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Vorkaufsrecht und Grundstücksteilung

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az: 14 U 89/02

Urteil vom 11.10.2002


Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. März 2002 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 1) zu 80 % und die Beklagte zu 2) zu 20 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerinnen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Sicherheitsleistungen dürfen auch durch Bürgschaften einer inländischen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d

Die Beklagte zu 1) war Eigentümerin von insgesamt 16 aneinander angrenzenden, im Grundbuch von D. auf Bl. … verzeichneten Grundstücken (Gem. D, Flur …, Flurstücke … . Für sämtliche dieser Grundstücke ist im Grundbuch seit 1962 ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Parzelle D Flur …, Nr. … eingetragen. Diese Parzelle wurde nach Eintragung des Vorkaufsrechts geteilt. Eines der aus der Teilung hervorgegangenen Grundstücke steht seit 1983 im Eigentum der Klägerin (Gem. D, Flur …, Flurstück …). Diese nutzt die Grundstücke Flur …, Flurstücke … als Zuwegung zu ihrem Betriebsgrundstück. Die Flurstücke … sind mit Wegerechten zugunsten von im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücken belastet.

Auf den Flurstücken … befinden sich Industrie- und Lagerhallen, auf dem Flurstück … ein Garagenhof. Die Hallen auf den Flurstücken … sind zum Teil, die Garagen insgesamt vermietet. In der Halle auf dem Grundstück … betreibt der Ehemann der Zweitbeklagten ein Gewerbeunternehmen.

Über einige der Grundstücke fließt der Rotbach, über den in der Verlängerung der Zuwegung zu dem klägerischen Grundstück eine Brücke führt. Ansonsten ist der Bach mit Platten abgedeckt, deren Befahren ordnungsbehördlich untersagt ist.

Wegen der Grundstücksverhältnisse wird im übrigen auf den Ausschnitt der Liegenschaftskarte, Bl. 82 d.A., verwiesen, der auch eine Kennzeichnung der rechtlichen Zuordnung enthält.

Mit notariellem Vertrag vom 20. Juli 1998 verkaufte die Beklagte zu 1) sämtliche vorgenannten Grundstücke zu einem Kaufpreis von 1.300.000,00 DM an die Beklagte zu 2). Der Notar zeigte der Klägerin den Vertrag mit Schreiben vom 30.7.1998 (Bl. 30), zugestellt am 5.8.1998 an (Bl. 31). Mit der Erstbeklagten am 25.9.1998 zugegangenem Schreiben (Bl. 33, 34) übte die Klägerin ihr Vorkaufsrecht bezüglich der im nachstehenden Klageantrag näher bezeichneten Grundstücke aus. Die Eigentümer der übrigen aus der Parzelle Flur …, Nr. 43 hervorgegangenen Grundstücke machten ihr Vorkaufsrecht nicht geltend.

Am 21.5.1999 wurde die Beklagte zu 2) als Eigentümerin sämtlicher verkaufter Grundstücke im Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe ihr Vorkaufsrecht bezüglich jedes einzelnen Grundstücks gesondert ausüben können, dies insbesondere auch deshalb, weil, so behauptet sie, die Grundstücke keine wirtschaftliche Einheit bildeten. Zudem hätten die derzeitigen Nutzungsverhältnisse bereits bei Eintragung des Vorkaufsrechts vorgelegen; vor diesem Hintergrund könnten sich die Beklagten nicht darauf berufen, dass das einschränkungslos eingetragene Vorkaufsrecht einheitlich ausgeübt werden müsse. Die Klägerin hat behauptet, der Wert der Grundstücke, bezüglich derer sie ihr Vorkaufsrecht ausgeübt habe, betrage im Verhältnis zu dem Gesamtpreis der verkauften Grundstücke 720.000,00 DM. Die verbleibenden Grundstücke seien auch isoliert, insbesondere für die Beklagte zu 2) im Hinblick auf die Nutzung des Flurstücks … durch deren Ehemann, von Wert.

