Haftung des WEG-Verwalters bei verspäteter Schadenmeldung
Vor dem Amtsgericht Bergisch Gladbach wurde kürzlich die Frage behandelt, ob ein WEG-Verwalter für die verspätete Meldung eines Wasserschadens haftbar gemacht werden kann. Die Kläger, ehemalige Eigentümer einer Wohnung im 4. OG eines Mehrfamilienhauses, waren bis zum 23.08.2022 Teil der Wohnungseigentümergemeinschaft und beauftragten die Beklagte als Verwalterin ihrer Gemeinschaft.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Wasserschaden in einer Wohnung führt zu gerichtlichem Streit zwischen den Eigentümern und dem Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft.
- Der Schaden wurde vom Verwalter verspätet an die Gebäudeversicherung gemeldet.
- Die Kläger fordern aufgrund der Verzögerung Schadenersatz von 500,- Euro monatlich für die Zeit von März 2020 bis Februar 2021.
- Die Kläger argumentieren, dass der Verwalter ihnen gegenüber hafte infolge einer Pflichtverletzung des Verwaltervertrages.
- Die Beklagte hält dagegen, dass Schadenersatzansprüche gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden müssten.
- Das Amtsgericht Bergisch Gladbach entscheidet, dass die Beklagte den Klägern gegenüber nicht für eine Pflichtverletzung aus dem Verwaltervertrag im Rahmen der Meldung des Schadens gegenüber der Gebäudeversicherung haftet.
- Die Kläger hatten gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 6.000,- Euro.
Übersicht:
Feuchtigkeits- und Schimmelschäden
In ihrer Wohnung traten vermehrt Feuchtigkeits- und Schimmelschäden auf. Einer der Kläger zog infolgedessen im März 2020 aus. Sie informierten die Beklagte über den Wasserschaden und forderten sie auf, die Schadenregulierung zu veranlassen. Erst im Dezember 2020 konnten Schadensfeststellungen in der darüberliegenden Wohnung getroffen werden. Die Beklagte gab später zu, denSchaden der Gebäudeversicherung nicht rechtzeitig gemeldet zu haben.
Forderung nach Schadenersatz
Wegen der verzögerten Schadenanzeige forderten die Kläger von der Beklagten Schadenersatz für den Zeitraum von März 2020 bis Februar 2021. Sie waren der Ansicht, dass die Beklagte aufgrund einer Pflichtverletzung des Verwaltervertrages haftbar sei, insbesondere im Hinblick auf den Gebäudeversicherungsvertrag.
Urteilsbegründung
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Klage unbegründet sei. Es bestünde kein Anspruch der Kläger auf Schadenersatz gegen die Beklagte. Die Beklagte haftet nicht für mögliche Verletzungen aus dem Verwaltervertrag in Bezug auf die Meldung des Schadens an die Gebäudeversicherung. Zudem wurde klargestellt, dass bei einem Wasserschaden, der von einer Wohnung ausgeht und eine andere betrifft, weder die Verwaltung noch die Eigentümergemeinschaft haftbar sind. Der Ausgleich hat ausschließlich zwischen den betroffenen Wohnungseigentümern zu erfolgen.
Die Kläger konnten sich auch nicht auf Schadenersatzansprüche aus dem Verwaltervertrag in Verbindung mit dem Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter stützen. Solche Ansprüche sind grundsätzlich nicht gegeben, da die Wohnungseigentümer über eigene gesetzliche Ansprüche gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verfügen.
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Das vorliegende Urteil
AG Bergisch Gladbach – Az.: 70 C 25/22 – Urteil vom 24.11.2022
In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Bergisch Gladbach auf die mündliche Verhandlung vom 24.11.2022 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Die Kläger waren bis zum 23.08.2022 Eigentümer der im 4. OG des Hauses „An der Wallburg 3“ gelegenen Wohnung Nr. 77 und damit Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft „An der Wallburg 1, 3, 5, 51427 Bergisch Gladbach“, deren Verwalterin die Beklagte infolge Eintritts mit Wirkung zum 01.07.1994 aufgrund eines Verwaltervertrages zwischen den Wohnungseigentümergemeinschaften „An der Wallburg 1, 3, 5“, „An der Wallburg r, Eigentümergemeinschaft Garagentrakt 1“, „Eigentümergemeinschaft Garagentrakt 11“ vom 16.11.1992 ist.
Zwischen der DEVK Allgemeine Versicherungs-AG und der Beklagten besteht ein „Rahmenvertrag für die Wohngebäudeversicherung nach Verwaltungseinheiten (VE)-Modell (Fassung DEVK Stand 01.01.2013)“ mit Versicherungsdauer ab dem 01.01.2016.
