LG München I
Az: 6 S 8983/03
Hinweisbeschluss vom 23.07.2003
Das Berufungsgericht beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung keine Erfolgsaussicht hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern:
Das Urteil des Amtsgerichts, das umfassend und mit Bezug auf die Rechtsprechung begründet ist, vermag voll inhaltlich zu überzeugen. Im übrigen musste das Amtsgericht – und dies hat es getan – seine Rechtsmeinung begründen, wobei es in seiner Begründung nicht zitatweise durch Parteien vorgetragene Ureile anderer Gerichte benennen musste. Aus Sicht der Kammer kann die Psychotherapierichtlinie des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung. von Psychotherapie vom 23.10.1998 dafür herangezogen werden, dass bei einer Kurzzeittherapie ein Behandlungsumfang von ca. 25 Sitzungen erforderlich ist. Auszugehen ist vom tatsächlichen Abrechnungsverhalten (beispielsweise 2,3facher Steigerungssatz), das vorliegend dazu führt, dass die Versicherung wesentliche Behandlungskosten nicht finanziert. Die vorliegend vom Kläger bezahlten Beträge (unstrittig für das Jahr 2000 ein Betrag über 300,00 Euro, für das Jahr 2001 ein Betrag von fast 1.500,00 Euro und für das Jahr 2002 ein Betrag von ca. 500,00 Euro) sind aus Sicht des durchschnittlich Versicherten wesentliche Geldbeträge. Tatsächlich führt dies dazu, dass eine psychotherapeutische Kurzzeitbehandlung im durchschnittlichen Behandlungsumfang nicht von der Versicherungsleistung abgedeckt ist. Diese Nichtabdeckung bewirkt eine Aushöhlung des Versicherungsschutzes, da die durchschnittlich erfolgversprechende Heilbehandlung im ambulanten Bereich grundsätzlich von vornherein nicht gewährleistet ist. Dies führt zum Auflaufen eines erheblichen Eigenanteils des behandlungsbedürftigen Versicherten. Eine derartige Beschränkung hätte in den allgemeinen Geschäftsbedingungen deutlich
hervorgehoben werden müssen. .
Im übrigen geht hinsichtlich der Frage der Verjährung der Versicherungsschutzleistungen für das Jahr 2000 die Kammer davon aus, daß die Hinweispflicht gem. § 139 Abs. 2 ZPO auch im schriftlichen Verfahren gilt (vgl. Thomas/Putzo, 25. Auflage, §.139 Rdnr. 15). Im vorliegenden schriftlichen Verfahren wurden bei der Entscheidung Schriftsätze berücksichtigt, die bis zum 27.3.2003 bei Gericht eingegangen waren. Mit Schriftsatz vom 12.3.2003., vom Gericht an den Beklagtenvertreter expediert am 13.3.2003, hat die Klageseite unter Vorlage eines Anspruchsschreibens vom 22.10.2002 (K 5) die Hemmung der Verjährung gem. § 12 Abs. 2 VVG dargelegt. Die Beklagtenseite ist hierauf im Schriftsatz vom 27.3.2003, eingegangen bei Gericht am gleichen Tage, nicht eingegangen. Eine Hinweispflicht hätte nur bestanden, wenn das Gericht hätte davon ausgehen müssen, dass die Beklagtenseite diese Frage erkennbar falsch beurteilt oder für unerheblich gehalten hat. Dafür. bestanden allerdings vorliegend keine Anhaltspunkte. Im übrigen besteht die Hinweispflicht ausnahmsweise nicht, soweit es sich um eine Nebenforderung handelt. Bei der Definition der Nebenforderung ist nachdem Beschleunigungszweck der Vorschrift des § 139 Abs. 2 ZPO eine wirtschaftliche Sichtweise zugrunde zu legen, wobei in der Literatur 15 % des Hauptsachestreitwerts als obere Grenze für vertretbar gehalten werden (vgl. Thomas/Putzo ZPO, 25. Auflage, § 139 Rdnr. 24). Aus Sicht der Kammer ist damit die Zahlungsforderung für das Jahr 2000 gegenüber den übrigen Anträgen eine sogenannte wirtschaftliche Nebenforderung.
Die Berufungsklagepartei erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Hinweises.