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Verpflegungsmehraufwendungen – Anerkennung

BFH

Az: VI R 52/05

Urteil vom 11.04.2006


Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Verpflegungsmehraufwendungen.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde von seinem Arbeitgeber seit 1999 in zwei Häfen als Festmacher beschäftigt. Im Streitjahr (2002) wurde er in geringem Umfang im Hafen von XX, insbesondere jedoch an 187 Tagen im Hafen von XY eingesetzt. Ausweislich einer Aufstellung des Arbeitgebers lagen die Einsatzorte ganz überwiegend in dem nördlich der Innenstadt von XY gelegenen Hafenteil. Der Kläger vertrat die Auffassung, er sei an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten beschäftigt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Er beantragte deshalb, Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 1 134 EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) vertrat demgegenüber die Auffassung, bei den Einsatzorten des Klägers in XY handele es sich um eine einheitliche, großräumige Arbeitsstätte. Zu Unrecht berufe sich der Kläger insoweit auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. Februar 1997 VI R 61/96 (BFHE 182, 562, BStBl II 1997, 333). Die Landflächen des Hafens von XY seien wesentlich kleiner als jene des Z-Hafens, über den seinerzeit entschieden wurde. Im Streitfall könnten daher die begehrten Verpflegungspauschalen nicht anerkannt werden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1604 veröffentlichten Gründen ab.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt (sinngemäß), das vorinstanzliche Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben sowie die Einkommensteuer für 2002 unter Berücksichtigung des streitigen Verpflegungsmehraufwands auf 6 542 EUR festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision des Klägers ist lediglich zu einem geringen Teil begründet. Dem Kläger stehen die begehrten Verpflegungspauschalen nur für die beiden Tage zu, an denen er nicht im Hafen von XY, sondern anderweitig im Hafen der Stadt XX gearbeitet hat. Insoweit war die angefochtene Einkommensteuer-Festsetzung zu ändern.

1. Der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei nichtselbständiger Tätigkeit ist seit In-Kraft-Treten des Jahressteuergesetzes 1996 (JStG 1996) vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) nur noch nach Maßgabe der in § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG getroffenen Bestimmungen möglich.

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG wird ein erwerbsbedingter Mehraufwand an Verpflegung typisierend in Form gestaffelter Pauschbeträge und lediglich unter der Voraussetzung steuerlich berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer sich aus beruflichen Gründen auf einer Auswärtstätigkeit befunden hat. Der erkennende Senat verweist insoweit auf seine geänderte Rechtsprechung u.a. im Urteil vom 11. Mai 2005 VI R 16/04 (BFHE 209, 518, 520 f., BStBl II 2005, 789, 790, unter 2. a und b der Gründe). Danach ist eine Auswärtstätigkeit dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt beruflich tätig wird (Satz 2 der genannten Vorschrift), oder dass der Arbeitnehmer typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten (oder auf einem Fahrzeug) eingesetzt wird und damit über einen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit nicht verfügt (Satz 3 der genannten Vorschrift). Wenn (und solange) sich der Arbeitnehmer hingegen an seinem ortsgebundenen Tätigkeitsmittelpunkt (dem entspricht der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 209, 518, BStBl II 2005, 789) aufhält, liegt eine zum Ansatz der Verpflegungspauschalen berechtigende Auswärtstätigkeit –abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall der doppelten Haushaltsführung– nicht vor.

2. Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze stehen dem Kläger für seine Tätigkeit im Hafen von XY im Streitjahr keine Verpflegungspauschalen (mehr) zu. Dabei ist aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (einschließlich der in Bezug genommenen Aufstellung über die einzelnen Einsätze) davon auszugehen, dass der Kläger nur in einem begrenzten überschaubaren Teil des nördlichen Hafengebiets von XY tätig gewesen ist.

a) Sollte sich dort ein ortsgebundener Tätigkeitsmittelpunkt bzw. die regelmäßige Arbeitsstätte befinden (zum Inhalt dieses Begriffs siehe z.B. Senatsurteile vom 11. Mai 2005 VI R 25/04, BFHE 209, 523, BStBl II 2005, 791; vom 14. September 2005 VI R 93/04, BFH/NV 2006, 53), so stünden ihm nach den vorgenannten Grundsätzen von vornherein keine Verpflegungspauschalen zu.

b) Hat der Kläger in dem bezeichneten Teil des Hafengebiets jedoch keinen ortsgebundenen Tätigkeitsmittelpunkt (regelmäßige Arbeitsstätte) bzw. übt der Kläger dort eine Auswärtstätigkeit aus, so stehen ihm Aufwendungen für Mehrverpflegung bei einer „längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte“ (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG) nur für die ersten drei Monate zu (vgl. auch Senatsurteil vom 27. Juli 2004 VI R 43/03, BFHE 207, 196, BStBl II 2005, 357). Aus den tatsächlichen Feststellungen des FG ergibt sich, dass der Kläger ständig an einigen Anlegeplätzen in einem überschaubaren bzw. übersichtlichen Teil des Hafengebiets tätig war. Dies rechtfertigt den Schluss, der Kläger sei (noch) an derselben Tätigkeitsstätte bzw. an demselben Einsatzort beschäftigt gewesen und nicht an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten. In zeitlicher Hinsicht ist die Dreimonatsfrist überschritten.

3. Soweit der Kläger an zwei Tagen im Hafen der Stadt XX beschäftigt war, liegen neue Einsätze an einem anderen Einsatzort vor. Die dem Kläger für diese Auswärtstätigkeit zustehenden Verpflegungspauschalen führen –entgegen der Auffassung der Vorinstanz– zu einer geringfügigen Herabsetzung der streitigen Einkommensteuer.

4. Die Steuerfestsetzung nach § 32a EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) ist wie folgt zu ändern: …

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