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Familienrecht: Häufige Irrtümer und deren Richtigstellung.

Irrtümer im Familienrecht

Haben Sie schon alles über Familienrecht gelesen? Wir bezweifeln es. In diesem Artikel klären wir häufige Irrtümer auf und stellen die Fakten richtig. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, was Sie wirklich wissen sollten, bevor Sie sich in eine Familienangelegenheit einmischen.

Aktuelle Rechtsprechung

Bundesverfassungsgericht: Schutz des Familiengrundrechts gilt auch für die Bestellung einer Betreuer/in

Aus Art. 6 Abs. 1 GG ergibt sich der verfassungsrechtliche Schutz der Familie. Er greift auch im Rahmen einer Betreuung. Die Mutter einer an Schizophrenie leidenden Tochter hat sich erfolgreich mit einer Verfassungsbeschwerde gegen ihre Entlassung als Betreuerin und die Einsetzung einer Berufsbetreuung zur Wehr gesetzt.

Die Bedeutung und Tragweite der persönlichen Beziehung und familiären Bindung sind gem. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG auch bei der Entscheidung über eine Betreuung zu berücksichtigen (BVerfG, Beschluss v. 31.03.2021, 1 BvR 413/20).

Irrtum Nr. 1: Nach der Hochzeit gehört den Ehegatten alles jeweils zur Hälfte:

Familienrecht Irrtümer
(Symbolfoto: Von krivinis/Shutterstock.com)

Falsch! Nach dem gesetzlichen Regelfall leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, sofern sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben. Die sog. Zugewinngemeinschaft ist vom Grundsatz der Vermögenstrennung geprägt, so dass jeder Ehegatte Eigentümer und Inhaber seines Vermögens bleibt. Das gilt ausdrücklich auch für das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen, das zunächst dem Ehepartner gehört, der es eingenommen bzw. gekauft hat. Ein sog. Zugewinnausgleich findet in der Regel erst dann statt, wenn die Ehe einmal geschieden wird.

Es sei denn die Ehegatten wechseln während der Ehe den Güterstand. Dies kann steuerliche und erbrechtliche Vorteile haben (sog. Güterstandsschaukel).

Beim Zugewinnausgleich wird das Vermögen für beide Ehepartner getrennt zu Beginn der Ehe und zum Zeitpunkt der Scheidung ermittelt. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.

Irrtum Nr. 2: Ehegatten haften untereinander für ihre jeweiligen Schulden:

Nein! Sofern die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, gilt für Schulden nichts anderes als für das Vermögen (s.o. Irrtum Nr. 1). Für die vor und während der Ehe entstandenen Verbindlichkeiten haftet jeder Ehegatte grundsätzlich allein und mit seinem eigenen Vermögen; er braucht also nicht für die Schulden des anderen Ehegatten einzustehen. Lediglich bei Geschäften zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs der Familie besteht eine Ausnahme (sog. Schlüsselgewalt; z.B. die Anschaffung von Lebensmitteln oder Kleidungsstücken für die Familie). Ansonsten ist eine Haftung nur dann möglich, wenn ein Ehegatte beispielsweise eine (wirksame) Bürgschaftserklärung abgibt oder beide Ehepartner gemeinsam einen Kreditvertrag unterzeichnen. Anders ist die Rechtslage hingegen, wenn die Ehegatten durch einen Ehevertrag – abweichend von dem gesetzlichen Regelfall – im Güterstand der sog. Gütergemeinschaft leben. Diese ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten wird. Dieses sog. Gesamtgut haftet dann für alle Schulden der Ehegatten mit der Folge, dass auch für die von nur einem Ehegatten eingegangenen Verbindlichkeiten das Vermögen beider Ehegatten haftet.


Irrtum Nr. 3: Ein Ehevertrag kann nur vor der Hochzeit geschlossen werden:

Falsch! Es handelt sich hierbei um einen sehr weit verbreiteten Irrtum. Richtig ist, dass ein Ehevertrag sowohl vor der Hochzeit als auch während der Ehe geschlossen werden kann. § 1408 BGB regelt sogar ausdrücklich, dass auch nach der Eingehung der Ehe der Güterstand noch durch einen Ehevertrag aufgehoben oder geändert werden kann. Allerdings bedarf ein Ehevertrag zur Wirksamkeit der notariellen Beurkundung.


