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Örtliche Gerichtszuständigkeit bei Reiseziel im Ausland – Geltendmachung von Reisemängeln

Gerichtlicher Zuständigkeitsstreit bei internationalem Reisemängelfall

Das LG Nürnberg-Fürth erachtet sich in einem Streit um Reisemängel einer Uganda-Reise und der Geltendmachung von Schadensersatz sowie nutzlos aufgewandter Urlaubszeit als örtlich unzuständig und beabsichtigt, den Fall an das Landgericht Koblenz zu verweisen, nachdem das Landgericht Frankfurt a. M. sich bereits für unzuständig erklärt hatte und keine der vorgetragenen Zuständigkeitsgründe greift.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das LG Nürnberg-Fürth hält sich für örtlich unzuständig in einem Fall, der Schadensersatzansprüche wegen Reisemängeln bei einer Uganda-Reise betrifft.
  • Die Zuständigkeit ergibt sich weder aus nationalen noch aus europäischen Zuständigkeitsnormen, und das Gericht beabsichtigt daher die Verweisung an das Landgericht Koblenz.
  • Das Landgericht Frankfurt a. M. hatte sich zuvor bereits für unzuständig erklärt und den Fall an das LG Nürnberg-Fürth verwiesen, welches nun ebenfalls seine Unzuständigkeit feststellt.
  • Es besteht kein Auslandsbezug im Sinne der EuGVVO, der eine Zuständigkeit des LG Nürnberg-Fürth rechtfertigen würde.
  • Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der korrekten Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit in Reiserechtsfällen, besonders bei internationalen Sachverhalten.
  • Die Entscheidung zur Verweisung zielt darauf ab, prozessökonomische Aspekte zu berücksichtigen und den Rechtsstreit effizient fortzuführen.
  • Für Verbraucher bedeutet dies die Wichtigkeit, bei der Geltendmachung von Reisemängeln auf die korrekte Gerichtszuständigkeit zu achten.
  • Das Urteil unterstreicht die Komplexität und die spezifischen Herausforderungen bei der Klärung der Zuständigkeit in Fällen mit internationalem Bezug.

Klärung der Gerichtszuständigkeit im Reiserecht

Bei Reisemängeln und der Geltendmachung von Ansprüchen ist oft eine wichtige Frage zu klären: Welches Gericht ist für die Streitigkeit zuständig? Insbesondere bei Reisezielen im Ausland ergeben sich häufig Komplikationen in Bezug auf die örtliche Gerichtszuständigkeit.

Die Bestimmung des zuständigen Gerichts folgt dabei festen Regeln und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben dem Wohnsitz der Parteien spielen auch der Vertragsabschluss sowie die Frage nach einem Inlands- oder Auslandsbezug eine entscheidende Rolle. Fehler bei der Zuständigkeitsklärung können zu Verfahrensverzögerungen und Mehrkosten führen.

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➜ Der Fall im Detail


Streit um Zuständigkeit bei Reisemängelklage mit internationalem Bezug

Im Kern dreht sich der Fall um die Frage der örtlichen Zuständigkeit deutscher Gerichte bei der Geltendmachung von Reisemängeln, die sich auf eine Pauschalreise nach Uganda beziehen.

Gerichtsstand Reisemängel
Reisemängel im Ausland: Deutsches Gericht klärt Zuständigkeit bei Pauschalreisen (Symbolfoto:  Sven Boettcher/Shutterstock.com)

Der Kläger erhob vor dem Landgericht Frankfurt am Main Klage auf Schadensersatz wegen empfundener Reisemängel sowie Ersatz für nutzlos aufgewandte Urlaubszeit, sowohl in eigenem Namen als auch aus abgetretenem Recht einer dritten Person. Die Beklagte, gegen die sich die Klage richtet, stellte eine Drittwiderklage mit dem Ziel festzustellen, dass der dritten Person keine Ansprüche aus dem Reisevertrag zustehen. Ein wesentliches Element des Streits war die Rüge der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt durch die Beklagte, welche die Verweisung des Falls an das Landgericht Koblenz beantragte. Daraufhin entbrannte eine rechtliche Auseinandersetzung über die korrekte Zuständigkeit, die zunächst vom Landgericht Frankfurt angenommen, später jedoch abgelehnt wurde, woraufhin der Fall an das Landgericht Nürnberg-Fürth und schließlich zur Verweisung an das Landgericht Koblenz führte.

