Oberlandesgericht München
Az: 32 Wx 164/08
Beschluss vom 17.02.2009
Leitsätze:
1. Setzt sich ein Wohnungseigentümer gegen einen Wirtschaftsplan zur Wehr, dem in Fortsetzung einer langjährig geübten Verfahrensgepflogenheit nicht das Kalenderjahr zu Grunde liegt, so handelt er treuwidrig, wenn er den Übergang zu dem vom Gesetz oder der Teilungserklärung vorgesehenen Zeitraum nicht vor der Herstellung der Abrechnung einfordert und mit der Auswahl des Abrechnungszeitraumes keine materiellen Nachteile für ihn verbunden sind.
2. Führen Fehler im Wirtschaftsplan dazu, dass nur verhältnismäßig geringfügige laufende Mehrbelastungen auf die einzelnen Wohnungseigentümer zukommen, führen diese Fehler nicht schon zu einer Anfechtbarkeit des Wirtschaftsplans, da der Ausgleich durch die Jahresabrechnung erfolgt.
3. Bei Auftragsvergabe an einen Architekten oder Bauingenieur verstößt die Unterlassung der Einholung von Vergleichsangeboten jedenfalls dann nicht gegen den Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sich das Angebot bei überschlägiger Berechnung im Bereich des Mindesthonorars nach der HOAI bewegt.
Sachverhalt:
Der Antragsteller hat mit Antrag vom 26.3.2007 die Tagesordnungspunkte 1 (Jahreseinzel und Jahresgesamtabrechnung 2006), 2 (Einzel- und Gesamtwirtschaftsplan 2007 inkl. Zuführung zur Instandsetzungsrücklage) und 4 c – e (Sanierung der Blechdächer und Beauftragung des Ingenieursbüros V. hinsichtlich der Dachsanierung und Finanzierung der Dachsanierung) des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 6.3.2007 angefochten. Das Amtsgericht wies die Anträge vollumfänglich zurück. Auf die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde änderte das Landgericht diesen Beschluss dahingehend ab, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung zur Genehmigung der Jahreseinzel- und Jahresgesamtabrechnung 2006 (TOP 1) für unwirksam erklärt wurde und wies im Übrigen die sofortige Beschwerde zurück. Die sofortige weitere Beschwerde blieb erfolglos.
Aus den Gründen:
1. …
2. Diese Ausführungen (des Landgerichts) halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 43 Abs. 1 WEG a.F., § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG, § 546 ZPO). Auf die vom Landgericht zutreffend dargelegten Gründe wird Bezug genommen. Im Hinblick auf das Vorbringen des Rechtsbeschwerdeführers ist ergänzend auszuführen:
a) Das Landgericht hat zu Recht die sofortige Beschwerde bezüglich des Einzel- und Gesamtwirtschaftsplans 2007 zurückgewiesen.
aa) Es musste nicht schon wegen des teilweisen Fehlens einer Begründung in der amtsgerichtlichen Entscheidung zum Einzel- und Gesamtwirtschaftsplan 2007 den erstinstanziellen Beschluss aufheben, da das Landgericht als Tatsacheninstanz an die Stelle des Amtsgerichts tritt. In der Entscheidung des Landgerichts wird aber ausführlich auf die Frage der Wirksamkeit des Einzel- und Gesamtwirtschaftplans eingegangen.
bb) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass das Berufen des Antragstellers auf das Abweichen der Gültigkeitsdauer des Einzel- und Gesamtwirtschaftplan vom Kalenderjahr treuwidrig ist (§ 242 BGB). Der Senat schließt sich mit den Vorinstanzen insofern der Auffassung des OLG Celle Beschl. v. 28.05.2002 – 4 W 60/02 (insoweit in GuT 2002, 188 f. nicht abgedruckt) an. Die Anordnung des Kalenderjahres als Abrechnungszeitraum in § 28 Abs. 1 und Abs. 3 WEG ist lediglich eine Ordnungsvorschrift. Dass die Verwalterin diese nicht beachtet hat, berührt die materiellen Belange des Antragstellers nicht. Dieser hat auch nicht etwa darlegt, dass ihm durch diese Abrechnungsweise der Verwaltung wesentliche Nachteile entstehen. Der Antragsteller hat diese Verfahrensweise über Jahre unwidersprochen hingenommen und er hat vor der Herstellung der hier in Rede stehenden Pläne nur einmal im Jahre 2003 die Beachtung der gesetzlichen Abrechnungszeiträume eingefordert. Angesichts der auf der Hand liegenden Tatsache, dass die rückwirkende Umstellung der Abrechnungszeiträume mit erheblichen Mühen verbunden wäre, verhält sich der Antragsteller treuwidrig (§ 242 BGB), wenn er, ohne dass für ihn ein wirtschaftlicher oder sonstiger Vorteil damit verbunden wäre, nunmehr eine aufwändige und kostenträchtige Neuherstellung der Abrechnung begehrt. Auch ein etwaiger Mehraufwand bei seiner Steuererklärung, den der Antragsteller auch bisher hingenommen hat, stellt keinen wesentlichen Nachteil dar.