In der Im 5.0G gelegenen Wohnung des Hauses „An der Wallburg 3“ ereignete sich im November 2019 ein Wasserschaden, infolge dessen Leitungswasser in das daruntergelegene Sondereigentum der Kläger lief. Es kam zunehmend zu Feuchtigkeits- und Schimmelschäden.
Im März 2020 zog der Kläger zu 2.) deshalb aus der Wohnung aus. Die Kläger unterrichteten Anfang März 2020 die Beklagte über den Wasser- und Schimmelschaden und forderten sie auf, die Schadenregulierung zu veranlassen.
Im Dezember 2020 konnten Feststellungen zum Schaden in der Wohnung im 5. OG getroffen werden.
Mit Schreiben vom 22.02.2021 teilte die Beklagte mit, den Schaden der Gebäudeversicherung bisher nicht gemeldet zu haben. Die Kläger wandten sich daraufhin selbst an den Versicherer.
Infolge einer verzögerten Schadenanzeige forderten die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 05.10.2021 von der Beklagten erfolglos Ersatz eines Mietwertschadens in Höhe von 500,- Euro monatlich für die Zeit von März 2020 bis Februar 2021.
Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte hafte ihnen gegenüber infolge einer Pflichtverletzung des Verwaltervertrages aufgrund verzögerter Schadenmeldung im Rahmen des von der Beklagten als Versicherungsnehmerin abgeschlossenen Gebäudeversicherungsvertrages, jedenfalls aber unter dem Aspekt eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.000,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.21 zu zahlen; die Beklagte zu verurteilen, an sie 766,36 Euro vorgerichtliche Aufforderungskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.21 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, etwaige Schadenersatzansprüche seien gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend zu machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen, zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 6.000,- Euro.
Die Beklagte haftet den Klägern gegenüber nicht für eine etwaige Pflichtverletzung aus dem Verwaltervertrag im Rahmen der Meldung des Schadens gegenüber der Gebäudeversicherung.
Dabei kann dahinstehen, in welchem Bereich (Sonder- oder Gemeinschaftseigentum) der Schaden in der Wohnung der Kläger seinen Ausgangspunkt hat und ob insofern ein Versicherungsfall – Der Inhalt des nach § Ziffer 1 des Rahmenvertrages maßgeblichen Versicherungsscheins ist nicht vorgetragen worden. – vorliegt.
In dem Fall, dass von sich einem Sondereigentum ausgehend ein Wasserschaden in einem weiteren Sondereigentum ereignet, haftet weder die Verwaltung noch der Eigentümergemeinschaft für den Schaden.
Hier hat der Schadensausgleich ausschließlich unter den beteiligten Sondereigentümern stattzufinden (vgl. Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 19 Rn. 130).
Im Falle der Schädigung des Sondereigentums bestehen Schadenersatzansprüche gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, wenn die Ursache im Bereich des Gemeinschaftseigentums liegt. Der Anspruch richtet sich auch in diesem Fall nicht gegen den Verwalter der Gemeinschaft (vgl. Skauradszun, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2023, § 27 WEG, Rn. 51). Dieser handelt lediglich als Organ, wenn er im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums Versicherungsverträge abschließt und sich daraus ergebende Obliegenheiten wahrnimmt, §§ 18 Abs. 1, 9b Abs. 1 Satz 1 WEG, 31 BGB (vgl. Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 19 Rn. 123).
Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg auf einen Schadensersatzansprüche aus dem Verwaltervertrag in Verbindung mit dem Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter berufen.
Solche Ansprüche bestehen grundsätzlich nicht. Das Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter setzt nämlich unter anderem voraus, dass der Dritte schutzbedürftig ist, insbesondere über keine eigenen vertraglichen Ansprüche verfügt. Da den Wohnungseigentümern gesetzliche Leistungsansprüche aus § 18 Abs. 2 WEG gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zustehen und sie – im Falle eines Schadens – gegenüber der Gemeinschaft gesetzliche Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB verfolgen können, sind sie nicht schutzbedürftig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern bemühten Drucksache 19/22634, der kurz vor der Beschlussfassung im 19. Deutschen Bundestag verfassten Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, der zwar noch die Ergänzung in § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG vorgeschlagen und in der Begründung das Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter angesprochen hatte. Auch der Rechtsausschuss hat aber gesehen, dass dieses Rechtsinstitut nur in Betracht kommt, wenn seine Voraussetzungen vorliegen. Dies ist aufgrund der fehlenden Schutzbedürftigkeit der einzelnen Wohnungseigentümer nicht der Fall. Aus § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG – einer verfahrensrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift – ergibt sich schließlich ebenfalls kein materiell-rechtlicher Anspruch (vgl. Skauradszun, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2023, § 27 WEG, Rn. 56).
Mangels Hauptanspruchs bestehen auch keine Ansprüche auf Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 Salz 2, 711 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Streitwert: 6.000,- Euro