtiger Präzedenzfall zum Schutz von Adwords-Kunden vor willkürlichen Kontosperrungen durch Google. Es stellt klar, dass Google bei Verstößen einzelner Anzeigen gegen Werberichtlinien nicht gleich das gesamte Konto sperren darf. Vielmehr muss Google den betroffenen Kunden zunächst konkret abmahnen und ihm Gelegenheit geben, die beanstandeten Anzeigen zu ändern oder einzustellen. Nur wenn der Kunde dann weiterhin gegen die Richtlinien verstößt, kann eine Sperrung gerechtfertigt sein.
Das Gericht setzt damit Leitlinien für einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Googles berechtigtem Anliegen, Irreführungen zu unterbinden, und dem Schutz der Werbetreibenden vor unverhältnismäßigen Kontosperrungen. Gerade marktbeherrschende Unternehmen wie Google dürfen ihre Machtposition nicht missbrauchen, sondern müssen die Interessen ihrer Vertragspartner und des Wettbewerbs hinreichend berücksichtigen.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil verdeutlicht, dass Google als marktbeherrschendes Unternehmen bei Verstößen gegen Werberichtlinien nicht unverhältnismäßig ganze Konten sperren darf. Vielmehr muss Google den Interessenausgleich wahren, Kunden zunächst abmahnen und Möglichkeit zur Abhilfe geben. Nur bei fortgesetzten Verstößen sind Kontosperrungen gerechtfertigt. Der Fall zeigt beispielhaft die Grenzen der Gestaltungsmacht marktbeherrschender Unternehmen auf und stärkt die Rechte von Werbekunden gegenüber übereilten Sanktionen.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Google AdWords-Kontosperrungen wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
- Adwords-Konto von Google ohne Begründung gesperrt
- Klägerin bietet legale Online-Dienstleistungen wie Autobahnvignetten an
- Google sperrt Adwords-Konto trotz jahrelanger Zusammenarbeit
- Gericht: Sperrung war ungerechtfertigt – Google muss Konto reaktivieren
- Wichtiger Präzedenzfall zum Schutz von Adwords-Kunden
Welche rechtlichen Schritte kann ich einleiten, wenn Google mein AdWords-Konto ohne nachvollziehbare Begründung gesperrt hat?
Wenn Google Ihr AdWords-Konto ohne nachvollziehbare Begründung gesperrt hat, stehen Ihnen verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, um dagegen vorzugehen.
Als erster Schritt empfiehlt es sich, das Gespräch mit Google zu suchen. Versuchen Sie herauszufinden, aus welchen Gründen Ihr Konto gesperrt wurde. Bitten Sie um eine detaillierte Erklärung und legen Sie dar, warum Sie die Sperrung für ungerechtfertigt halten. Oft lassen sich Missverständnisse oder Fehler auf diesem Weg bereits ausräumen.
Führt der direkte Kontakt zu keiner Lösung, können Sie ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren anstreben. Dabei wird unter Vermittlung eines neutralen Dritten nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht. Der Vorteil ist, dass dieses Verfahren meist schneller und kostengünstiger ist als ein Gerichtsprozess. Allerdings ist das Ergebnis für die Parteien nicht bindend.
Bleiben Verhandlungen und Schlichtung erfolglos, bleibt Ihnen noch der Weg vor Gericht. Mit einer Klage können Sie Google zur Entsperrung Ihres Kontos und gegebenenfalls zum Ersatz entstandener Schäden verpflichten lassen. Voraussetzung ist, dass Sie nachweisen können, dass die Sperrung rechtswidrig war, Sie also nicht gegen die Nutzungsbedingungen von Google verstoßen haben.
Beachten Sie jedoch, dass ein Gerichtsverfahren langwierig und kostspielig sein kann. Zudem besteht immer das Risiko zu unterliegen. Prüfen Sie daher sorgfältig Ihre Erfolgsaussichten und wägen Sie Kosten und Nutzen ab, bevor Sie diesen Schritt gehen.
Unabhängig davon, für welchen Weg Sie sich entscheiden, ist es ratsam, sich von einem spezialisierten Anwalt beraten zu lassen. Dieser kann Ihre Rechtslage fundiert einschätzen und Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche unterstützen. Insbesondere bei einem Gerichtsverfahren gegen ein Unternehmen wie Google ist anwaltliche Vertretung praktisch unerlässlich.
Als Beispiel dient folgender Fall. Ein Online-Händler hatte über AdWords für seine Produkte geworben. Eines Tages wurde sein Konto von Google ohne Angabe von Gründen gesperrt. Trotz mehrfacher Nachfrage erhielt er keine zufriedenstellende Erklärung. Daraufhin beauftragte er einen Anwalt, der Google zur Entsperrung des Kontos aufforderte. Als Google dem nicht nachkam, erhob der Anwalt Klage. Das Gericht entschied, dass die Kontosperrung rechtswidrig war und verurteilte Google zur Zahlung von Schadensersatz für die entgangenen Werbeeinnahmen.
Unter welchen Voraussetzungen darf Google ein AdWords-Konto wegen Verstößen gegen Werberichtlinien sperren?
Google darf ein AdWords-Konto nur unter bestimmten Voraussetzungen wegen Verstößen gegen die Werberichtlinien sperren. Die Sperrung muss verhältnismäßig sein und darf nicht willkürlich erfolgen. Zunächst muss Google den Kontoinhaber über den Verstoß informieren und ihm eine angemessene Frist zur Abhilfe setzen. Erst wenn der Verstoß innerhalb dieser Frist nicht behoben wird, ist eine Kontosperrung gerechtfertigt.
Die vertraglichen Grundlagen für eine Kontosperrung ergeben sich aus den AdWords-Programmrichtlinien, die Bestandteil der Nutzungsbedingungen sind. Darin ist geregelt, dass Google Konten bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen gegen die Werberichtlinien sperren kann. Allerdings muss Google dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und die Interessen des Kontoinhabers angemessen berücksichtigen.
Gesetzlich ist eine Kontosperrung durch die Vertragsfreiheit gedeckt. Google kann als Privatunternehmen grundsätzlich frei entscheiden, mit wem es Verträge eingeht. Eine willkürliche oder diskriminierende Kontosperrung wäre jedoch rechtswidrig und könnte zivilrechtliche Ansprüche des Kontoinhabers begründen.
Zusammengefasst darf Google ein AdWords-Konto nur bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen gegen die Werberichtlinien sperren, muss den Kontoinhaber zuvor abmahnen und ihm Gelegenheit zur Abhilfe geben. Die Sperrung muss angemessen und verhältnismäßig sein. Eine willkürliche Kontosperrung ohne triftigen Grund wäre rechtswidrig.
Wie kann ich überprüfen, ob eine AdWords-Kontosperrung durch Google rechtmäßig war?
Um zu überprüfen, ob eine AdWords-Kontosperrung durch Google rechtmäßig war, sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen:
- Einhaltung der Richtlinien und Nutzungsbedingungen: Google muss nachweisen können, dass gegen die AdWords-Richtlinien oder Nutzungsbedingungen verstoßen wurde. Dabei ist eine sorgfältige Dokumentation durch Google wichtig, um den konkreten Verstoß belegen zu können. Andernfalls liegt die Beweislast bei Google, dass ein Verstoß vorlag.
- Angemessene Begründung: Die Kontosperrung muss hinreichend begründet werden. Google muss die Gründe für die Sperrung konkret darlegen und erläutern, gegen welche Richtlinien oder Bestimmungen verstoßen wurde. Eine pauschale Begründung ohne Bezug auf den konkreten Fall reicht nicht aus.
