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Jahresabrechnung (unwirksame) – Rückzahlung Hausgelder

AG Neuss

Az.: 91 C 3589/12

Urteil vom 19.12.2012


Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.954,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.6.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt von den Kosten des Rechtsstreits 70% und der Kläger 30%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des vollstreckbaren Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigte unter den 25.3.2010 anlässlich einer Eigentümerversammlung die Jahresabrechnung 2008. Diese Jahresabrechnung schloss für den Kläger mit einem Negativsaldo in Höhe von 15.954,26 Euro. Da der Kläger den Negativsaldo nicht ausglich, nahm die Beklagte ihn gerichtlich auf Zahlung in Anspruch (Amtsgericht Neuss, AZ: 80 C 2105/10). Nebst Zinsen und Kosten musste der Kläger aufgrund des Schlussurteils des Amtsgerichts Neuss vom 2.12.2010 an die Wohnungseigentümergemeinschaft 20.667,83 Euro zahlen. Parallel führte der Kläger einen Anfechtungsprozess gegen die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in dem Verfahren Amtsgericht Neuss, AZ: 78 C 1531/10. Hier obsiegte der Kläger in der zweiten Instanz, wodurch der Beschluss über die Jahresabrechnung 2008 für ungültig erklärt wurde.

Der Kläger trägt vor, ihm stehe wegen seiner Hausgeldzahlung auf die Jahresabrechnung 2008 ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung und ein Folgenbeseitigungsanspruch gegen die Beklagte zu. Zudem müsse ihm die Beklagte die angefallenen Anwaltskosten erstatten.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.494,48 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.6.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger hätte darlegen müssen, dass eine Bereicherung auf ihrer Seite bestehe. Ein etwaiger Folgenbeseitigungsanspruch stehe allen Wohnungseigentümern zu. Wenn aber Geldbeträge allen Eigentümern zurück erstattet werden müssten, müsste gleichzeitig eine Umlage in gleicher Höhe beschlossen werden. Der Bereicherungsanspruch würde daher durch das Wirtschaftswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft überlagert. Es bestehe insoweit nur ein Anspruch auf Erstellung einer neuen Jahresabrechnung.

Wegen des sonstigen Vortrags der Parteien wird auf die in der Gerichtsakte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 15.954,26 Euro aus § 812 Abs.1 S.2, 1 Alt. BGB. Denn die Beklagte hat durch Leistung des Klägers den entsprechenden Betrag ohne Rechtsgrund auf seine Kosten erlangt. Der Rechtsgrund für die Leistung des Klägers war ursprünglich der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Jahresabrechnung 2008 vom 25.3.2010. Dieser Beschluss hat jedoch zu keinem Zeitpunkt Bestandskraft erlangt. Vielmehr ist er durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 24.5.2012 (AZ: 19 S 95/11) rechtskräftig für ungültig erklärt worden. Damit ist der Rechtsgrund für die Leistung des Klägers weggefallen mit der Folge, dass die Beklagte zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet ist.

Die Beklagte kann sich vorliegend nicht wirksam auf Entreicherung i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB berufen. Die Beklagte hat nichts dazu vorgetragen, welche Ausgaben sie konkret nach der Zahlung des Klägers getätigt hat und wofür die erlangte Summe ausgegeben worden ist. Zwar ist von einer Entreicherung auch dann auszugehen, wenn das Aktivvermögen des Empfängers den Bereicherungsanspruch nicht mehr deckt. Hierfür gibt es vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte.

Schließlich ist der Bereicherungsanspruch des Klägers nicht durch das „Wirtschaftswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft“ ausgeschlossen. Die Beklagte trägt zwar zutreffend vor, dass ein Wohnungseigentümer keine Erstattung wegen eventuell überzahlten Wohngeldes unabhängig von dem Ergebnis einer Jahresabrechnung verlangen kann und die Erfüllung eines Bereicherungsanspruchs aus Mitteln der Gemeinschaft erst und nur dann verlangen kann, wenn eine durch Beschlussfassung der Gemeinschaft genehmigte Jahresabrechnung ein Guthaben für ihn ausweise (OLG Köln, ZMR 2007,642). Denn einer isolierten Anspruchsverfolgung außerhalb der Abrechnung der Wirtschaftsperiode steht das durch die Jahresabrechnung konkretisierte Innenverhältnis der Wohnungseigentümer entgegen, wonach zwischen den Eigentümern lediglich ein Innenausgleich zulässig ist, infolge dessen sich der Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers auf Befriedigung aus den aus der abgerechneten Wirtschaftsperiode vorhandenen Geldmitteln beschränkt. Mithin setzt dieser Anspruch ein Guthaben des Eigentümers in der letzten Jahresabrechnung voraus. Selbständige durchsetzbare Bereicherungsansprüche können deshalb in diesem Verhältnis nicht entstehen (OLG Hamm, NZM 2005, 460, 462; OLG Hamm, NJW-RR, 1999, 93, 94; KG, NJW-RR 1999, 338).

