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Voraussetzungen der Bestellung der örtlichen Betreuungsbehörde als Betreuer eines Betroffenen

Betreuungsbehörde als Auffanglösung – Gericht stellt Betreuung sicher

Im Rahmen einer einstweiligen Anordnung hat das AG Brandenburg entschieden, die örtliche Betreuungsbehörde vorläufig und befristet als Betreuer für eine Betroffene zu bestellen, aufgrund ihrer Unfähigkeit, bestimmte Angelegenheiten aufgrund von Krankheit selbst zu regeln. Die Entscheidung basiert auf der dringenden Notwendigkeit und dem Fehlen eines ehrenamtlichen Betreuers oder eines Vorschlags durch die Betroffene, wobei die Behörde als letzte Instanz die Betreuung übernimmt, um qualifizierte Betreuung sicherzustellen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 85 XVII 33/24 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Amtsgericht Brandenburg ordnet vorläufig die Bestellung der örtlichen Betreuungsbehörde als Betreuer für eine Betroffene bis zum 06.09.2024 an, um ihre Angelegenheiten in den Bereichen Aufenthaltsbestimmung, Sozialleistungen, Postverkehr und Gesundheitssorge zu regeln.
  • Die Anordnung erfolgt aufgrund der fehlenden Fähigkeit der Betroffenen, ihre Angelegenheiten wegen einer Reihe von Erkrankungen selbst zu besorgen, und dem Fehlen eines ehrenamtlichen Betreuers oder Vorschlags durch die Betroffene, was die Betreuungsbehörde zur letzten verfügbaren Option macht.

Wichtige Erkenntnisse:

  • Die Betreuungsanordnung ist befristet und erfolgt im Wege einer einstweiligen Anordnung.
  • Die Betroffene leidet unter Erkrankungen, die sie unfähig machen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.
  • Die Betreuung umfasst Aufenthaltsbestimmung, Sozialleistungsangelegenheiten, Postverkehr und Gesundheitssorge.
  • Es gibt keinen ehrenamtlichen Betreuer, und die Betroffene hat keinen Vorschlag unterbreitet.
  • Die Bestellung der Betreuungsbehörde erfolgt als letzte Option, um eine qualifizierte Betreuung sicherzustellen.
  • Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit basiert auf dem dringenden Bedürfnis für sofortiges Handeln.
  • Die Betreuungsbehörde ist verpflichtet, die notwendigen Ressourcen für die Betreuung bereitzustellen und kann nicht aufgrund von Überlastung ablehnen.
  • Die Entscheidung erfolgt nicht gegen den Willen der Betroffenen.
  • Die Behörde muss dem Gericht mitteilen, welchem Bediensteten sie die Betreuungsaufgabe überträgt.
  • Die Betreuerbestellung kann bei Verfügbarkeit eines geeigneten Betreuers durch das Gericht geändert werden.

Betreuung für hilflosen Erwachsenen

Wenn ein Mensch aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, sieht das Gesetz die Möglichkeit der Betreuung vor. Diese gesetzliche Vertretung soll die rechtliche Handlungsfähigkeit der betroffenen Person sicherstellen und deren Selbstbestimmungsrecht so weit wie möglich erhalten.

Die Bestellung eines Betreuers erfolgt durch das Betreuungsgericht, nachdem im Rahmen eines Verfahrens die Voraussetzungen dafür überprüft wurden. Je nach Einzelfall und Erfordernis kann die örtliche Betreuungsbehörde vorerst zum Betreuer bestimmt werden, um eine qualifizierte Betreuung zu gewährleisten.

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➜ Der Fall im Detail


Die Bestellung der örtlichen Betreuungsbehörde als Betreuer

In einem bedeutsamen Fall hat das Amtsgericht Brandenburg unter dem Aktenzeichen 85 XVII 33/24 am 07.03.2024 eine richtungsweisende Entscheidung getroffen.

