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Privatgutachten prozessbegleitend eingeholt – erstattungsfähig?

Erstattung von Privatgutachten: OLG Frankfurt klärt Kostenfrage

In der Rechtsprechung sind die Kosten für ein prozessbegleitendes Privatgutachten nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig. Vor der Einholung eines Privatgutachtens muss das Gericht auf eine unzureichende Substantiierung des Prozessvortrages hinweisen, anderenfalls können die Kosten des Privatgutachtens nicht erstattet werden.

Dies gilt für zivilrechtliche und strafrechtliche Verfahren ebenso wie für Arzthaftungsprozesse. Im folgenden Beitrag wird ein konkretes Urteil des Landgerichts Hanau zur Erstattungsfähigkeit von Kosten für ein prozessbegleitendes Privatgutachten vorgestellt und besprochen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 18 W 133/23   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  • Kosten für ein Privatgutachten, das eine Partei im Prozess zusätzlich zum gerichtlichen Sachverständigengutachten einholt, sind nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig. (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
  • Ein solches zusätzliches Privatgutachten ist nur dann erstattungsfähig, wenn es zur Herstellung der „Waffengleichheit“ erforderlich war oder die Partei andernfalls nicht in der Lage gewesen wäre, das gerichtliche Gutachten sachgerecht zu überprüfen.
  • Im vorliegenden Fall lagen keine solchen Ausnahmegründe vor. Der Kläger konnte sich auch ohne zusätzliches Privatgutachten sachgerecht zum gerichtlichen Gutachten äußern.
  • Die Einholung des Privatgutachtens war daher nicht notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
  • Die Kosten für das vom Kläger eingeholte Privatgutachten sind damit nicht erstattungsfähig.
  • Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts wird entsprechend abgeändert.

Erstattungsfähigkeit von Kosten für ein Privatgutachten im Visier der Justiz

In einem jüngst entschiedenen Rechtsstreit musste sich das Oberlandesgericht Frankfurt mit der Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen die Kosten für ein Privatgutachten, das eine Partei zusätzlich zum gerichtlichen Sachverständigengutachten einholt, erstattungsfähig sind.

Hintergrund des Falls war ein Verkehrsunfall, in dessen Folge der Kläger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend machte. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens holte der Kläger neben dem vom Gericht beauftragten Sachverständigengutachten zusätzlich ein Privatgutachten bei einem Sachverständigenbüro ein. Die Kosten hierfür machte er nach Abschluss des Verfahrens im Rahmen der Kostenfestsetzung gegenüber der Beklagten geltend.

Wann sind die Kosten für ein zusätzliches Privatgutachten erstattungsfähig?

Das OLG Frankfurt verneinte in seinem Beschluss jedoch die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Kosten für ein zusätzliches Privatgutachten nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig. Dies ist etwa der Fall, wenn die Partei das Privatgutachten benötigte, um die „Waffengleichheit“ mit dem Prozessgegner herzustellen. Auch kann ein solches Gutachten notwendig sein, um als fachunkundige Partei die Sachkunde des Gegners auszugleichen.

Des Weiteren kommt die Erstattung der Kosten für ein Privatgutachten in Betracht, wenn die Partei nur so ihrer Darlegungs- und Beweislast genügen kann. Schließlich kann ein solches Gutachten notwendig sein, um die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen zu überprüfen und gegebenenfalls zu widerlegen.

Keine besonderen Umstände im konkreten Fall

Im vorliegenden Fall sah das OLG Frankfurt solche besonderen Umstände jedoch nicht. Dem Kläger sei es auch ohne zusätzliches Privatgutachten möglich gewesen, sich sachgerecht zum gerichtlichen Gutachten zu äußern. Er hatte bereits vorprozessual ein Privatgutachten eingeholt und konnte sich daher auf dessen Grundlage mit den Feststellungen des gerichtlichen Gutachters auseinandersetzen.

Auch im Übrigen lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Kläger ohne eigenes Privatgutachten eine sachgerechte Rechtsverteidigung unmöglich gewesen wäre.

Ergebnis: Keine Erstattung der Kosten für das Privatgutachten

Das OLG Frankfurt änderte den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts entsprechend ab. Die für das Privatgutachten angefallenen Kosten wurden nicht als erstattungsfähig anerkannt.

Damit stellte das Gericht klar, dass die Kosten für ein zusätzliches Privatgutachten nur bei Vorliegen besonderer Umstände auf den Prozessgegner abgewälzt werden können. Eine kostenmindernde Rechtsverteidigung ist auch ohne ein solches Gutachten möglich.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was versteht man unter einem Privatgutachten?