- Verhältnismäßigkeit: Die Kontosperrung muss verhältnismäßig sein. Bei leichten oder erstmaligen Verstößen wäre eine vorübergehende Beschränkung oder Verwarnung eventuell angemessener als eine sofortige dauerhafte Sperrung. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben.
- Dokumentation durch Kontoinhaber: Für den Kontoinhaber ist es wichtig, den gesamten Vorgang sorgfältig zu dokumentieren. Alle Kommunikation mit Google, Änderungen an Werbeanzeigen etc. sollten festgehalten werden. Dies dient als Nachweis im Falle einer Überprüfung oder Beschwerde.
- Rechtsmittel und Beschwerdeverfahren: Google muss ein faires Beschwerdeverfahren vorsehen, damit Kontoinhaber gegen die Sperrung vorgehen können. Dabei müssen Fristen für Rechtsmittel gewahrt und Entscheidungen ausreichend begründet werden.
Letztlich hängt die Rechtmäßigkeit einer Kontosperrung davon ab, ob Google nachweislich gegen geltende Regeln verstoßen und dabei die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des fairen Verfahrens gewahrt hat. Eine sorgfältige beidseitige Dokumentation ist für die Überprüfbarkeit unerlässlich.
Welche Rolle spielen Googles marktbeherrschende Stellung und das Kartellrecht bei AdWords-Kontosperrungen?
Google hat als marktbeherrschendes Unternehmen im Bereich der Online-Werbung eine besondere Verantwortung, den Wettbewerb nicht zu verzerren. Das Kartellrecht verbietet den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Dieses Verbot verpflichtet Google, andere Werbetreibende nicht in unzulässiger Weise zu behindern oder zu diskriminieren.
Bei AdWords-Kontosperrungen muss Google daher sorgfältig prüfen, ob tatsächlich ein Verstoß gegen die Richtlinien vorliegt. Willkürliche oder unbegründete Sperrungen wären ein Missbrauch der Marktmacht und könnten kartellrechtlich unzulässig sein. Google muss Werbetreibenden die Möglichkeit geben, etwaige Verstöße zu beheben und Sperrungen anzufechten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Wettbewerb auf dem Markt für Online-Werbung unbillig eingeschränkt wird.
Die Europäische Kommission hat Google bereits mehrfach wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung hohe Geldbußen auferlegt. So wurde 2017 eine Strafe von 2,42 Mrd. Euro verhängt, weil Google durch die Bevorzugung des eigenen Preisvergleichsdienstes bei der Google-Suche andere Anbieter benachteiligte. 2018 folgte eine weitere Milliardenstrafe im Zusammenhang mit Googles Smartphone-Betriebssystem Android.
Aktuell untersucht die EU-Kommission, ob Google seine Marktmacht bei der Vermittlung von Online-Werbung missbraucht. Dabei geht es auch um mögliche Benachteiligungen von Werbekunden und Webseitenbetreibern. Die Kommission prüft sogar, Google zur Aufspaltung von Teilen seines Werbegeschäfts zu zwingen.
Diese Beispiele zeigen, dass die Einhaltung des Kartellrechts für Google von enormer Bedeutung ist. Bei AdWords-Kontosperrungen muss das Unternehmen äußerste Sorgfalt walten lassen, um Vorwürfe des Missbrauchs zu vermeiden. Andernfalls drohen teure Rechtsstreitigkeiten und möglicherweise weitreichende Auflagen der Wettbewerbshüter.
Was kann ich tun, um eine ungerechtfertigte AdWords-Kontosperrung durch Google zu verhindern?
Um eine ungerechtfertigte AdWords-Kontosperrung durch Google zu verhindern, ist es wichtig, proaktiv zu handeln und einige vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Zunächst sollten Sie sich gründlich mit den Google Ads-Richtlinien vertraut machen und diese sorgfältig einhalten. Erstellen Sie Werbeinhalte, die transparent, klar verständlich und nicht irreführend sind. Vermeiden Sie jegliche Praktiken, die gegen die Richtlinien verstoßen könnten.
Überwachen Sie Ihr Konto regelmäßig auf potenzielle Verstöße oder Probleme. Richten Sie automatisierte Warnungen ein, um frühzeitig über mögliche Richtlinienverletzungen informiert zu werden. Führen Sie in regelmäßigen Abständen Audits durch, um die kontinuierliche Compliance mit den Google Ads-Richtlinien sicherzustellen. Überprüfen Sie dabei Ihre Werbekampagnen, Keywords, Targeting-Einstellungen und Landingpages.
Sollten Unklarheiten oder Fragen auftreten, zögern Sie nicht, den Support von Google zu kontaktieren. Eine enge Kommunikation mit Google kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden und potenzielle Probleme frühzeitig zu klären. Dokumentieren Sie zudem sorgfältig alle Ihre Compliance-Bemühungen, um im Falle einer Überprüfung Ihren guten Willen nachweisen zu können.
Schulen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig zu den Google Ads-Richtlinien und sensibilisieren Sie sie für die Bedeutung der Einhaltung. Ein professionelles Beschwerdemanagement kann ebenfalls dazu beitragen, Kundenbeschwerden effizient zu bearbeiten und mögliche Konflikte zu entschärfen, bevor sie zu einer Kontosperrung führen.
Letztendlich ist es wichtig, sich auf den Fall einer Kontosperrung vorzubereiten. Erstellen Sie einen Notfallplan, der die erforderlichen Schritte zur Wiederherstellung Ihres Kontos klar definiert. Dazu gehören die sorgfältige Überprüfung der Richtlinien, die Behebung von Verstößen, die Einreichung eines Überprüfungsantrags und die Dokumentation aller getroffenen Maßnahmen.
Durch proaktives Handeln, kontinuierliche Überwachung und eine enge Zusammenarbeit mit Google können Sie das Risiko einer ungerechtfertigten Kontosperrung erheblich minimieren. Bleiben Sie wachsam und reagieren Sie umgehend auf potenzielle Probleme, um Ihre Werbekampagnen reibungslos fortzusetzen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 19a GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen): Erfasst die marktbeherrschende Stellung von Unternehmen mit überragender Bedeutung für den Wettbewerb. Hier wurde festgestellt, dass Google diese Stellung innehat, was das Verhalten von Google gegenüber Werbekunden besonders relevant macht.
- § 307 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelt die Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Klägerin argumentiert, dass die osDD-Richtlinie überraschend und intransparent ist und somit gegen § 307 BGB verstößt.
- P2B-Verordnung (EU) 2019/1150: Schützt die Interessen von Unternehmen, die Online-Vermittlungsdienste nutzen. Die Klägerin beruft sich darauf, dass Google ihre Verpflichtungen aus dieser Verordnung nicht eingehalten hat, insbesondere bezüglich Transparenz und fairer Behandlung.
- Nutzungsbedingungen für Werbeprogramme der Google Ireland Ltd.: Diese Bedingungen bilden die vertragliche Grundlage zwischen der Klägerin und Google. Änderungen dieser Nutzungsbedingungen sowie spezifische Richtlinien wie die „Umgehung von Systemen“-Richtlinie sind hier relevant.
- osDD-Richtlinie: Untersagt Werbung für Dienstleistungen, die auch direkt bei staatlichen Stellen erhältlich sind. Google hat diese Richtlinie angewendet, um die Anzeigen der Klägerin zu sperren. Die Klägerin bestreitet die Anwendbarkeit dieser Richtlinie auf ihren Fall.