Die Klägerin hat beantragt,

1.a)

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die Grundstücke Gem. D, Flur …, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts D., Blatt …, an sie aufzulassen,

1. b)

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die Umschreibung der vorstehend näher bezeichneten Grundstücke auf sie zu bewilligen,

1. c)

gegenüber der Beklagten zu 1) festzustellen, dass der auf die vorstehend näher bezeichneten Grundstücke entfallende Kaufpreisanteil aus dem im Grundstückskaufvertrag vom 20. Juli 1998 (Urkundenrolle 1441/98 des Notars B. in C) vereinbarten Kaufpreis (1.300.000,00 DM) insgesamt 720.000,00 DM beträgt; hilfsweise zu c), gegenüber der Beklagten zu 1) festzustellen, dass der auf die von der Vorkaufsrechtsausübung betroffenen Grundstücke entfallende Teil des in dem Grundstückskaufvertrag vom 20. Juli 1998 (Urkundenrolle 1441/98 des Notars B. in C.) vereinbarten Kaufpreises in einem in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag besteht,

2.

die Beklagte zu 2) zu verurteilen, der Umschreibung des Eigentums an den Grundstücken der Gem. D., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts D., Blatt …, auf sie zuzustimmen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, der Klägerin stehe nach der Teilung des vormals herrschenden Grundstücks kein Vorkaufsrecht zu, da das von ihr erworbene Grundstück – was unstreitig ist – nur eine Teilfläche von 5 % des Ursprungsgrundstücks ausmache. Zudem könne sie das Vorkaufsrecht nicht ohne die übrigen Berechtigten ausüben. Die Beklagten haben sich ferner auf den Standpunkt gestellt, die Klägerin habe ihr Vorkaufsrecht nur einheitlich ausüben können, da die verbleibenden Grundstücke ohne Wert und nicht verkäuflich seien. Die Klägerin habe sich unter Verstoß gegen Treu und Glauben die „Rosinengrundstücke“ ausgesucht.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme zum Wert der Grundstücke gegen die Beklagte zu 2) in vollem Umfang und gegen die Beklagte zu 1) ganz überwiegend stattgegeben; lediglich den Antrag zu 1 c) hat es teilweise abgewiesen und mit 866.666,67 DM einen höheren als den beantragten Wert als Kaufpreisanteil festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne bezüglich der streitgegenständlichen Grundstücke von der Erstbeklagten die Auflassung und Bewilligung der Eigentumsumschreibung beanspruchen. Sie sei Inhaberin eines dinglichen Vorkaufsrechts an diesen Grundstücken. Das Vorkaufsrecht sei durch die Teilung des herrschenden Grundstücks nicht erloschen und bestehe auch an dem im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücksteil fort. Die Klägerin habe das Vorkaufsrecht allein ausüben können, weil die weiteren Berechtigten ihr Recht nicht ausgeübt hätten. Sie habe das Vorkaufsrecht schließlich auch fristgemäß ausgeübt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts beschränkt auf einen Teil der Grundstücke sei zulässig, verstoße insbesondere nicht gegen Treu und Glauben. Auf eine Einrede in entsprechender Anwendung von § 508 Satz 2 BGB könne sich die Beklagte zu 2) gem. § 242 BGB nicht berufen. Ein derartiges Verhalten sei widersprüchlich und treuwidrig, nachdem die Beklagten ein Vergleichsangebot der Klägerin abgelehnt hätten, sämtliche Grundstücke zu einem Kaufpreis von 1.350.000,00 DM zu erwerben. Der Feststellungsantrag bezüglich des Kaufpreisanteils sei nur teilweise begründet. Unter Heranziehung des Gutachtens des Sachverständigen G ergebe sich für die Grundstücke, bezüglich derer der die Klägerin das Vorkaufsrecht ausgeübt habe, ein Kaufpreis von 866.666,67 DM. Aufgrund des ihr zustehenden Vorkaufsrechts könne die Klägerin schließlich von der Beklagten zu 2) die Umschreibung des Eigentums an den streitgegenständlichen Grundstücken verlangen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie vertreten unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12.5.1958 (3 W 3/58) die Auffassung, die Klägerin habe ihr Vorkaufsrecht nicht rechtswirksam ausgeübt. Da sich der notarielle Kaufvertrag vom 20.7.1998 auf sämtliche 16 Grundstücke bezogen habe, an denen der Klägerin ein Vorkaufsrecht zustand, habe diese ihr Vorkaufsrecht auch nur einheitlich bezogen auf den Kaufvertrag und damit auf alle von diesem erfassten Grundstücke ausüben können. Nichts anderes folge aus § 508 BGB. Diese Vorschrift finde nur in dem – hier nicht vorliegenden – Fall Anwendung, dass zusammen mit dem Gegenstand, auf den sich ein Vorkaufsrecht beziehe, weitere Gegenstände verkauft worden seien, bezüglich derer der Berechtigte kein Vorkaufsrecht habe.