Betreuer
Betreuungsbehörde als vorläufiger Betreuer: Gerichtliche Entscheidung mit richtungsweisender Bedeutung
(Symbolfoto: fizkes /Shutterstock.com)

Es ging um die Bestellung der örtlichen Betreuungsbehörde als vorläufigen Betreuer für eine Betroffene, deren gesundheitliche Situation sie nicht mehr in die Lage versetzte, ihre Angelegenheiten eigenständig zu regeln. Die Bestellung erfolgte im Wege der einstweiligen Anordnung und ist bis zum 06.09.2024 befristet. Die Aufgabenbereiche der Betreuung umfassen die Aufenthaltsbestimmung, Behörden-, Renten- und andere Sozialleistungsangelegenheiten, die Entscheidung über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post sowie die Gesundheitssorge.

Gründe für die Betreuerbestellung

Die Notwendigkeit der Betreuerbestellung basierte auf einer Reihe von Erkrankungen der Betroffenen, darunter HIV, eine nicht näher bezeichnete Ataxie und akutes Nierenversagen, welche ihre Fähigkeit, wesentliche Lebensbereiche selbst zu regeln, erheblich einschränkten. Dies wurde durch gerichtliche Ermittlungen, einschließlich eines aktuellen ärztlichen Gutachtens und der Anhörung der Betroffenen, festgestellt. Die Entscheidung für die Betreuungsbehörde als Betreuer fiel, weil kein ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung stand und von der Betroffenen auch kein Vorschlag für eine Betreuung unterbreitet wurde.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht entschied, dass die örtliche Betreuungsbehörde zum vorläufigen Betreuer bestellt wird, da keine natürliche Person oder kein Betreuungsverein für diese Aufgabe gefunden werden konnte. Diese Maßnahme stellt eine Auffanglösung dar, um in jedem Fall eine qualifizierte Betreuung sicherzustellen. Es wurde betont, dass die Übernahme einer Betreuung durch die Behörde nicht durch Verweis auf Überlastung und Personalknappheit verweigert werden kann. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wurde angeordnet, um ohne Verzögerung im Interesse der Betroffenen handeln zu können.

Die rechtlichen Grundlagen

Die Bestellung der Betreuungsbehörde als Betreuer folgt spezifischen rechtlichen Vorgaben, insbesondere den §§ 1814 BGB, 300 FamFG, 1816 BGB und 1818 BGB. Die Regelungen sehen vor, dass zunächst natürliche Personen oder Betreuungsvereine als Betreuer in Betracht kommen. Nur wenn keine dieser Optionen realisierbar ist, soll die örtliche Betreuungsbehörde als Betreuer bestellt werden. Dies dient der Gewährleistung einer qualifizierten Betreuung für die Betroffenen.

Die Bedeutung der Entscheidung

Diese Entscheidung unterstreicht die zentrale Rolle der örtlichen Betreuungsbehörden als Betreuer, wenn keine anderen Betreuungsmöglichkeiten vorhanden sind. Sie zeigt die Notwendigkeit auf, in jedem Fall eine angemessene und qualifizierte Betreuung sicherzustellen, besonders für Personen, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Es wird deutlich, dass das Gericht ein schnelles und effektives Handeln zur Wahrung der Interessen der Betroffenen priorisiert.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was sind die Voraussetzungen für die Bestellung einer Betreuungsbehörde als Betreuer?

Um eine Betreuungsbehörde als Betreuer zu bestellen, muss ein Betreuungsverfahren durchgeführt werden, das in der Regel durch einen Antrag der betreuungsbedürftigen Person oder durch Anregung Dritter, wie Behörden, Nachbarn oder Freunde, eingeleitet wird. Das Betreuungsgericht prüft dann, ob die Voraussetzungen für die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung vorliegen und wer als Betreuer in Frage kommt.

Die Betreuungsbehörde kann nicht selbst entscheiden, ob sie als Betreuer eingesetzt wird, sondern wird vom Betreuungsgericht bestellt. Das Gericht hat dabei den Willen der betreuungsbedürftigen Person zu berücksichtigen, insbesondere wenn diese in einer Betreuungsverfügung Wünsche bezüglich des Betreuers geäußert hat.