Ein Privatgutachten, auch als Parteigutachten bekannt, ist ein Gutachten, das von einer Partei zu Beweiszwecken in Auftrag gegeben wurde und nicht vom Prozessgericht. Es wird oft genutzt, um Zweifel an einem Gerichtsgutachten zu erwecken oder als Grundlage für ergänzende Fragen an den Sachverständigen. Wenn die Qualität des Gutachtens vom Gericht in Frage gestellt wird, kann dies dazu führen, dass ein zweiter Gutachter vom Gericht mit der Erstellung einer Expertise beauftragt wird.

Ein Privatgutachten kann auch als Zeugnis in einem Prozess eingeführt werden. Es ist wichtig zu beachten, dass ein Privatgutachten nicht minderwertig im Vergleich zu einem Gerichtsgutachten ist. Es kann auch dazu dienen, dem Auftraggeber fehlendes Fachwissen zu vermitteln oder Tatsachen oder Behauptungen zu beweisen.

Ein Privatgutachten kann in verschiedenen Kontexten nützlich sein, beispielsweise im Familienrecht, wo es oft notwendig ist, das Wohl des Kindes zu schützen und zu fördern. Es kann auch in Fällen von akutem Handlungsbedarf von großer Bedeutung sein, da es deutlich schneller erstellt werden kann als ein gerichtliches Gutachten.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Rechtswirkungen eines Privatgutachtens davon abhängen, in welchem Maße die Gegenseite das Gutachten akzeptiert. Ein Richter muss sich nicht zwangsläufig der Auffassung eines Privatgutachtens anschließen, wird ihm aber im Allgemeinen folgen.

Wann ist die Einholung eines Privatgutachtens notwendig?

Die Einholung eines Privatgutachtens kann in verschiedenen Situationen notwendig sein.

Ein Privatgutachten kann beispielsweise zur Beweissicherung, Schadensfeststellung, Wert- oder Kostenfeststellung, Absicherung von Ansprüchen oder zur Vorbereitung von juristischen Verfahren dienen. Es kann auch während eines streitigen Gerichtsverfahrens notwendig werden, insbesondere wenn es darum geht, den eigenen Sachvortrag zu ergänzen, ein von dem Prozessgegner beigebrachtes Gutachten zu widerlegen oder ein gerichtliches Gutachten zu ergänzen.

In bestimmten Fällen kann ein Privatgutachten sogar die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens ganz ersetzen, wenn das Gericht auf Grund eigener Sachkunde unter Heranziehung des Privatgutachtens in der Lage ist, den Sachverhalt zu klären.

Es ist jedoch zu beachten, dass Privatgutachten oft als parteiisch angesehen werden und daher in den meisten Fällen nicht als Beweismittel im Gerichtsverfahren anerkannt werden. Dennoch muss das Gericht den Ausführungen, die ein privater Gutachter vorbringt, Beachtung schenken und sich der gerichtlich beauftragte Sachverständige kritisch mit dem Privatgutachten auseinandersetzen.

Die Kosten für ein Privatgutachten trägt in der Regel der Auftraggeber. Sie können jedoch im Prozess von der anderen Partei erstattet werden, wenn die Kosten sich im üblichen Rahmen bewegen und man im Zeitpunkt des Auftrags an den Gutachter davon ausgehen konnte, dass ein Gutachten erforderlich ist, um die eigenen Rechte zu wahren.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Einholung eines Privatgutachtens nicht immer notwendig oder sinnvoll ist. Es gelten das Gebot sparsamer Prozessführung und die Notwendigkeit, die Kosten und den Nutzen eines solchen Gutachtens sorgfältig abzuwägen.

Unter welchen Voraussetzungen sind die Kosten für ein Privatgutachten erstattungsfähig?

Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein Privatgutachten hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass das Gutachten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Partei aufgrund fehlender Sachkenntnisse ohne das Gutachten nicht sachgerecht hätte handeln können.

Die Erstattungsfähigkeit richtet sich zudem nach der sogenannten „Ex-ante-Sicht“. Das bedeutet, dass es darauf ankommt, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Einholung des Gutachtens zum Zeitpunkt der Beauftragung als notwendig angesehen hätte.

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Im Baurecht kann beispielsweise eine Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens bejaht werden, wenn ein Mangel festgestellt wird, dieser Mangel nicht von ganz untergeordneter Bedeutung ist und der Auftragnehmer diesen Mangel ignoriert hat.