- Richtlinie „Umgehung von Systemen“: Verbietet die Manipulation der Werbesysteme von Google. Google hat die Kontosperrung der Klägerin mit einem Verstoß gegen diese Richtlinie begründet. Die Klägerin bestreitet jegliche Umgehung oder Manipulation.
- Beschluss des Bundeskartellamts vom 30. Dezember 2021: Dieser Beschluss bestätigt die marktbeherrschende Stellung von Google und ist Grundlage für die Anwendung des § 19a GWB in diesem Fall.
- Vertragsrecht (Allgemeines Vertragsrecht): Der Vertrag über die Nutzung des Google AdWords-Dienstes zwischen der Klägerin und Google ist zentral für den Fall. Hier geht es um die Vertragsverletzung durch die ungerechtfertigte Kontosperrung.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Hamburg
LG Hamburg – Az.: 415 HKO 84/22 – Urteil vom 27.12.2022
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das G. A.-Konto der Antragstellerin mit der Nummer… wieder freizuschalten.
2. Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, das G. A.-Konto der Antragstellerin mit der Nr…. mit einem pauschalen Verweis auf eine „Umgehung von Systemen“ zu sperren, wenn dies geschieht wie zuletzt bei der Sperrung des genannten Kontos am 21. Oktober 2022.
3. Der Antragsgegnerin wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 2 ausgesprochenen Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.
4. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 Euro.
Tatbestand
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Freischaltung ihres „G.- A.-Kontos“.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um ein Unternehmen, das verschiedene Dienstleistungen anbietet, die sie vollständig digital erbringt. Auf ihrer Webseite stellt sie sich als Anbieter von „Legal-Tech & E-Government“ – Dienstleistungen dar. Beim Amtsgericht M. ist sie als Inkassodienstleisterin registriert.
Zu dem Angebot der Antragstellerin gehört der Vertrieb von digitalen Autobahnvignetten, die über die Internetseiten www. h.- v..com, www. s.- v..com, www. b.-v..com, www. s1-v..com, www. c.- v..com sowie www. v.. com bezogen werden können. Der Kunde der Antragstellerin zahlt bei Inanspruchnahme dieser Dienstleistung den amtlichen Vignettenpreis sowie ein Dienstleistungsentgelt, das im letzten Bestellschritt angezeigt wird. Von dem ungarischen Mautbetreiber ist die Antragstellerin ermächtigt und beauftragt worden, die ungarischen Vignetten in seinem Auftrag über das Internet zu vermitteln.
Unter der Domain www. f..de bietet die Antragstellerin zudem die Geltendmachung von Fahrpreiserstattungen bei Zugverspätungen im Auftrag des Kunden an.
Schließlich wird unter der Domain www. v1. de die Einholung einer Auskunft aus dem Fahreignungsregister beim Kraftfahrtbundesamt angeboten. Am 5. Februar 2022 wurde die Veröffentlichung einer Anzeige hierfür von G. abgelehnt. Anzeigen hierfür sind seitdem nicht mehr ausgespielt worden.
Ebenfalls auf der Internetseite www. v1. de bietet die Antragstellerin auf den Einzug von Schadensersatz aus Verkehrsunfällen an.
Die Antragsgegnerin ist eine Tochtergesellschaft der G. LLC mit Sitz in M. V., K., die Betreiberin der Suchmaschine G. ist. G. bietet Werbekunden mit dem Dienst „G. A.“ die Möglichkeit, auf der Seite der Suchmaschine suchgebundene Textanzeigen zu schalten. Für Werbekunden in Deutschland ist die Antragsgegnerin zuständig.
Durch Beschluss des Bundeskartellamtes vom 30. Dezember 2021, Az. B 7 – 61/21, wurde festgestellt, dass „G.“ eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb im Sinne des § 19 a Abs. 1 GWB hat. Dabei verhält sich das Bundeskartellamt auch zur Stellung von „G.“ bei der suchgebundenen Werbung (Rz. 308 ff des Beschlusses). Rechtsmittel gegen den Beschluss hat „G.“ nicht eingelegt.
Die Antragstellerin hat seit 2018 den Dienst „G. A.“ genutzt; für sie wurde ein „G.- A.-Konto“ mit der Nummer… geführt.
In einer E-Mail „Bestätigung über Kontoregistrierung am 7. Juni 2018“ heißt es:
„Gut gemacht
Mit Ihrer neuen Anzeige erreichen Sie schon bald Ihre Geschäftsziele.
In den nächsten 24 Stunden fangen wir an, die neue Anzeige für Nutzer auszuliefern, die nach Ihrem Unternehmen Autobahnvignette suchen.
Sobald Ihre Anzeige veröffentlicht wurde, benachrichtigen wir Sie per E-Mail.“
Grundlage für den Vertrag über die Nutzung der Werbeprogramme von „G.“ wie der Werbung über „G. A.“ sind die „Nutzungsbedingungen für Werbeprogramme der G. I. Ltd.“ (Anlage Ast 5, Ast 17).
In diesen Richtlinien heißt es u.a.:
„2 Richtlinien. ….
Die Nutzung der Programme unterliegt der jeweils aktuellen Fassung der anwendbaren G.-Richtlinien, die unter g..com/… abgerufen werden können, sowie allen anderen Richtlinien (einschließlich Richtlinien von Partnern), die dem Kunden von G. bereitgestellt werden, sowie (soweit anwendbar) der auf p.. g..com/… verfügbaren G. EU-Einwilligungsrichtlinie, in der jeweils aktuellsten Fassung („Richtlinien“ bzw. „Policies“).
….“
Weiter es dort:
„12 Änderungen der Nutzungsbedingungen; Kündigung. G. kann diese Nutzungsbedingungen jederzeit ändern.
….
Jede Partei kann diese Nutzungsbedingungen durch Mitteilung an die andere Partei jederzeit fristlos kündigen, allerdings gilt das Folgende: ….
… G. kann die Teilnahme des Kunden an den Programmen jederzeit aussetzen, z.B. im Falle von Zahlungsproblemen, Verletzungen von Richtlinien oder diesen Nutzungsbedingungen sowie aus rechtlichen Gründen.“
Zu den Richtlinien, auf die in den Nutzungsbedingungen erwähnt werden, gehört eine Richtlinie „Umgehung von Systemen“ (Anlage ASt 6). Nicht zulässig ist danach die Umgehung oder Manipulation der Werbesysteme und Verfahren von G.. Als ein Beispielsfall hierfür werden wiederholte Richtlinienverstöße in den Konten genannt, wozu auch das Erstellen neuer Domains oder Konten mit der Absicht zählt, ähnliche Anzeigen zu schalten wie Anzeigen, die bereits abgelehnt wurden, weil sie gegen diese oder andere G. A.- Richtlinien verstoßen.
Unter der Überschrift „Andere eingeschränkt zulässige Unternehmen“ werden zudem weitere Richtlinien aufgelistet (Anlage AG 4). Vorab heißt es als Begründung für diese Richtlinien:
„Wir schließen bestimmte Arten von Unternehmen von der Werbung bei uns aus, um zu verhindern, dass Nutzer ausgebeutet werden, selbst wenn bestimmte Einzelfirmen unsere sonstigen Richtlinien offensichtlich einhalten. Auf Grundlage unserer laufenden Überprüfungen und des Feedbacks von Nutzern, Aufsichtsbehörden und Verbraucherschutzorganisationen ermitteln wir gelegentlich Produkte oder Dienstleistungen, bei denen ein hohes Missbrauchsrisiko besteht. Wenn bestimmte Arten von Unternehmen unserer Ansicht nach ein unzumutbares Risiko für die Sicherheit der Nutzer und die Nutzererfahrung darstellen, schränken oder stellen wir die Auslieferung entsprechender Anzeigen unter Umständen ein.
