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Lauschzeugen für Telefongespräch – Zeugenaussage verwertbar?

Lauschzeugen im Zivilprozess: OLG Koblenz entscheidet über Bonuszahlung im Maklerstreit

Zeugenaussagen, basierend auf dem Mithören von Telefongesprächen ohne Wissen des Gesprächspartners, im Zivilrecht unter bestimmten Umständen nicht verwertbar sind, insbesondere wenn dadurch das Persönlichkeitsrecht verletzt wird.

Weiter zum vorliegenden Urteil  3 U 1186/23 >>>

Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Die Berufung der Klägerin auf Zahlung von Maklerlohn basierend auf einer Bonusvereinbarung wurde zurückgewiesen.
  2. Es fehlte an einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien, die einen Anspruch auf die Bonuszahlung begründen könnte.
  3. Das Gericht erkannte ein Beweisverwertungsverbot für die Aussage einer Lauschzeugin, die das Telefongespräch ohne Wissen der anderen Partei mitgehört hatte.
  4. Das Gericht legt Wert auf die Notwendigkeit einer angemessenen Beweissicherung, ohne das Persönlichkeitsrecht zu verletzen.
  5. Die Entscheidung betont die Bedeutung der Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen und die Grenzen der Beweisführung im Zivilprozess.
  6. Verwirkung des Anspruchs auf Maklerlohn bei Verletzung wesentlicher Vertragspflichten durch den Makler wurde bekräftigt.
  7. Eine analoge Anwendung des § 654 BGB führte zur Verneinung des Anspruchs aufgrund treuwidrigen Verhaltens der Klägerin.
  8. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und setzt Grenzen für das Mithören und Verwerten von Telefongesprächen im rechtlichen Kontext.

Die Verwertbarkeit von Zeugenaussagen über Telefongespräche

Telefongespräch belauschen
(Symbolfoto: Gladskikh Tatiana /Shutterstock.com)

Die Verwertbarkeit von Zeugenaussagen über den Inhalt von Telefongesprächen ist ein komplexes Thema, das von verschiedenen Faktoren abhängt. Grundsätzlich ist es möglich, dass eine Zeugenaussage über ein mitgehörtes Telefonat vor Gericht verwertet wird. Allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, um die Glaubwürdigkeit und Relevanz der Aussage sicherzustellen.

In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil festgestellt, dass Zeugenaussagen über rechtswidrig mitgehörte Telefongespräche im Zivilprozess unzulässig sind. Andererseits hat das Oberlandesgericht Koblenz in einem Zivilprozess die Zeugenaussage eines Mannes verwertet, der ein Telefonat zwischen den streitenden Parteien mitgehört hatte. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass das zufällige Mithören eines Telefonats unter bestimmten Umständen nicht dem Verwertungsverbot unterliegt.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Verwertbarkeit einer Zeugenaussage immer im Einzelfall geprüft werden muss und von verschiedenen Faktoren wie der Art des Telefonats, der Absicht des Mithörens und der Glaubwürdigkeit des Zeugen abhängt. Um mehr über die rechtlichen Herausforderungen und ein konkretes Urteil zu diesem Thema zu erfahren, lesen Sie weiter.

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Im Fokus des Verfahrens vor dem OLG Koblenz stand die Klage einer Maklerin, die von ihren Auftraggebern, einem Ehepaar, eine Bonuszahlung für den Verkauf ihres Hauses forderte. Der Kern des Streits drehte sich um die Frage, ob Zeugenaussagen, die durch das Mithören eines Telefongesprächs ohne Wissen der anderen Partei entstanden, als Beweismittel im Zivilprozess verwertbar sind.

Rechtsstreit um Bonuszahlung und Lauschzeugen

Die Klägerin verlangte eine Bonuszahlung in Höhe von 16.800 Euro, basierend auf einer angeblichen mündlichen Vereinbarung, die während eines Telefongesprächs zwischen ihrem Geschäftsführer und der Beklagten zu 2 getroffen wurde. Die Beweisführung stützte sich dabei auf die Aussage einer Zeugin, die das Gespräch heimlich mitgehört hatte. Das Landgericht Bad Kreuznach wies die Klage ab, woraufhin die Klägerin Berufung beim OLG Koblenz einlegte.