Es gibt jedoch auch Ausnahmen, in denen die Kosten für ein Privatgutachten nicht erstattungsfähig sind. So sind die Kosten für ein vorprozessuales Privatgutachten im Grundsatz nicht erstattungsfähig, da sie in der Regel als vorgerichtliche Kosten betrachtet werden.

Es ist auch zu berücksichtigen, dass die Kosten eines Privatgutachtens in der Regel vom Auftraggeber getragen werden müssen. Sie können jedoch im Prozess von der anderen Partei erstattet werden, wenn die Kosten sich im üblichen Rahmen bewegen und man im Zeitpunkt des Auftrags an den Gutachter davon ausgehen konnte, dass ein Gutachten erforderlich ist, um die eigenen Rechte zu wahren.

In einigen Fällen können die Kosten für ein Privatgutachten auch als Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4 BGB erstattungsfähig sein. Dies setzt allerdings neben dem Ablauf einer Frist auch das Verschulden des Bauunternehmers voraus.

Es ist daher ratsam, sich vor der Beauftragung eines Privatgutachtens rechtlich beraten zu lassen, um die Möglichkeiten und Risiken einer möglichen Kostenerstattung zu klären.

Was bedeutet der Grundsatz der „Waffengleichheit“ im Zivilprozess?

Der Grundsatz der „Waffengleichheit“ im Zivilprozess ist ein verfahrensrechtlicher Grundsatz, der die formelle Gleichheit der prozessualen Rechtspositionen der Parteien und ihre durch den Richter zu verwirklichende Gleichbehandlung sicherstellt. Dieser Grundsatz ist Ausdruck des Anspruchs auf rechtliches Gehör und gewährleistet, dass alle Parteien die Möglichkeit haben, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten.

Die Waffengleichheit ist eine Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes im Zivilprozess. Sie sichert die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor Gericht und steht im Zusammenhang mit dem Gehörsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 1 GG, der eine besondere Ausprägung der Waffengleichheit ist.

Der Grundsatz der Waffengleichheit bedeutet, dass jede Partei eine vernünftige Möglichkeit haben muss, ihren Fall vor Gericht unter Bedingungen zu präsentieren, die für diese Partei keinen substanziellen Nachteil im Verhältnis zu ihrem Prozessgegner bedeuten. Dies beinhaltet die faire Verhandlungsführung, die unvoreingenommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens, die unparteiische Rechtsanwendung und die korrekte Erfüllung der sonstigen prozessualen Pflichten des Richters.

Es ist jedoch zu beachten, dass nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit führt.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 18 W 133/23 – Beschluss vom 27.12.2023

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 26.04.2023 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 08.09.2023 dahingehend abgeändert, dass die auf Grund des gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Hanau vom 24.03.2022 von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 1.413,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. nach § 247 BGB seit dem 13.04.2022 festgesetzt werden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 500 Euro festgesetzt.

Gründe:

1. Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist die in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierte Frist zu ihrer Einlegung gewahrt.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Unrecht hat das Landgericht die durch den Kläger mit Kostenfestsetzungsantrag vom 13.04.2023 angemeldeten Kosten, die von dem klägerseits mit der Stellungnahme zu dem gerichtlichen Sachverständigengutachten beauftragten Sachverständigenbüro unter dem 07.10.2021 in Höhe von 473,55 Euro bzw. 549,32 Euro brutto in Rechnung gestellt worden sind (Vgl. Bl. 438 d.A.) mit dem angefochtenen Beschluss festgesetzt. Diese Kosten sind nicht erstattungsfähig.