Gerichtliche Entscheidung zur Zuständigkeitsfrage

Das Landgericht Nürnberg-Fürth erklärte sich ebenfalls für örtlich unzuständig, eine Entscheidung, die auf mehreren rechtlichen Überlegungen fußte. Zunächst wurde festgestellt, dass weder § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO noch Artikel 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO eine Zuständigkeit begründen könnten, da keine der Normen den spezifischen Umständen des Falls gerecht werde. Insbesondere wurde hervorgehoben, dass für die Anwendbarkeit der EuGVVO ein grenzüberschreitender Bezug erforderlich ist, welcher hier, trotz des internationalen Reiseziels, nicht gegeben war, da alle Beteiligten ihren Sitz bzw. Wohnsitz in Deutschland hatten. Auch die Möglichkeit einer Zuständigkeit nach § 29 ZPO wurde verneint, da die streitgegenständliche Pauschalreiseleistung nicht in Nürnberg zu erbringen war. Letztendlich wurde auch eine Prozesstrennung nach § 145 Abs. 2 ZPO abgelehnt, um den Interessen der Prozessökonomie Vorrang zu geben.

Kernargumente und rechtliche Erwägungen

Die Entscheidung unterstreicht die Komplexität der Zuständigkeitsregeln im deutschen Zivilprozessrecht, insbesondere im Kontext von Verbraucherverträgen mit internationalem Bezug. Die zentrale rechtliche Herausforderung lag in der Auslegung der EuGVVO und ihrer Anwendbarkeit auf Fälle, in denen zwar ein internationaler Sachverhalt (hier: Reiseziel im Ausland) vorliegt, die direkten Vertragsbeziehungen jedoch rein innerstaatlich sind. Die Gerichte mussten abwägen, inwiefern der spezifische Charakter einer Pauschalreise und das Schutzbedürfnis des Verbrauchers eine abweichende Zuständigkeit rechtfertigen können, ohne dabei die grundsätzlichen Prinzipien der Zuständigkeitsordnung zu unterlaufen.

Verweisung an das Landgericht Koblenz

Die finale Entscheidung, den Rechtsstreit an das Landgericht Koblenz zu verweisen, basiert auf der Überzeugung, dass nur dieses Gericht örtlich zuständig sei, gemäß §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte, gegen die sich die Klage richtet, hat ihren Sitz in dem Gerichtsbezirk, was letztlich den Ausschlag für die Zuständigkeit des Landgerichts Koblenz gab. Diese Entscheidung markiert den vorläufigen Endpunkt eines komplexen Zuständigkeitsdialogs zwischen mehreren Gerichten und verdeutlicht die Bedeutung präziser rechtlicher Kriterien für die Bestimmung der Zuständigkeit in zivilrechtlichen Streitigkeiten mit internationalem Charakter.

Bedeutung für die Rechtspraxis

Der Fall wirft Licht auf die oft unterschätzten Schwierigkeiten bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit in grenzüberschreitenden Rechtsangelegenheiten. Er zeigt, dass die Zuständigkeitsfrage nicht allein durch den Ort des Reiseziels oder den Wohnsitz der Parteien entschieden werden kann, sondern eine detaillierte Betrachtung der Sach- und Rechtslage erfordert. Für die Rechtspraxis bedeutet dies, dass bei der Klageerhebung in ähnlich gelagerten Fällen eine sorgfältige Prüfung der Zuständigkeitsnormen unerlässlich ist, um Verzögerungen und zusätzliche Kosten zu vermeiden.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Rolle spielt die örtliche Zuständigkeit bei Klagen im Zusammenhang mit Reisemängeln?

Die örtliche Zuständigkeit bei Klagen im Zusammenhang mit Reisemängeln ist ein wichtiger Aspekt, der bestimmt, welches Gericht für die Verhandlung einer Klage zuständig ist. Dies kann insbesondere bei Reisen ins Ausland eine Herausforderung darstellen, da unterschiedliche Rechtsräume betroffen sein können.