Im Folgenden finden Sie einige Beispiele für Inhalte, die für Anzeigen nicht zulässig sind. Wiederholte Verstöße gegen unsere Richtlinien können zu einer Sperrung Ihres Kontos führen.
Informationen über die Folgen von Richtlinienverstößen
Bei Verstößen gegen die folgenden Richtlinien wird das Konto nicht sofort gesperrt, sondern der Werbetreibende erhält zuvor eine Warnung. Diese Warnung wird mindestens sieben Tage vor der Sperrung des Kontos ausgegeben. ….“
Zu den anschließend aufgeführten Richtlinien zählt die so genannte osDD (offizielle/staatliche Dokumente und Dienstleistungen) – Richtlinie (Anlage AG 4), die 2020 eingeführt worden ist.
Danach ist Werbung unzulässig für Dokumente oder Dienstleistungen, die den Erwerb, die Verlängerung, den Austausch oder das Einsehen behördlicher Dokumente oder Informationen ermöglichen, die auch direkt bei einer Behörde oder einem staatlich beauftragten Unternehmen erhältlich sind.
Desweiteren ist danach Werbung unzulässig für die Unterstützung bei der Beantragung oder Bezahlung hoheitlicher Dienstleistungen, wenn diese auch direkt bei einer Behörde oder einem staatlich beauftragten Unternehmen erhältlich sind. Als Beispiel hierfür wird die Unterstützung bei der Bezahlung von Gebühren für den Individualverkehr wie Brückenmaut oder City – Maut genannt.
Die Antragstellerin platzierte auf G. seit der Kontoeröffnung eine Vielzahl von G.- A.-Textanzeigen für den Vertrieb von Autobahnvignetten. Betreut wurde die Antragstellerin von einem „Key Account Manager“, und zwar zunächst von einem Herrn B. C., und zuletzt von dem „Senior Account Manager“ C. M..
Im Sommer 2021 wurde die Antragstellerin für das „G. A. G. Team“ ausgewählt und arbeitete dabei mit Frau N. H., Mitarbeiterin von G., zusammen. In der Vorstellung dieses Programms (Anlage ASt 20) heißt es bezogen auf die Antragstellerin u.a.
„ACCOUNT PLAN SUMMARY
Startdatum: 01.07.21 (+/- 2 Wochen zum Ramp Up)
Ziel: Erreichung eines 100% YoY Wachstums während der Peak Saisonalität Phase durch die Neukundengenerierung die einen besonderen Fokus auf den Maut Business Bereich legt und sich über alle vier Märkte erstreckt….“
Teil dessen war auch die Autorisierung von „G.“, Werbekampagnen der Antragstellerin zu überarbeiten (Anlagen ASt 21 bis 23).
Im November 2021 wurde bei der Antragstellerin angefragt, ob sie bereit sei, an einer „Case Study“ – eine Präsentation besonders erfolgreicher Unternehmen – teilzunehmen (Anlage ASt 24) und im Juli 2022 wurde der Antragstellerin ein Angebot über die Bereitstellung eines Youtube-Co-Funding Pakets für ihre Vignettenwerbung gemacht (Anlage ASt 25).
Am 20. September 2022 wurde eine Vignetten-Anzeige der Antragstellerin für e-Vignetten in Slowenien mit der Begründung, dass eine Werbung für staatliche Dienstleistungen unzulässig sei, abgelehnt.
Am 19. Oktober 2022 erhielt die Antragstellerin per E-Mail die Nachricht, dass ihr Konto gesperrt worden sei, wegen eines Verstoßes gegen die Richtlinie „Umgehung von Systemen“. Die Antragstellerin legte noch am selben Tag Einspruch gegen die Sperrung ein, wies den Vorwurf einer „Umgehung von Systemen“ zurück und bat um Aufhebung der Sperre. Dies wurde – ebenfalls noch am 19. Oktober 2022 – zunächst zurückgewiesen, weil das Konto der Antragstellerin nach wie vor gegen die G. A.-Richtlinien verstoße. Mit gleichlautendem Schreiben wurde die Sperrung am 21. Oktober 2022 zunächst bestätigt. Nachdem die Antragstellerin um Erläuterung und Erklärung gebeten hatte, worin eine Umgehung des Systems liegen solle, meldete sich ein „A.“ und entschuldigte sich für das Missverständnis. Das Konto wurde wieder frei geschaltet. Wenige Stunden später wurde das Konto indessen erneut unter Hinweis auf einen Verstoß gegen die Richtlinie „Umgehung von Systemen“ gesperrt. Ergänzt wurde dies lediglich durch einen späteren Hinweis von „A.“, dass ein Fall des „Gaming the system“ vorliegen solle. Eine Beschwerde gegen die erneute Sperrung des Kontos blieb erfolglos.
Die Antragstellerin macht geltend, dass zwischen ihr und der Antragsgegnerin ein Nutzungsvertrag bestehe. Gegen diesen Vertrag habe die Antragsgegnerin mit der Sperrung ihres Kontos verstoßen. Sie – die Antragstellerin – habe gegen keine wirksam vereinbarten Vertragsbedingungen verstoßen. Insbesondere habe sie gegen keine Richtlinien verstoßen. Sie habe keine Tätigkeit entfaltet, die als Umgehung von Systemen verstanden werden könne.
Die osDD – Richtlinie, auf die sich die Antragsgegnerin nunmehr berufe, sei nicht in den mit ihr – der Antragstellerin – abgeschlossenen Vertrag einbezogen worden. Die osDD-Richtlinie sei erst im Jahr 2020 aufgestellt worden, während der Vertrag mit ihr im Jahr 2018 geschlossen worden sei. Eine dynamische Verweisung auf jeweils geltende Richtlinien sei unwirksam. Zugestimmt habe sie der Einbeziehung der osDD-Richtlinie in den Vertrag nicht.
Sie habe mit ihren Anzeigen auch nicht gegen die osDD-Richtlinie verstoßen. Ihre Anzeigen seien weder irreführend noch betrügerisch. Sie erhebe auch keine unnötige oder überhöhte Kosten von ihren Kunden. Sie erwecke nicht den Eindruck, sie sei ein staatlicher Anbieter oder eine Behörde, sondern weise auf ihren Internetseiten darauf hin, dass sie als unabhängiger Anbieter tätig sei. Ihr Angebot erspare den Nutzern den direkten Kontakt mit Behörden und behördenähnlichen Unternehmen. Dass ihre Tätigkeit nicht in Konflikt mit den Mautbetreibergesellschaften stehe, zeige sich daran, dass sie von der Gesellschaft in Ungarn offiziell damit beauftragt worden sei, die Vermittlung von Vignetten zu übernehmen. Der Mehrwert für ihre Kunden bestehe darin, dass kein Kundenkonto bei dem jeweiligen Autobahn- bzw. Mautbetreiber angelegt werden müsse. Bei Durchfahren mehrerer Länder mit mautpflichtigen Straßen gebe es die Möglichkeit, die Vignetten gebündelt zu beschaffen und zu verwalten. Es gebe eine Art „Vignetten-Abo“ bei dem die Gültigkeitsfristen überwacht und rechtzeitig gemeldet würden. Es gebe zudem eine größere Palette von Zahlungsmöglichkeiten im Vergleich zu den Zahlungsmöglichkeiten bei den offiziellen Betreibern und eine breitere Spanne von Übersetzungsmöglichkeiten auf ihrer Webseite als auf den Webseiten der Autobahnbetreiber. Der Kundenservice der Autobahn- oder Mautbetreibern biete keine Beratung in Deutsch an, sondern nur in der Landessprache und allenfalls in Englisch.