Hilfsweise verweigert die Zweitbeklagte die Zustimmung zu der Eigentumsumschreibung, bis ihr ein Teilbetrag von 598.000,00 EUR nebst der hierauf angefallenen Finanzierungskosten erstattet worden sei. Hierzu trägt sie vor, sie habe den Kaufpreis nach der Eigentumsumschreibung im Mai 1999 an die Erstbeklagte gezahlt und zahle zur Finanzierung des Kaufpreises monatlich mindesten 8 % Zinsen. Die von der Vorkaufserklärung der Klägerin umfassten Grundstücke machten mindestens 90 % des Wertes der Gesamtgrundstücke, gerundet 598.000,00 EUR aus.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 20.3.2002 teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise der gegen die Zweitbeklagten gerichteten Klage nur Zug um Zug gegen Zahlung von 598.000,00 EUR nebst 8 % Zinsen seit dem 1.6.1999 stattzugeben.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie vertritt die Auffassung, sie habe ihr Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt, da das Vorkaufsrecht für jedes Grundstück isoliert betrachtet und bewertet werden müsse. Das Landgericht habe die auf die jeweiligen Grundstücke entfallenden Teilwerte zutreffend ermittelt. Der Hilfsantrag sei unzulässig, weil die Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht verspätet erfolgt sei. Die Klägerin bestreitet ferner mit Nichtwissen, dass die Beklagte zu 2) den Kaufpreis an die Beklagte zu 1) gezahlt habe. Ein Anspruch auf Zahlung von Finanzierungskosten, deren Höhe die Klägerin ebenfalls mit Nichtwissen bestreitet, stehe der Beklagten zu 2) nicht zu, da sie von dem Vorkaufsrecht und damit auch davon gewusst habe, dass die Kaufpreisforderung nicht fällig war.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist bezüglich beider Beklagter und auch hinsichtlich des Feststellungsantrags zulässig; insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen.

II.

1.

Der Klägerin stehen Vorkaufsrechte an den fraglichen Grundstücken zu. Gegen die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts dahingehend, dass das ursprünglich bestehende Vorkaufsrecht durch die Teilung des herrschenden Grundstücks nicht erloschen ist, sondern sich auch an dem Grundstücksteil der Klägerin fortsetzte, erheben die Beklagten mit der Berufung keine Einwendungen mehr. Zu Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Klägerin die Vorkaufsrechte allein ausüben konnte, nachdem die übrigen Berechtigten – unstreitig – von ihrem Recht keinen Gebrauch gemacht hatten.

2.

Die Vorkaufsrechte können entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur einheitlich ausgeübt werden. Vielmehr konnte die Klägerin wirksam ihr Vorkaufsrecht nur bezüglich eines Teils der von dem Kaufvertrag zwischen den Beklagten erfassten Grundstücke ausüben. Ihr steht damit gegen die Beklagte zu 1), deren Verfügung über die streitgegenständlichen Grundstücke ihr gegenüber gem. §§ 1098 Abs.2, 883 Abs. 2 Satz 1 BGB unwirksam ist, gem. §§ 433 Abs.1, 505 Abs.2, 1098 Abs.1 BGB ein Anspruch auf Auflassung der Grundstücke und Bewilligung der Eigentumsumschreibung und gegen die eingetragene Zweitbeklagte ein Anspruch auf Zustimmung zu der Umschreibung zu.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe, auf dessen Beschluss vom 12.5.1958 – 3 W 3/58 – (BWNotZ 1958, 218) sich die Beklagten berufen, hat sich zur Begründung seines gegenteiligen Standpunkts im wesentlichen auf § 505 Abs.2 BGB gestützt, wonach der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten nach Ausübung des Vorkaufsrechts unter den Bedingungen zustande kommt, die der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat. Zweck der Vorschrift sei es, den Verpflichteten keinen ungünstigeren Bedingungen zu unterstellen, als er sie mit dem Dritten vereinbart habe; dementsprechend sei das Vorkaufsrecht bedingungsfeindlich. Hieraus lasse sich schließen, dass der Vorkaufsberechtigte bei dem Verkauf mehrerer Grundstücke in dem gleichen Vertrag seine Erklärung nicht nach Belieben auf einzelne Grundstücke beschränken, er sich insbesondere nicht die günstigsten aussuchen und die übrigen dem Verpflichteten überlassen könne (OLG Karlsruhe, BWNotZ 1958, 218, 219). Eine derartige Beschränkung widerspreche dem Wesen des Vorkaufs. Ebenso wie der Verpflichtete nicht gehalten sei, mit einem Vorkaufsrecht belastete Grundstücke