Vertragsgrundlagen und Beweisführung

Ausgangspunkt des Disputs war ein Maklervertrag, der keine explizite Vereinbarung einer Bonuszahlung enthielt, sondern lediglich die Zahlungsverpflichtung für den Fall, dass die Beklagten ihr Haus ohne die Mitwirkung der Klägerin verkaufen würden. Die Klägerin versuchte, ihren Anspruch auf eine telefonisch getroffene Vereinbarung zu stützen. Allerdings stellte das Gericht fest, dass für die behauptete Zusage kein ordnungsgemäßer Beweis erbracht wurde, insbesondere da das Mithören des Gesprächs ohne Wissen der Gegenseite erfolgte und somit ein Beweisverwertungsverbot bestand.

Bewertung des Beweismittels und rechtliche Einordnung

Das Gericht führte aus, dass die Verwertung von Aussagen sog. Lauschzeugen im Zivilprozess nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Jedoch erfordere dies eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Interesse der Beweisführung. Im vorliegenden Fall wurde entschieden, dass das heimliche Mithören und die darauf basierende Zeugenaussage nicht zur Beweisführung herangezogen werden können, da andere, weniger invasive Methoden zur Beweissicherung (wie die schriftliche Bestätigung) möglich und zumutbar gewesen wären.

Entscheidung des OLG Koblenz

Das OLG Koblenz bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Bad Kreuznach und wies die Berufung zurück. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die geforderte Bonuszahlung, da keine entsprechende vertragliche Vereinbarung nachgewiesen werden konnte und die Beweisführung durch Lauschzeugen rechtlich nicht haltbar war. Zudem wurde die Klage auch deshalb abgewiesen, weil der Anspruch nach § 654 BGB analog verwirkt sei, da die Klägerin gegen wesentliche Treupflichten verstoßen habe.

Fazit: Die Entscheidung des OLG Koblenz verdeutlicht die Grenzen der Verwertbarkeit von Beweismitteln, die durch das Verletzen des Persönlichkeitsrechts erlangt wurden, und betont die Bedeutung klarer vertraglicher Vereinbarungen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter einem Beweisverwertungsverbot im Zivilprozess?

Unter einem Beweisverwertungsverbot im Zivilprozess versteht man die rechtliche Regelung, dass bestimmte Beweismittel, die auf eine unzulässige Weise erlangt wurden, im Prozess nicht verwendet werden dürfen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Beweise unter Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder anderen rechtlichen Vorschriften gewonnen wurden. Im Zivilprozessrecht ist das Beweisverwertungsverbot nicht so ausdrücklich geregelt wie im Strafprozessrecht, dennoch können sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Verfahrensrechts, wie dem Gebot von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, entsprechende Verbote ergeben.

Ein Beweisverwertungsverbot kann sich auch aus Verfahrensverstößen ergeben, wie zum Beispiel, wenn ein Zeuge nicht über sein Recht zur Zeugnisverweigerung belehrt wurde. Darüber hinaus kann ein Beweisverwertungsverbot im Zivilprozess auch dann relevant werden, wenn im Rahmen eines strafprozessualen Verfahrens gewonnene Beweise verwendet werden sollen. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob die Beweiserhebung gegen zwingende Regeln verstoßen hat, wie es beispielsweise bei der Vernehmung eines Minderjährigen der Fall sein kann.

Die Entscheidung, ob ein Beweisverwertungsverbot im Einzelfall greift, ist oft komplex und hängt von einer Abwägung der Umstände ab. Dabei spielen Faktoren wie die Schwere des Verfahrensverstoßes und die Bedeutung des Beweises für das Verfahren eine Rolle. Im Arbeitsrecht beispielsweise wird nicht generell von einem Verwertungsverbot bei Verletzung kollektivrechtlicher Normen ausgegangen, sondern es wird im Einzelfall geprüft, ob der Schutzzweck der verletzten Norm eine prozessuale Sanktion erfordert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Beweisverwertungsverbot im Zivilprozess dazu dient, die Fairness des Verfahrens zu wahren und die Rechte der Parteien zu schützen. Es ist jedoch einzelfallabhängig und erfordert eine sorgfältige Prüfung durch das Gericht.

Wie wird die Zulässigkeit von Lauschzeugen in gerichtlichen Verfahren bewertet?

