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Verkehrssicherungspflichten des Kegelbahnbetreibers

LANDGERICHT BONN

Az.: 13 O 189/01

Verkündet am 23.08.2001


In dem Rechtsstreit hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn auf die mündliche Verhandlung vom 09.08.2001 für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die. Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Es bleibt nachgelassen, die Sicherheit auch durch eine unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines deutschen Kreditinstitutes zu erbringen.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt ein Steuerberatungsbüro. Der Beklagte ist Inhaber der Gaststätte X die auch über eine Kegelbahn verfügt.

Am 02.11.1999 gegen 17.30 Uhr befand sich der Ehemann der Klägerin, der Zeuge mit Mitspielern – auf der Kegelbahn in der Gaststätte des Beklagten. Auf der Kegelbahn kam es sodann zu einem Vorfall, dessen Einzelheiten zwischen den Parteien streitig ist.

Die Klägerin behauptet, der Zeuge habe, nachdem er mit anderen Mitkeglern gegen 17.30 Uhr die Kegelbahn betreten habe, festgestellt, dass nicht alle Kugeln auf der dort befindlichen oberen Ablage gelegen hätten; einige Kugeln seien auf der unteren Bahn der Ablage gewesen. Der Zeuge habe sich, noch bevor die Anlage in Betrieb genommen worden sei, entschlossen, die Kugeln von der unteren Bahn wegzunehmen, die sich dort wie sich im Verlaufe des Kegelabends herausgestellt habe, befunden hätten, da der erforderliche Schwung gefehlt habe, um die Kugeln von der unteren Bahn auf die obere Ablage zu befördern. Der Zeuge habe die Kugeln von der unteren Bahn auf die obere Ablage legen wollen, als plötzlich, ohne dass er dies gesehen habe, eine Kugel herangerollt sei, obwohl mit dem eigentlichen Kegeln noch nicht begonnen worden sei. Diese Kugel habe sich in der Versenkung hinter den Kegeln befunden und sei von den Vorkeglern nicht von dort entfernt worden. Die heran rollende Kugel sei gegen die rechte Hand des Zeugen geprallt, der dadurch eine Fraktur des kleinen Fingers der rechten Hand erlitten habe. Die Klägerin behauptet weiter unter Verweis auf eine Bescheinigung des Arztes für Orthopädie Dr. med. vom 08.01.2001 (Bl. 6 d.A.), der Zeuge der bei ihr angestellt sei, sei hierdurch für die Zeit vom 03.11.2000 bis einschließlich 08.01.2001 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Gemäß den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes sei dem Zeugen für diese Zeit das Bruttogehalt, das unter Verweis auf eine in Fotokopie zur Klageschrift überreichten Abrechnung (B1. 7 d.A.) mit einem Gesamtbetrag von 13.101,75 DM für den betreffenden Zeitraum zu beziffern sei, tatsächlich auch weiter gezahlt worden.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, der Beklagte hafte für den behaupteten Vorfall unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, und führt hierzu u.a. an, dem Beklagten habe es oblegen, sich nach Beendigung einer Kegelveranstaltung und vor dem Beginn einer neuen Kegelveranstaltung von der Ordnungsgemäßigkeit der Kegelbahn zu überzeugen, um dann bei Überprüfung den Defekt an der Kegelbahn feststellen zu können.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten auf sie übergegangene Ansprüche nach § 6.Entgeltfortzahlungsgesetz geltend und beantragt insoweit, den Beklagten zu verurteilen, an sie 13.101,75 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab Klagezustellung zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und bestreitet insbesondere das vorgetragene Unfallgeschehen einschließlich Unfallfolgen dahingehend, dass der vermeindliche Vorfall sich erst zu einem Zeitpunkt ereignet habe, als man bereits mehrere Stunden die Kegelbahn, an der ein Schild sich befunden habe, demzufolge der Beklagte für Störungen der Kegelbahn nicht hafte, benutzt habe. Im Übrigen bestreitet der Beklagte auch die Höhe der geltend gemachten Forderung.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des beidseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Ein Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten aus übergegangenem Recht im Hinblick auf. den behaupteten Vorfall vom 02.11.2000 besteht nicht, und zwar unabhängig davon, ob sich tatsächlich das Geschehen so zugetragen hat, wie die Klägerin behauptet und wie der Beklagte bestritten hat. Selbst wenn das klägerische Vorbringen als wahr unterstellt wird, so ist nach Auffassung der Kammer der Mitverschuldensgrad des Zeugen S als Geschädigter als so erheblich, anzusehen, dass jegliche Haftung des Beklagten als Betreiber der Kegelanlage jedenfalls zurücktreten muss. Angesichts dessen hat es einer Beweisaufnahme über die Behauptungen-der Klägerin im Ergebnis nicht bedurft.