Nach der Zivilprozessordnung (ZPO) wird die örtliche Zuständigkeit in Fällen, die Geldforderungen betreffen, wie es bei Klagen auf Reisepreisminderung und Schadenersatz der Fall ist, bestimmt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich das Gericht am Wohnsitz des Beklagten, also in der Regel des Reiseveranstalters, zuständig ist. Es gibt jedoch Ausnahmen und Erweiterungen dieser Regel, die insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten relevant werden.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat klargestellt, dass bei Streitigkeiten zwischen Vertragsparteien aus verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU der Gerichtsstand am Wohnort des Kunden liegen kann. Dies bedeutet, dass ein Reisender, der eine Reise bei einem Reiseveranstalter bucht und Mängel feststellt, seine Ansprüche am eigenen Wohnsitz geltend machen kann. Diese Regelung erleichtert es Verbrauchern, ihre Rechte durchzusetzen, da sie nicht gezwungen sind, im Ausland zu klagen.

Für die Geltendmachung von Ansprüchen bei Reisemängeln ist es zudem wichtig, dass der Reisende den Mangel während der Reise anzeigt und nach der Rückkehr innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich beim Reiseveranstalter reklamiert. Die Frankfurter Tabelle kann als Orientierung für die Höhe der Reisepreisminderung dienen, ist jedoch nicht verbindlich.

In Fällen, in denen der Reiseveranstalter seinen Sitz im Ausland hat, kann die Bestimmung des zuständigen Gerichts komplexer sein. Hier können internationale Zuständigkeitsregeln und Verordnungen, wie die Brüssel Ia-Verordnung, zur Anwendung kommen, die besondere Gerichtsstände vorsehen können.

Zusammenfassend spielt die örtliche Zuständigkeit eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung von Ansprüchen wegen Reisemängeln. Sie bestimmt, an welchem Gericht der Reisende seine Klage einreichen kann. Durch EU-weite Regelungen und Urteile des EuGH ist es für Verbraucher einfacher geworden, ihre Rechte am eigenen Wohnsitz geltend zu machen, was die Rechtsdurchsetzung bei grenzüberschreitenden Reisemängeln erleichtert.

Warum ist der Auslandsbezug einer Reise für die Gerichtszuständigkeit relevant?

Der Auslandsbezug einer Reise ist für die Gerichtszuständigkeit relevant, weil er bestimmt, nach welchen Regeln die internationale Zuständigkeit der Gerichte festgelegt wird. Wenn ein Reisevertrag internationale Elemente aufweist, wie zum Beispiel ein Reiseziel im Ausland, dann können europäische Verordnungen wie die Brüssel Ia-Verordnung zur Anwendung kommen. Diese Verordnungen regeln, in welchem Land und bei welchem Gericht ein Rechtsstreit geführt werden kann.

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In einem Fall, in dem sowohl der Reisende als auch der Reiseveranstalter ihren Sitz in Deutschland haben, aber das Reiseziel im Ausland liegt, kann es zu unterschiedlichen Auffassungen kommen, ob ein Auslandsbezug besteht, der die Anwendung der Brüssel Ia-Verordnung rechtfertigt. Einige Gerichte und Literaturmeinungen vertreten die Ansicht, dass ein Auslandsbezug gegeben ist, weil das Reiseziel außerhalb Deutschlands liegt, auch wenn beide Parteien ihren Sitz in Deutschland haben. Dies würde bedeuten, dass der Reisende den Reiseveranstalter an seinem Wohnsitz verklagen könnte.

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte wird entweder nach europäischen Rechtsakten oder durch autonomes deutsches Recht bestimmt. Die Grundregel ist, dass die Gerichte des Staates zuständig sind, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz bzw. Geschäftssitz hat. Bei Verbraucherverträgen, zu denen auch Reiseverträge zählen, kann der Verbraucher jedoch oft den Vertragspartner an seinem Wohnsitz verklagen, was durch die Brüssel Ia-Verordnung geregelt wird.

Zusammenfassend ist der Auslandsbezug einer Reise für die Gerichtszuständigkeit relevant, weil er die Anwendung bestimmter internationaler Zuständigkeitsregeln auslösen kann, die es dem Reisenden ermöglichen, Ansprüche gegen den Reiseveranstalter in seinem Heimatland geltend zu machen, anstatt im Ausland klagen zu müssen.

Wie wirkt sich die Wahl des Gerichtsstands auf Verbraucherklagen aus?