Die Zulässigkeit von Lauschzeugen in gerichtlichen Verfahren wird nach strengen rechtlichen Maßstäben bewertet. Lauschzeugen sind Personen, die Informationen durch das heimliche Mithören von Gesprächen erlangt haben. Ihre Aussagen können in gerichtlichen Verfahren problematisch sein, insbesondere wenn sie durch Methoden gewonnen wurden, die in Konflikt mit rechtlichen Vorschriften stehen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit der Frage der Zulässigkeit von Lauschzeugen befasst und festgestellt, dass Beweismittel, die durch Lauschangriffe gewonnen wurden, nicht ohne Weiteres im Prozess verwertet werden dürfen. Die Verwertung solcher Beweismittel kann gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere rechtliche Vorschriften verstoßen und somit unzulässig sein.

In der Rechtsprechung wird die Verwertbarkeit von Aussagen von Lauschzeugen kritisch gesehen. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat beispielsweise entschieden, dass Aussagen von Lauschzeugen unverwertbar sind. Dies deutet darauf hin, dass Gerichte die Verwendung solcher Beweismittel als Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze und möglicherweise auch gegen materielle Grundrechte ansehen.

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Die Entscheidung über die Verwertbarkeit von Beweismitteln, die durch Lauschangriffe erlangt wurden, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Art und Weise, wie die Informationen erlangt wurden, und ob dabei rechtliche Grenzen überschritten wurden. Generell müssen die Gerichte eine Abwägung zwischen dem Interesse an der Wahrheitsfindung und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen vornehmen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Verwendung von Lauschzeugen in gerichtlichen Verfahren einer sorgfältigen Prüfung unterliegt und nicht pauschal als zulässig oder unzulässig bewertet werden kann. Die Rechtsprechung tendiert dazu, die Rechte der Betroffenen zu schützen und die Verwertung von auf rechtswidrige Weise erlangten Beweismitteln zu untersagen.


Das vorliegende Urteil

OLG Koblenz – Az.: 3 U 1186/23 – Beschluss vom 15.12.2023

Der Senat erwägt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Bad Kreuznach vom 01.09.2023 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Der Klägerin wird eine Frist zu Stellungnahme gesetzt bis zum 05.01.2023. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. In diesem Fall ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG). Die Gründe werden nachfolgend dargestellt:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Zahlung von Maklerlohn in Höhe von 16.800,00 €.

Einer Darstellung tatsächlicher Feststellungen i. S. d. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen einen Zurückweisungsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO unzweifelhaft nicht zulässig ist, §§ 522 Abs. 2 S. 4, 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. §§ 543, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, das heißt einer Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Klägerin steht auch nach der Würdigung des Senats der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Maklerlohn auf Grundlage einer Bonusvereinbarung nicht zu.

Hinsichtlich der Beklagten zu 2. fehlt es bereits an einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung, die einen Anspruch auf Bonuszahlung begründen könnte (1.). Zu Recht hat das Landgericht in analoger Anwendung des § 654 BGB auch einen Anspruch gegen den Beklagten zu 1. verneint (2.). Mangels Hauptforderung sind auch die geltend gemachten Nebenforderungen nicht erstattungsfähig (3.).

1. Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1. mangels Bestehens einer entsprechenden vertraglichen Abrede die begehrte Bonuszahlung in Höhe von 16.800,00 € nicht verlangen.

a) Aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Maklervertrag vom 24.03.2019 (Anlage K1 zur Anspruchsbegründung vom 29.09.2020, Zu Bl. 20 eAkte LG) ergibt sich ein solcher Anspruch nicht.

Denn dieser Vertrag sah nur dann, wenn die Beklagten ihr Haus ohne Hinzuziehung der Klägerin veräußern würden (vgl. Ziffer 3. des Vertrages) bzw. wenn ein Kaufvertrag aus von den Beklagten zu vertretenden Gründen nicht zustande kommen sollte (vgl. Ziffer 4. des Vertrages), eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten vor.

b) Die Klägerin kann sich zur Begründung ihres Zahlungsanspruchs auch nicht auf eine zwischen ihrem Geschäftsführer und der Beklagten zu 2. telefonisch getroffene Vereinbarung berufen.

Denn für die bestrittene Behauptung, die Beklagte zu 2. habe im Rahmen dieses Telefongesprächs für den Fall einer Veräußerung des Hauses zu einem Verkaufspreis von mehr als 520.000,00 € die Zahlung eines Bonus von 16.800,00 € zugesagt, liegt ein ordnungsgemäßer Beweisantritt der beweisbelasteten Klägerin nicht vor.