Berufsbetreuer, zu denen auch Mitarbeiter von Betreuungsbehörden zählen, werden in der Regel erst dann vom Gericht als Betreuer eingesetzt, wenn keine ehrenamtlichen Betreuer zur Verfügung stehen. Zudem müssen Berufsbetreuer bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wie den Nachweis über Berufsausbildung und Qualifikation, ein polizeiliches Führungszeugnis, Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis und eventuell eine Schufa-Auskunft. Seit dem 1. Januar 2023 ist zudem eine Registrierung bei der zuständigen Stammbehörde erforderlich, die die persönliche Eignung, Sachkunde und eine Berufshaftpflichtversicherung überprüft.

Die Betreuungsbehörde kann dem Betreuungsgericht geeignete Betreuer vorschlagen, ist aber an die Entscheidung des Gerichts gebunden. Die Betreuungsbehörde hat auch die Aufgabe, Betreuer bei ihrer Tätigkeit zu beraten und zu unterstützen. Zusammengefasst sind die Voraussetzungen für die Bestellung einer Betreuungsbehörde als Betreuer:

  1. Ein Betreuungsverfahren muss durchgeführt werden, das durch Antrag oder Anregung Dritter eingeleitet wird.
  2. Das Betreuungsgericht prüft die Notwendigkeit einer Betreuung und die Eignung der Betreuungsbehörde als Betreuer.
  3. Die Wünsche der betreuungsbedürftigen Person, insbesondere in einer Betreuungsverfügung geäußerte, müssen berücksichtigt werden.
  4. Berufsbetreuer, einschließlich Mitarbeiter von Betreuungsbehörden, müssen bestimmte Qualifikationen und Nachweise erbringen und sich registrieren lassen.

Wie wird der Umfang der Betreuung durch die Betreuungsbehörde bestimmt?

Der Umfang der Betreuung durch die Betreuungsbehörde, wenn sie als Betreuer fungiert, wird durch das Betreuungsgericht bestimmt. Gemäß § 1815 BGB besteht der Aufgabenkreis eines Betreuers aus einem oder mehreren Aufgabenbereichen, die vom Betreuungsgericht im Einzelnen anzuordnen sind. Diese Aufgabenbereiche können sehr vielfältig sein und richten sich nach den individuellen Bedürfnissen und der Lebenssituation der betreuten Person. Mögliche Aufgabenbereiche umfassen unter anderem die Vermögenssorge, die Gesundheitssorge, die Wohnungsangelegenheiten und die Aufenthaltsbestimmung.

Die Betreuungsbehörde unterstützt das Betreuungsgericht bei der Sachverhaltsaufklärung in Betreuungsverfahren, indem sie über die persönlichen Lebensumstände des Betroffenen berichtet und dem Gericht einen Betreuervorschlag unterbreitet. Die Betreuungsbehörde kann auch bei der Ermittlung von Sachverhalten mitwirken, die zur Prüfung der Erforderlichkeit einer Betreuung notwendig sind, und sie kann in ihren Aufgaben inhaltlich ausgestaltet werden. Darüber hinaus berät und unterstützt die Betreuungsbehörde die bestellten Betreuer bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und organisiert Fortbildungsangebote für Berufsbetreuer.

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Die Festlegung des Umfangs der Betreuung erfolgt also durch das Betreuungsgericht, basierend auf den ermittelten Bedürfnissen der betreuten Person und den Vorschlägen der Betreuungsbehörde. Die Betreuungsbehörde hat die Aufgabe, das Gericht in diesem Prozess zu unterstützen und die bestellten Betreuer in ihrer Tätigkeit zu beraten und zu fördern.

Welche Rolle spielt die gesundheitliche Situation der betroffenen Person bei der Entscheidung zur Betreuerbestellung?

Die gesundheitliche Situation der betroffenen Person spielt eine zentrale Rolle bei der Entscheidung zur Betreuerbestellung. Das Betreuungsrecht, geregelt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), sieht vor, dass für volljährige Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln können, das Betreuungsgericht eine rechtliche Betreuerin oder einen rechtlichen Betreuer bestellen kann. Die Notwendigkeit einer Betreuung beruht also primär auf der Unfähigkeit des Betroffenen, seine Angelegenheiten, sei es ganz oder teilweise, aufgrund einer erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung selbstständig zu besorgen.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen können vielfältig sein und sowohl psychische Erkrankungen als auch körperliche, geistige oder seelische Behinderungen umfassen. Entscheidend ist, dass diese Beeinträchtigungen eine selbstständige Lebensführung in wichtigen Bereichen wie der Gesundheitsfürsorge, der Vermögenssorge, der Wohnungsangelegenheiten oder der Aufenthaltsbestimmung verhindern.

