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Unfallversicherung – Invaliditätsfeststellung

Landgericht Verden

Az: 8 O 543/06

Urteil vom: 13.06.2007


In dem Rechtsstreit hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2007 für Re c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das. Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 26.032,85 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche aus einem privaten Unfallversicherungsvertrag geltend.

Am 28. April 2001. rutschte der Kläger beim Tanzen aus und knickte mit dem linken Fuß um. Dadurch erlitt er Verletzungen am Außen band des linken Sprunggelenks. Zu diesem Zeitpunkt bestand für den Kläger bei der Beklagten ein privater Unfallversicherungsvertrag mit einer Invaliditätsversicherungssumme in Höhe von 144.000,00 DM. Dem Vertragsverhältnis lagen die allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUS 94) zugrunde. In § 7 I. (1) Satz 3 enthalten die Versicherungsbedingungen folgende Formulierung: „Die Invalidität muß innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein“. Wegen des weiteren Inhalts der Versicherungsbedingungen wird Bezug genommen auf die Anlage K 2 zur Klagschrift (BI. 8 ff. d.A.).

Am 15. Juni 2001 zeigte der Kläger seine Unfallverletzung bei der Beklagten an. Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 bestätigte die Beklagte den Eingang der Schadensanzeige und bat nach Abschluss der ärztlichen Behandlung um Unterrichtung über dann noch vorhandene Unfallfolgen. Im Anschluss daran enthält das Schreiben folgenden Text:

„Bitte beachten Sie folgenden WICHTIGEN HINWEIS:

Wenn Sie eine Invaliditätsleistung beanspruchen, machen wir vorsorglich auf die Bestimmungen der Versicherungsbedingungen aufmerksam; wonach ein Anspruch auf Invaliditätsleistung spätestens innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Ablauf eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet, ärztlich festgestellt und gesondert geltend gemacht sein muss. Zur Begründung bitten wir ein ärztliches Zeugnis einzureichen.“

Der gleiche Hinweis befand sich auf einem Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 26. Oktober 2001. Insoweit wird Bezug genommen auf die Anlage K 3 zur Klagschrift (BI. 18 d.A.) und die Anlage B 2 zur Klagerwiderung (BI. 53 d.A.).