Der Vernehmung der benannten Zeugin ### steht ein Beweisverwertungsverbot entgegen.

Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2023 hatte der Geschäftsführer der Klägerin der Beklagten im Rahmen dieses Telefongesprächs nämlich nicht mitgeteilt, dass er auf laut stellen würde (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2023, Bl. 71 eAkte LG), so dass ein Mithören durch die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin, die Zeugin ###, möglich gewesen ist.

Zwar sind Aussagen von sog. Lauschzeugen, die ein am Telefon geführtes Gespräch durch einen Verstärker ohne Information des anderen Gesprächsteilnehmers mithören, im Zivilprozess nicht schlechthin unverwertbar. Vielmehr bedarf es einer Interessen- und Güterabwägung zwischen dem gegen die Verwertung streitenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf der einen und dem dafürsprechenden rechtlich gestützten Interesse auf der anderen Seite. Allein das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, ist jedoch nicht ausreichend, um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der anderen Prozesspartei zu rechtfertigen, wenn es der Beweisführer versäumt hat, die Beweisbarkeit seiner Behauptung auf andere Weise sicherzustellen (vgl. zum Ganzen MüKo/Damrau/Weinland, ZPO, 6. Auflage 2020, § 396 Rn. 3 m. w. N.; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 20. Auflage 2023, § 373 Rn. 12a).

Von einem entsprechenden Versäumnis der Klägerin ist hier auszugehen.

Denn der Geschäftsführer der Klägerin stand mit der Beklagten zu 2. in Mail- und WhatsApp-Kontakt (vgl. Anlagen K7 und K9 zum Schriftsatz vom 14.01.2021, Zu Bl. 43 eAkte LG), so dass aus seiner Sicht die Möglichkeit bestand, sich den Gesprächsinhalt von der Beklagten zu 2. zeitnah ohne nennenswerten Aufwand schriftlich bestätigen zu lassen. Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beklagten zu 2. ist vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt, so dass ein Beweisverwertungsverbot besteht.

c) Schließlich ergibt sich ein vertraglicher Anspruch gegen die Beklagte zu 2. nicht aus der zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten zu 1. im Chatverkehr getroffenen Vereinbarung (vgl. Anlage K 2 zur Anspruchsbegründung vom 29.09.2020, Zu Bl. 20 eAkte LG bzw. Anlage K4 zum Schriftsatz vom 14.01.2012, Zu Bl. 43 eAkte LG).

aa) Denn dieser Chatverkehr erfolgte unstreitig nur zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin (Chatpartner „###“) und dem Beklagten zu 1. (Chatpartner „###“). Eine Beteiligung der Beklagten zu 2. ist weder dargetan noch ersichtlich.

bb) Anhaltspunkte, die für eine rechtsgeschäftliche Vertretung der Beklagten zu 2. durch den Beklagten zu 1. im Sinne des § 164 BGB sprechen könnten, bestehen nicht.

cc) Schließlich lässt sich eine Mitverpflichtung der Beklagten zu 2. auch nicht nach § 1357 BGB begründen.

Voraussetzung für eine Mitverpflichtung des Ehegatten nach dieser Vorschrift ist nämlich, dass es sich um ein angemessenes Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie gehandelt hat. Maßstab für die Angemessenheit ist dabei das, was von einem Ehegatten selbständig, d. h. ohne Konsultation und Mitwirkung des anderen, zwecks Bedarfsdeckung erledigt zu werden pflegt (vgl. MüKo/Roth, BGB, 9. Auflage 2022, § 1357 Rn. 20 m. w. N.).

Davon ist hier jedoch nicht auszugehen.

Denn die Vereinbarung des streitgegenständlichen Bonus diente weder zur Deckung des Lebensbedarfs der Eheleute noch war, da die Beklagten ihr Haus unstreitig aufgrund einer finanziellen Notsituation verkaufen mussten, davon auszugehen, dass es sich bei der Höhe der übernommenen Verpflichtung um ein im vorstehenden Sinne angemessenes, d. h. ohne Konsultation und Mitwirkung des anderen Ehegatten einzugehendes Geschäft gehandelt hat.

d) Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. auf Zahlung des begehrten Bonus besteht daher schon mangels entsprechender vertraglicher Grundlage nicht. Er bestünde aus den nachfolgend unter 2. dargelegten Gründen auch dann nicht, wenn man eine vertragliche Vereinbarung der Klägerin mit der Beklagten zu 1. annehmen würde.