Das Betreuungsgericht ordnet die Betreuung nur dann an, wenn sie erforderlich ist, d.h., wenn der Betroffene seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann und keine anderen Hilfen, die die Anordnung einer Betreuung erübrigen würden, zur Verfügung stehen. Die Prüfung der Erforderlichkeit einer Betreuung erfolgt auf der Grundlage eines Gutachtens, das in der Regel von einem Sachverständigen, oft einem Arzt oder Psychiater, erstellt wird. Dieses Gutachten bewertet die gesundheitliche Situation des Betroffenen und dessen Fähigkeit, Angelegenheiten selbst zu regeln.

Zusammenfassend ist die gesundheitliche Situation der betroffenen Person ausschlaggebend für die Entscheidung zur Betreuerbestellung. Sie bestimmt, ob und in welchem Umfang eine Betreuung notwendig ist, um die Interessen und das Wohl der betroffenen Person zu schützen und zu fördern.

Was geschieht, wenn kein ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht?

Wenn kein ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht, kann das Betreuungsgericht einen Betreuungsverein oder einen Berufsbetreuer mit der Betreuung beauftragen. Die Betreuungsbehörden spielen in solchen Fällen eine wichtige Rolle, da sie nicht nur für ein ausreichendes Angebot an Betreuern sorgen, sondern auch Betreuer und Bevollmächtigte bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützen müssen.

Ehrenamtliche Betreuer sind oft durch Betreuungsvereine organisiert, die ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zur Führung der Betreuung erweitern können. Wenn jedoch keine ehrenamtlichen Betreuer verfügbar sind, können professionelle Betreuer oder Betreuungsvereine als Betreuer bestellt werden. Diese professionellen Betreuer sind in der Regel gegen Vergütung tätig und müssen bestimmte Qualifikationsanforderungen erfüllen, wie beispielsweise die Registrierung und den Nachweis der Sachkunde.

Die Entscheidung, einen professionellen Betreuer oder einen Betreuungsverein zu bestellen, trifft das Betreuungsgericht basierend auf den individuellen Bedürfnissen der betreuten Person und der Verfügbarkeit geeigneter Betreuer. Ziel ist es immer, die bestmögliche Unterstützung für die betreute Person zu gewährleisten und deren Wohl zu fördern.

Wie wird die Dringlichkeit für die sofortige Wirksamkeit der Betreuerbestellung begründet?

Die Dringlichkeit für die sofortige Wirksamkeit der Betreuerbestellung wird in Situationen begründet, in denen eine unmittelbare Handlungsfähigkeit des Betreuers notwendig ist, um Schaden von der betroffenen Person abzuwenden oder um deren Wohl zu sichern. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Entscheidungen zu medizinischen Behandlungen oder anderen dringenden Angelegenheiten getroffen werden müssen, die keinen Aufschub dulden.

Das Gericht kann die sofortige Wirksamkeit eines Beschlusses zur Betreuerbestellung anordnen, wenn es die Situation erfordert. Diese Anordnung erfolgt in der Regel im Rahmen eines Betreuungsverfahrens, wenn das Gericht feststellt, dass eine Verzögerung der Betreuerbestellung die betroffene Person gefährden oder ihr Nachteile bringen würde. Die sofortige Wirksamkeit bedeutet, dass der Beschluss und die damit verbundenen Maßnahmen unmittelbar nach der Entscheidung des Gerichts in Kraft treten, auch wenn der Beschluss dem Betreuer oder dem Betreuten noch nicht förmlich zugestellt wurde.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit ist besonders in Notfällen relevant, in denen rasches Handeln erforderlich ist, um die Interessen und das Wohl der betroffenen Person zu schützen. Das Gericht berücksichtigt dabei die spezifischen Umstände des Einzelfalls und trifft seine Entscheidung auf der Grundlage der vorliegenden Informationen und Beweise.