Die Wahl des Gerichtsstands wirkt sich auf Verbraucherklagen aus, indem sie den Ort festlegt, an dem eine Klage eingereicht und verhandelt wird. Dies hat praktische und finanzielle Konsequenzen für den Verbraucher:

  • Zugang zum Recht: Ein Gerichtsstand in der Nähe des Wohnorts des Verbrauchers erleichtert den Zugang zum Rechtssystem, da die räumliche Nähe die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen vereinfacht und die Bereitschaft erhöht, überhaupt rechtliche Schritte einzuleiten.
  • Kosten: Die Wahl eines Gerichtsstands, der für den Verbraucher günstig gelegen ist, kann Reise- und Unterkunftskosten sowie den Aufwand für die Inanspruchnahme eines Anwalts reduzieren.
  • Zeit und Aufwand: Ein lokaler Gerichtsstand kann den Zeitaufwand für den Verbraucher verringern, da lange Anfahrtswege und damit verbundene Abwesenheiten vom Arbeitsplatz oder familiäre Verpflichtungen entfallen.
  • Verfahrenskenntnis: Verbraucher sind möglicherweise mit den lokalen Gerichtsverfahren vertrauter, was ihnen ein Gefühl der Sicherheit geben und die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann, dass sie ihre Rechte durchsetzen.
  • Sprache und Rechtssystem: Bei einem Gerichtsstand im Inland entfallen mögliche Sprachbarrieren und Unsicherheiten bezüglich eines fremden Rechtssystems, was insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten relevant ist.
  • Schlichtungsstellen: Vor der Klageerhebung kann die Inanspruchnahme von Schlichtungsstellen eine günstige und schnelle Alternative sein, die für den Verbraucher in der Regel kostenlos ist und eine Klage vor Gericht vermeiden kann.
  • Gerichtliches Mahnverfahren: Für Forderungen bietet das gerichtliche Mahnverfahren eine kostengünstige und einfache Möglichkeit, einen vollstreckbaren Titel zu erlangen, ohne direkt eine Klage einreichen zu müssen.

Die Wahl des Gerichtsstands kann in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festgelegt werden, wobei zu beachten ist, dass gegenüber Verbrauchern nur eingeschränkte Möglichkeiten bestehen, den Gerichtsstand vertraglich zu vereinbaren. Insbesondere bei Verbraucherverträgen sind Gerichtsstandsvereinbarungen, die von den gesetzlichen Vorschriften abweichen, grundsätzlich nur nach Entstehen der Streitigkeit zulässig.

Kann die EuGVVO bei Reisemängelklagen Anwendung finden?

Ja, die EuGVVO (Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung) kann bei Reisemängelklagen Anwendung finden, wenn ein grenzüberschreitender Bezug vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der Reiseveranstalter und der Verbraucher in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU ansässig sind. Die EuGVVO regelt in solchen Fällen die internationale Zuständigkeit der Gerichte und bietet Verbrauchern besondere Schutzvorschriften.

Artikel 18 Absatz 1 der EuGVVO ermöglicht es Verbrauchern, Klagen gegen den anderen Vertragspartner entweder in dem Mitgliedstaat zu erheben, in dessen Hoheitsgebiet dieser seinen Wohnsitz hat, oder vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Dies stärkt die Position des Verbrauchers, da er nicht gezwungen ist, im Ausland zu klagen, was mit höheren Kosten und organisatorischem Aufwand verbunden wäre.

Es gibt jedoch unterschiedliche Auffassungen in der nationalen Rechtsprechung und Literatur zur Frage, ob die Regelung in Artikel 18 Absatz 1 EuGVVO auch dann anzuwenden ist, wenn ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Verbraucher mit einem Reiseveranstalter mit Sitz im selben Mitgliedstaat einen Vertrag über eine Reise zu einem ausländischen Zielort abschließt. Nach der wohl herrschenden Ansicht in der Rechtsprechung ist der für die Anwendbarkeit der EuGVVO erforderliche Auslandsbezug nicht gegeben, wenn beide Parteien ihren Sitz im gleichen Mitgliedstaat haben und sich ein Auslandsbezug nur aus dem Reiseziel ergibt.

