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Verkehrsunfall – unfallanalytische Begutachtung in selbständigem Beweisverfahren

OLG Hamm weist sofortige Beschwerde im selbständigen Beweisverfahren zurück

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einem Beschluss vom 21.01.2022 (Az.: I-9 W 5/22) eine sofortige Beschwerde im Zusammenhang mit einem selbständigen Beweisverfahren zurückgewiesen. Die Entscheidung betrifft die Zulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, bei dem strittig ist, wer seine Fahrspur verlassen hat.

Direkt zum Urteil: Az.: I-9 W 5/22 springen.

Keine Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens

Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 485 Abs. 2 ZPO für die Anordnung einer schriftlichen unfallanalytischen Begutachtung in einem selbständigen Beweisverfahren nicht vorliegen. Zwar können Verkehrsunfälle grundsätzlich Gegenstand eines solchen Verfahrens sein, jedoch nicht, wenn von vornherein zu erwarten ist, dass das Unfallgeschehen und die Verantwortlichkeit für die entstandenen Schäden nur durch die Vernehmung von Zeugen und Anhörung der Parteien hinreichend geklärt werden können.

Fehlende objektive Anknüpfungstatsachen

Im vorliegenden Fall waren keine objektiven Anknüpfungstatsachen festgestellt worden, die auf den Kollisionsort und die Frage, wer seine Fahrspur verlassen hat, schließen lassen könnten. Parteien und Zeugen können in einem selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO nicht angehört bzw. vernommen werden. Dies würde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einer weiteren, zumindest ergänzenden Begutachtung gemäß § 412 ZPO in einem Hauptverfahren führen.

Keine Verfahrensbeschleunigung oder Kostenreduzierung

Das Gericht stellte fest, dass das vom Antragsteller angestrebte selbständige Beweisverfahren weder zu einer Verfahrensbeschleunigung noch zu einer Kostenreduzierung führen würde. Ein sonstiges nachvollziehbares Interesse des Antragstellers an der vorab isolierten unfallanalytischen Begutachtung war nicht dargetan oder ersichtlich. Daher wurde der Beweissicherungsantrag als unzulässig angesehen und zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruhte auf § 97 Abs. 1 ZPO, und die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, da die maßgebenden Fragen solche des Einzelfalles sind und die Voraussetzungen gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Zivilprozessrecht: Das Urteil bezieht sich auf das Zivilprozessrecht, da es sich um ein zivilrechtliches Verfahren in Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall handelt. Im Mittelpunkt steht die Frage der Zulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens nach den Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO).
  2. § 485 Abs. 2 ZPO (Selbständiges Beweisverfahren): Im Urteil wird die Anwendung des § 485 Abs. 2 ZPO geprüft, der die Voraussetzungen für ein selbständiges Beweisverfahren regelt. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben sind, da die Klärung des Unfallgeschehens und der Verantwortlichkeit nur durch Vernehmung von Zeugen und Anhörung der Parteien möglich ist.
  3. § 412 ZPO (Ergänzende Begutachtung): Im Urteil wird darauf hingewiesen, dass eine ergänzende Begutachtung gemäß § 412 ZPO in einem Hauptverfahren erforderlich ist, da das selbständige Beweisverfahren keine ausreichende Klärung der strittigen Fragen ermöglicht.
  4. § 97 Abs. 1 ZPO (Kostenentscheidung): Die Kostenentscheidung im Urteil beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Demnach hat der unterliegende Teil die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. In diesem Fall wurde die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
  5. § 574 Abs. 2 ZPO (Rechtsbeschwerde): Das Gericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen dafür gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgebenden Fragen in diesem Fall sind solche des Einzelfalles und erfordern keine grundsätzliche Klärung durch ein höheres Gericht.

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Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Beschluss vom 21.01.2022 – Az.: I-9 W 5/22

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller nach einem Gegenstandswert von 10.338,88 EUR auferlegt.

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO im vorliegenden Fall zu Recht verneint.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vorab auf die Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung sowie im Nichtabhilfebeschluss vom 23.12.2021 Bezug genommen, denen der Senat folgt.

Auch aus Sicht des Senats liegen die Voraussetzungen des § 485 Abs. 2 ZPO für die Anordnung einer schriftlichen unfallanalytischen Begutachtung in einem selbständigen Beweisverfahren hier nicht vor.

Zwar kann ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO durchaus auch Verkehrsunfälle zum Gegenstand haben. Dies gilt jedoch nicht, wenn von vornherein zu erwarten ist, dass das Unfallgeschehen und damit auch die Verantwortlichkeit für die dabei entstandenen Schäden nur durch die Vernehmung von Zeugen und Anhörung der Parteien – als Grundlage des beantragten Sachverständigengutachtens – hinreichend geklärt werden kann. So liegt der Fall hier. Objektive Anknüpfungstatsachen (insbesondere Spuren auf der Fahrbahn), welche auf den Kollisionsort und damit darauf, wer – worüber im vorliegenden Fall gestritten wird – seine Fahrspur verlassen hat, schließen lassen könnten, sind ausweislich der polizeilichen Unfallanzeige nicht festgestellt und dokumentiert worden. Parteien und Zeugen können in einem selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO nicht angehört bzw. vernommen werden. Dies muss hier (auch angesichts der Einlassungen der Antragsgegner) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einer weiteren, zumindest ergänzenden Begutachtung gemäß § 412 ZPO in einem Hauptverfahren – mit Partei- und Zeugenbefragung, und zwar zweckmäßiger Weise in Gegenwart des Sachverständigen – führen, so dass das vom Antragsteller angestrebte selbständige Beweisverfahren weder zu einer Verfahrensbeschleunigung, noch zu einer Kostenreduzierung führen würde. Ein sonstiges nachvollziehbares Interesse des Antragstellers daran, in einem Beweissicherungsverfahren vorab ein isoliertes unfallanalytisches Sachverständigengutachten einzuholen, ist vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Bei dieser Sachlage war der Beweissicherungsantrag nach § 485 Abs. 2 ZPO auch nach Auffassung des Senats als unzulässig anzusehen und dementsprechend zurückzuweisen (vgl. zum Ganzen allgemein nur OLG Hamm, Beschluss vom 29.12.2014 – I-11 W 110/14, Rn. 5 ff. bei juris; OLG Hamm, Beschluss vom 16.10.2000 – 13 W 42/00, Rn. 6 bei juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.04.2008 – I-1 U 212/07, Rn. 21 bei juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzung dafür gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgebenden Fragen sind solche des Einzelfalles.

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