Zusammenfassend wird die Dringlichkeit für die sofortige Wirksamkeit der Betreuerbestellung durch die Notwendigkeit begründet, unverzüglich handeln zu können, um die betroffene Person vor Schaden zu bewahren oder ihr Wohl zu sichern. Das Gericht trifft diese Entscheidung, wenn es die Umstände als dringlich erachtet und eine Verzögerung der Betreuerbestellung nicht vertretbar ist.

Inwiefern sind Betreuungsbehörden verpflichtet, die Betreuung zu übernehmen, auch wenn sie überlastet sind?

Betreuungsbehörden haben gemäß dem Betreuungsgesetz (BtBG) und dem Familienverfahrensgesetz (FamFG) bestimmte gesetzliche Verpflichtungen, die sie auch bei personellen oder anderen Ressourcenengpässen erfüllen müssen. Ihre Aufgaben umfassen unter anderem die Abklärung des Sachverhalts im Vorfeld eines betreuungsgerichtlichen Verfahrens und die Unterstützung des Gerichts bei der Sachverhaltsaufklärung im Betreuungsverfahren selbst.

Die Verpflichtung zur Übernahme einer Betreuung durch die Betreuungsbehörde selbst, wenn sie als Betreuer bestellt wird, ist jedoch nicht explizit im Gesetz geregelt. Stattdessen wird in der Regel versucht, zunächst ehrenamtliche Betreuer oder Berufsbetreuer für die Übernahme einer Betreuung zu gewinnen. Die Betreuungsbehörden können dabei unterstützend wirken, indem sie geeignete Betreuer vorschlagen oder bei der Vermittlung helfen.

Wenn keine ehrenamtlichen Betreuer zur Verfügung stehen und die Betreuungsbehörde selbst als Betreuer bestellt wird, muss sie diese Aufgabe grundsätzlich übernehmen. Allerdings können auch Betreuungsbehörden in Ausnahmefällen beim Gericht eine Entlastung oder Entlassung aus der Betreuung beantragen, wenn die Übernahme der Betreuung aufgrund von Überlastung oder anderen triftigen Gründen nicht möglich ist.

Das neue Betreuungsrecht, das seit dem 1. Januar 2023 in Kraft ist, hat zudem die Anforderungen an die Qualifikation und Registrierung von Berufsbetreuern verschärft, was indirekt auch die Betreuungsbehörden betrifft, da sie für die Registrierung zuständig sind. Dies könnte langfristig zu einer Verbesserung der Qualität der Betreuung und möglicherweise auch zu einer Entlastung der Betreuungsbehörden führen, indem qualifizierte Berufsbetreuer stärker in die Verantwortung genommen werden.

Zusammenfassend sind Betreuungsbehörden verpflichtet, ihre gesetzlichen Aufgaben auch bei Überlastung zu erfüllen. Die direkte Übernahme von Betreuungen durch die Behörden selbst ist jedoch eher die Ausnahme und wird durch die Suche nach ehrenamtlichen oder professionellen Betreuern und die neuen Qualifikationsanforderungen an Berufsbetreuer geregelt.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 1814 BGB: Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers im Falle einer vorübergehenden Verhinderung. Im Kontext des Textes ist dieser relevant, weil die einstweilige Anordnung zur Betreuerbestellung hierauf basiert.
  • § 300 FamFG: Begründet die Möglichkeit, eine Betreuung im Wege der einstweiligen Anordnung zu regeln. Dies ist besonders wichtig, um bei dringendem Handlungsbedarf schnell reagieren zu können, wie es im besprochenen Fall erforderlich war.
  • § 1816 BGB: Legt fest, dass normalerweise natürliche Personen oder Betreuungsvereine als Betreuer in Betracht kommen. Die Erklärung verdeutlicht, warum die Suche nach einer geeigneten Betreuungsperson oder -institution von Bedeutung ist.
  • § 1818 BGB: Erklärt die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Bestellung der Betreuungsbehörde als Betreuer, falls keine natürliche Person oder kein Verein zur Verfügung steht. Dieser Paragraph ist zentral für das Verständnis, warum in manchen Fällen eine Behörde zum Betreuer bestellt wird.
  • § 1 BtOG (Betreuungsbehördengesetz): Definiert die Aufgaben und Befugnisse der Betreuungsbehörden. Im gegebenen Kontext erklärt es, warum und wie eine Betreuungsbehörde als Betreuer fungieren kann.
  • § 2 Satz 1 BtOG: Bestimmt die örtliche Zuständigkeit der Betreuungsbehörden. Für das Verständnis des Textes ist dies relevant, um zu erkennen, welche Behörde für die Übernahme der Betreuung in Frage kommt.