überhaupt zu verkaufen, könne er auch frei entscheiden, ob er eine Mehrheit von Grundstücken nur einheitlich abgeben wolle (im Ergebnis ebenso in einem obiter dictum ohne Begründung RGZ 133, 76, 81).

Die Schlussfolgerung, die das Oberlandesgericht Karlsruhe damit aus der in § 505 Abs.2 BGB getroffenen Regelung zieht, ist indessen zu weitgehend. Der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass ein Kaufvertrag über mit Vorkaufsrechten belastete Gegenstände von dem Berechtigten nur insgesamt oder gar nicht übernommen werden kann. Ansonsten dürfte nämlich auch dann, wenn nicht von einem Vorkaufsrecht betroffene Gegenstände in einem einheitlichen Vertrag mitverkauft werden, nur eine vollständige Übernahme des Kaufvertrages durch den Vorkaufsberechtigten möglich sein. Für diesen Fall trifft § 508 Satz 1 BGB aber gerade eine Regelung, die von einer wirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeht, ohne den Berechtigten zur Übernahme des gesamten Vertrages zu zwingen. Konstruktiv wird § 505 Abs.2 BGB allgemein ohnehin dahin verstanden, dass der das Vorkaufsrecht Ausübende nicht in den Drittvertrag eintritt, sondern ein neuer, selbständiger Kaufvertrag zwischen den Parteien des Vorkaufs begründet wird (vgl. nur BGHZ 98, 188 m.w.N.) Ebenso wie der Inhalt dieses neuen Vertrages im Fall des § 508 Satz 1 BGB von dem ursprünglichen Vertrag bezüglich der Kaufgegenstände abweicht, steht es einer Inhaltsänderung nicht entgegen, dass ein Vorkaufsrecht nur bezüglich einzelner verkaufter Gegenstände ausgeübt wird.

Wäre nur eine einheitliche Ausübung des Vorkaufsrechts möglich, sobald mehrere belastete Gegenstände in einem Vertrag verkauft werden, würde zudem die Rechtsausübung des dinglich Vorkaufsberechtigten in einer mit dessen Rechtsposition nicht vereinbaren Weise eingeschränkt. Unstreitig ist die Bestellung eines Gesamtvorkaufsrechts, das nur einheitlich ausgeübt werden kann, nicht möglich (BayObLGE 1974, 365; Rpfleger 1975, 23). Dingliche Vorkaufsrechte können vielmehr nur in der Weise bestellt werden, dass sie für jedes einzelne Grundstück gesondert eingetragen und ausgeübt werden können. Lediglich schuldrechtlich kann bei der Bestellung des Vorkaufsrechts vereinbart werden, dass es für bestimmte Gegenstände nur einheitlich ausgeübt werden kann (vgl. Soergel/Huber, BGB, 12. Auflage, § 508 Rdn. 1 a). Eine derartige Vereinbarung ist hier indessen unstreitig nicht getroffen worden; zudem wäre die Klägerin an schuldrechtliche Verpflichtungen ihrer Rechtsvorgänger ohnehin nicht gebunden.

