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Ordnungsgeldverhängung gegen Sachverständigen wegen Fristversäumung

OLG Koblenz –  Az.: 5 W 704/13 –  Beschluss vom 27.12.2013

Die Sache wird unter Aufhebung des Nichtabhilfebeschlusses der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgericht Mainz vom 18. Dezember 2013 dorthin zurückgegeben.

Gründe

Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Sachverständige gegen einen Beschluss vom 8. November 2013, durch den ihm wegen Versäumung der Frist zur Erstattung des Gutachtens ein Ordnungsgeld von 500 € auferlegt worden ist. Dem liegt im Einzelnen folgender Sachverhalt zugrunde:

Nachdem der Sachverständige am 22. 8. 2012 ernannt worden war, wurden ihm mit gerichtlichem Schreiben vom 11.09.2012 die Akten übersandt mit der Bitte, das Gutachten bis spätestens 11.12.2012 dem Gericht zu übersenden. Hiernach entwickelte sich ein Monate dauernder Meinungsaustausch, ob dem Sachver- ständigen eine höhere als die gesetzlich vorgesehene Vergütung gewährt werden könne (§ 13 JVEG). Das wurde letztendlich mit einem am 6. Dezember 2012 abgesandten gerichtliche Schreiben abgelehnt.

Auf eine Erinnerung kündigte der Sachverständige die Fertigstellung des Gutachtens für die 31. oder 32. Kalenderwoche 2013 an, die indes verstrichen, ohne dass das Gutachten vorgelegt wurde. Das Gericht erinnerte erneut am 20.08. und 12.9.2013; eine Fristsetzung war nicht beigefügt. Diese Erinnerungen veranlassten den Sachverständigen nicht einmal zu einer Antwort, geschweige denn zur Vorlage des Gutachtens.

Am 2. Oktober 2013 setzte die Einzelrichterin dem Sachverständigen eine „Nachfrist“ bis zum 25. 10. 2013 und drohte zugleich ein Ordnungsgeld von 500 € an. Die „Nachfristsetzung“ wurde dem Sachverständigen am 10.10.2013 zugestellt. Er ließ die Frist verstreichen, ohne das Gutachten einzureichen.

Daraufhin erließ die Einzelrichterin den nunmehr angefochtenen Ordnungsgeldbeschluss, worauf der Sachverständige das Gutachten am 20. November 2013 bei Gericht einreichte.

Die nach Zustellung des Ordnungsmittelbeschlusses am 14. November 2013 zwei Wochen später am 28. November 2013 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde des Sachverständigen enthält den Hinweis, dass er „bei einer persönlichen Vorsprache“ der Richterin erläutert habe, dass sein Versäumnis verursacht sei durch „eine enorme Arbeitsbelastung im Zusammenhang mit einem Großbauvorhaben sowie einer krankheitsbedingten Pause“. Weiter heißt es, er wolle sich „für eine wohlwollende Prüfung … nochmals bedanken“.

Die Richterin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, die nicht näher spezifizierte Arbeitsbelastung und krankheitsbedingte Pause könne die verspätete Vorlage weder erklären noch entschuldigen.

Das statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung und Rückgabe an das Landgericht Mainz, weil dessen Verfahren Bedenken begegnet, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen.

Eine Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Mainz ist entgegen Art. 103 Abs. 1 GG unterblieben. Er hat als Vertreter der Staatskasse auf die Beachtung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen hinzuwirken und hätte hier durch seine Stellungnahme zum Ordnungsgeldbeschluss verhindern können, dass der Senat eine Sachentscheidung trifft, die im Kostenpunkt die Staatskasse belastet. Das erschließt sich aus folgender Überlegung:

