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Deaktivierungsgebühr unwirksam?!

Landgericht München I

AZ: 7 0 11900/99

Verkündet am 17.02.2000


Leitsätze vom Verfasser: (Dr. C. Kotz)

Das Landgericht München hat festgestellt, dass folgende Allgemeine Geschäftsbedingungen gegen das AGBG verstoßen:

1. Eine vertraglich vereinbarte Deaktivierungsgebühr

2. Die Kosten für einen Einzelgesprächsnachweis – Verpflichtung hierzu über die TKV

3. Rücklastschriftgebühr/doppelte Bearbeitung

4. Sperrkosten bei Nichtzahlung der Rechnung

Dies gilt für den Endverbraucher nicht für diejenigen, auf die das HGB Anwendung (Kaufleute etc.) findet.


In dem Rechtsstreit erläßt das Landgericht München I, 7. Zivilkammer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.1.2000 folgendes

Endurteil

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,–, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,

gegenüber ihren Kunden, ausgenommen gegenüber einer Person, die bei Abschluß des Vertrages in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer), folgende oder inhaltsgleiche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug auf Mobilfunkverträge zu verwenden sowie sich auf diese Klauseln bei der Abwicklung von Geschäftsbeziehungen mit Kunden zu berufen, die nach dem 1.4.1977 begründet worden sind:

„1. Deaktivierung DM 68,-

2. Einzelgesprächsnachweis DM 6,50

3. Rücklastschriftgebühr/doppelte Bearbeitung DM 57,50

4. Sperrkosten bei Nichtzahlung der Rechnung DM 74,75″.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 20.000,– vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf DM 20.000,– festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, der, seinen satzungsgemäßen Aufgaben entsprechend, Verbraucherinteressen durch Aufklärung und Beratung wahrnimmt. Zu seinen Mitgliedern zählen u.a. die Verbraucherzentralen der Länder. Er nimmt die Beklagte, ein der Mannesmann AG verbundenes Serviceunternehmen im Mobilfunkbereich, auf Unterlassung der Verwendung einzelner Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch.

Die Beklagte verwendet im Zusammenhang mit formularmäßig abgeschlossenen Mobilfunkverträgen ein mit „Sonstige Servicegebühren“ überschriebenes Preisverzeichnis, das sie den ‚Kunden bei Vertragsschluß aushändigt und in dem u.a. die im Tenor genannten Einzelgebühren festgesetzt sind. Auf Abmahnung des Klägers vom 3.4/29.4.1999 reagierte die Beklagte nicht.

Der Kläger meint, trotz ihres preisregelnden Charakters fielen die angegriffenen Klauseln in den von § 8 AGBG definierten Bereich der Kontrollfähigkeit, insofern es sich um Preisnebenabreden handele. Einer solchen Inhaltskontrolle hielten sie jedoch wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden, § 9 Abs. 1 AGBG, nicht stand:

Sei für eine bei Kündigung anfallende Deaktivierungsgebühr bereits eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich, verstoße die Klausel, insofern das Entgelt unangemessen hoch sei, auch gegen § 10 Nr. 7 b AGBG sowie – mangels Möglichkeit das Kunden

einen tatsächlich geringeren Aufwand nachzuweisen -gegen § 11 Nr. 5 b AGBG.

Den Einzelgesprächsnachweis von einem Entgelt abhängig zu machen, sei mit wesentlichen Grundgedanken des § 14 Telekommunikations-Kundenschutz-Verordnung (TKV) nicht vereinbar, wonach die Standardform eines solchen Nachweises unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden müsse; damit verstoße auch diese Klausel gegen § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG.

