AG Mitte
Az.: 115 C 3104/10
Urteil vom 20.06.2011
In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 115, im Wege der schriftlichen Entscheidung am 20.6.2011 für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 449,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.2.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
Die volle Einstandspflicht des Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 StVG für die dem Geschädigten aus dem Unfall vom 17.12.2009 entstandenen Schaden ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Klägerin ist berechtigt, die Forderung des Geschädigten geltend zu machen. Sie hat sich wirksam die Forderung von dem Geschädigten abtreten lassen. Dass die Abtretungserklärung auf den Namen „… GbR“ lautet, ist dabei unschädlich. Aus der Erklärung der Klägerin und den gesamten Umständen geht eindeutig hervor, dass es sich dabei um die Klägerin handelt. Zum einen hat die Klägerin dargelegt, dass es nur eine Gesellschaft gibt und diese unter dem Namen der Klägerin firmiert. Das ergibt sich auch aus dem Briefkopf des Sachverständigengutachtens und der Honorarrechnung vom 21.12.09. Zum anderen ist die Anschrift identisch. Und drittens sind in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Gesellschafter Partner, so dass durch das Ersetzen des Namens „…“ durch das Wort „Partner“ nicht eine unterschiedliche Gesellschaft begründet wird. Darüber hinaus wollte der Geschädigte der Klägerin die Forderung auch abtreten, so dass, wenn überhaupt eine Falschbezeichnung vorliegen würde, diese unschädlich wäre nach dem Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“.
Die Abtretung ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) unwirksam. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Für diesen Fall kommt es auch nicht mehr auf die nach altem Recht vorzunehmende Abgrenzung zwischen der Wahrnehmung einer eigenen oder fremden Angelegenheit an. Die klageweise Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eines Kunden, der aufgrund eines Unfalls ein Sachverständigengutachten anfertigen lässt, stellt für den Sachverständigen eine Nebenleistung zur Ausübung seiner Hauptleistung – nämlich die Anfertigung des Sachverständigengutachtens – dar.
Dies folgt aus dem Willen des Gesetzgebers, der durch die Neufassung des RDGs die Berechtigung zur Einziehung von Kundenforderungen nicht mehr von dem Eintritt des Sicherungsfalls abhängig machen wollte. Dabei hatte der Gesetzgeber auch ganz konkret die Fälle der Sachverständigen vor Augen. So heißt es auf Seite 96 f und 110 f in der BR-Drucksache 623/06:
„Soweit Kfz-Werkstätten, Mietwagenunternehmen oder Sachverständige Hinweise zur Erstattung sonstiger, nicht im Zusammenhang mit ihrer eigentlichen Leistung stehender Schäden, insbesondere zu Personenschäden und Schmerzensgeldansprüchen geben, handelt es sich entweder um allgemein gehaltene Ratschläge, die – wie etwa der Hinweis auf die allgemeine Schadenpauschale – nicht als Rechtsdienstleistung anzusehen sind, oder – soweit etwa Schmerzensgeldansprüche konkret beziffert oder geltend gemacht werden – um eindeutige Rechtsdienstleistungen, die mangels Zusammenhangs mit der eigentlichen Tätigkeit der Genannten, aber auch aufgrund der besonderen Bedeutung für den Geschädigten generell auch nicht als Nebenleistung zulässig sein werden.
Soweit ein Kfz-Reparaturbetrieb, ein Mietwagenunternehmen oder ein Kraftfahrzeugsachverständiger dem Unfallgeschädigten dagegen Hinweise zur Erstattungsfähigkeit der durch seine Beauftragung entstandenen Kosten erteilen, handelt es sich um eine nach § 249 BGB zu beurteilende rechtliche Frage, deren Beantwortung – jedenfalls in den Fällen -, in denen hierüber Streit entstehen kann – regelmäßig eine besondere rechtliche Prüfung im Sinn des § 2 Abs. 1 erfordert. In diesen Fällen wird aber die rechtliche Beratung des Unfallgeschädigten zur vollständigen Erfüllung der vertraglichen Hinweis- und Aufklärungspflichten des Unternehmers gehören und damit nach geltendem Recht wie auch künftig nach § 5 Abs. 1 zulässig sein (vgl. – auch zur Zulässigkeit des Forderungseinsugs in diesen Fällen – Begründung zu § 5 Absatz 1).