Grundsätzlich ist allerdings daran festzuhalten, dass dem Betreiber einer Kegelbahnanlage besondere Verkehrssicherungspflichten treffen. Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht hat nämlich jeder, der eine Gefahrenquelle schafft, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Dritter abzuwenden. Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar ist, muss dabei nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eine Schadenseintrittsvorsorge getroffen werden. Vielmehr sind nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßen und bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (vgl. grundlegend nur Palandt-Thomas, 59.,Auflage, S 823 Rdnr. 58).

Dabei hat der Aufsteller bei Spiel- und Sportgeräten grundsätzlich dafür zu sorgen, dass das Gerät sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet. Er haftet in diesem Zusammenhang nur für einen von ihm verschuldeten., regelwidrigen Zustand der Anlage, nicht jedoch für Schäden, die dadurch entstehen, das die Spielanlage in absolut unüblicher oder regelwidriger Weise benutzt wird (vgl. LG Wiesbaden, Versicherungsrecht 1982, Seite 659).

In Anbetracht dieser Grundsätze begegnet die Auffassung der Klägerin, der Beklagte habe unter Zugrundelegung ihres Sachvortrages Verkehrssicherungspflichten verletzt, schon Zweifeln. Allerdings führt die Klägerin in diesem Zusammenhang an, die Kegelanlage habe einen Defekt aufgewiesen, der jedoch schon von ihr nicht weiter konkret ausgeführt ist. Ob dem Beklagten unter diesen Umständen zum Vorwurf gemacht werden kann, er habe schuldhaft unterlassen, vor Übergabe der Kegelbahn an die Kegelgemeinschaft, die auch der Zeuge a~ angehörte, zu überprüfen, ob sich noch in der Senke hinter den Kegeln eine Kugel befindet, kann jedoch hier im Ergebnis dahinstehen, da dem geschädigten Zeugen unter Zugrundelegung des klägerischen Vorbringens der Vorwurf des weit überwiegenden Mitverschuldens zu machen ist, der nach Auffassung der Kammer dazu führt, jegliche Haftung des Beklagten zurücktreten zu lassen. Wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an Ort und Stelle klarstellend den klägerichen Sachvortrag verdeutlicht hat, soll sich der angebliche Unfall schon zu Beginn des eigentlichen Kegelabends ereignet haben. Danach ist jedoch der Zeuge schon zu Beginn der Kegelveranstaltung an die Ablage, die aus einer unteren und oberen Bahn besteht, herangetreten und wollte die unten befindlichen Kugeln auf die obere Bahn setzen. Wenn jedoch die Kugeln nach Meinung des Zeugen nicht auf die untere Bahn der Ablage hingehören, was zutrifft, so. ist es allerdings nicht seine Sache, diese Kugeln auf, die obere Ablage zu legen. vielmehr hat er sich insoweit an den Betreiber der Anlage zu wenden und um Abhilfe nachzusuchen. Wenn er sich hierüber hinwegsetzt, ist ihm schon der Vorwurf des Mitverschuldens zu machen. Darüber hinaus ist jedoch darauf zu verweisen, dass für die Kammer nicht nachvollziehbar ist, warum der Zeuge die heranrollende Kugel, die nach Ingangsetzung der Kegelanlage durch den Schlüssel aus der Senke über die Rinne zur Ablage nach dem klägerischen Vorbringen gerollt ist und ihn hierdurch am Finger verletzt haben soll, nicht bemerkt haben will. Selbst wenn er die Kugel nicht gesehen hat, wie von der Klägerin behauptet wird, so ist das Rollen einer Kegelkugel zu hören, was gerichtsbekannt ist, da der erkennende Einzelrichter zuweilen etwa bei Fortbildungsmaßnahmen in Trier und Wustrau auch dem Kegelsport nachgeht. Die Kugel muss daher auch vom Zeugen gehört worden sein. Das danach hörbare Heranrollen der in der Senke zurückgebliebenen Kugel hätte jedoch für diesen Veranlassung sein müssen, seine Hand von den in der unteren Ablage befindlichen Kugeln, deren Lage er offenbar als nicht ordnungsgemäß empfunden hat, da sonst kein Grund dafür bestanden

hätte, die unteren Kugeln auf die obere Ablage legen zu wollen, wegzuziehen. Dies hat der Zeuge jedenfalls grob fahrlässig unterlassen, so dass ihm ein erhebliches Mitverschulden trifft, das – wie oben ausgeführt,eine etwaige dem Grunde nach anzunehmende Haftung des Beklagten zurücktreten lässt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 13.101,75 DM.

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