Am 29. Mai 2002 teilte der I Kläger der Beklagten mit, dass die Wahrscheinlichkeit bestünde, dass eine Schädigung im linken Fußgelenk bestehen bleibt. In einem ärztlichen Gutachten vom 18. November 2002 zur arbeitsmedizinischen Beurteilung stellte der Gutachter xxx für den Kläger folgende Diagnose: „Minderbelastbarkeit Sprunggelenke bds. bei mehrfach durchgemachten Bänderrissen, vorwiegend links Ausbildung von Knorpelschadens. Wegen des weiteren Inhalts des Gutachtens wird auf die Anlage K 11 zur Klagschrift (BI. 29 ff. d.A.) Bezug genommen. Am 11. Juni 2003 erstellte Dr. xxx ein fachorthopädisches Attest hinsichtlich einer Umschulung. Darin stellte er eine dauerhafte deutliche Beeinträchtigung des linken oberen Sprunggelenks fest. Zum weiteren Inhalt des Attestes wird auf die Anlage K4 zur Klagschrift (BI. 20 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger behauptet, die Invalidität sei innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und auch innerhalb der 15-Monatsfrist ärztlich festgestellt worden. Sowohl der Gutachter xxx als auch der Orthopäde xxx hätten ihm innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall den Eintritt einer dauernden Invalidität mitgeteilt. Der Kläger ist der Ansicht, dass eine schriftliche ärztliche Feststellung nicht erforderlich sei, weil dies in § 7 I. (1) AUB 94 nicht vereinbart sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.032,85 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2007 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 594,73 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die nach § 7 I. (1) S. 3 AUS 94 geforderten Leistungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt. Sie behauptet, die Invalidität sei schon nicht innerhalb eines Jahres nach dem Unfallereignis eingetreten. Ebenfalls fehle es an einer ärztlichen Feststellung der Invalidität binnen 15 Monaten nach dem Unfallereignis.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Dem Kläger steht ein Anspruch aus § 7 L (1) S. 1 AUS 94 nicht zu. Es fehlt bereits an der anspruchsbegründenden Voraussetzung der ärztlichen Feststellung der Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfallereignis. Eine schriftliche ärztliche Feststellung der Invalidität binnen dieser Frist hat der Kläger auch nach entsprechendem Hinweis der Kammer nicht vorgelegt. Sowohl das Gutachten des Arztes xxx vom 18. November 2002, das im Übrigen eine Feststellung der Invalidität nicht beinhaltet, als auch das Attest des Dr. xxx vom 11. Juni 2003 sind erst nach Ablauf der 15-Monatsfrist seit dem Unfallereignis erstattet worden. Die Behauptung des Klägers, die Ärzte xxx und xxx hätten bereits vor Ablauf der 15-Monatsfrist die Invalidität des linken Sprunggelenks festgestellt und in den Behandlungen ihm gegenüber geäußert, ist unerheblich. Nach,Auffassung der Kammer reicht es nach Sinn und Zweck des § 7 I. (1) S. 3 AUS 94 nicht aus, wenn ein Arzt nur mündlich das Vorliegen eines Dauerschadens äußert, aber nicht innerhalb der 15Monatsfrist eine entsprechende schriftliche Feststellung trifft. Die Gegenauffassung, die sich darauf beruft, dass § 7 I. (1) S. 3 AUB 94 eine schriftliche ärztliche Feststellung nicht ausdrücklich vorsieht und Zweifel bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders gehen (Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch , § 47, Rn. 168; Urteil des OLG . Karlsruhe vom 7. Februar 2005, AZ.:12 U 304/04, bei: Juris, Rn. 25; OLG Frankfurt, VersR 1993, 174 (175)) überzeugt nicht. Die Fristbestimmung des § 7 I. (1) S. 3 AUS 94 rechtfertigt sich aus dem berechtigten Interesse des Versicherers an einer baldigen Klärung seiner Leistungspflicht. Im Interesse einer rationellen, arbeits- und kostensparenden Abwicklung sollen Spätschäden auch dann vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, wenn der Versicherungsnehmer an der Nichteinhaltung der Frist schuldlos ist. Diesem Interesse des Versicherers an einer zügigen Klärung ist genügt, wenn eine ärztliche Stellungnahme vorliegt. die innerhalb der 15-Monatsfrist erstellt wurde und eine innerhalb der Jahresfrist seit dem Unfall eingetretene Invalidität bestätigt. Dieser Sinn und Zweck der Fristbestimmung erfordert; dass die ärztliche Feststellung schriftlich getroffen werden muss. ließe man eine mündliche Feststellung des behandelnden Arztes genügen. wäre die Folge außerdem Beweisschwierigkeiten. Der betreffende Arzt müsste sich im Streitfall dazu äußern, wie er vor Ablauf der 15-Monatsfrist die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Versicherungsnehmers beurteilt hat. Solche nachträglichen Äußerungen eines Arztes würden nahezu zwangsläufig durch die spätere Entwicklung des Gesundheitszustandes beeinflusst, wenn der Versicherungsnehmer weiter in der Behandlung desselben Arztes geblieben ist und der Arzt seine ursprünglichen Feststellungen nicht schriftlich niedergelegt hat. Damit würden gerade die Beweisschwierigkeiten und Unsicherheiten entstehen, die durch das Erfordernis der ärztlichen Feststellung innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall vermieden werden sollen (vgl. Urteil des OLG Hamm vom 27. September 1995, Az: 20 U 120/95, bei: Juris, Rn. 24; Urteil des OLG Frankfurt vom 21. Februar 1995, Az. 14 U 57/94, bei: Juris, Seite 3; Urteil des OLG Celle vom 27. September 2001, Az.. 8 U 2/01. bei: Juris, Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann, Versicherungsvertragsgesetz., 27. Aufl. 2004, § 7 AUS, Rn. 15 m. w. N.).

Vorliegend ist auch kein treuwidriges Berufen der Beklagten auf die Fristversäumung ersichtlich. Nachdem die Beklagte bereits mit Schreiben vom 18. Juni und 26. Oktober 2001 deutlich auf die Fristenregelung in den Versicherungsbedingungen hingewiesen hat, ist ihr das Berufen auf die Fristversäumung durch den Kläger nicht verwehrt.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1,709 ZPO.

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