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Abmahnung wegen Nichtleistung von Überstunden

ArbG Frankfurt, A: 7 Ca 5014/99, Urteil vom 20.06.2001

1. Die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger unter dem Datum des 25. Mai 1999 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und aus seiner Personalakte zu entfernen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf DM 4.200,00 festgesetzt.

Tatbestand

Überstunden Abmahnung
Symbolfoto: Ocus Focus / Bigstock

Auf Grund des Arbeitsvertrages vom 09. September 1991 steht der … geborene Kläger bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als KFZ-Mechaniker und wurde von dieser im Ersatzteillager der Beklagten beschäftigt.

Der Kläger erhielt ein monatliches Bruttogehalt von ca. DM 4.200,–.

Mit Schreiben vom 25.05.1999 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, weil dieser am 20. Mai 1999 nach seinem Arbeitsende um 16.00 Uhr nicht um 17.00 Uhr an einer Besprechung bezüglich der Reorganisation des Ersatzteillagers teilgenommen hat.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger erst am 18.05.1999 nachmittags oder schon eine Woche vor dem 20.05.1999 mitgeteilt worden ist, dass am 20.05.1999 um 17.00 Uhr die Besprechung stattfinden soll.

Der Kläger trägt vor, dass schon zwei Besprechungen außerhalb der Arbeitszeit ohne Bezahlung vor dem 20.05.1999 stattgefunden hätten.

Ihm sei erst am 18.05.1999 nachmittags von dem Zeugen … mitgeteilt worden, dass am 20.05.1999 um 17.00 Uhr eine weitere Besprechung stattfinden solle. Er, der Kläger, habe bereits am 18.05.1999 Herrn … mitgeteilt, dass er an dieser Besprechung nicht teilnehmen könne, da er einen wichtigen privaten Termin wahrzunehmen habe. Er habe Herrn … gebeten, sein Fernbleiben zu entschuldigen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 25.05.1999 zurückzunehmen und aus seiner Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dem Kläger sei am Montag, dem 17. Mai 1999 von Herrn … mitgeteilt worden, dass die Geschäftsführung der Beklagten ein Gespräch für den 20. Mai 1999 17.15 Uhr angeordnet habe. Bei dem von der Beklagten für den 20. Mai 1999 angeordneten Gespräch habe es sich um eine Veranstaltung aus wichtigen betrieblichen Gründen gehandelt. Der Kläger sei gemäß § 6 seines Arbeitsvertrages dazu verpflichtet, Überstunden im gesetzlichen oder tariflichen Rahmen zu leisten. Sie, die Beklagte, habe die von ihr angeordneten und von den Arbeitnehmern abgeleisteten Überstunden auch gemäß den tariflichen Regeln vergütet oder in Freizeit ausgeglichen. Der Kläger habe an dieser angeordneten Besprechung nicht teilgenommen, weil er seine privaten Belange vor die Belange der Beklagten gesetzt habe. Der Kläger habe sein Motorrad aus einer Werkstatt abholen wollen.

Die dem Kläger erteilte Abmahnung sei verhältnismäßig. Der arbeitsvertragliche Pflichtenverstoß des Klägers sei nicht geringfügig.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen … und des Zeugen …. Insoweit wird auf die Niederschriften vom 15.11.2000 und vom 20.06.2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet, denn die dem Kläger von der Beklagten unter dem Datum des 25. Mai 1999 erteilte Abmahnung ist rechtswidrig.

Dies gilt deshalb, weil der Kläger nicht rechtswidrig gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat.

Das Gericht war nicht in der Lage zu überprüfen, ob die von der Geschäftsleitung der Beklagten für den 20.05.1999 um 17.00 Uhr angesetzte Besprechung für die Reorganisation des Ersatzteilelagers „dringende betriebliche Erfordernisse“ beinhaltete, denn die Beklagte hat den genauen Themenkatalog der Besprechung dem Gericht nicht mitgeteilt.

Aber selbst dann, wenn das erkennende Gericht davon ausgeht, dass diese Besprechung am 20.05.1999 um 17.00 Uhr eminent wichtige Bedeutung für das Ersatzteillager der Beklagten gehabt hat, muss von der Beklagten gefordert werden, dass sie auch minimale Rücksicht auf die privaten Interessen ihrer Arbeitnehmer nimmt. Aus diesem Grunde erscheint es unangemessen, am Nachmittag des 17.05.1999 eine Besprechung außerhalb der regulären Arbeitszeit für Donnerstag, den 20.05. um 17.00 Uhr anzuberaumen, denn die Beklagte musste damit rechnen, dass auch ihre Arbeitnehmer ihre privaten Belange regeln wollen und regeln dürfen. Nach der uneidlichen Aussage der Zeugen … und … steht fest, dass die Beklagte frühestens am 17.05.1999 dem Kläger mitgeteilt hat, dass er am Donnerstag, dem 20.05.1999 um 17.00 Uhr außerhalb der regulären Arbeitszeit an einer Besprechung teilnehmen solle.

Das Gericht ist der Auffassung, dass ein Arbeitgeber mindestens mit einer Woche Vorlauf seine Arbeitnehmer zu einer betrieblichen Veranstaltung außerhalb der Arbeitszeit bitten kann. Eine kürzere Frist als eine Woche verstößt derart gegen die Interessen des Arbeitnehmers, dass sie nicht bindend sein kann.

Hiervon ist lediglich dann eine Ausnahme zu machen, wenn in dem Betrieb ein akuter Notfall eingetreten ist, der es unumgänglich erscheinen lässt, dass der Arbeitnehmer im Betrieb auch über die reguläre Arbeitszeit hinaus verbleibt. Solche Anhaltspunkte liegen im vorliegenden Rechtsstreit nicht vor.

Deshalb hat die Beklagte mit ihrer kurzfristigen Anordnung einer Sitzung außerhalb der Arbeitszeit gegen ihre arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht verstoßen. Somit hat der Kläger nicht gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen. Die Beklagte war daher zur Rücknahme der ausgesprochenen Abmahnung und zur Entfernung aus der Personalakte zu verurteilen.

Da die Beklagte in dem Rechtsstreit unterlegen ist, hat sie gemäß § 91 ZPO die Kosten zu tragen.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO unter Berücksichtigung eines Bruttomonatsgehaltes des Klägers.

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