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PKW-Kaufvertrag – Rücktritt und Beweislast

Oberlandesgericht Brandenburg

Az: 11 U 177/06

Urteil vom 02.10.2007


In dem Rechtsstreit hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2007 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 04. Dezember 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam – Az.: 2 O 347/05 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren, zugleich Wert der Beschwer der Klägerin: 8.682,08 EUR

Gründe:

I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug wegen Mängeln. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung verurteilt sowie den Annahmeverzug der Beklagten mit der Rücknahme des Pkw festgestellt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Der Pkw sei zum Zeitpunkt der Übergabe des Pkw mangelhaft gewesen. Dies ergebe sich

– unter Berücksichtigung der kurzen Besitzzeit der Klägerin – aus dem Gutachten des Gerichtssachverständigen W…, der folgende Mängel, die nicht reine Verschleißerscheinungen darstellten, festgestellt habe:

– Gummilager am Trag- und Führungslenker vorn rechts porös bzw. rissig

– Batterie nicht ordnungsgemäß zu befestigen

– Bremsscheiben hinten ungleichmäßig abgefahren

– Bremssattel hinten rechts undicht

Im Hinblick auf die Ungewissheit, wann diese Mängel eingetreten seien, treffe die Beklagte nach § 476 BGB die Beweislast.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils, welches der Beklagten am 06. Dezember 2006 zugestellt worden ist, wird auf die bei den Akten befindliche Urschrift (Bl. 91) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 27. Dezember 2006 eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, die ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Sie rügt insbesondere, dass das Landgericht den Gutachter der Dekra H…, der für das Kfz vor der Übergabe ein „Vollgutachten“ erstellt hatte, nicht vernommen habe.

Die Beklagte beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 15. Januar 2007 (Bl. 129 d. A.).

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H…, E…, H… und S… A…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 23. März 2007 (Bl. 147 d.A.) und 14. September 2007 (Bl. 193 d.A.) Bezug genommen.

II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Frist und Form eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Rückabwicklung des Kfz auf Grund der geltend gemachten Mängel verlangen.

Zutreffend hat das Landgericht zwar festgestellt, dass die formellen Voraussetzungen des Rücktritts gegeben sind, nachdem die Beklagte die Beseitigung der Mängel verweigert hat. Das Kfz war indes zum maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe am 25. April 2005 in einem vertragsgemäßen Zustand.

Dass bei einem über 10 Jahre alten Kfz mit einer Laufleistung von bereits ca. 126.000 km mit einem erheblichen alters- und verschleißbedingten Zustand zu rechnen ist, versteht sich schon von selbst. Die demgemäß typischen Erscheinungen (poröse Gummilager pp.) stellen schon deshalb keinen Mangel dar.

Auch die Tatsache, dass das Fahrzeug zwischen dem Kauf und der Übergabe vertragsgemäß einer Hauptuntersuchung (das Vollgutachten beinhaltet sachlich eine solche) zugeführt werden sollte, beinhaltet im Streitfall keine Eigenschaftszusicherung dergestalt, dass das Fahrzeug tatsächlich in vollem Umfang verkehrssicher sein musste. Ein Händler, der nicht über eine eigene Werkstatt verfügt, und der die Durchführung einer Hauptuntersuchung zusagt, muss

– anders als ein Händler mit eigener Werkstatt – das Risiko, dass die Plakette zu Unrecht erteilt wird, nicht tragen (vgl. BGHZ 103, 275).

Ein erheblicher, den Rücktritt rechtfertigender Mangel läge allerdings dann vor, wenn der

– wie vom Gerichtssachverständigen festgestellte – erhebliche Mangel der Bremse hinten rechts bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden gewesen wäre. Insoweit gilt, wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat, die Vermutungsregel des § 476 BGB (vgl. BGH VIII ZR 259/06, Urteil vom 18. Juli 2007, zitiert nach juris). Doch hat die Beklagte den Beweis geführt, dass dieser Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht vorlag.

Der insoweit vernommene Zeuge H…, dem der Senat Glauben schenkt, hat überzeugend ausgeführt, dass zum Zeitpunkt seiner Untersuchung der Zustand der Bremse sich in keinem Fall so dargestellt hat wie zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen. Der Austritt von Bremsflüssigkeit aus dem verbogenen Bremssattel – einem offen zu Tage liegenden Teil – wäre dem Sachverständigen zur Überzeugung des Gerichts ohne weiteres aufgefallen. Gestützt wird dies dadurch, dass die vom Zeugen H… durchgeführten Bremstests mit dem später erkannten Schaden nicht erfolgreich hätten absolviert werden können. Schließlich hat der Zeuge E… ausgeführt, dass es ausgeschlossen sei, dass zwischen der Hauptuntersuchung und der Übergabe noch irgend etwas an den Bremsen repariert worden wäre. Dies wäre in dieser kurzen Zeit auch sinnlos gewesen, hatte doch die Beklagte aus ihrer Sicht mit der Durchführung der Untersuchung das vertraglich Geschuldete erbracht. Die Annahme, dass von Seiten der Beklagten – oder ohne deren Wissen durch die Firma He… – nach der Hauptuntersuchung noch an den Bremsen gearbeitet worden wäre, ist vor diesem Hintergrund ausgeschlossen.

Dieser Überzeugung des Gerichts stehen die Aussagen der vernommenen Zeugen A… letztlich nicht entgegen. Der Zeuge H… A… hat nur aussagen können, dass er selbst keine Wahrnehmungen über irgend eine Reparatur durch seinen Bruder S… oder einen Dritten getroffen hat, so dass die Aussage insoweit unergiebig ist. Der Zeuge S… A…, für den das Kfz bestimmt war und der dieses ausschließlich genutzt hat, hat zwar bekundet, er habe bis zur Untersuchung durch die Fa. Hen… weder selbst an dem Kfz gearbeitet, noch durch Dritte Maßnahmen durchführen lassen. Ohne dass er sich um den Zustand des Kfz im Einzelnen gekümmert habe, habe er die Untersuchung durch die Fa. Hen… nur wegen der aufgetretenen Geräusche veranlasst. Das Gericht vermag dieser Aussage vor dem Hintergrund der Aussagen der Zeugen H… und E… keine Überzeugungskraft beizumessen, zumal es durchaus untypisch ist, dass der Zeuge S… A… sich um das Kfz – außer es zu benutzen – nicht näher gekümmert hat. Schließlich ist es auch nicht ganz auszuschließen, dass ein Dritter – vom Zeugen S… A… gegebenenfalls unbemerkt – sich an der Bremse zu schaffen gemacht hat.

Der dann allein verbleibende Mangel, dass die Batterie sich nicht hinreichend befestigen lässt, rechtfertigt das Rücktrittsbegehren der Klägerin nicht. Die Forderung der Klägerin, die Mängel zu beseitigen, geht so weit über die Beseitigung dieses Mangels hinaus, dass die Beklagte sich nicht hierauf einlassen musste; denn es war für die Beklagte ersichtlich, dass ein Austausch der Batterie die Klägerin in keinem Fall zufrieden stellen würde.

III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil der Rechtsstreit grundsätzliche Fragen nicht aufwirft und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich ist.

 

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