Auch mit ihren Anzeigen auf www. v1.de habe sie nicht gegen die osDD-Richtlinie verstoßen. Gegen die Sperrung der Anzeigen für die Beschaffung von Auskünften vom Kraftfahrtbundesamt habe sie zwar keinen Widerspruch eingelegt, aber auch insoweit habe kein Verstoß vorgelegen. Beim Kraftfahrtbundesamt habe man nur mit einer Online-Ausweisfunktion Auskünfte online erhalten können, und ansonsten nur auf dem konventionellen schriftlichen Weg. Damit sei das Online-Angebot des Kraftfahrtbundesamtes für die meisten Nutzer nicht erreichbar gewesen.
Die Richtlinien – und auch die osDD-Richtlinie – seien im übrigen nichtig. Die Regelungen sei intransparent und verstießen gegen Art. 3 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 lit. a) der P2B-Verordnung (EU) 2019/1150 sowie § 307 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB. Die P2B-Verordnung sei anwendbar, da zwischen den Parteien nicht nur die Abrechnungsmethode „Kosten-Pro-Klick“ Anwendung finde. Vielmehr würden der Antragstellerin auch Transaktionen im Rahmen der sogenannten Displaykampagnen direkt vermittelt und für jede vermittelte Transaktion abgerechnet.
Die osDD-Richtlinie sei überraschend, weil nach der Überschrift „Andere eingeschränkt zulässige Unternehmen“ nicht mit einer solchen Regelung zu rechnen sei. Offenbar sei diese Richtlinie auch den eigenen Mitarbeitern der Antragsgegnerin unbekannt. Wenn sie nicht wie aufgezeigt restriktiv ausgelegt werde, sei sie im Übrigen zu weit gefasst und so unklar, dass sie gegen das Transparenzgebot verstoße. Unklar sei schon, was unter einer „hoheitlichen Dienstleistung“ zu verstehen sei. Erhöht werde die Unklarheit durch die verschiedenen Ausnahmen und Rückausnahmen. Letztlich sei der Tatbestand der Richtlinie so schwammig, dass beliebige Tatbestände darunter gefasst werden könnten.
Inhaltlich sei die Richtlinie ihr gegenüber überraschend und die Antragsgegnerin verstoße mit der Berufung auf diese Richtlinien auch gegen Treu und Glauben. Die osDD-Richtlinie stehe in einem krassen Konflikt zu ihrem Geschäftsmodell, das der Antragsgegnerin bekannt sei. Die Antragsgegnerin habe sie sogar aktiv unterstützt und angespornt, indem sie etwa in das G. A. G. Team aufgenommen worden sei. Selbst der sie betreuende Senior Account Manager C. M. sei davon ausgegangen, dass es sich bei der Sperrung ihres Kontos um ein Missverständnis handele (Anlage ASt 19). Die Antragstellerin macht hierzu weitere Ausführungen.
Die Antragsgegnerin habe zudem gegen ihre Pflicht verstoßen, die Kontosperrung nachvollziehbar zu begründen. Auf einen Verstoß gegen die osDD-Richtlinie sei die Sperrung ihres Kontos im übrigen gar nicht gestützt worden, sondern ausschließlich auf eine Umgehung von Systemen. Der Verstoß gegen eine Richtlinie stelle keine Umgehung in diesem Sinne dar. Diese Pflicht zur Begründung der Kontosperrung folge daraus, dass es sich bei der Antragsgegnerin um ein marktbeherrschendes Unternehmen handele, und aus Art. 4 Abs. 1 sowie Erwägungsgrund 22 der P2B-Verordnung (EU) 2019/1150. Allein schon daraus ergebe sich ein Verfügungsanspruch.
Aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der Antragsgegnerin bestehe auch ein kartellrechtlicher Anspruch auf Freischaltung des Kontos und Unterlassung weiterer Sperrungen gemäß dem Antrag.
„G.“ sei auf dem Gebiet der allgemeinen Suchdienste und der suchgebundenen Werbung marktbeherrschend. Die Antragstellerin macht hierzu Ausführungen. Die Sperrung ihres Kontos stelle zum einen eine Diskriminierung gemäß Art.102 Satz 2 lit. c) AEUV und § 19 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 GWB dar. Wettbewerber würden weiterhin Anzeigen für e-Vignetten auf G. veröffentlichen, und zwar auch nachdem die Antragsgegnerin ihren Antrag mit der Angabe ihrer Mitbewerber aus prozesstaktischen Gründen offenbar zum Anlass genommen habe, einzelne Anzeigen für den Vertrieb von e-Vignetten zu sperren.
Zum anderen liege ein Behinderungsmissbrauch gemäß gem. Art. 102 Satz 1 AEUV und § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 GWB sowie ein Konditionenmissbrauch Art. 102 Satz 1 AEUV und § 19 Abs. 1 GWB durch Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen vor. Die Antragstellerin macht hierzu ausführliche (Rechts)ausführungen und Ausführungen zur hierzu ergangenen Rechtsprechung.
Es bestehe auch ein Verfügungsgrund. Geltend gemacht werde mit dem Antrag keine Leistungsverfügung, sondern eine Unterlassungsverfügung, so dass die erhöhten Anforderungen an eine Leistungsverfügung nicht erfüllt sein müssten.
Selbst wenn mit dem Antrag eine Leistungsverfügung begehrt würde, bestünde ein Verfügungsgrund, da die Sperrung des Kontos für sie existenzgefährdend sei. Nach der Sperrung des Kontos habe sie im Vergleich zu dem vorherigen sechs Wochen-Zeitraum einen Umsatzrückgang von 83 % zu verzeichnen gehabt. In den letzten Monaten habe sie 77 % ihrer Kunden über die G.- A.-Werbeanzeigen akquiriert. Dies könne von ihr nicht kompensiert werden, zudem sei der mögliche Reputationsschaden irreparabel. Gerade zum Jahreswechsel würden zudem die besonders hochpreisigen Jahresvignetten vertrieben. Antragstellerin macht hierzu weitere Ausführungen. Aus ihren weiteren Angeboten erziele sie vergleichsweise geringe Einnahmen. Über die Seite v1.de habe sie in den sechs Wochen vor der Kontosperrung einen Umsatz von EUR 3.992,16 und in den sechs Wochen nach der Sperrung in Höhe von EUR 7.016,84 gemacht. Über die Internetseite f..de seien in den sechs Wochen vor der Sperrung Umsätze von 1.892,69 Euro und in den sechs Wochen danach von 1.799,95 Euro gemacht worden. Weitere Umsätze erziele sie nicht. Das Projekt „Mahnantrag.net“ sei eingestellt worden.
Die Antragstellerin beantragt:
1. Die Antragsgegnerin hat das G. A.-Konto Nr…. der Antragstellerin wieder freizuschalten.
2. Die Antragsgegnerin hat es auch zukünftig zu unterlassen, das G. A.-Konto Nr…. der Antragstellerin mit einem pauschalen Verweis auf eine angebliche „Umgehung von Systemen“ zu sperren, wenn dies geschieht wie zuletzt bei der Sperrung des genannten Kontos am 21. Oktober 2022.
3. Der Antragsgegnerin wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 2 ausgesprochenen Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.
4. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Antragsgegnerin beantragt,
1. den Antrag zurückzuweisen.
hilfsweise, die Anordnung einer einstweiligen Verfügung davon abhängig zu machen, dass die Antragstellerin zuvor eine Sicherheitsleistung leistet, hilfsweise hierzu, die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung der Antragstellerin abhängig zu machen.
Es bestehe weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund.
Ein Verfügungsanspruch bestehe nicht, weil sie berechtigt sei, das Konto der Antragstellerin zu sperren.
Die Antragsgegnerin trägt zunächst ausführlich und allgemein zur Funktionsweise von G. A. vor.
Sie trägt weiter vor, dass vorliegend die Antragstellerin gegen die mit der Akzeptanz der Nutzungsbedingungen vereinbarte Umgehungsrichtlinie verstoßen habe. Eine Umgehung sei definitionsgemäß auch ein wiederholter Richtlinienverstoß. Der wiederholte Richtlinienverstoß durch die Antragstellerin liege in der wiederholten Verletzung der osDD-Richtlinie. Im Februar 2022 habe sie Anzeigen für die Internetseite www. v1.de geschaltet und damit gegen die osDD-Richtlinie verstoßen. Die Anzeigenvermittlung für dieses Angebot sei von ihr – der Antragsgegnerin – am 5. Februar 2022 abgelehnt worden. Dagegen sei die Antragstellerin nicht vorgegangen. Auch mit den Anzeigen für e-Vignetten verstoße die Antragstellerin gegen die osDD-Richtlinie. In allen Fällen könnten die Vignetten direkt bei den staatlichen Autobahnbetreibern erworben werden. Die Antragstellerin biete die Vignetten dagegen als privates Unternehmen mit einem Aufschlag an. Neben den von ihr abgelehnten Anzeigen für den Online-Vertrieb von elektronischen Vignetten für Slowenien sei das Konto durch weitere Verstöße durch die Anzeigenkampagnen für gleichartige Vignettenangebote für Bulgarien, Ungarn, der tschechischen Republik und der Slowakei „infiziert“. Die Ablehnung der Anzeigen seien in dem Konto der Antragstellerin angezeigt worden und ihr somit bekannt, und zwar sei auch der Grund hierfür bekannt gewesen. Gegen die Ablehnung der Anzeigen für die e-Vignetten in Slowenien habe die Antragstellerin auch Einspruch eingelegt. Dabei sei es um einen Verstoß gegen die osDD-Richtlinie gegangen. Der Einspruch sei am 5. Oktober 2022 zurückgewiesen worden.
Diese Verstöße illustrierten klar das mit den A.-Richtlinien verfolgte Ziel: Verbraucher seien vor Irreführung zu schützen. Da nicht jede Anzeige überprüft werden könne, ob mit ihr tatsächlich eine Irreführung verbunden sei, müsse mit Typisierungen gearbeitet werden. Bei der Werbung für Dienstleistungen, wie sie in der osDD-Richtlinie beschrieben würde, sei typischerweise mit einer Irreführung der Verbraucher zu rechnen. Dies zeigten auch verschiedene Veröffentlichungen, die vor dem Erwerb von e-Vignetten bei privaten Dienstleistern warnten. Mit der Sperrung des Kontos für Werbetreibende, die wiederholt gegen Richtlinien verstoßen hätten, werde zugleich das Vertrauen der Nutzenden in die G.-Werbedienste geschützt.
Die Antragstellerin habe somit bereits deshalb keinen Verfügungsanspruch, da sie durch den wiederholten Verstoß gegen die osDD-Richtlinie gegen die Umgehungsrichtlinie verstoßen habe.
Die Umgehungsrichtlinie sei auch wirksam. Ein Verstoß gegen §§ 307 Abs. 1 S. 1, 2 BGB oder Art. 3 Abs. 1 lit. a, Abs. 3 der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten („P2B-VO“) liege nicht vor. Die Antragsgegnerin macht hierzu ausführliche (Rechts)ausführungen. Die P2B-VO sei im Übrigen auf die G. A. nicht anwendbar.
Eine vertragliche Anspruchsgrundlage sei im Übrigen nicht dargelegt worden.
Ein kartellrechtlicher Anspruch bestehe nicht, weil es schon an der Adressatenstellung der Antragsgegnerin fehle. Die Antragstellerin habe eine marktbeherrschende Stellung der Antragsgegnerin nicht dargelegt. Es fehle bereits an der schlüssigen Darlegung des relevanten sachlichen und räumlichen Marktes. Die Antragsgegnerin macht hierzu ausführliche Ausführungen.
Im übrigen fehle es an einem missbräuchlichen Verhalten. Ein sachlich ungerechtfertigte Diskriminierung liege nicht vor. Den Hinweisen der Antragstellerin sei sie nachgegangen und sie habe Anzeigen von Wettbewerbern für e-Vignetten ebenfalls nicht zugelassen. Wegen der Vielzahl von veröffentlichten Anzeigen könne sie in der Regel nur reaktiv tätig werden. Eine lückenlose Überwachung sei indessen nicht möglich.
Eine Behinderung im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 GWB habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Jedenfalls liege keine unbillige Behinderung vor. Die Antragstellerin habe gegen die Umgehungsrichtlinie verstoßen. An der Durchsetzung dieser Richtlinie habe sie ein erhebliches Interesse. Wie sie ihre Leistungen definiere und welche Einschränkungen sie vornehme, unterliege ihrer Entscheidungsfreiheit. Zwingend damit verbunden sei die Möglichkeit, Werbetreibende vom Angebot des Dienstes G. A. bei wiederholten Verstoßen auszuschließen. Ein Konditionenmissbrauch durch Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen liege nicht vor, da die Umgehungsrichtlinie wirksam sei. Zudem führe ein etwaiger Konditionenmissbrauch zu keiner Leistungspflicht zu anderen Konditionen.
Die Antragstellerin habe auch einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Bei der beantragten Verfügung zu Ziffer 1) handele es sich um eine Leistungsverfügung, die die Hauptsache vorwegnehmen würde. Dies gelte auch für den als Unterlassungsanspruch formulierten Antrag zu Ziffer 2). Ein Verfügungsgrund könne in einem solchen Fall nur in Ausnahmefällen angenommen werden, die Voraussetzungen hierfür seien nicht dargetan. Das Vorbringen der Antragstellerin zu dem Umsatzrückgang nach Sperrung des Kontos werde mit Nichtwissen bestritten. Umsatz sei zudem nicht gleichzusetzen mit Gewinn. Die Antragstellerin habe auch keine Angaben zu ihren Umsätzen mit ihren anderen Leistungsangeboten gemacht. In welchem Verhältnis die vorgetragenen Umsatzeinbußen zum Gesamtumsatz stünden, werde nicht vorgetragen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung der Sperre des Kontos nicht dazu führe, dass wieder Anzeigen für ihr Vignettenangebot platziert werden könnten. Die Sperrung des Kontos sei von der Sperrung konkreter Anzeigen zu unterscheiden. Eine Aufhebung der Sperre helfe ihr daher nicht weiter. Hinzuweisen sei auch darauf, dass nur die Anzeigen für den Vertrieb von e-Vignetten nicht veröffentlicht würden. Die „organischen“ Suchergebnis seien weder von der Kontosperrung noch von der Sperrung einzelner Anzeigen beeinflusst. Die Antragstellerin sei bei den „organischen“ Suchergebnissen bei der Eingabe entsprechender Schlüsselworte bei „G.“ weiterhin ganz oben platziert, so dass Kunden über dieses Suchergebnis auf die Webseiten der Antragstellerin gelangen können. Eine Existenzgefährdung durch das Sperren des Kontos sei daher nicht dargelegt.
