Die Erkrankung eines Arbeitnehmers ist als solche kein Kündigungsgrund.
Die vielerorts verbreitete Ansicht, man könne einen erkrankten Arbeitnehmer nicht kündigen, ist falsch.
Eine Erkrankung eines Arbeitsnehmers rechtfertigt jedoch nur dann eine personenbedingte Kündigung, wenn die Arbeitsunfähigkeit zu erheblichen betrieblichen und wirtschaftlichen Beeinträchtigungen beim Arbeitgeber führt und eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers für ihn nicht mehr hinnehmbar ist.
Bevor eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen wird, muss der Arbeitgeber prüfen, ob die Kündigung nicht durch andere Maßnahmen verhindert werden kann (z.B. Umsetzung des Arbeitnehmers auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz oder Umbau des Arbeitsplatzes).
Hierbei ist das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX zu berücksichtigen.
Nach § 1 KSchG ist die krankheitsbedingte Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Einebestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz geht auch dann einer krankheitsbedingten Kündigung vor, wenn die Beschäftigung nur zu geänderten Arbeitsbedingungen erfolgen kann. Das dabei andere Arbeitnehmer im Rahmen eines Arbeitsplatztausches möglicherweise umgesetzt werden müssen, ist ebenfalls unerheblich. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allein die Tatsache, dass die Maßnahmen zu einer Verringerung der krankheitsbedingten Fehlzeiten des erkrankten Arbeitnehmers führen.
Die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung wird in 3 Stufen geprüft:
1. Negative Gesundheitsprognose beim Arbeitnehmer
2. Aufgrund der negativen Gesundheitsprognose muss die Besorgnis bestehen, dass es zu erheblichen betrieblichen und/oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen im Betrieb des Arbeitgebers kommen wird (bzw. es bereits zu erheblichen betrieblichen und/oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen im Betrieb des Arbeitgebers gekommen ist)
3. Umfassende Interessensabwägung zwischen den Interessen des Arbeitnehmers und denen des Arbeitgebers. Die festgestellten Beeinträchtigungen im Betrieb des Arbeitsgebers können von diesem billigerweise nicht mehr hingenommen werden.
1. negative Gesundheitsprognose:
Zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs muss beim Arbeitnehmer eine negative Gesundheitsprognose vorliegen.
Die Krankheitsentwicklung nach Ausspruch der Kündigung ist unerheblich.
Es müssen Tatsachen dafür vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer weiterhin im bisherigen Maße oder dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt ist.
Der Arbeitgeber sollte vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung versuchen, vom Arbeitnehmer Auskunft über seinen Gesundheitszustand zu erhalten. Eine Erkundigungspflicht des Arbeitgebers besteht jedoch nicht.
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts muss der Arbeitnehmer außergerichtlich jedoch keine Auskunft über seinen Gesundheitszustand erteilen. Erst im Gerichtsverfahren ist er dazu verpflichtet, seine Ärzte von der bestehenden ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden.
Eine negative Gesundheitsprognose besteht nicht, wenn die Krankheiten auf einmalige Ereignisse (z.B. auf Unfälle) zurückzuführen und ausgeheilt sind.
Wird ein Arbeitnehmer nachweislich dauerhaft arbeitsunfähig, ist der Ausspruch einer Kündigung gerechtfertigt, da er im Betrieb des Arbeitsgebers nicht mehr eingesetzt werden kann.
2. betriebliche und/oder wirtschaftliche Arbeitgeberinteressen beeinträchtigt:
Aufgrund der bisherigen und zu erwartenden krankheitsbedingten Fehlzeiten des Arbeitsnehmers müssen betriebliche und/oder wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt werden.
Der Arbeitgeber muss die betrieblichen und/oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen in seinem Betrieb darlegen und beweisen.
3. Interessensabwägung:
Die bestehenden Beeinträchtigungen dürfen für den Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hinzunehmen sein. Je länger das Arbeitsverhältnis bestanden hat, desto mehr Rücksicht muss der Arbeitgeber jedoch auf den Arbeitnehmer nehmen.
Ist die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitsnehmers auf seine betriebliche Tätigkeit zurückzuführen, ist der Arbeitgeber zu einer größeren Rücksichtsnahme verpflichtet.