2. Die Klägerin kann auch von dem Beklagten zu 1. die Zahlung des geltend gemachten Maklerlohns – bei einer zugunsten der Klägerin unterstellten vertraglichen Vereinbarung – nicht verlangen.

Denn der Anspruch ist nach § 654 BGB analog verwirkt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Verwirkung des Anspruchs auf Maklerlohn anzunehmen, wenn der Makler unter Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in erheblicher Weise zuwidergehandelt hat. Da die Verwirkung des Maklerlohnanspruchs Strafcharakter hat, lässt nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung des Maklers den Provisionsanspruch entfallen, vielmehr ist in erster Linie subjektiv eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung zu fordern; der Makler muss sich seines Lohnes „unwürdig“ erwiesen haben. Das ist erst dann der Fall, wenn er seine Treupflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2005, Az. III ZR 322/04, r + s 2006, 264 m. w. N.). Allerdings spielt die Bedeutung der konkret verletzten Verpflichtung auch dann eine Rolle, wenn die subjektive Seite der Treupflichtverletzung in den Vordergrund gestellt wird. Je größere Bedeutung beide Vertragsparteien einer bestimmten vertraglichen Verpflichtung des Maklers beimessen, umso eher kann sich deren grob schuldhafte Verletzung als ein treuwidriges Verhalten darstellen, das den Makler der Provision unwürdig erscheinen lässt. Deshalb muss feststehen, dass die konkret verletzte Pflicht für den Berechtigten eine erhebliche Bedeutung hatte, und weiter, dass dieses dem Verpflichteten bekannt war (BGH, Urteil vom 24.06.1981, Az. IVa ZR 225/80, NJW 1981, 2297).

Davon ist vorliegend auszugehen.

a) Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat es als grob leichtfertigen, krassen Verstoß gegen die dem Makler obliegenden Treupflichten angesehen, dass sich die Klägerin, die nicht zuletzt aufgrund des Versprechens einer unentgeltlichen Leistungserbringung gegenüber den Beklagten einen Alleinauftrag erlangt hat, später auf Umwegen die ordnungsgemäße Erbringung der unentgeltlich geschuldeten Maklerleistung in einem die übliche Provision beträchtlich übersteigenden Umfang honorieren lässt. Allein der Umstand, dass die von dem Geschäftsführer der Klägerin geschilderten intensiven und regen Bemühungen zu einem von dem Makler für unwahrscheinlich erachteten Erfolg geführt hätten, rechtfertige insoweit keine andere rechtliche Bewertung.

Der Senat schließt sich dieser überzeugenden Würdigung an und macht sie sich zu eigen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Landgericht insbesondere nicht nur deshalb, weil ein Alleinauftrag bestand, die Vereinbarung einer zusätzlichen Vergütung per se als treuwidrig angesehen, ohne dass irgendwelche weiteren Umstände, die eine solche Beurteilung rechtfertigen würden, vorhanden oder ersichtlich gewesen sind.

Vielmehr hat das Landgericht auch auf die nach dem ursprünglichen Maklervertrag bestehende Unentgeltlichkeit der Leistungserbringung im Verhältnis zu den Beklagten und die beträchtliche Höhe der vereinbarten zusätzlichen Provision abgestellt.

b) Lediglich ergänzend zu den Ausführungen des Landgerichts ist im Rahmen der gebotenen Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Berufungsangriffe der Klägerin daher noch folgendes anzumerken:

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht für ihre Lohnunwürdigkeit, dass sie sich eine Sondervergütung für ihre Leistung versprechen ließ, obwohl die zu vergütende Leistung ohnehin von ihr gegenüber den Beklagten zu erbringen war.

Insoweit ist nämlich – worauf schon das Landgericht zutreffend abgestellt hat – zum einen zu berücksichtigen, dass die Vergabe des Alleinauftrages durch die Beklagten mit Übernahme von Vertragsstrafeversprechen zugunsten der Klägerin (vgl. Ziffer 3 und 4 des Maklervertrages, Anlage K2 zur Anspruchsbegründung vom 29.09.2020, Zu Bl. 20 eAkte LG) gerade deshalb erfolgte, weil die Beklagten dafür die Leistung der Klägerin unentgeltlich erhalten sollten.

