Landgericht Mainz
Aktenzeichen: 6 S 57/02
Verkündet am 12.11.2002
Vorinstanz: Amtsgericht Worms – Az.: 2 C 76/01
In dem Rechtsstreit hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Mainz die mündliche Verhandlung vom 15.10.2002 für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 8.3.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Worms -2 C 76/01- aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beitreibbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Das Rechtsmittel der Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe:
I.
Hinsichtlich des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung, § 540 Abs. l Nr. l ZPO n.F.
Mit seiner Berufung führt der Beklagte aus, dass die Band in der Regel nur einmal pro Woche in dem Kellerraum Proben habe. Weiterhin ist er der Ansicht, dass der Antrag des Klägers, ihn zu verurteilen, es zu unterlassen, den Kläger durch Schlagzeugspielen oder lautes Musizieren zu stören, zu ungenau sei. Er habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt.
Im Übrigen hätten die Messungen des Sachverständigen sogar bei einem maximalen Lärmpegel, mit dem bei den Proben überhaupt nicht gespielt werde, auf der klägerischen Terrasse keine unzulässigen Werte ergeben.
Die Fenster des Kellerraumes seien immer gedämmt und geschlossen, wenn in diesem Raum musiziert werde. Schon dadurch sei ausgeschlossen, dass überhaupt nur Grenzwerte erreicht würden. Es könne nicht einseitig auf die Interessen des Klägers abgestellt werden, seine, des Beklagten Belange seien ebenfalls angemessen zu berücksichtigen.
Der Kläger erwidert hierauf: Der Beklagte sei verpflichtet, sein Musizieren einzuschränken, weil es ihn, den Kläger, störe. Der Beklagte stelle seine Band im Internet auch als professionelle Rockband dar. Dies zeige schon, dass es sich keineswegs um ein Hobby handele. Es werde auch bei offenem Fenster gespielt, da der Kellerraum klein sei und Lüftung erforderlich sei. Dann sei der Lärm erheblich größer.
Die Messungen seien erfolgt bei absolut gedämpftem Schlagzeugspiel. Deshalb gäben sie nicht die tatsächlichen Belästigungen wieder.
Im Übrigen gelte die TA-Lärm nur für technische Anlagen, nicht für Musik. Insoweit handele es sich um unangenehme Geräusche, die durch das Musizieren des Beklagten entstünden und für die niedrigere Werte gelten müssten als für technische Anlagen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist in vollem Umfang begründet. Der Klageantrag ist derart weit und ungenau gefasst, dass er keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Er kann auch nicht im Sinne des Tenors des amtsgerichtlichen Urteils ausgelegt werden. In dem Tenor sind Beschränkungen des Musizierens zu bestimmten Jahreszeiten, Uhrzeiten und an Sonn- und Feiertagen ausgesprochen. All dies lässt sich dem Klageantrag nicht entnehmen. Darüber hinaus behauptet noch nicht einmal der Kläger selbst, dass in Zeiten zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr oder an Sonn- und Feiertagen musiziert worden sei. Aus den umfangreichen Aufstellungen und Auflistungen des Klägers ergibt sich vielmehr, dass lediglich werktags ein- bis zweimal wöchentlich ca. 2 Stunden geübt wurde. Dies geschah in der Regel in der Zeit zwischen 18.00 Uhr und 20.00 Uhr und zweimal bis 20.30 Uhr. Insofern ist nicht nachvollziehbar, wie das Amtsgericht den Klageantrag dahingehend auslegen konnte, dass in der Mittagszeit und an Sonn- und Feiertagen nicht geübt werden dürfte.
Darüber hinaus ist die Kammer der Auffassung, dass der Kläger es hinnehmen muss, dass der Beklagte zu den angegebenen Zeiten Schlagzeug spielt und mit seiner Band übt. Aufgrund der Messungen des Sachverständigen steht fest, dass sogar auf der Terrasse des Klägers lediglich geringfügige Lärmbeeinträchtigungen zu vernehmen sind. Unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Beklagten, der in seinem Einfamilienhaus musiziert, muss der Kläger die geringfügigen Beeinträchtigungen ein- bis zweimal pro Woche in der Zeit zwischen 18.00 Uhr und 20.00 Uhr oder auch bis 20.30 Uhr hinnehmen.
Das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis gebietet es, dass beide Parteien unter gegenseitiger Rücksichtnahme ihren Interessen nachgehen können. Da der Beklagte keineswegs übermäßig oft, übermäßig lange oder übermäßig laut Musik macht, die darüber hinaus beim Kläger bei geschlossenen Fenstern nicht oder nur kaum zu hören ist, besteht ein Unterlassungsanspruch nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.
Die Kammer hat beschlossen, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 2.000 € festzusetzen.