a) Dies folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Nach dieser Regelung sind die Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Ob Notwendigkeit in diesem Sinne vorliegt, bestimmt sich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte (vgl. BGH, Beschluss vom 17.12.2002 – VI ZB 56/02). Für die Beurteilung der Sachdienlichkeit ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Kosten auslösende Maßnahme veranlasst wurde, mithin ex ante auf den Zeitpunkt der Erteilung des Gutachtenauftrags (BGH, Beschluss v. 20.12.2011 – VI ZB 17/11, BGHZ 192, 140 ff.; BGH; Beschluss vom 26.02.2013 – VI ZB 59/12 – NJW 2013, 1823; BGH, Beschluss vom 07.02.2013 – VII ZB 60/11, NJW 2013, 1820 f.; Herget in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 91 Rdnr. 13, „Privatgutachten“). Danach sind Kosten eines prozessbegleitend eingeholten Privatgutachtens nur ausnahmsweise erstattungsfähig, weil es während eines Rechtsstreits Sache des Gerichts ist, Beweiserhebungen durch Einholung von Sachverständigengutachten durchzuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 12.09.2018 – VII ZB 56/15, MDR 2018, 1406 ff.; BGH, Beschluss vom 24.04.2012 – VIII ZB 27/11; Senatsbeschlüsse vom 27.05.2020 – 18 W 79/20; 20.05.2019 – 18 W 53/19; vom 18.5.2016 – 18 W 24/16; vom 17.12.2015 – 18 W 251/15). So kann die Einholung eines Parteigutachtens erforderlich sein, wenn die Partei das Sachverständigengutachten zur Wiederherstellung der „Waffengleichheit“ benötigt, wenn der Gegner seinerseits ein Privatgutachten eingeholt hat (vgl. OLG Stuttgart a.a.O.) oder wenn die fachunkundige Partei erst durch das Gutachten in die Lage versetzt wird, die bei der Gegenseite bestehende Sachkenntnis ausgleichen zu können (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.03.2007 – 15 W 7/07, BauR 2007, 1450 ff.). Des Weiteren kann die Notwendigkeit der Einholung eines Privatgutachtens zu bejahen sein, wenn die Partei auf die Hinzuziehung eines eigenen Sachverständigen zwingend angewiesen ist, um ihrer Darlegungs- und Beweislast zu genügen (OLG Bremen, Beschluss v. 28.04.2008 – 2 W 41/08, OLGR Bremen 2008, 675 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 03.04.2007 – 15 W 109/07, IBR 2008, 626.) oder um die Feststellungen eines gerichtlichen Sachverständigen zu überprüfen und zu widerlegen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.08.2019 – 2 W 8/19; OLG Stuttgart, Urteil v. 14.09.1995 – 14 U 27/95, NJW-RR 1996, 255 ff; OLG Stuttgart, Beschluss v. 13.11.2001 – 8 W 481/01, BauR 2002, 665 ff.). Ob das Privatgutachten schließlich im Rahmen einer ex-post-Betrachtung tatsächlich die Entscheidung des Gerichts beeinflusst hat, ist für die Frage der Erstattungsfähigkeit unbeachtlich (vgl. BGH, Beschluss v. 20.12.2011 – VI ZB 17/11, MDR 2012, 464 ff.).

b) Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze sind die Kosten, die mit Rechnung des Sachverständigenbüros K vom 07.10.2021 berechnet wurden, nicht im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens erstattungsfähig, denn die diesen Kosten zugrundeliegenden Tätigkeiten waren nicht notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Weder ist dargetan noch ersichtlich, dass der Kläger ohne Einholung des Privatgutachtens nicht zu einer sachgerechten Stellungnahme auf das gerichtliche Gutachten oder auch nur zur Stellung sachgerechter Ergänzungsanträge an den gerichtlichen Sachverständigen in der Lage gewesen wäre. Der Kläger hatte bereits vorprozessual dem Sachverständigenbüro K einen Gutachtenauftrag wegen des streitgegenständlichen Haftungsfalls erteilt und das daraufhin erstellte Gutachten mit Anlage A1 der Klageschrift im Rechtsstreit vorgelegt und es zum Gegenstand seines Vortrags im vorliegenden Verfahren gemacht. Ihm bzw. seinem Prozessbevollmächtigten war es daher zuzumuten, sich auf der Grundlage des bereits vorliegenden Privatgutachtens mit den Feststellungen des vom Gericht eingeholten Gutachtens auseinanderzusetzen. Neue bzw. weitere Gesichtspunkte, zu denen der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter nicht sachgerecht hätten vortragen können, sind nicht zu Tage getreten. Ebenfalls ist nicht dargetan oder ersichtlich, dass es sich bei den mit der Rechnung vom 07.10.2021 abgerechneten, in keiner Weise näher dargelegten Leistungen nicht nur um solche gehandelt hätte, die nicht bereits von der Tätigkeit des von dem Kläger beauftragten Prozessbevollmächtigten abgedeckt sind. Insoweit hat das Landgericht, plausibel und durch den Kläger unwidersprochen, zugrunde gelegt, dass der Privatgutachter das gerichtliche Gutachten einschließlich der Beweisfragen gelesen und dann seine Stellungnahme unter Einbeziehung seines Privatgutachtens verfasst habe. Diese Tätigkeit oblag aber bereits dem Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten. Es ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass der Abgleich zwischen dem durch den gerichtlichen Gutachter zugrunde gelegten und dem durch den Privatgutachter in seinem Gutachten vom 24.04.2017 zugrunde gelegten tatsächlichen Eigenschaften des klägerischen Fahrzeugs, besondere technisch-fachliche Kenntnisse erfordert hätte, die einer sachgerechten Stellungnahme auf das gerichtliche Gutachten oder der Stellung sachgerechter Ergänzungsanträge entgegengestanden hätte. Die Beklagte macht in diesem Zusammenhang zu Recht darauf aufmerksam, dass sie sich ebenfalls keines Privatgutachters zur Stellungnahme bedient habe. Entsprechendes gilt auch für den durch den gerichtlichen Gutachter für die Bemessung des Wiederbeschaffungswerts zugrunde gelegten Zeitraum, der sich ohne Weiteres aus dem Gutachten selbst ergibt. Im Übrigen ist es eine der Begutachtung durch einen technischen Gutachter schon nicht zugängliche rechtliche Frage, ob die Auswertung von Vergleichsangeboten streng stichtagsbezogen oder in einem gewissen, auch den Unfallzeitpunkt umfassenden Zeitraum durchgeführt werden kann.