Rücklastschriften bzw. doppelte Bearbeitungen ausnahmslos von Gebühren abhängig zu machen, verstoße ebenso wie die Erhebung von Sperrkosten bei Nichtzahlung der Rechnung gegen § 9 Abs. 1 AGBG, insofern diese Regelungen nicht danach differenzierten, wer den entsprechenden Aufwand veranlasst habe.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen wie im Tenor geschehen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Nach anfänglicher Rüge der Passivlegitimation, die sie zuletzt ausdrücklich nicht mehr aufrechterhält (Schriftsatz vom 26.1.2000, Blatt 40 der Akte) führt sie im Wesentlichen aus, die die Deaktivierungsgebühr betreffende Klausel sei als direkte Preisvereinbarung bereits nicht kontrollfähig, jedenfalls verstoße sie nicht gegen § 10 Nr. 7 AGBG, insofern das Entgelt nicht an eine Kündigung oder sonstige Beendigung des Vertragsverhältnisses anknüpfe, sondern unmittelbar an die tatsächliche Leistungsvornahme. Auch das OLG Schleswig habe in seinem Urteil vom 15.5.1997 (NJW-RR 1998, 54) eine = wie hier – den tatsächlichen Aufwand deckende Deaktivierungsgebühr nicht beanstandet.

Auch die Klausel über den Einzelverbindungsnachweis sei wirksam. Der Kläger verkenne mit seiner Beanstandung, daß die Beklagte ihren Kunden die Standardform gem. § 14 Satz 4 TKV entsprechend der zwingenden datenschutzrechtlichen Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 2 TDSV tatsächlich unentgeltlich zur Verfügung stelle; darüber hinausgehende kostenlose Leistungen – wie etwa verschiedene Arten des Einzelverbindungsnachweises, z.B. unter vollständiger Angabe der gewählten Rufnummern – schulde die Beklagte auch nach § 14 TKV nicht. Damit scheide ein Verstoß ‚gegen diese Norm aus mit der Folge, daß die Klausel nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG nicht zu beanstanden sei.

Auch Klausel Nr. 3 (Rücklastgebühr/doppelte Bearbeitungsgebühr) benachteilige den Kunden nicht unangemessen. Die vom Kläger vorgenommene kundenfeindlichste Auslegung sei vom Wortlaut, der explizit auf doppelte Bearbeitung abstelle, nicht gedeckt. Im Fall einer vom Kunden nicht zu vertretenden Rückbelastung sei eine doppelte Bearbeitung nicht erforderlich; damit fehle es an objektiver Doppeldeutigkeit der Klausel, die Voraussetzung einer kundenfeindlichen Auslegung wäre.

Schließlich mangele es auch hinsichtlich der Sperrklausel zu Ziff. 4 an einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden: Nur unter den in § 19 TKV genannten Voraussetzungen des Zahlungsverzugs sei die Beklagte zur Sperrung berechtigt. In diesem Falle dürfe sie bereits nach § 786 BGB Sperrkosten erheben. Ein Gesetzesverstoß sei daher nicht ersichtlich.

Wegen des Parteivorbringens im übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger als rechtsfähiger Verband (§ 21 BGB), der, wie. gerichtsbekannt (vgl. auch Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, B. Auflage 1997, § 13 Rn. 38) satzungsgemäß die Aufklärung und Beratung von Verbrauchern wahrnimmt, für die begehrte Unterlassung der Verwendung einzelner Allgemeiner Geschäftsbedingungen gegenüber Nichtkaufleuten (§ 13 Abs. 3 AGBG) klagebefugt.

II. Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet. Nach Auffassung der Kammer sind sämtliche angegriffene Bestimmungen wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden gem. § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam.

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten erachtet die Kammer die streitgegenständlichen Bestimmungen als der Inhaltskontrolle nach § 9 ff. AGBG unterworfen:

Zwar nimmt § 8 AGBG preis- und leistungsbestimmende Regelungen, insofern sie der Vertragsfreiheit der Parteien unterliegen, grundsätzlich von einer richterlichen Kontrolle aus. Dies gilt jedoch zunächst nur, soweit die Hauptkonditionen des vertraglichen Austauschverhältnisses betroffen sind (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, a.a.0., § 8 Rn. 9). .Dagegen sind preis- oder leistungsmodifizierende Nebenabreden, die das Hauptleistungsversprechen näher ausgestalten oder für besondere Eventualfälle antizipierend regeln (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Auflage, AGBG § 8 Rn. 5 c) nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH Z 124, 254; 95, 370; 118, 127) stets der gerichtlichen Überprüfung unterworfen.