Zum weiteren Vorbringen der Parteien, insbesondere auch zu ihren Rechtsausführungen und ihren Hinweisen auf Rechtsprechung, wird ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist zulässig und auch begründet.
1. Die Antragstellerin hat mit einer für den Erlass der einstweiligen Verfügung ausreichenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf Aufhebung der Sperre ihres G.- A.-Kontos Nr. 4., so dass ein Verfügungsanspruch gegeben ist, §§ 916 Abs. 1, 920 Abs. 2, 936 ZPO besteht.
Der Anspruch auf Aufhebung der Sperre ergibt sich aus §§ 241 Abs. 1, Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 1 in Verbindung mit dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Nutzungsvertrag sowie aus § 33 GWB i.V. mit § 19 Absatz 1, 2 Satz 1 Alt. 1 GWB bzw. Art. 102 AEUV.
Die Antragsgegnerin zu 1) hat mit der Sperre des Kontos der Antragstellerin ihre aus dem mit der Antragstellerin geschlossenen Nutzungsvertrag resultierenden Pflichten verletzt. Dass zwischen den Parteien ein vertragliches Verhältnis über die Nutzung der Werbeprogramme der Antragsgegnerin besteht, ist als unstreitig anzusehen, nachdem die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung ausdrücklich vorbringt, dass die Schaltung von Werbung den Abschluss eines Vertrages zur Nutzung des Werbeprogramms G. A. mit der Antragsgegnerin voraussetze (Rz. 13). Sie macht zwar gleichzeitig geltend, dass die Antragstellerin eine vertragliche Anspruchsgrundlage für ihren Anspruch nicht schlüssig dargelegt habe. Dass mit der Antragstellerin ein Vertrag zur Nutzung des Werbeprogramms G. A. abgeschlossen worden ist, aufgrund dessen die Antragstellerin Werbeanzeigen platziert hat, wird jedoch nicht bestritten. Dies jedenfalls durch Vorlage der Nutzungsbedingungen und der Anlage ASt 16 hinreichend glaubhaft gemacht worden. Dass über die Nutzung der Werbeprogramme ein Vertragsverhältnis zwischen der Antragsgegnerin und den Nutzern zustande kommt, ergibt sich eindeutig aus den Nutzungsbedingungen.
Rechtlich dürfte der Vertrag als Rahmenvertrag auszulegen sein. Die Antragsgegnerin ist im Rahmen des Nutzungsvertrages verpflichtet, ihren Vertragspartnern zu ermöglichen, Werbung auf ihrer Werbeplattform – im Rahmen der Nutzungsbedingungen – zu platzieren.
Dabei ergibt sich aus § 241 Abs. 2 BGB die Pflicht zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, und aus § 314 Abs. 2 BGB ergibt sich für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, dass eine Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist. Nach Ziffer 12 „Änderungen der Nutzungsbedingungen; Kündigung“ soll die Beendigung des Vertrages indessen jederzeit fristlos gekündigt werden können und die Antragsgegnerin soll berechtigt sein, die Teilnahme eines Nutzers an den Werbeprogrammen jederzeit „auszusetzen“. Dazu, ob mit der „Sperre“ des Kontos der Antragstellerin eine Kündigung des Nutzungsvertrages verbunden sein soll, oder ob und ggfs. für welchen Zeitraum die Teilnahme der Antragstellerin an den Programmen der Antragsgegnerin im Sinne der Ziffer 12 lediglich ausgesetzt werden soll, hat sich die Antragsgegnerin nicht verhalten. Es ist auch fraglich, ob eine solche Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten kann. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da die Antragsgegnerin Ziffer 12 der Nutzungsbedingungen in ihrer Richtlinie „Andere eingeschränkt zulässige Unternehmen“ modifiziert hat. In dem dort gegebenen Hinweis zu den Folgen von Verstößen gegen die Richtlinie heißt es nämlich, dass ein Konto wegen eines Verstoßes gegen die aufgelisteten Richtlinien erst dann gesperrt werde, wenn zuvor eine Warnung ausgesprochen worden ist. Über die Bezugnahme auf die Richtlinien in den Nutzungsbedingungen, wird auch diese Regelung zum Vertragsinhalt und modifiziert insoweit die Regelung über die Kündigung in Ziffer 12. Dies entspricht inhaltlich dem § 314 Abs. 2 BGB. Eine Warnung vor einer Sperre des Kontos ist jedoch nicht ausgesprochen worden. Eine solche Warnung ist auch nicht nach dem Rechtsgedanken des § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB entbehrlich gewesen. Das Vorbringen der Antragstellerin, dass ihr Geschäftsmodell – der online-Vertrieb von e-Vignetten – der Antragsgegnerin bekannt gewesen sei, und dass sie in Kenntnis dieses Geschäftsmodells in das „G. A. G. Team“ aufgenommen worden sei, ist unbestritten geblieben. Gerade vor diesem Hintergrund hätte die Antragsgegnerin die Antragstellerin vor einer Sperre des Kontos ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass ihre Anzeigen für den Vertrieb von e-Vignetten als Verstoß gegen die osDD-Richtlinie zu werten seien, und dass zukünftig nicht nur die Anzeigen hierfür nicht zugelassen würden, sondern im Wiederholungsfall das Konto der Antragstellerin insgesamt gesperrt werden würde. Dass kurz vor der Sperre Anzeigen für den Vertrieb von e-Vignetten in Slowenien über die Internetseite www. si-v..com mit der Begründung, es liege ein Verstoß gegen die osDD-Richtlinie vor, nicht zugelassen worden sind, kann die Warnung vor einer Sperre des Kontos nicht ersetzen.
Schon wegen einer unterlassenen, begründeten Warnung vor der Sperre des Kontos war diese daher unzulässig und ist aufzuheben.
Die Antragstellerin hat auch einen vertraglichen Anspruch auf Unterlassung einer erneuten Sperre, wenn sie wie in dem Antrag zu Ziffer 2) geschildert geschieht. Ein vertraglicher Unterlassungsanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB setzt eine Erstbegehungs- beziehungsweise Wiederholungsgefahr voraus. Vorliegend begründet der erfolgte Vertragsverstoß eine tatsächliche Vermutung für seine Wiederholung, zumal die Antragsgegnerin eine erneute Sperrung des Kontos bereits in den Raum gestellt hat (vgl. auch BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 – III ZR 192/20 –, Rn. 115, juris).
Ob die Antragstellerin mit der Platzierung der Anzeigen für e-Vignetten gegen die osDD–Richtlinie verstoßen hat, kann danach bei dem gestellten Antrag dahingestellt bleiben.
b) Ein Anspruch auf Aufhebung der Sperre ergibt sich auch aus § 33 GWB i.V. mit § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB.
Nach § 33 GWB kann der von einem Verstoß gegen eine kartellrechtliche Rechtsvorschrift Betroffene von dem Rechtsverletzer die Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr Unterlassung verlangen.
Zu den Rechtsvorschriften in diesem Sinne gehört auch § 19 GWB. Nach § 19 Abs.1 GWB ist der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Unternehmen verboten. Ein Missbrauch liegt nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB insbesondere dann vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen.
Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin ein marktbeherrschendes Unternehmen im Sinne des § 19 GWB auf dem vorliegend relevanten Markt und damit Normadressatin des § 19 GWB ist.