Soweit die Beklagte schließlich darauf hinweist, dass die Rechnungshöhe – Anzahl der abgerechneten Stunden – nicht nachvollzogen werden könne, ist dies zutreffend, bedarf aber nach alledem keiner weiteren Erörterung. Entsprechendes gilt für die durch die Beklagten geäußerten Bedenken an dem der Rechnung zugrunde gelegten Stundensatz.

3. Da dem Kläger kein Anspruch auf Festsetzung der mit Rechnung des Privatgutachters K geltend gemachten Kosten gegen die Beklagte zusteht, war der Kostenfestsetzungsbeschluss entsprechend abzuändern und der durch die Beklagte an den Kläger zu erstattende Betrag zu korrigieren.

Der Höhe nach beruht die Abänderung auf folgenden Erwägungen:

– Hinsichtlich der durch die Beklagte an den Kläger zu erstattenden Gerichtskosten auf den im Kostenfestsetzungsbeschluss getroffenen Erwägungen, nach welchen die Beklagte an den Kläger Gerichtskosten in Höhe von 1530.58 EUR zu erstatten hat.

– Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten:

Die außergerichtlichen Anwaltskosten sind in selber Höhe einzustellen wie bei der Beklagten, so dass sich für jede Partei berücksichtigungsfähige außergerichtliche Anwaltskosten von 1.957,55 EUR ergeben.

Kosten für das Privatgutachten, über dessen Festsetzungsfähigkeit der Senat nur noch hinsichtlich des auf die Rechnung vom 07.10.2021 (Bl. 439 d.A.) entfallenden Betrages zu entscheiden hat, sind nicht zu berücksichtigen. Soweit aus der Rechnung ein Betrag von 549,32 Euro brutto zu ersehen ist, das Landgericht aber unter „außergerichtliche Kosten, Kosten des Klägers“ – entsprechend dem Kostenfestsetzungsantrag des Klägers – insoweit einen Betrag von 563,52 Euro in die Kostenberechnung eingestellt hat, ist hierbei offensichtlich versehentlich übersehen worden, dass für den Nettorechnungsbetrag nur eine Mehrwertsteuer von 16% angefallen ist.

Dies vorangeschickt ergibt sich folgende Berechnung:

Durch die Beklagte an den Kläger zu erstattende Gerichtskosten: 1530,58 Euro

Festsetzungsfähige außergerichtliche Kosten jeder Partei: 1.957,55 Euro

Summe für beide Parteien: 3.915,10 Euro

Entsprechend der Kostengrundentscheidung (Quoten) von der Partei zu tragende Beträge:

Betrag Kläger (53%) 2.075,00 Euro; abzüglich 1.957,55 Euro

Betrag Beklagte (47%) 1.840,10 Euro, abzüglich 1.957,55 Euro

Differenz zu Gunsten der Beklagten: 117,45 Euro

Damit sind von der Beklagten an den Kläger zu erstatten: 1530,58 Euro – 117,45 Euro = 1.413,13 Euro

4. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da die sofortige Beschwerde der Beklagten Erfolg hat, § 91 Abs. 1 ZPO.

5. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

6. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Die Sache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

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