Dies gilt auch für die hier angegriffenen Klauseln der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Denn die einzelnen Bestimmungen betreffen nicht dasjenige Entgelt, das der Kunde als Grundgebühr bzw. Gesprächstarif für Mobilfunk zu entrichten hat, mithin nicht die vertraglichen Hauptkonditionen, sondern, wie auch durch die Überschrift „sonstige Serviceleistungen“ gekennzeichnet, ausschließlich zusätzliche, nur möglicherweise anfallende Gebühren, auf die der primär an der Hauptleistung interessierte Vertragschließende regelmäßig nicht sein zentrales Augenmerk lenkt. Als solche sind sie jedoch einer Inhaltskontrolle nach §§ 9 ff. AGBG zugänglich.

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2. Zu den einzelnen Klauseln:

a) Deaktivierung

Nach Auffassung der Kammer verstößt die Klausel gegen § 10 Nr. 7 b AGBG. Danach sind Bestimmungen unwirksam, die dem Verwender im Fall der Auflösung eines Vertrags einen Anspruch auf unangemessen hohen Aufwendungsersatz einräumen. Unabhängig davon, daß die insoweit darlegungs- und beweispflichtige (BGH Z 67, 312; Palandt/Heinrichs, a.a.0., § 10 Rn. 37) Beklagte jeglichen Sachvortrag zur Angemessenheit der vorgesehenen Gebühr vermissen lässt. Der bloße Hinweis auf nicht näher spezifizierte „organisatorische Maßnahmen zur Abschaltung der Rufnummer“, die einen Aufwand von mindestens DM 68,– verursachten, erlaubt dem Gericht auch nicht ansatzweise eine entsprechende Prüfung schließt der Wortlaut der Klausel auch die nach allgemeiner Ansicht analog § 11 Nr. 5 b AGBG erforderliche Möglichkeit des Kunden aus, gegenbeweislich eine niedrigere Pauschale als angemessen darzutun (vgl. Nachweise bei Palandt/Heinrichs, a.9.0., § 10 Rn. 35) und erweckt so den Eindruck einer endgültigen Festlegung.

Begründet bereits diese Erwägung einen Verstoß gegen § 10 Nr. 7 b AGBG, so kann sich die Beklagte nicht erfolgreich darauf berufen, die Vorschrift sei nicht anwendbar, insofern nach der beanstandeten Klausel das Entgelt nicht an eine Kündigung, sondern an die bloße Leistungsvornahme der Deaktivierung anknüpfe: Denn auch bei Zugrundelegung dieser kundenfeindlichsten Auslegung – die im Verbandsprozeß ohnehin Gegenstand der Prüfung ist (vgl. Ulmer/Brandner/Henzen, a.a.0., § 5 Rn. 33) – wäre eine unangemessene Benachteiligung des Kunden i.S. des § 9 Abs. 1 AGBG darin zu sehen, daß ein Gebührenanspruch für bloße tatsächliche Handlungen (Deaktivierung) -unabhängig von deren Rechtmäßigkeit – festgelegt wird. Danach hätte es die Beklagte selbst in der Hand, durch sachlich nicht erforderliche und vom Vertrag im übrigen nicht gedeckte Abkopplung des Kunden vom Mobilfunknetz nach Belieben den Gebührentatbestand auszulösen. Bedenkt man darüber hinaus, daß ein Wert der Deaktivierung für den Kunden ohnehin nicht ersichtlich ist und die beschriebene „Leistung“ nicht den Interessen des Vertragspartners, sondern ausschließlich denjenigen der Beklagten dient, so ist eine Rechtsgrundlage für solche Entgelte nicht auffindbar.