Das vorliegende Urteil

AG Brandenburg – Az.: 85 XVII 33/24 – Beschluss vom 07.03.2024

Für die Betroffene wird im Wege der einstweiligen Anordnung, befristet bis 06.09.2024, zum vorläufigen Betreuer bestellt:

Die örtliche Betreuungsbehörde der …

– Behördenbetreuer –

Die Betreuung umfasst folgende Aufgabenbereiche:

– Aufenthaltsbestimmung,

– Behörden-, Renten- und andere Sozialleistungsangelegenheiten,

– Entscheidung über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post und

– Gesundheitssorge.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Gründe

Die Voraussetzungen für die Bestellung des Betreuers im Wege der einstweiligen Anordnung sind gegeben (§ 1814 BGB, § 300 FamFG).

Die Betroffene ist nicht ausreichend in der Lage, die folgenden Sachverhalte rechtlich zu besorgen:

– gesundheitliche Fragen,

– Entscheidung über regelmäßigen Aufenthaltsort,

– Öffnen und Bearbeitung der Post und

– Behörden-, Renten- und andere Sozialleistungsangelegenheiten.

Dies beruht auf einer Krankheit oder Behinderung, nämlich einer sonstigen näher bezeichneten Krankheiten infolge HIV-Krankheit (ICD-Nr. B22), einer Ataxie, nicht näher bezeichnet (ICD-Nr. R27.0) und einem akuten Nierenversagen, nicht näher bezeichnet: Stadium nicht näher bezeichnet (ICD-Nr. N17.99).

Dies folgt aus den gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere aus dem aktuellen ärztlichen Gutachten der Sachverständigen Frau Dr. med. …19.02.2024, welches die medizinischen Voraussetzungen für eine Betreuung und den im vorliegenden Fall bestehenden Betreuungsbedarf bestätigt, der ärztlichen Stellungnahme des ..arztes der …Charité, dem gemäß § 279 Abs. 2 FamFG eingeholten Bericht der Betreuungsbehörde … vom 26.02.2024 und der Anhörung der Betroffenen im Wege der Rechtshilfe durch die Richterin am Amtsgericht … am 07.03.2024.

Die vorläufige Betreuerbestellung im Wege der einstweiligen Anordnung ist erforderlich, weil die Regelung der Angelegenheiten der Betroffenen anderweitig nicht erfolgen kann. Es bestehen dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers vorliegen. Zudem besteht ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden, da Entscheidungen zu treffen sind, deren Verzögerung mit erheblichen Nachteilen für die Betroffene verbunden wäre (§ 300 Abs. 1 FamFG). Insbesondere kann die Betroffene krankheitsbedingt keine Vorsorgevollmacht mehr erteilen, die eine Betreuung entbehrlich machen würde.

Ein ehrenamtlicher Betreuer steht nicht zur Verfügung. Die Betroffene hat auch keinen Vorschlag unterbreitet. Ebenso hat die örtliche Betreuungsbehörde … dem Gericht keinen Betreuer benannt.

Die sachlich (§ 1 BtOG) und örtlich (§ 2 Satz 1 BtOG) zuständige Betreuungsbehörde der … hat dem Gericht weder einen Betreuer noch einen Betreuungsverein benannt, welcher bereit wäre die hiesige Betreuung der Betroffenen zu übernehmen. Auch liegt hier weder die Einwilligung einer natürlichen Person noch eines Vereinsbetreuers oder eines Mitarbeiters der zuständigen Betreuungsbehörde zur Übernahme der Betreuung vor (§ 1816 BGB), so dass nunmehr gemäß § 1818 Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 1818 Abs. 2 und Abs. 3 BGB die örtliche Betreuungsbehörde der … als solche zum Betreuer der hiesigen Betroffenen zu bestellen ist, da derzeitig keine natürliche Person und auch kein Betreuungsverein für die Betroffene gefunden werden kann (BayObLG, Beschluss vom 16.02.2000, Az.: 3Z BR 4/00; BayObLG, Beschluss vom 14.04.1994, Az.: 3 Z BR 39/94).