Allerdings liegen der beklagtenseits vertretenen Rechtsauffassung und auch der zitierten Rechtsprechung anders gelagerte Fallgestaltungen zugrunde. Soweit sich der Bereicherungsanspruch aufgrund der Unwirksamkeit des beschlossenen Wirtschaftsplans auf Rückforderung der vorausgeleisteten Hausgelder bezieht, folgt das Gericht der oben dargestellten Auffassung. Denn in diesem Fall kommt die isolierte Anspruchsverfolgung schon aufgrund der damit verbundenen Existenzgefährdung der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht in Betracht. Wesentlich ist dabei, dass der durch das gesetzliche Instrument der Jahresabrechnung konkretisierte Innenausgleich, der für das Wirtschaftswesen der Wohnungseigentümer wesentlich ist, durch Direktansprüche der Miteigentümer nachhaltig gestört würde.

Vorliegend macht der Kläger aber einen Rückforderungsanspruch betreffend der von ihm entrichteten und sich aus der ungültigen Jahresabrechnung ergebenden Abrechnungsspitze geltend. Für die Anwendung der oben aufgeführten Grundsätze auch auf diesen Fall könne zwar das Argument sprechen, dass im Sinne der geordneten Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft die Einschränkung von Aufrechnung und Zurückbehaltungsrecht nicht nur für Wohngeldvorschüsse, sondern auch für Nachforderungen aufgrund einer Jahresabrechnung gilt (BayObLG, ZMR 2001, 53-54). Anders als das aufgrund eines Wirtschaftsplans zu zahlende Hausgeld, oder die beschlossene Sonderumlage ist aber die sich aus der Jahresabrechnung ergebende Beitragsforderung nicht erforderlich, um die Existenzgrundlage der Wohnungseigentümergemeinschaft zu sichern. Sie hat nämlich in erster Linie die Funktion der Rechnungslegung i.S.d § 259 Abs. 1 BGB, Festlegung der endgültigen Höhe der Beitragsverpflichtung und des damit verbundenen Innenausgleichs, sowie die Funktion des Ausweises der Vermögenssituation der Gemeinschaft. Während ein Wirtschaftsplan nur Beitragsverpflichtungen der Wohnungseigentümer begründen kann, kann die Jahresabrechnung bei Einnahmeüberschuss auch ein auszuzahlendes Guthaben ausweisen. Eine Rückzahlung des erlangten Abrechnungssaldos führt somit – anders als die Rückzahlung von Hausgeldvorschüssen – nicht zu einer Störung des durchzuführenden Innenausgleichs, denn die gemäß dem Wirtschaftsplan für die Wirtschaftsperiode erforderlichen Mittel stehen nach wie vor zur Verfügung und es kann erneut über sie abgerechnet werden. Dies gilt auch für den Fall, dass alle Wohnungseigentümer aufgrund der Unwirksamkeit der Jahresabrechnung ihre „Abrechnungsspitze“ zurückverlangen sollten. Entgegen der Auffassung der Beklagten bedarf es in einem solchen Fall keines Beschlusses über eine Sonderumlage, sondern lediglich des Beschlusses einer neuen Jahresabrechnung. Aus dem Wirtschaftswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft ergibt sich somit vorliegend kein sachlicher Grund für eine Abweichung von den allgemeinen Regeln des Bereicherungsrechts.

Daher hat die Beklagte an den Kläger den aufgrund der Jahresabrechnung 2008 erlangten Betrag zurückzuzahlen.

Der Kläger hat gegen die Beklagte jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der im Verfahren Amtsgerichts Neuss, AZ: 80 C 2105/10 angefallenen Anwalts- und Verfahrenskosten. Denn der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Abrechnung 2008 war gemäß § 23 Abs. 4 WEG zunächst wirksam. Die Anfechtung des Klägers hatte keine aufschiebende Wirkung. Dem anwaltlich vertretenen Kläger hätte klar sein müssen, dass er trotz des noch nicht beendeten Anfechtungsprozesses das Hausgeld an die Beklagte zahlen musste. Dem Kläger musste auch klar sein, dass er sich mit der Zahlung des Hausgeldes in Verzug befand. Durch die verspätete Zahlung des Hausgeldes hat der Kläger selbst sämtliche Kosten des Hausgeldverfahrens verursacht. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte betreffend der angefallenen Prozesskosten ließe sich allenfalls dann konstruieren, wenn die Beklagte gegen den Kläger eine Forderung geltend gemacht hätte und gerichtlich durchgesetzt hätte, welche offenkundig nicht bestanden hat oder offenkundig zurückzuzahlen gewesen wäre. Hiervon war vor der rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf im Anfechtungsprozess nicht auszugehen.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280, 286 BGB.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 22.494,48 Euro

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