Zusammenfassend kann die EuGVVO bei Reisemängelklagen mit grenzüberschreitendem Bezug Anwendung finden und bietet Verbrauchern die Möglichkeit, Klagen gegen Unternehmen in anderen EU-Staaten an ihrem Wohnsitz zu erheben. Bei rein innerstaatlichen Sachverhalten, bei denen der Auslandsbezug nur durch das Reiseziel gegeben ist, wird die Anwendung der EuGVVO jedoch teilweise verneint.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Verweisung eines Rechtsstreits von einem unzuständigen Gericht zu einem zuständigen Gericht. Im vorliegenden Fall wurde betont, dass der Verweisungsbeschluss keine Bindungswirkung hat, was für das Verständnis von Zuständigkeitsfragen und der Flexibilität im Verfahrensrecht wichtig ist.
  • Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO: Bietet Verbrauchern die Möglichkeit, Klagen gegen Unternehmen am eigenen Wohnsitzgericht zu führen, was den Schutz des Verbrauchers in grenzüberschreitenden Fällen stärkt. Die Anwendung dieses Artikels setzt einen Auslandsbezug voraus, der im diskutierten Fall aufgrund der Reise nach Uganda und der Beteiligung deutscher Parteien relevant wurde.
  • Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (EuGVVO): Dient der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit und erleichtert die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen innerhalb der EU. Der Auslandsbezug und die Wohnsitze der Parteien sind entscheidend für die Anwendbarkeit, was im Kontext von Reisemängelklagen mit internationalem Bezug zentral ist.
  • § 29 ZPO: Regelt die örtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und kann bei Klagen wegen Vertragsverletzungen relevant sein. Die spezifische Erwähnung, dass die streitgegenständliche Pauschalreiseleistung nicht in Nürnberg zu erbringen war, unterstreicht die Bedeutung des Erfüllungsortes für die Bestimmung der Zuständigkeit.
  • § 145 Abs. 2 ZPO: Ermöglicht eine Prozesstrennung, falls unterschiedliche Zuständigkeiten für verschiedene Klagepunkte bestehen. Dass eine Trennung im vorliegenden Fall abgelehnt wurde, zeigt die Abwägung zwischen Prozessökonomie und individuellen Parteiinteressen.
  • §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO: Grundlegende Normen zur örtlichen Zuständigkeit, die festlegen, dass grundsätzlich das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk die beklagte Partei ihren Wohnsitz hat. Die Entscheidung, den Rechtsstreit an das Landgericht Koblenz zu verweisen, basiert auf diesen Paragraphen und verdeutlicht die Relevanz des Beklagtensitzes für die Zuständigkeitsbestimmung.


Das vorliegende Urteil

LG Nürnberg-Fürth – Az.: 3 O 2749/15 – Beschluss vom 30.04.2015

1. Das Gericht beabsichtigt, auf den Hilfsantrag des Klägers und den Antrag der Beklagten den Rechtsstreit an das Landgericht Koblenz zu verweisen.

2. Dazu besteht Gelegenheit zu Stellungnahme bis 20.05.2015.

Gründe

I.

Mit Klage vom 14.09.2013 an das Landgericht Frankfurt a. M. macht der Kläger Ansprüche auf Schadensersatz wegen Reisemängeln einer Reise nach Uganda sowie Ersatz wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit für sich selbst sowie aus abgetretenem Recht für die Drittwiderbeklagte geltend. Die Beklagte erhob am 29.10.2013 Drittwiderklage mit dem Antrag festzustellen, dass der Drittwiderbeklagten keine Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Reisevertrag zustehen.

Die Beklagte rügte die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt und beantragte Verweisung der Drittwiderklage an das Landgericht Koblenz (Bl. 49 d.A.). Der Kläger und die Drittwiderbeklagte beantragten für den Fall, dass das Landgericht Frankfurt seine Zuständigkeit nicht annehmen sollte, die Verweisung an das Landgericht Nürnberg-Fürth und hilfsweise an das Landgericht Koblenz (Bl. 88, 310, d.A.).

Das Landgericht Frankfurt a. M. wies am 14.11.2013 (Bl. 93 d.A.) und in der Sitzung vom 08.05.2014 (Bl. 145} zunächst darauf hin, dass es seine Zuständigkeit annimmt.

Mit Beschluss vom 09.01.2015 wies das Landgericht Frankfurt a. M. – nach begonnener Beweisaufnahme – dagegen darauf hin, dass eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt nicht gegeben sei (Bl. 302 d.A.). Am 06.03.2015 erklärte sich das Landgericht Frankfurt für unzuständig und verwies unter Ausschluss der Bindungswirkung den Rechtsstreit an das Landgericht Nürnberg-Fürth (Bl. 351 d.A.).