cc) Das Fehlen der Zinseinnahmen führt, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, nur zu einer im Verhältnis zum Gesamthaushalt geringen Ungenauigkeit der ohnehin zu treffenden Prognoseentscheidung. Da auf Grund des Wirtschaftsplans nur vorläufige Zahlungen geleistet werden und durch die Jahresabrechnung ohnehin abzurechnen ist, was wohl 2008 bereits erfolgt sein dürfte, liegt darin noch kein Fehler, der zu einer nicht ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 21 Abs. 5 WEG) führt.
dd) Sonstige Fehler des Einzel- und Gesamtwirtschaftsplans 2007 hat der Antragsteller im Rechtsbeschwerdebegründungsschriftsatz nicht mehr gerügt und sind auch nicht ersichtlich.
b) Auch die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde bezüglich der Dachsanierung und deren Finanzierung ist nicht zu beanstanden, da auch insoweit die Beschlüsse der Eigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung entsprachen (§ 21 Abs. 5 WEG).
aa) Entgegen der Ansicht des Antragstellers war im vorliegenden Einzelfall keine gesonderte Bestandsaufnahme von Schäden und Sanierungsbedürftigkeit vor Beschlussfassung über die Sanierungsmaßnahmen erforderlich, da zum einen nach den Feststellungen des Landgerichts verschiedene gutachterliche Stellungnahmen vorliegen, die die Sanierungsbedürftigkeit feststellten, und zum anderen bereits zur Teilsanierung der Dächer bestandskräftige Beschlüsse bestehen. Der Verwalter konnte davon ausgehen, dass über die grundsätzliche Sanierungsbedürftigkeit Einigkeit bestand und es nur noch um die Modalitäten ging, zumal auch in der Versammlung, ausweislich des Protokolls, keine Einwendungen gegen die Sanierungsbedürftigkeit erhoben wurden. Die Durchführung einer erneuten Bestandsaufnahme hätte nur zusätzliche Kosten ausgelöst.
(…)
c) Auch die Auftragsvergabe an das Ingenieurbüro V. ohne Ausschreibung entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 5 WEG). Da dieses bereits in die früheren Sanierungsarbeiten am Dach eingeschaltet war, war die Auftragsvergabe an diese durchaus sinnvoll. Ausweislich des Versammlungsprotokolls lag ein konkretes Kostenangebot über ein Pauschalhonorar vor, nach dem die Leistungsphasen 6 bis 8 nach § 15 Abs. 1 HOAI vergeben werden sollten. Geht man von anrechenbaren Kosten von 115.000 € aus – diese beruhten auf konkreten Erfahrungen von Vorausschreibungen -, so lag nach überschlägiger Berechnung bei Honorarzone III (Gebäude mit durchschnittlichen Anforderungen, insbesondere Wohnhäuser mit durchschnittlicher Ausstattung) das vereinbarte Honorar mit dem üblichen Umbauzuschlag von 20% im Bereich des Mindesthonorars. Da somit die Verwaltung davon ausgehen konnte, es würde kein günstigeres Angebot zustande kommen, musste keine Ausschreibung vorgenommen werden, zumal ein anderer Architekt jedenfalls noch die Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) berechnen würde. Da in der Regel bei Unterschreitung des Mindesthonorars mit Nachforderungen gerechnet werden muss (vgl. BGH NZBau 2009, 33), kann auch keine Ausschreibung zur Suche nach einem Architekten verlangt werden, der dieses noch weiter unterschreitet.