Die Entscheidung des OLG Schleswig vom 15.5.1997, auf die sich die Beklagte beruft, steht diesem Ergebnis bereits deshalb nicht entgegen, weil der dortige beklagte Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen seinerseits ‚vom Netzbetreiber mit entsprechenden Entgeltforderungen belastet war. Derlei trägt die hiesige Beklagte jedoch nicht vor.

b) Einzelgesprächsnachweis

Wie der Kläger zutreffend ausführt, ist die Klausel nach der – maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 14 TKV nicht vereinbar:

Danach hat der Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen einem Kunden auf Wunsch eine – an technischen Möglichkeiten und datenschutzrechtlichen Bestimmungen orientierte – Standardform des Einzelverbindungsnachweises zur Verfügung zu stellen, ohne daß er hierfür ein gesondertes Entgelt verlangen könnte. Denn es obliegt grundsätzlich dem Gläubiger einer Forderung, seine Rechnungen für den Schuldner überprüfbar zu gestalten.

Entgegen dieser Festlegung des Gesetz- und Verordnungsgebers sieht die angegriffene Klausel nach ihrem Wortlaut eine generelle Gebührenpflichtigkeit von Einzelverbindungsnachweisen vor, ohne nach verschiedenen Formen zu differenzieren oder gar die Standardform explizit auszunehmen. Damit ist der von ihr erfaßte Regelungsbereich nicht mit den Vorgaben des § 14 TKV vereinbar, so daß die Klausel gem. § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam ist. Soweit die Beklagte ausführt, in ihrer Geschäftspraxis der Vorschrift des § 14 TKV insofern Rechnung zu tragen, als sie die beschriebene Standardform ohne gesonderte Gebühr erteilt, ist dies unbehelflich. Denn diese einschränkende Handhabung spiegelt sich im

Wortlaut der Klausel selbst nicht wider mit der Folge, daß sie wegen Verstoßes gegen das sogenannte Transparenzgebot unwirksam wäre:

Wie der BGH (NJW 1989, Seite 222) in seiner grundlegenden Entscheidung ausgeführt hat, haben Allgemeine Geschäftsbedingungen durchschaubar, richtig, bestimmt und klar zu sein. Einschränkungen des Geltungsbereichs einer Klausel, die nicht lediglich völlig atypische Einzelfälle betreffen, müssen sich demnach aus ihrem Wortlaut selbst ergeben. Insbesondere obliegt es dem Verwender, seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen so zu gestalten, daß der rechtsunkundige Durchschnittskunde in der Lage ist, die Reichweite und Wirkung einer Klausel ohne Einholung von Rechtsrat zu erkennen (BGH Z 106, 49). Selbst wenn man mit der Beklagten die Klausel entsprechend der vorgetragenen tatsächlichen Handhabung dahingehend verstehen wollte, daß sie den Standardfall des Einzelverbindungsnachweises von der Gebührenpflicht ausnehme, würde die Bestimmung bei Zugrundelegung dieser Auslegung den zitierten Anforderungen des Bundesgerichtshof an das Gebot der Transparenz nicht gerecht, insofern diese Einschränkung des Anwendungsbereichs der Klausel selbst nicht zu entnehmen ist.

c) Rücklastschriftgebühr/doppelte Bearbeitung

Auch diese Bestimmung verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG, insofern sie den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Zwar sind, was auch der Kläger nicht in Abrede stellt, zahlreiche Konstellationen – fehlende Kontendeckung, falsche oder unvollständige Übermittlung der für die Bearbeitung erforderlichen Kundendaten o.ä. – denkbar, in denen bei der Beklagten anfallende Rücklastschriften oder sonstige doppelte Bearbeitungen aus dem Risikobereich des Kunden herrühren. In diesen Fällen wäre eine formularmäßige Abwälzung der Kosten auf den Kunden nicht zu beanstanden.