II.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth ist örtlich unzuständig.

1. Eine Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth ergibt sich nicht aus § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO. Das Landgericht führte in seinem Verweisungsbeschluss ausdrücklich aus, dass der Beschluss keine Bindungswirkung im Sinne von § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO habe.

2. Eine Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth ergibt sich auch nicht aus Art. 18 Abs.1 Alt. 2 EuGVVO.

Nach Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO besteht für den Verbraucher die Möglichkeit, bei dem Gericht am eigenen Wohnsitz den jeweiligen Vertragspartner zu verklagen. Dies wäre im vorliegenden Falle das Landgericht Nürnberg-Fürth. Die Anwendbarkeit der EuGVVO setzt aber einen Auslandsbezug voraus. Reine Inlandssachverhalte, bei denen die Parteien ihren Sitz in demselben Mitgliedstaat haben und der Sachverhalt keinen sonstigen grenzüberschreitenden Anknüpfungspunkt aufweist, fallen nicht unter diese Verordnung (Musielak ZPO/Stadler EuGVVO aF Art. 2 Rn. 2).

Ein derartiger Auslandsbezug fehlt im vorliegenden Fall:

2.1 Grundsätzlich setzt die Anwendung der EuGVVO voraus, dass Verbraucher und Vertragspartner in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ansässig sind (vgl. Saenger/Dömer, vor Art.1 EuGVVO Rn.2, Thomas/Putzo/Hüßtege, vor Art.15-17 EuGVVO Rn.1). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Das erweiterte Verständnis des EuGH zum Merkmal „Vertragspartner“ (EuGH, NJW 2014, 530) führt zu keiner anderen Beurteilung, da in dem vom EuGH zu entscheidenden Fall ein österreichischer Verbraucher gegen einen österreichischen Reiseveranstalter und einen deutschen Reisevermittler geklagt hatte. Diese Konstellation liegt hier aber gerade nicht vor.

2.2 Die Kammer schließt sich nicht der in der Literatur vertretenen Rechtsmeinung an, dass ein Auslandsbezug im Sinne der EuGVVO auch dann gegeben ist, wenn beide Parteien zwar im selben Mitgliedsstaat ansässig sind, aber der Sachverhalt einen anders gearteten Bezug ins Ausland aufweist – wie etwa das Reiseziel im Ausland.

Zürn einen ergibt sich aus den Erwägungsgründen der Verordnung, dass die Ausnahme vom Grundsatz der Zuständigkeit am Wohnsitz des Beklagten (Egrd. 15) bei Verbraucherverträgen nur deshalb besteht, um den Verbraucher durch Zuständigkeitsvorschriften, die für ihn günstiger sind als die allgemeine Regelung, zu schützen (Egrd. 18). Daraus folgt, dass ein solch besonderer Schutz nur nötig ist wenn aufgrund des zwischengemeinschaftlichen Handels innerhalb der Europäischen Union beschwerliche Distanzen zwischen dem Wohnsitz des Verbrauchers und dem eigentlich zuständigem Gericht entstünden. Im streitgegenständlichen Fall besteht der Bezug zum Ausland aber nur im Reiseziel. Es besteht daher auch keine Notwendigkeit der Anwendung von Art. 18 Xbs.1 Alt. 2 EuGVVO.

Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Vorschriften der EuGVVO – sofern sie vom allgemeinen Grundsatz actor sequitur forum rei abweichen – restriktiv auszulegen sind (vgl. EuGH, NJW 2000,3121).

3. Eine Zuständigkeit ergibt sich auch nicht aus § 29 ZPO. Die vom Kläger beanstandete Pauschalreiseleistung ist nicht in Nürnberg zu erbringen.

4. Eine Prozesstrennung nach § 145 Abs.2 ZPO hinsichtlich der Drittwiderbeklagten (die ihren Wohnsitz im Gerichtsbezirk des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat) kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Gesichtspunkte der Prozessökonomie den Interessen des Drittwiderbeklagten überwiegen (vgl. vgl. BGH, NJW 2011, 460). § 33 Abs.1 ZPO ist daher entsprechend anzuwenden.

III.

Das Landgericht Koblenz ist örtlich zuständiges Gericht gemäß §§ 12, 17 Abs.1 ZPO. Die Beklagte hat ihren Sitz in … .

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