Ein Ordnungsgeld darf gegen einen Sachverständigen nur festgesetzt werden, wenn er die erste ihm gesetzte Frist (§ 411 Abs. 2 Satz 1 ZPO) versäumt und ihm darüber hinaus das Ordnungsgeld unter Festsetzung einer Nachfrist angedroht worden ist (§ 411 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Diese Voraussetzungen dürften hier angesichts einer Besonderheit des Sachverhalts nicht erfüllt sein. Die im ersten gerichtlichen Schreiben vom 11.09.2012 gesetzte Frist auf den 11.12.2012 war nach Auffassung des Senats dadurch gegenstandslos geworden, dass man anschließend bis zum 6. 12. 2012 über die Frage debattierte, ob dem Sachverständigen eine besondere Vergütung zu bewilligen sei. Dass er vor Klärung dieser Frage nicht mit den gebotenen örtlichen Feststellungen und der Arbeit am Gutachten beginnen würde, verstand sich von selbst. Wann dem Sachverständigen das am 6. 12. 2012 zur Postbeförderung gegebene Schreiben zuging, erschließt sich aus den Akten nicht. Wegen des dazwischen liegenden Wochenendes kann nicht einmal ausgeschlossen werden, dass dies erst nach dem 11.12.2012 war. Dass die endgültige gerichtliche Aufforderung an den gerichtlichen Sachverständigen, nunmehr mit der Erfüllung des erteilten Auftrags zu beginnen, eine zuvor erfolgte Fristsetzung gegenstandslos werden lässt, wenn die Frist zum Zeitpunkt des Startsignals bereits verstrichen ist, hält der Senat für selbstverständlich.

Da die zahlreichen Erinnerungsschreiben des Gerichts an den Sachverständigen keine Fristsetzung enthalten, war die im Beschluss vom 2. Oktober 2013 gesetzte „Nachfrist“ tatsächlich keine Nachfristsetzung gemäß § 411 Abs. 2 Satz 2 ZPO, sondern der Sache nach eine erstmalige Fristbestimmung nach § 411 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die bloße Versäumung einer derartigen ersten Frist kann jedoch nicht durch ein Ordnungsgeld geahndet werden. Dabei wird nicht verkannt, dass es in dem gerichtlichen Schreiben vom 12.09.2013 am Ende heißt:

„Um Erledigung innerhalb von 1 Woche wird gebeten“ (Bl. 148 GA).

Das bezog sich nach dem Gesamtkontext aber nur auf die einleitende Aufforderung, dem Gericht mitzuteilen, bis wann mit dem Eingang des Gutachtens gerechnet werden könne. Eine Fristbestimmung im Sinne von § 411 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann daher in der Wochenfrist nicht gesehen werden.

Bei alledem verkennt der Senat nicht, dass seine Sicht der Dinge dem Einwand ausgesetzt sein kann, es handele sich um leere Förmelei. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass ein Ordnungsmittel strafähnlichen Charakter hat. Daher darf ein Ordnungsgeld nur verhängt werden, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen sicher erfüllt sind (nullum crimen sine lege).

All das wird der Bezirksrevisor bei seiner Stellungnahme und die Einzelrichterin bei erneuter Prüfung der Frage zu bedenken haben, ob sie den Ordnungsmittelbschluss auf das Rechtsmittel des Sachverständigen aufhebt.

Falls die Einzelrichterin wiederum der sofortigen Beschwerde nicht abhilft und die Sache erneut dem Oberlandesgericht vorlegt, wird sie aktenkundig machen müssen, was der Sachverständige bei seiner in der Beschwerdeschrift erwähnten „Vorsprache“ bei der Richterin im Einzelnen zur Erläuterung des Entschuldigungsvorbringens „Arbeitsüberlastung“ und „Krankheit“ vorgetragen hat.

Daneben sollte der Sachverständige aber auch selbst sein bisheriges, völlig unsubstantiiertes Entschuldigungsvorbringen schriftlich detailliert erläutern, falls er dazu in der Lage ist. In der Sache teilt der Senat nämlich die Auffassung der Einzelrichterin, dass das Gesamtverhalten des Sachverständigen, der zahlreiche gerichtliche Erinnerungsschreiben schlicht ignoriert hat, nach den derzeit bestehenden Erkenntnismöglichkeiten nicht akzeptabel ist.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

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