Die angegriffene Klausel geht jedoch nach ihrem eindeutigen Wortlaut darüber hinaus, insofern sie sich jeglicher Differenzierung hinsichtlich der Verursachung eines bei der Beklagten anfallenden Mehraufwandes enthält und unterschiedslos dem Kunden daraus resultierende Kosten auch dann überbürdet, wenn sie ausschließlich auf Nachlässigkeit, oder sonstige Obliegenheitsverletzungen der Beklagten zurückzuführen sind – diese etwa eine rechtzeitige Anzeige der Kontenänderung auf Seiten des Kunden unbeachtet gelassen oder nicht geschuldete Beträge eingezogen hat. In diesen – nach dem Verständnis des Durchschnittskunden, auf das nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH NJW-RR 1996, Seite 857) bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen abzustellen ist – vom Wortlaut der Klausel erfaßten Fällen stellt sich die Risikoabwälzung auf den Kunden als unbillige und nicht mit den Geboten von Treu und Glauben zu vereinbarende Benachteiligung dar (vgl. BGH NJW 1993, Seite 1133; NJW 1991, Seiten 2559, 2563).

Soweit die Beklagte eine unangemessene Benachteiligung unter dem Gesichtspunkt ausschließen möchte, daß der „eindeutige Wortlaut“ der Klausel lediglich „erforderlichen“ Mehraufwand als gebührenpflichtig festsetze, vermag die Kammer dem bereits deshalb nicht zu folgen, weil diese Einschränkung der Erforderlichkeit den angegriffenen Bestimmungen an keiner Stelle zu entnehmen ist. Ob ein solcher Zusatz die im Lichte des AGBG nötige Differenzierung leisten könnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

d) Sperrkosten

Auch für diesen Gebührentatbestand gelten die oben dargelegten Erwägungen: Insofern die Klausel für jeden Fall der Sperrung des Anschlusses ein Entgelt vorsieht, erfaßt sie nach ihrem eindeutigen Wortlaut, den der Durchschnittskunde zugrundelegen wird, auch solche Konstellationen, in denen die Beklagte den Netzzugang unterbindet, ohne daß der Vertragspartner hierzu Veranlassung gegeben hat; denkbar wäre hier nicht nur eine berechtigte Weigerung des Kunden, die Rechnung zu zahlen; auch Fehlbuchungen der Beklagten oder sogar grundlose Sperrungen lösten nach der Klausel eine Zahlungspflicht des Kunden aus.

Dies stellt sich als mit Treu und Glauben unvereinbar dar mit der Folge, daß die Bestimmungen nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist.

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf § 19 TKV, wonach der Mobilfunkanbieter im Falle des Zahlungsverzugs des Abnehmers zur Sperrung des Anschlusses berechtigt ist. Denn die Klausel beschränkt eine Entgeltpflicht nicht auf

die Fälle berechtigter Sperrung. Daß die Beklagte nach ihrem Vorbringen die Erhebung von Sperrkosten von den Voraussetzungen des § 19 TKV abhängig macht, ist ohnehin unbeachtlich. Denn selbst eine solche rechtmäßige Praxis könnte der – abweichenden – Klausel nicht zur Wirksamkeit verhelfen.

3. Bei dieser Sachlage war die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der Verwendung der angegriffenen bzw. inhaltsgleicher (§ 17 Nr. 3 AGBG) Bestimmungen gegenüber Privatkunden (§ 17 Nr. 2 AGBG) zu verurteilen. Die dafür erforderliche Wiederholungsgefahr ist aufgrund des vorangegangenen Rechtsverstoßes zu vermuten. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die grundsätzlich allein geeignet wäre, diese Vermutung zu widerlegen, hat die Beklagte trotz Abmahnung nicht abgegeben.

III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO. Bei der Bemessung der Sicherheitsleistung hat die Kammer entsprechend den korrigierten Angaben des Klägers einen Streitwert von DM 5.000,– für jede zur Überprüfung gestellte Klausel zugrundegelegt (§ 3 ZPO): Da die Beklagte, wie sich erst im Laufe des Rechtsstreit herausgestellt hat, der Mannesmann AG als marktführendem Unternehmen verbunden ist, hat der Kläger zu Recht den Angriffsfaktor höher bewertet.

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