Für die vorliegende Konstellation enthält § 508 BGB einen angemessenen Interessenausgleich; die Vorschrift kann entsprechende Anwendung finden, wenn dem Berechtigten an sämtlichen mitverkauften Gegenständen ein Vorkaufsrecht zusteht (ebenso Soergel/Huber, BGB, 12. Auflage, § 508 Rdn. 1 a). Die in § 508 BGB getroffene Regelung soll verhindern, dass der Berechtigte zum Kauf sämtlicher Gegenstände gezwungen ist, auf die sich der Kauf erstreckt. Auf der anderen Seite soll der Verpflichtete durch die Aussonderung einzelner Gegenstände nicht benachteiligt werden (Motive II, S. 349). Diese Erwägungen gelten gleichermaßen, wenn ein einheitlicher Kaufvertrag über mehrere Gegenstände geschlossen wird, bezüglich derer jeweils ein Vorkaufsrecht besteht. Auch in diesen Fällen muss der Vorkaufsberechtigte im Grundsatz die Möglichkeit behalten, sein Recht gesondert an jedem einzelnen Gegenstand auszuüben. Durch die entsprechende Anwendung von § 508 Satz 2 BGB werden Nachteile für den Verpflichteten vermieden.

Vorliegend können die Beklagten indessen auch aus einer entsprechende Anwendung von § 508 Satz 2 BGB – unabhängig von der Frage, ob eine Berufung auf die Vorschrift sich als rechtsmissbräuchlich darstellt – für ihre Rechtsverteidigung nichts herleiten. Die Vorschrift gibt dem Verpflichteten nur das Recht zu verlangen, dass der Vorkauf auf alle Sachen erstreckt wird, die von den übrigen nicht ohne Nachteil getrennt werden können. Wären also die verbliebenen Grundstücke, bezüglich derer die Klägerin ihr Vorkaufsrecht nicht ausgeübt hat, durch die Herausnahme der übrigen tatsächlich entwertet, könnten die Beklagten über § 508 Satz 2 BGB mithin nur beanspruchen, dass die Klägerin sämtliche Grundstücke – zu dem zwischen ihnen vereinbarten Preis – erwirbt. Dies erstreben die Beklagten jedoch vorliegend, wie sich aus deren prozessualem Verhalten – insbesondere der Ablehnung des klägerischen Vergleichsangebots, sämtliche Grundstücke für einen Preis von 1,35 Mio DM zu

übernehmen, aber auch ihren Anträgen in der Berufungsinstanz – ergibt, gerade nicht. Vielmehr möchten sie eine auch nur teilweise Übertragung der Grundstücke auf die Klägerin verhindern und damit letztlich deren Vorkaufsrecht insgesamt vereiteln. Diese Möglichkeit räumt § 508 BGB dem Verpflichteten nicht ein.

3.

Selbst wenn man schließlich grundsätzlich in der vorliegenden Konstellation die auf einzelne Grundstücke beschränkte Ausübung des Vorkaufsrechts als unwirksam erachtete, könnten sich die Beklagten hierauf vor dem Hintergrund des vorgenannten Vergleichsangebots der Klägerin gem. § 242 BGB nicht berufen. Mit dem Vergleichsangebot hat die Klägerin in der Sache erklärt, ihr Vorkaufsrecht bezüglich sämtlicher verkaufter Grundstücke ausüben zu wollen. Hätte die Klägerin eine derartige Erklärung innerhalb der 2-Monats-Frist des § 510 Abs.2 Satz 1 BGB abgegeben, wäre diese jedenfalls wirksam und für die Beklagten verbindlich gewesen. Wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat, handelten die Beklagten treuwidrig, indem sie unter Berufung auf ihre formale Rechtsposition dieses Angebot nicht annahmen und stattdessen weiterhin die Unwirksamkeit der zunächst beschränkten Erklärung geltend machten.

Umgekehrt verstieß die Klägerin mit der nur teilweisen Ausübung des Vorkaufsrechts ihrerseits nicht gegen Treu und Glauben. Ein angemessener Ausgleich der wechselseitigen Interessen ist insoweit nämlich über § 508 Satz 1 BGB zu erzielen, indem der von der Klägerin zu berichtigende Kaufpreis unter Berücksichtigung des isolierten Werts der den Beklagten verbleibenden Grundstücke ermittelt wird.

4.

Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Klägerin für die Grundstücke, bezüglich derer sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht hat, gem. § 508 Satz 1 BGB einen Kaufpreis von 443.119,63 EUR (866.666,67 DM) zu entrichten hat.

