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Kundenabwerbung bei Auftraggeber oder Mitbewerber unzulässig

BGH, Az: I ZR 163/76, Urteil vom 03.02.1978

Tatbestand

Der Kläger ist ein in F. ansässiger Spediteur. Er unterhält in L. ein „Lager“ und hat in dessen Umgebung eine Reihe von Speditionskunden geworben, für die er ständig tätig wird. Zur Bedienung dieser Kunden – im Raum S. – sollte in seinem Auftrag der Beklagte tätig werden. Dazu wurde am 14. November 1973 ein Vertrag geschlossen, nach dessen Inhalt der Beklagte „mit einem 1,3 to LKW für den Raum S. fest ab 1. Dezember 1973 angemietet“ wurde („Durchschnittskilometer 250 täglich“), wofür ihm eine monatliche feste Vergütung zugesagt wurde . Den Lkw mietete der Beklagte nach diesem Vertrag gegen ein monatliches Entgelt vom Kläger. Ferner hieß es bezüglich des Beklagten: „Er verpflichtet sich, sämtliche Kunden der Firma (Klägerin) innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach Auflösung dieses Vertrages nicht mit Spediteurleistungen zu bedienen“. Der Kläger sah in dem Vertragsblankett für diesen Vertrag folgende weitere Bestimmung vor:

„Sollte (ergänze: der Vertragspartner der Firma R.) sich an einem Unternehmen gleicher Art beteiligen oder als Beteiligter eines solchen Unternehmens tätig werden, so ist dieses Konkurrenzverbot gleichermaßen anzuwenden, andernfalls (er) sich einer Konventionalstrafe in Höhe von 10.000,– DM unterwirft“.

Diese zusätzliche Bestimmung war auf Verlangen des Beklagten vor Unterzeichnung des Vertrages gestrichen worden.

Kundenabwerbung bei Auftraggeber oder Mitbewerber unzulässig
Symbolfoto: Rawpixel.com / Bigstock

Bald danach, mit Datum vom 9. Februar 1974 schlossen die Parteien eine weitere als Vertrag bezeichnete Vereinbarung, nachdem der Beklagte inzwischen selbst einen Lkw erworben hatte. Danach wurde der nunmehr im Vertrag als „Unternehmer“ bezeichnete Beklagte „mit einem 4 to Lkw angemietet“ und erhielt eine höhere Vergütung. Die oben genannte Konkurrenzklausel enthielt dieser Vertrag nicht, dafür die Abrede, der Beklagte sei verpflichtet, alles zu unterlassen, was eine Schädigung der Spedition zur Folge habe.

Am gleichen Tage schloß der Kläger einen inhaltsgleichen Vertrag mit dem Fuhrunternehmer W., einem Bekannten des Beklagten, mit dem der Kläger vorher noch nicht in einem Vertragsverhältnis gestanden hatte. Im Anschluß an den Abschluß dieser Verträge schlossen der Beklagte und W. sich unter der Firmierung „B. & W. Spedition“ zu einer Gesellschaft zusammen. Ob der Kläger davon Kenntnis hatte, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Vertrag zwischen dem Kläger und W. wurde wegen Streitigkeiten über Tariffragen mit Wirkung vom 11. Oktober 1974 angekündigt. Einige Monate später, am 9. Januar 1975, kündigte der Kläger auch den mit dem Beklagten abgeschlossenen Vertrag, und zwar fristlos. Bereits vor dem letztgenannten Zeitpunkt, als der Beklagte noch beim Kläger unter Vertrag stand, fuhr W. einige zum Kundenkreis des Klägers gehörende Firmen an und führte für diese unter der Firmierung „B. & W. Spedition“ Frachtaufträge aus. Nach der Kündigung seines eigenen Vertrages durch den Kläger beteiligte sich auch der Beklagte in einem im einzelnen streitigen Umfang an der Ausführung von Speditionsleistungen bzw Frachtleistungen für frühere Kunden des Klägers.

Der Kläger hat geltend gemacht, dem Beklagten sei die Abwerbung von Kunden des Klägers sowohl nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen als auch nach wettbewerbsrechtlichen Vorschriften untersagt. Das im ersten Vertrag vom 14. November 1973 enthaltene Wettbewerbsverbot sei durch den Vertrag vom 9. Februar 1974 nicht aufgehoben worden, da dieser den ersten Vertrag nur ergänzt habe. Die Abwerbung sei aufgrund der vom Beklagten während der Vertragszeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen über den Kundenkreis des Klägers erfolgt. Da der Beklagte sich mit W. gesellschaftsrechtlich verbunden habe, müsse er sich für die Zeit seiner eigenen vertraglichen Bindung an den Kläger auch das Verhalten seines Mitgesellschafters zurechnen lassen; es sei daher unerheblich, ob der Beklagte selbst oder W. sich an die Kunden des Klägers gewandt habe. W. habe auch zu jener Zeit keine eigene Konzession gehabt, habe vielmehr die des Beklagten ausgenutzt.