Der sachlich relevante Markt ist nach Auffassung der Kammer der Angebotsmarkt für suchgebundene Werbung. Werbung in Printmedien sind aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Nachfragers nicht durch suchgebundene Werbung substituierbar, da ihr Angebot darauf ausgerichtet ist, dass ihre Kunden gezielt in Suchmaschinen nach Anbietern der von ihnen gewünschten Leistungen suchen. Die Ansprache dieser Kunden kann nicht durch Veröffentlichung von Werbung in Printmedien, die darauf ausgerichtet ist, einen Bedarf zu wecken, ersetzt werden. Dass die Antragsgegnerin auf diesem Markt marktbeherrschend ist, hat die Antragstellerin hinreichend glaubhaft gemacht. Nach § 18 Abs. 4 GWB besteht jedoch eine Vermutung für eine Marktbeherrschung bei einem Marktanteil von mindestens 40 %. Dass die Antragsgegnerin auf dem Gebiet der suchgebundenen Werbung einen Marktanteil von mindestens 40 % hat, ist durch die Bezugnahme der Antragstellerin auf die Entscheidung des Bundeskartellamtes vom 30. Dezember 2021 und auf gerichtliche Entscheidungen, die sich mit der Marktstellung der Antragsgegnerin befassen, hinreichend konkret vorgetragen worden. Diesem Vorbringen ist die Antragsgegnerin ihrerseits nicht konkret entgegengetreten. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob der räumliche Markt auf Deutschland beschränkt ist, oder europaweit zu fassen ist.
In der Sperrung des Kontos der Antragstellerin liegt eine unbillige Behinderung der Antragstellerin. Behinderung meint jede wettbewerblich nachteilige Maßnahme. Mit der Sperrung des Kontos der Antragstellerin bei der Antragsgegnerin ist es der Antragstellerin nicht mehr möglich, Anzeigen auf „G.“ zu platzieren, welcher Art auch immer. Das sich dies im Wettbewerb nachteilig auswirkt, ist glaubhaft gemacht worden. Die Behinderung ist auch unbillig. Auch dabei kommt es nicht darauf an, ob Anzeigen über den Vertrieb von e-Vignetten gegen die osDD-Richtlinie verstoßen und für die Veröffentlichung nicht zugelassen werden dürfen. Die Sperrung des G.- A. Kontos der Antragstellerin der Antragsgegnerin ist unabhängig davon unbillig. Bei der Prüfung der Unbilligkeit einer Behinderung im Sinne des § 19 GWB hat eine Interessenabwägung zu erfolgen und es gilt der Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs. Hierbei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin die Möglichkeit hat, bei einem Richtlinienverstoß die Veröffentlichung der Anzeige zu verhindern, so dass eine von ihr befürchtete Irreführung der Verbraucher auf diesem Weg verhindert werden kann, ohne dass das Konto des Nutzers insgesamt gesperrt wird. Damit wird auch das eigene Interesse der Antragstellerin, ihre Plattform nicht zu diskreditieren, hinreichend berücksichtigt. Bei der Interessenabwägung ist auch zu berücksichtigen, dass Mitarbeiter der Beklagten die Anzeigen der Antragstellerin für e-Vignetten unstreitig nicht nur gekannt, sondern die Antragstellerin in Kenntnis dieser Anzeigen gefördert und einen Richtlinienverstoß nicht gesehen haben. Dies schließt zwar nicht aus, dass die Antragsgegnerin ihre Bewertung der Anzeigen als richtlinienkonform bzw. Richtlinienverstoß für die Zukunft ändert. Bei der Interessenabwägung, ob sogleich eine Sperrung des Kontos vorzunehmen ist, kann dies jedoch nicht unberücksichtigt bleiben.
Aus § 33 GWB ergibt sich auch ein Unterlassungsanspruch. Die Verletzung kartellrechtlicher Vorschriften dauert aktuell an; daraus ergibt sich eine Wiederholungsgefahr unter dem Aspekt, dass bei Verletzung kartellrechtlicher Vorschriften die Vermutung begründet ist, dass sich ein Verstoß wiederholt.
c) Wie bereits mehrfach erwähnt kommt es für den allein geltend gemachten Anspruch auf Aufhebung der Kontosperre nach allem nicht darauf an, ob die Antragstellerin mit ihren Anzeigen für e-Vignetten gegen die osDD-Richtlinie verstoßen hat und die Antragsgegnerin berechtigt ist, die Veröffentlichung dieser Anzeigen nicht zuzulassen.
2. Die Antragsteller haben auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht, §§ 935, 940 ZPO.
Der Verfügungsgrund besteht in der objektiv begründeten Besorgnis, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Vorliegend geht es um die Besorgnis, dass ohne gerichtliche Anordnung der Aufhebung der Sperre und bei erneuter Vertragsverletzung in Form einer unberechtigten Sperrung des G.- A.-Kontos der Antragstellerin wesentliche Nachteile drohen. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ist unter Abwägung der einander im Einzelfall gegenüberstehenden Parteiinteressen zu prüfen. Diese Interessenabwägung führt vorliegend zur Annahme der erforderlichen Dringlichkeit. Auf Seiten der Antragsteller ist zu berücksichtigen, dass sie aufgrund der Verletzung des Verfahrens über die Sperrung ihres Kontos aktuell daran gehindert sind, jedwede Anzeige zu platzieren, und zwar dauerhaft und unabhängig davon, ob sie Leistungen anbieten, die gegen keine Richtlinie verstoßen. Auf Seiten der Antragsgegner ist dagegen zu berücksichtigen, dass sie ihre Interessen und die Interessen der Verbraucher dadurch schützen können, dass sie Anzeigen, von denen sie meint, dass sie gegen Richtlinien verstoßen, nicht zulässt. Schutzwürdige Interessen, die eine Sperrung des Kontos rechtfertigen könnten, sind dagegen jedenfalls aktuell nicht erkennbar. Dabei ist auch zu berücksichtigten, dass die Antragstellerin mit ihrem Unterlassungsanspruch nicht jede Sperrung ihres Kontos ausschließen wollen, sondern nur Sperrungen in der Form, dass ein Konto ohne Angabe von Gründen pauschal mit einer „Umgehung des Systems“ gesperrt wird.
Ein Verfügungsgrund ist damit hinreichend dargetan. Von einer Leistungsverfügung, die grundsätzlich nur bei Not- und Zwangslagen in Betracht kommt, wenn der Gläubiger darlegen und glaubhaft machen kann, auf die Erfüllung dringend angewiesen zu sein, geht die Kammer nicht aus. Der Antragstellerin soll keine zusätzliche Leistungsposition verschafft werden, sondern die Antragsgegnerin soll lediglich daran gehindert werden, die Antragstellerin an der Ausübung ihrer durch den Nutzungsvertrag eingeräumten Rechte durch Sperrung zu hindern (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 29.6.2022, 15 W 32/22, juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Dabei ist bei der Sicherheitsleistung, soweit sie nicht die Kosten betrifft, ein möglicher Vollstreckungsschaden auf Seiten der Antragsgegnerin zu Grunde zu legen. Dass der Antragsgegnerin bei einer Aufhebung der Kontosperre und der Beibehaltung des Kontos ein monetären Schäden entstehen könnte, ist jedoch nicht ersichtlich, so dass die Sicherheitsleistung auf 5.000,00 Euro begrenzt worden ist.
Dem hilfsweise gestellten Schutzantrag nach § 712 ZPO ist nicht stattgegeben, da nicht dargetan, dass der Antragsgegnerin durch die Vollstreckung des Urteils ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen würde.