Irrtum Nr. 4: Ehegatten können sich durch die Hochzeit automatisch gegenseitig vertreten:

Auch hierbei handelt es sich um einen häufigen Rechtsirrtum. Oftmals wird eine Heirat (zusätzlich) legitimiert mit der Argumentation, dass man z.B. im Falle einer dringend notwendigen medizinischen Behandlung als Ehegatte des Patienten auskunftsberechtigt gegenüber den Ärzten sein möchte und/oder eine medizinische Behandlung dann notfalls – ohne oder gar gegen den Willen des schwer erkrankten und nicht mehr ansprechbaren Ehegatten – ggf. einleiten bzw. abbrechen könne. Eine durch die Ehe automatisch eintretende Generalvollmacht hat der Gesetzgeber jedoch bewusst nicht vorgesehen. Eheleute können nicht alleine deshalb, weil sie verheiratet sind, ohne weiteres füreinander rechtsgeschäftlich handeln. Eine Ausnahme hat der Gesetzgeber lediglich für die sog. Schlüsselgewalt – also für diejenigen Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie – vorgesehen (s.o. Irrtum Nr. 2). Bei allem, was darüber hinausgeht, unterscheidet das Gesetz hinsichtlich der Frage der Vertretungsmacht (damit ist die Befugnis gemeint, für eine andere Person wirksam rechtsgeschäftlich zu handeln) – so unromantisch das im Einzelfall auch klingen mag – nicht zwischen einem Ehegatten und einem beliebigen Dritten. Auf das einleitende Beispiel bezogen bedeutet dies, dass die Schweigepflicht des behandelnden Arztes eines Ehegatten in der Regel auch gegenüber dem anderen Ehegatten gilt, er also mitnichten alleine aufgrund seiner Stellung als Ehegatte medizinische Auskünfte erhalten darf. Auch die Einwilligung in eine medizinische Behandlung des Ehegatten bzw. deren Abbruch ist ohne eine gesonderte Vollmacht im Regelfall nicht möglich. Wer also für solche Fälle gewappnet sein möchte, sollte rechtzeitig über die Errichtung einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht nachdenken.


Irrtum Nr. 5: Bei einer einvernehmlichen Scheidung kann man auf den Anwalt auch verzichten:

Nein, zwar vereinfacht eine einvernehmliche Trennung das gesamte Scheidungsverfahren, ermöglicht es aber nicht, auf einen Rechtsanwalt zu verzichten. Die Scheidung durch einen Richter setzt einen entsprechenden Scheidungsantrag voraus, der nur durch einen Anwalt gestellt werden kann. Im Scheidungsverfahren herrscht also grundsätzlich Anwaltszwang.


Irrtum Nr. 6: Bei einer einvernehmlichen Scheidung kann ein Anwalt beide Parteien vertreten:

Nein, dies ist nicht möglich, da es einem Rechtsanwalt bereits aufgrund seiner Berufsordnung nicht gestattet ist, widerstreitende Interessen zu vertreten. Was jedoch oftmals gemeint ist, wenn von einem „gemeinsamen“ Anwalt im Rahmen eines Scheidungsverfahrens gesprochen wird, ist die Konstellation, dass bei einer Einvernehmlichkeit aus Kostengründen nur eine Partei einen Anwalt beauftragt und dieser dann den Scheidungsantrag beim Familiengericht stellt. Die Parteien vereinbaren dann intern, sich die Kosten für den Rechtsanwalt zu teilen.


Irrtum Nr. 7: Gegen den Willen des Partners ist eine Scheidung nicht möglich:

Falsch! Eine Scheidung ist natürlich auch gegen den Willen des Partners möglich. Voraussetzung ist lediglich, dass das Trennungsjahr abgelaufen ist und ein Scheidungsantrag gestellt wurde. Man spricht von einer sog. „einverständlichen Scheidung“, wenn entweder ein beiderseitiger Scheidungsantrag oder aber eine Zustimmung des anderen Ehegatten vorliegt. Es wird dann unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist und somit kann sie nach Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden. Eine sog. „streitige Scheidung“ ermöglicht die Scheidung auch gegen den Willen des anderen Ehegatten unabhängig vom Nachweis, dass die Ehe gescheitert ist. Es wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren voneinander getrennt leben. Allerdings kann die Ehe auch schon vor Ablauf der drei Jahre geschieden werden, wenn eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann. Die einseitige Zerrüttung auf Seiten eines Ehegatten reicht bereits aus, wenn offensichtlich ist, dass dieser unter keinen Umständen mehr dazu bereit ist, zu dem anderen Ehegatten zurückzukehren, um die Ehe fortzusetzen (z.B. indem er dauerhaft eine neue Partnerschaft eingeht).