(…)
Zu den vertraglich vereinbarten Rechtsdienstleistungen, die (noch) nicht typischerweise zum jeweiligen Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören, kann etwa die Einziehung von Kundenforderungen zählen, die einem Unternehmer, Arzt oder einer Werkstatt erflillungshalber abgetreten wurden. Diese Forderungseinziehung, bei der die Rechtsdienstleistung – die Einziehung der eigenen Vergütungsansprüche gegenüber einem Dritten – besonders eng mit der eigentlichen, den Vergütungsanspruch auslösenden Haupttätigkeit verbunden ist, soll künftig auch dann grundsätzlich erlaubt sein, wenn sie eine besondere rechtliche Prüfung erfordert (zur Erlaubnisfreiheit des schlichten Forderungseinzugs ohne rechtliche Prüfung in diesen Fällen vgl. Begründung zu § 2 Absatz 2). Weitere Anwendungsfälle der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit finden sich auch im Bereich der Unfallschadenregulierung etwa bei der Geltendmachung von Sachverständigen-, Mietwagen– oder Reparaturkosten (vgl. dazu auch Begründung zu § 2 Absatz 1). Hierbei entsteht häufig Streit etwa über die von einer Werkstatt in Rechnung gestellten Reparaturkosten oder über die Höhe der Mietwagenrechnung, insbesondere bei Zugrundelegung eines so genannten Unfallersatztarifs. Gerade die im Streitfall erforderliche Rechtfertigung der eigenen Leistung oder Abrechnung durch den Unternehmer belegt die in § 5 Abs. 1 geforderte Zugehörigkeit zu dessen eigentlicher Hauptleistung. Soweit die Rechtsprechung unter Geltung des Artikel 1 § 5 RBerG bis heute ganz überwiegend daran festhält, dass die Einziehung abgetretener Kundenforderungen durch den gewerblichen Unternehmer nur dann zulässig ist, wenn es diesem wesentlich darum geht, die ihm durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen (vgl. zuletzt BGH, VI ZR 268/04 v. 15.11.2005, VersR 2006, 283; BGH, VI ZR 251/04 v. 20.9.2005, NJW 2005, 3570; BGH, VI ZR. 173/04 v. 5.7.2004, NJW-RR 2005, 1371; BGH, VI ZR 300/03 v. 26.10.2004, NJW 2005, 135), soll dies künftig nicht mehr gelten.“
Danach ergibt sich für das erkennende Gericht im vorliegenden Fall kein Verstoß der Klägerin gegen die Vorschriften des RDGs. Sie war auch nicht verpflichtet zunächst ihren Kunden in Anspruch zu nehmen. Die Haupttätigkeit der Klägerin ist in diesem Zusammenhang die Erstellung von Sachverständigengutachten und nur im Falle der (teilweisen) Nichtzahlung durch die Versicherung des Unfallverursachers erbringt sie zugleich eine Nebenleistung. Darin ist keine umfassende Beratung des Unfallgeschädigten zu sehen. Vielmehr ist zu beachten, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 6 RDG konkret an die Geltendmachung von Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gedacht hat und diese Rechtsdienstleistung nicht typischerweise zum jeweiligen Berufs- und Tätigkeitsbild gehörend angesehen hat.
Das Gericht hält die Abtretung auch nicht für unwirksam infolge mangelnder Bestimmtheit. Das Urteil des LGs Saarbrücken v. 15.10.10 überzeugt nicht. Zum einen ist die Forderung dadurch konkretisiert, dass sie sich ausdrücklich nur auf die „Gutachterkosten“ bzw. „Sachverständigenkosten“ beschränkt. Und zum anderen ergibt sich auch aus dem letzten Absatz der Abtretungserklärung vom 17.12.2009, dass die Abtretung diejenigen Kosten umfassen soll, die in Rechnung gestellt worden sind.
Auch der Höhe nach stehen der Klägerin die restlichen Sachverständigenkosten zu. Ein Geschädigter kann gemäß § 249 Abs. 2 BGB die Kosten verlangen, die er für ein Sachverständigengutachten aufwenden musste, wenn sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Ob und in welchem Umfang die Sachverständigenkosten erforderlich sind, richtet sich danach, was aus Sicht eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheint (BGH VersR 2007, 560 m.w.N.). Der Geschädigte ist dabei gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Der Aufwand für den Geschädigten hat sich dabei aber in vernünftigen Grenzen zu halten. So ist er grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um den preisgünstigsten Sachverständigen ausfindig zu machen. Solange für ihn als Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann er vom Geschädigten den Ausgleich gezahlter Aufwendungen verlangen (s.a. die Nachweise in LG Saarbrücken v. 29.8.08 – 13 S 108/08).
Auch eine an der Schadenshöhe angemessenen Pauschalierung des Honorars verstößt dem Grundsatz nach nicht gegen die Grenzen der rechtlichen zulässigen Preisgestaltung (vgl. BGH Schadenpraxis 2007, 156 f). Das erkennende Gericht bleibt bei seiner Rechtsprechung, wonach die Empfehlungen des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK-Honorarbefragung 2008/2009) als Schätzgrundlage gemäß § 287 ZPO herangezogen werden kann. Solange der Sachverständige sich im Honorarkorridor (HB III) bewegt, überschreitet er nicht die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung.
Im vorliegenden Fall erfüllen sowohl das Grundhonorar als auch die Nebenkosten diese Anforderungen. Schreib- und Kopierkosten können als Nebenkosten geltend gemacht werden ebenso wie die Kosten für die Inanspruchnahme von Datenbanken. Es kann bei dem Geschädigten auch nicht ein Abzug dafür vorgenommen werden, dass das Gutachten u.U. drei „überflüssige“ Seiten enthält. Dieses Risiko hat grundsätzlich der Schädiger zu tragen. Dies gilt ebenso für die Duplikatskosten, die i.Ü. mit 0,50 € weit unterhalb des zulässigen Korridors angesetzt wurden. Die Lichtbildkosten bewegen sich mit 2,35 € ebenfalls im Korridor zwischen 1,96 € und 2,46 €.
Unbegründet ist dagegen der Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 €. Zwar hat die Klägerin nunmehr durch Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 2.5.11 vorgetragen, dass der Beklagte vorgerichtlich zur Zahlung der Sachverständigenkosten aufgefordert worden ist. Es ist gleichwohl immer noch nicht ersichtlich, ob insofern ein Anspruch aus abgetretenem Recht oder aus eigenem Recht geltend gemacht wird. Es fehlt jeder Vortrag dazu, ob die Klägerin bereits aufgefordert wurde, diesen Betrag zu zahlen und ob sie gezahlt hat. Da es sich hierbei jedoch um eine Nebenforderung handelt, wirkt sich die Abweisung nicht auf die Kostenentscheidung aus.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.