Die Kammer ist zunächst von dem Verkehrswert der Grundstücke ausgegangen und hat sich hierbei auf die Begutachtung des Sachverständigen G. gestützt, der für die Gesamtfläche einen Verkehrswert von 1,3 Mio DM ermittelt hat. Anhaltspunkte dafür, dass dieser auch dem Kaufvertrag zwischen den Beklagten zugrunde liegende Wert nicht zutreffend sein sollte, sind nicht ersichtlich. Es hat sodann den sich aus den Flächen ergebenden arithmetischen Teilwert der auf die Klägerin entfallenden Grundstücke (766.964,37 DM) nach oben korrigiert und dargelegt, dass der Wert dieser Teilfläche 2/3 des Gesamtwertes beträgt. Dabei hat das Landgericht zunächst die Ertragswerte der beiden Teilflächen gegenübergestellt, wobei es den Ertragswert für die auf die Beklagten entfallende Restfläche selbständig anhand der Vorgaben des Sachverständigen G. ermittelt und mit 361.819,55 DM beziffert hat. Dessen Aussage, für die Restfläche verbleibe kein Ertragswert, sei nicht zu folgen; hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Sachverständige selbst von einer wirtschaftlichen Restnutzungsdauer der Halle auf dem Flurstück ausgegangen sei. Danach entfiele auf die von dem Vorkaufsrecht erfassten Grundstücke 66,3 % des Ertragswertes der Gesamtfläche. Das Landgericht hat weiter ausgeführt, dass bei Zugrundelegung des Sachwertverfahrens 68,3 % des Grundstückwerts auf die klägerischen Grundstücke entfallen. Da das Ertragswertverfahren vorliegend vorrangig sei, sei der Ansatz von 2/3 zu 1/3 gerechtfertigt.

Die vorstehend skizzierte Vorgehensweise des Landgerichts ist nachvollziehbar und als Grundlage der Bewertung der jeweiligen Teilflächen geeignet. Auch im Ergebnis ist die Bewertung der Flächen nicht zu beanstanden. Allerdings ist die Berechnung des Ertragswertes der von dem Vorkaufsrecht nicht erfassten Grundstücke (S. 21 des Urteils) rechnerisch nicht zutreffend erfolgt, ohne dass sich dies im Ergebnis zu Lasten der Beklagten auswirken würde:

Zu dem zunächst zutreffend errechneten Betrag von 340.164,74 DM ist der Bodenwert zu addieren. Dieser setzt sich zusammen aus

Wegeflächen 61.495,00 DM,

Industrieflächen 159.810,00 DM,

———————

221.305,00 DM

abzgl. 40.000,00 DM Reparaturstau

——————–

181.305,00 DM

Zuzüglich der errechneten 340.164,74 DM ergäbe sich ein Ertragswert von 521.469,74 DM. Das Landgericht ist dagegen – für die Beklagten günstig – von einem Ertragswert von nur 361.819,55 DM ausgegangen, hat mithin einen Bodenwert von nur 21.654,81 DM veranschlagt. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass auch im Rahmen des Ertragswertverfahrens die Kosten der Sanierung der Rotbachüberbrückung nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben dürften, errechnet sich für die nicht von dem Vorkaufsrecht erfassten Grundstücke jedenfalls kein geringerer als der von dem Landgericht zugrunde gelegte Ertragswert.

Die hiergegen gerichteten Einwände der Beklagten greifen nicht durch. Die Beklagte macht geltend, die mit Wegerechten belasteten Grundstücke hätten keinen Wert, sie seien wirtschaftlich uninteressant und mit künftigen Reparaturauflagen belastet. Die Industriehalle auf der Parzelle 176 sei baufällig und ihre Abrisskosten überstiegen den Bodenwert. Der Wert der vom Vorkauf erfassten Grundstücke mache daher mindestens 90 % der Gesamtfläche aus.