Irrtum Nr. 8: Eltern haften für ihre Kinder:

Es handelt sich hierbei nahezu schon um einen Klassiker der Baustellenbeschilderung, der aber zugleich auch ein geläufiger Rechtsirrtum ist. Die zunächst einmal erschreckende Wahrheit lautet: Eltern haften gar nicht für ihre Kinder. Verursacht ein Kind einen Schaden – beispielsweise indem es mit einem Stein ein Auto zerkratzt, so haftet das Kind u.U. – je nach Alter – selbst. Dabei gilt: ist das Kind unter sieben Jahre alt, so ist es deliktsunfähig und haftet somit für gar keinen Schaden. Kinder zwischen sieben und achtzehn Jahren haften grundsätzlich – je nach individueller Einsichtsfähigkeit – für von ihnen verursachte Schäden. Für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren gilt zudem eine Haftungsprivilegierung für den Bereich des Straßenverkehrs. Die Eltern haften für ihre Kinder nur dann, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Diese Haftung beruht jedoch nicht auf dem Eltern-Kind-Verhältnis (und erklärt somit den Fehler dieses Irrtums Nr. 8), sondern darauf, dass sie eine ihnen obliegende Pflicht – die Aufsichtspflicht – verletzt haben. Sie haften also nicht für das Fehlverhalten des eigenen Kindes, sondern für ihr eigenes Fehlverhalten. Verletzen die Eltern (bzw. die Aufsichtspflichtigen) ihre Aufsichtspflicht, so haften sie ggf. Dritten gegenüber für den daraus entstandenen Schaden. Die Ersatzpflicht tritt jedoch nicht ein, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht genügt haben oder wenn der Schaden auch bei entsprechender Aufsichtsführung entstanden wäre. Was Eltern im Rahmen ihrer Aufsichtspflichten tun müssen, hängt vom Alter des Kindes, der konkreten Situation und damit letztlich immer vom Einzelfall ab.


Irrtum Nr. 9: Eltern müssen die Rechnungen ihrer Kinder begleichen:

Nein! Minderjährige unter sieben Jahren sind geschäftsunfähig, d.h. sie können überhaupt keine wirksamen vertraglichen Verpflichtungen eingehen. Kinder zwischen dem siebten und dem achtzehnten Lebensjahr sind beschränkt geschäftsfähig, d.h. sie können Rechtsgeschäfte nur dann wirksam abschließen, wenn diese lediglich rechtlich vorteilhaft sind oder der Erziehungsberechtigte dem Rechtsgeschäft vorher zugestimmt hat. Falls diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam und hängt von der Genehmigung der Eltern ab. Erteilen sie die Genehmigung, wird das Rechtsgeschäft wirksam und die Zahlungsverpflichtung tritt ein. Verweigern sie jedoch die Genehmigung, so bleibt das Rechtsgeschäft nichtig und es entsteht keine Zahlungsverpflichtung. Dabei ist zu beachten, dass nicht etwa die Eltern durch die Genehmigung Vertragspartner werden, sondern das Kind.


Irrtum Nr. 10: Eine Kurz-Ehe kann man einfach wieder annullieren lassen:

Falsch! Jede Ehe – gleichgültig ob sie nur für einen Tag oder aber für mehrere Jahrzehnte geschlossen wurde – muss für ihre Aufhebung denselben Prozess durchlaufen. Im Regelfall erfordert dies einerseits die Einhaltung des Trennungsjahres sowie den Antrag eines Ehepartners auf Scheidung.


Irrtum Nr. 11: Nach der Scheidung bekommt stets die Frau das Sorgerecht zugesprochen:

Nein, der Gesetzgeber sieht vor, dass das gemeinsame Sorgerecht der Regelfall ist. Daran ändern Trennung und Scheidung grundsätzlich nichts. Eine Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf einen Elternteil ist nur dann möglich, wenn der andere Elternteil zustimmt bzw. die Übertragung dem sog. „Kindeswohl“ entspricht. Anders ist die Sorgerechtslage jedoch bei Geburt eines nichtehelichen Kindes. Hier sieht der Gesetzgeber tatsächlich nach der Geburt des Kindes als Regelfall erst einmal das alleinige Sorgerecht der Mutter vor. Ein gemeinsames Sorgerecht besteht nur dann, wenn die Eltern erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärung), wenn sie heiraten oder soweit ihnen das Familiengericht das gemeinsame Sorgerecht überträgt.

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