Zum anderen ist von Bedeutung, dass die Beklagten ihr Haus aufgrund einer wirtschaftlichen Notsituation verkaufen mussten. Den Beklagten kam es mithin in besonderem Maße darauf an, dass der Hausverkauf zeitnah und zum höchstmöglichen Preis erfolgen sollte. Der Klägerin waren diese Umstände nicht nur erkennbar, sondern, wie sie selbst vorträgt (vgl. Schriftsatz vom 14.01.2021, Bl. 37 eAkte LG) und der Chatverlauf belegt („Die hätte ich dir eh geschenkt, du hast mir meinen A… gerettet“), auch bekannt.

Die konkret verletzte Pflicht, nämlich die gegenüber den Beklagten geschuldete unentgeltliche Leistungserbringung in Gestalt des schnellstmöglichen Hausverkaufs bei höchstmöglichen Preis, hatte für die Beklagten daher eine sehr erhebliche Bedeutung, was der Klägerin auch bekannt gewesen ist, so dass von einer Verwirkung des Anspruchs auf Maklerlohn auszugehen ist.bb) Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht unter Berücksichtigung der Umstände, die zu der Vereinbarung geführt haben.

Im Hinblick auf den streitigen Inhalt des mit der Beklagten zu 2. geführten Telefongesprächs liegt – wie bereits ausgeführt – ein ordnungsgemäßer Beweisantritt nicht vor.

Soweit der Geschäftsführer der Klägerin im Chatverkehr vom 30.03.2019 auf ein mit der Beklagten zu 2. über die Uhr geführtes Gesprächs Bezug nimmt, steht dieses nicht in Einklang mit der Behauptung zum Inhalt des Telefongesprächs. Denn im Chatverlauf heißt es: „### hat gemeint, wenn ich den über 500.000 kriege kauft sie mir die Uhr… (vgl. Anlage K2 zur Anspruchsbegründung vom 29.09.2020, Zu Bl. 20 eAkte LG). Von der Übernahme einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten zu 2. gegenüber der Klägerin ist nicht die Rede.

Es folgt mithin aus dem Chatverlauf, dass der Geschäftsführer der Klägerin den Vorschlag für die Bonuszahlung unterbreitet („wenn ich den Dr. ### oder wen auch immer auf 521.000 € hebe bekomme ich den Bonus von 16.800 € für meine Uhr“) und sodann noch auf den Abschluss der Vereinbarung hingewirkt („Also steht der Deal“) bzw. die Vereinbarung bekräftigt hat („Also Deal“).

Von einer Initiative der Beklagten zum Abschluss der Vereinbarung ist entgegen der Auffassung der Klägerin daher nicht auszugehen.

Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus der Äußerung des Beklagten zu 1. im Rahmen des Chatverlaufs, „die hätte ich dir eh geschenkt …“. Denn dieser Aussage ist – für sich genommen – gerade nicht der (vor dem Chat bestehende) Wille zur Übernahme einer Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin und eine dahingehende Erstinitiative zu entnehmen.

cc) Ohne dass es hierauf für das Ergebnis tragend ankäme, ist schließlich noch festzustellen, dass durch den im Anschluss an den streitgegenständlichen Hausverkauf in Aussicht gestellten Verkauf der Wohnung des Hauskäufers Dr. ### ein nicht unerhebliches Eigeninteresse der Klägerin an dem konkreten Abschluss bestand (vgl. Anlage K7 zum Schriftsatz vom 14.01.21, Zu Bl. 43 eAkte LG). Ob insoweit für sich genommen schon eine zur Lohnunwürdigkeit führende schwerwiegende Gefährdung der Interessen der Beklagten durch grobe Leichtfertigkeit der Klägerin vorliegt, bedarf indes keiner Entscheidung, da eine Verwirkung nach § 654 BGB analog bereits aus anderen Gründen anzunehmen ist.

3. Mangels Hauptforderung sind auch die als Nebenforderungen geltend gemachten Zinsen und Rechtsanwaltskosten nicht erstattungsfähig.

III.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 16.800,00 € festzusetzen.

 

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