Der Kläger hat vor dem Landgericht beantragt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zur Unterlassung des Tätigwerdens als Spediteur (im eigenen Namen und als Gesellschafter einer Speditionsfirma) für bestimmte, im einzelnen bezeichnete Speditionskunden zu verurteilen und hinsichtlich dieser Kunden über die durchgeführten Speditionsleistungen und die daraus erzielten Einkünfte Rechnung zu legen. Im Wege der Stufenklage hat der Kläger außerdem Schadensersatz gefordert.

Der Beklagte hat demgegenüber ausgeführt, die Wettbewerbsklausel aus dem Vertrag vom 14. November 1974 sei durch den Abschluß des neuen Vertrages vom 9. Februar 1974 gegenstandslos geworden. Sie sei gerade deswegen nicht mehr in den neuen Vertrag aufgenommen worden, weil er – der Beklagte – bei den Verhandlungen den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen habe, daß die zweijährige Kundenschutzklausel für ihn unannehmbar sei. Auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen könne ihm nicht verwehrt werden, sich nach Beendigung des Vertrages mit dem Kläger werbend auch an dessen Kunden zu wenden. Vor Beendigung des Vertrages habe er sich strikt daran gehalten, und sei nicht an die Kunden des Klägers herangetreten. Für das Verhalten W.’s habe er nicht einzustehen, zumal dieser im Verhältnis zum Kläger nicht gehindert gewesen sei, sich nach dem 11. Oktober 1974 an dessen Kunden zu wenden. W. habe dabei ausschließlich für eigene Rechnung gehandelt und habe nur solche Frachtaufträge von Kunden des Klägers durchgeführt, deren Übernahme der Kläger abgelehnt habe. Er selbst habe W. keine Kenntnisse über den Kundenkreis des Klägers vermittelt. Er habe sich nicht darum gekümmert, welche Fuhraufträge W. während der Zeit, in der er selbst noch für den Kläger gefahren sei, im einzelnen ausgeführt habe und sei auch von W. hierüber nicht unterrichtet worden.

Der Kläger bestreitet, daß W. für eigene Rechnung gefahren sei und der Beklagte nicht gewußt habe, daß W. auch für Kunden des Klägers gefahren sei.

Das Landgericht hat durch Teilurteil dem Unterlassungsanspruch und Rechnungslegungsanspruch insoweit stattgegeben, als dieser sich auf die Firmen G., R. und I. bezogen, hinsichtlich des Unterlassungsantrages allerdings nur beschränkt auf die Dauer von zwei Jahren nach Rechtskraft des Urteils; im übrigen hat das Landgericht die Klage zu Ziffer 1 und 2 abgewiesen und sich die weiteren Entscheidungen vorbehalten.

Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt und völlige Abweisung der Klage beantragt. Das Berufungsgericht hat die Klage – auch hinsichtlich des vom Landgericht nicht behandelten Schadensersatzanspruchs – abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der dieser die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erstrebt.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht führt aus – darin übereinstimmend mit dem Landgericht -, der Beklagte sei durch die Konkurrenzklausel im Vertrag vom 14. November 1973 nicht gehindert gewesen, in der Zeit nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit dem Kläger für dessen Kunden tätig zu werden. Diese Klausel sei in den späteren Vertrag vom 9. Februar 1974 nicht übernommen worden. Diese Ausführungen greift die Revision nicht an, sie sind auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Da es auch unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG nicht unzulässig sei, so führt das Berufungsgericht weiter aus, wenn zwei frühere Vertragspartner sich nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Konkurrenz machten, könnten die geltend gemachten Ansprüche nur dann begründet sein, wenn der Beklagte bereits vor Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Kläger in wettbewerbswidriger und/oder vertragswidriger Weise in den Kundenkreis des Klägers eingedrungen wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall, da der Beklagte sich nicht unmittelbar selbst im eigenen Namen und für eigene Rechnung an die Kunden des Klägers gewandt, zumindest der Kläger dies nicht konkret behauptet und unter Beweis gestellt habe. Dadurch aber, daß der Beklagte sich vor Beendigung seines eigenen Vertragsverhältnisses mit dem Kläger zu einer Gesellschaft mit W. verbunden habe und es geduldet habe, daß W. seinerseits unter dem Namen der Gesellschaft dem Kläger Konkurrenz gemacht habe, habe er sich nicht rechtswidrig verhalten. Dem Beklagten sei es auch schon während des Vertragsverhältnisses mit dem Kläger nicht ohne weiteres und uneingeschränkt verboten gewesen, mit diesem zu konkurrieren. Ein Subunternehmer sei ein in der gleichen Branche tätiger selbständiger Unternehmer, der von vornherein ein natürlicher Konkurrent seines Auftraggebers sei. Der Auftraggeber müsse sich daher grundsätzlich auf ein solches Konkurrenzverhältnis einstellen und es akzeptieren oder sich durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen absichern. Andererseits werde der Subunternehmer unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben während des Bestehens der Vertragsbeziehungen jedoch grundsätzlich einen solchen Wettbewerb nicht betreiben dürfen, der wesentlich auf der Ausnutzung solcher Kenntnisse und Kontaktmöglichkeiten basiere, die ihm erst durch das Vertragsverhältnis und das auf seine Fairneß vertrauende Verhalten des Auftraggebers eröffnet würden. Ein solcher Fall sei aber hier nicht gegeben, denn es sei weder konkret behauptet worden noch ohne weiteres zu vermuten, daß der Beklagte den Wettbewerb W.’s durch Weitergabe wesentlicher Informationen oder durch Ausnutzung seiner persönlichen Beziehungen zu den Kunden tatkräftig unterstützt hätte. Die bloße Beteiligung an einer Gesellschaft mit W. ohne Einflußnahme auf dessen an die Kunden des Klägers gerichtete Aktivitäten beinhalte aber noch keine Ausnutzung der durch das Vertragsverhältnis mit dem Kläger gegebenen besonderen Informationsmöglichkeiten und Kontaktmöglichkeiten und könne daher auch noch nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben und damit als vertragswidrig oder wettbewerbswidrig angesehen werden.

II. Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg.

Der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung kann nicht beigepflichtet werden, der Beklagte habe für das Eindringen in den Kundenkreis des Klägers durch W. während des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses nicht einzustehen, weil nicht substantiiert dargelegt worden sei, daß W. hierbei Kenntnisse ausgenutzt habe, die der Beklagte durch seine Tätigkeit für den Kläger erlangt habe.

Diese rechtliche Beurteilung wird der unstreitigen Tatsache nicht gerecht, daß W. in seiner Eigenschaft als Mitgesellschafter des Beklagten unter dem Namen der Gesellschaft an die fraglichen Kunden des Klägers herangetreten ist. Hierbei kann dahinstehen, ob W., wie der Beklagte behauptet, die Aufträge dieser Kunden während der vertraglichen Bindung des Beklagten an den Kläger auf eigene Rechnung durchgeführt und der Gebrauch des Namens der Gesellschafter ohne Einfluß auf den Erfolg der Bemühung W.’s um Aufträge bei Kunden des Klägers geblieben ist. Denn da es dem Beklagten während seiner Vertragszeit mit dem Kläger untersagt war, in dessen Kundenkreis einzudringen, durfte er dies auch nicht über eine von ihm gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Vielmehr hat der Beklagte es zu verantworten, wenn er nicht dafür gesorgt hat, daß es W. unterließ, im Namen der Gesellschaft an Kunden des Klägers im fraglichen Bezirk heranzutreten.

Der Beklagte behauptet zwar, er habe nicht gewußt, daß W. auch von Kunden des Klägers im Namen der BGB-Gesellschaft während seiner – des Beklagten – Vertragszeit mit dem Kläger Aufträge hereingeholt und auf eigene Rechnung durchgeführt habe. Dies kann ihn aber nicht von einer Verantwortung für das Verhalten W.’s freistellen. Es wäre vielmehr Pflicht des Beklagten gewesen, nachdem er das Gesellschaftsverhältnis mit W. bereits während seiner vertraglichen Bindung an den Kläger eingegangen war, durch ein entsprechendes ausdrückliches Verbot Vorsorge zu treffen, daß W. nicht während dieser Zeit im Namen der Gesellschaft an Kunden des Klägers werbend herantrat und laufend zu überwachen, ob dieses Verbot auch eingehalten wurde. Dieser Überwachungspflicht und Kontrollpflicht ist der Beklagte nicht nachgekommen. Er hat sich vielmehr nach seiner eigenen Darstellung überhaupt nicht darum gekümmert, welche Geschäfte W. unter Ausnutzung der dem Beklagten erteilten Konzession im Namen der Gesellschaft – sei es auch für eigene Rechnung – abgeschlossen hat. Bei dieser Sachlage muß sich der Beklagte das Verhalten W.’s zurechnen lassen.

Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben.

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