Zwar sollen gemäß § 1816 und § 1818 BGB zunächst natürliche Personen und Betreuungsvereine als Betreuer in Betracht kommen. Jedoch ist die zuständige Betreuungsbehörde dann zum Betreuer zu bestellen, wenn keine natürliche Person und auch kein Betreuungsverein gefunden werden kann (§ 1818 Abs. 4 Satz 1 BGB). Da es sich hierbei um eine Auffangvorschrift handelt, die sicherstellen soll, dass in jedem Falle eine qualifizierte Betreuung gewährleistet ist, kommt somit jeder Grund für die Unmöglichkeit der Bestellung natürlicher Personen oder Vereine – auch ein zahlenmäßiger Mangel an geeigneten Betreuern (BayObLG, Beschluss vom 14.04.1994, Az.: 3 Z BR 39/94; BayObLG, Beschluss vom 29.04.1993, Az.: 3Z BR 46/93) – in Betracht.

Die Bestellung der örtlichen Betreuungsbehörde zur Betreuerin ist insofern dann geboten, wenn die Betreuungsbehörde im konkreten Fall keinen im Einzelfall geeigneten und übernahmebreiten Einzelbetreuer und auch keinen Betreuungsverein vorschlägt. Die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 26 FamFG gebietet es in diesem Fall nämlich nicht, selbst eigene umfangreiche Ermittlungen zur Suche eines geeigneten Betreuers anzustellen (LG Hamburg, Beschluss vom 11.02.2020, Az.: 309 T 24/20).

Die Bestellung der zuständigen Betreuungsbehörde kommt somit vor allem dann in Betracht, wenn umfangreiche Ermittlungen nach Personen oder Vereinen, die sich zur Übernahme der Betreuung bereitfinden, nicht mehr rechtzeitig möglich sind (BayObLG, Beschluss vom 16.02.2000, Az.: 3Z BR 4/00).

Insofern kann die volljährige Betroffene hier aber unter Beachtung dessen derzeitig gerade nicht durch eine natürliche Person oder einen Betreuungsverein betreut werden (BayObLG, Beschluss vom 04.05.1998, Az.: 4 Z BR 43/98).

Es ist zudem Aufgabe der Betreuungsbehörde, die notwendigen fachlichen und personellen Ressourcen für die Bestellung als Betreuerin vorzuhalten. Die Übernahme einer Betreuung kann durch die Behörde jedenfalls nicht durch Verweis auf Überlastung und Personalknappheit verweigert werden (LG Hamburg, Beschluss vom 11.02.2020, Az.: 309 T 24/20).

Im Übrigen muss die zuständige Betreuungsstelle – im Gegensatz zu natürlichen Personen und Vereinen – mit der Übernahme der Betreuung auch nicht einverstanden sein (BayObLG, Beschluss vom 16.02.2000, Az.: 3Z BR 4/00).

Die zuständige Betreuungsbehörde soll dem Gericht zudem alsbald mitteilen, welchem Bediensteten sie die Wahrnehmung der Betreuungsaufgabe übertragen hat (§ 1818 Abs. 2 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 1818 Abs. 4 Satz 2 BGB).

Umstände, die eine Einzelbetreuung möglich erscheinen lassen, sind gleichfalls dem Gericht durch die zuständige Betreuungsbehörde mitzuteilen (§ 1818 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 1818 Abs. 4 Satz 2 BGB). Gegebenenfalls kann das Gericht dann die zuständige Betreuungsbehörde entlassen und einen oder mehrere Einzelbetreuer bestellen (§ 1868 Abs. 7 BGB).

Diese Betreuerbestellung erfolgt im Übrigen auch nicht gegen den Willen der Betroffenen.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 287 Abs. 2 Satz 1 FamFG.

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