Dass bezüglich des Wertes der Wegegrundstücke erhebliche Abstriche zu machen sind, hat bei der Wertberechnung indessen Berücksichtigung gefunden, indem bei der Berechnung des Ertragswertes im Ergebnis ein Bodenwert von insgesamt nur 21.654,81 DM veranschlagt worden ist (s.o.) und bei der Berechnung des Sachwertes die vollen Kosten der Sanierung der Rotbachüberbrückung in Höhe von 170.000,00 DM abgesetzt wurden. Der weitere Vortrag der Beklagten zum Zustand der W. auf dem Flurstück … wird von dem Gutachten des Sachverständigen G. nicht gestützt. Der Sachverständige hat die Werkshalle besichtigt und ihr einen insgesamt noch befriedigenden baulichen Zustand attestiert, wobei allerdings ein – von dem Landgericht im Rahmen des Ertragswertverfahrens mit 40.000,00 DM berücksichtigter – Unterhaltungsstau bestehe (S. 9 -11 des Gutachtens vom 23.8.2000). Der Sachverständige hat weiter, worauf es ihm Rahmen des Ertragswertverfahrens maßgeblich ankommt, für die Halle eine wirtschaftliche Restnutzungsdauer von 24 Jahren veranschlagt (S. 23 des Gutachtens). Gegenüber diesen Feststellungen des Sachverständigen haben die Beklagten keine substantiierten Einwendungen erhoben. Es ist insbesondere – dies auch vor dem Hintergrund, dass der Ehemann der Beklagten zu 2) die Halle im Jahr 1998 mit einer Option für mehrere Jahre weiter gemietet hat – nicht ersichtlich, warum die Halle kurzfristig abzureißen sein soll.

Insgesamt sind die von dem Vorkaufsrecht erfassten Grundstücke damit zutreffend mit einem Kaufpreis in Höhe von 2/3 des – dem Verkehrswert entsprechenden – Gesamtkaufpreises von 1.300.000,00 DM bewertet.

III.

Der Hilfsantrag der Beklagten zu 2), mit der sie begehrt, nur Zug um Zug gegen Zahlung von 598.000,00 EUR verurteilt zu werden, ist gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO n.F. nicht zuzulassen. Es handelt sich hierbei um ein neues Verteidigungsmittel, da die Beklagte zu 2) erstinstanzlich weder vorgetragen hat, den Kaufpreis bereits gezahlt zu haben, noch sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen hat. Die Zweitbeklagte hat, wozu sie gehalten wäre (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Auflage, § 531 Rdn. 34), nicht dargetan, dass die verspätete Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nicht auf Nachlässigkeit beruht. Die Zahlung des Kaufpreises soll bereits im Mai 1999 nach der Eigentumsumschreibung erfolgt sein. Die Zweitbeklagte hätte daher ohne weiteres bereits erstinstanzlich die Erstattung des Kaufpreises geltend machen können.

Angemerkt sei, dass die Beklagte zu 2) der Höhe nach gem. § 1100 Satz 1 BGB ohnehin allenfalls Erstattung des auf die von der Vorkaufsrechtsausübung erfassten Grundstücke entfallenden Kaufpreises in Höhe von 443.119,63 EUR (866.666,67 DM) verlangen kann. Eine Rechtsgrundlage für eine Erstattung ihrer Finanzierungskosten ist nicht ersichtlich. § 1100 BGB betrifft nur den Kaufpreis als solchen. Zudem hatte die Beklagte zu 2) keine Veranlassung, den Kaufpreis bereits zu zahlen, da dieser nach dem zwischen den Beklagten geschlossenen Kaufvertrag erst fällig werden sollte, wenn feststand, dass das Vorkaufsrechts nicht ausgeübt würde (vgl. S. 6 des Kaufvertrages unter d)). Solange der Rechtsstreit über das Vorkaufsrecht anhängig war, trat mithin Fälligkeit nicht ein.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs.1 ZPO; der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Streitwert für den Berufungsrechtszug: 553.899,54 EUR

(Berufung der Beklagten zu 1): 866.666,67 DM = 443.119,63 EUR,

(I. und II. des erstinstanzlichen Ausspruchs);

Berufung der Beklagten zu 2): 216.666,67 DM = 110.779,91 EUR,

(III. des erstinstanzlichen Ausspruchs, 1/4 des Wertes des ausgeübten Vorkaufsrechts))

Die Zulassung der Revision ist nicht gemäß § 543 ZPO n.F. veranlasst, da die Sache vor dem Hintergrund, dass der Klage im Hinblick auf § 242 BGB auch ohne Rücksicht auf die Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts stattzugeben wäre, weder von grundsätzlicher Bedeutung ist, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

 

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