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Werkstattrisiko nach Verkehrsunfall

AG Wuppertal – Az.: 33 C 57/16 – Urteil vom 10.05.2017

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Kläger von der Zahlung restlicher Reparaturkosten in Höhe eines Betrages von 107,58 EUR freizustellen.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 93,42 EUR freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 86 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 14 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können jeweils die Zwangsvollstreckung abwenden, wenn sie zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten, wenn nicht zuvor die jeweils gegnerische Partei Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Vorliegen von restlichen Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfallereignis.

Der Kläger ist Halter eines Pkw des Typs Audi A6 (Amtliches Kennzeichen: X). Die Beklagte zu 1. war zum Unfallzeitpunkt Fahrerin des Pkws des Typs Ford Transit (Amtliches Kennzeichen: X), dessen Halter die Beklagte zu 2. war. Zum Zeitpunkt des Unfalls war das Beklagtenfahrzeug bei der Beklagten zu 3. haftpflichtversichert. Der Verkehrsunfall ereignete sich am 28.03.2015 gegen 11.45 Uhr auf dem Parkplatz der Supermarktkette „L“ an der V-Straße in X. Die Beklagte zu 1. stieß beim Öffnen der Beifahrertür aus Unachtsamkeit diese gegen den vorderen linken Kotflügel des klägerischen Fahrzeugs.

Der Kläger ließ den Schaden mittels Gutachten der Firma D GmbH schätzen und den Pkw später bei der Firma Y reparieren. Dabei entstanden Kosten in Höhe von 2.190,91 EUR (brutto). Die Reparaturkosten wurden nicht vom Kläger bezahlt. Die Beklagte zu 2. regulierte darauf einen Betrag in Höhe von 1.413,08 EUR. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten beglich der Kläger nicht.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.12.2015 forderte der Kläger die Beklagten zu Zahlung in Höhe des Differenzbetrages mit Frist bis zum 28.12.2015 erfolglos auf.

Der Kläger behauptet, dass alle von der Fa. Y behobenen Schäden unfallbedingt und alle dort durchgeführten Arbeiten erforderlich waren, um diese zu beheben. Insbesondere sei die Beilackierung nötig gewesen, um etwaige Farbunterschiede zu verhindern. Weiterhin habe die Fa. Y keine eigene Lackiererei und habe den Wagen zu diesem Zweck zu einem anderen Standort verbringen müssen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihn von Reparaturkosten in Höhe von 777,83 EUR freizustellen.

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 EUR freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat auf Grundlage des Beweisbeschlusses vom 24.08.2016 Beweis erhoben durch Einholung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. O vom 25.02.2017. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, sowie auf die zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Werkstattrisiko nach Verkehrsunfall
(Symbolfoto: Von Memory Stockphoto/Shutterstock.com)

Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in tenorierter Höhe gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 StVG bzw. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 VVG.

Die grundsätzliche Haftung der Beklagten als Halter, Fahrer und Versicherer des auf der Beklagtenseite beteiligten Fahrzeuges für die eingeklagten materiellen Schäden ergibt sich aus §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG, da diese Schäden bei dem Betrieb des Kraftfahrzeuges entstanden, § 7 Abs. 1 StVG.

Er wurde auch nicht durch höhere Gewalt verursacht, § 7 Abs. 2 StVG, denn es liegt kein außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder Handlungen dritter betriebsfremder Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis vor, das mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch nach den Umständen äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden konnte. Der Unfall wurde auch unbestritten von der Beklagten zu 1. allein verursacht, § 17 Abs. 1 StVG.

Der Höhe nach hat der Kläger hingegen lediglich einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 107,58 EUR, da dies den weiteren Geldbetrag darstellt, der zur Schadensbehebung erforderlich war.

In der Höhe ist dem Geschädigten der Betrag zu ersetzen, der zur Behebung der unfallbedingten Schäden erforderlich war. Nach einem Verkehrsunfallereignis, bzw. Schadensereignis generell, sind dem Geschädigten all die Kosten zu ersetzen, die für die Behebung des Schadens erforderlich sind, § 249 BGB. Dabei sind die Aufwendungen zu ersetzen, die ein verständlicher, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (BGH, Urteil vom 18.10.2011, VI ZR 17/11). Hierbei sind insbesondere die Positionen heranzuziehen, die tatsächlich angefallen sind und die der Geschädigte für erforderlich halten durfte. Dabei hat der Geschädigte grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Arbeiten nach dem heutigen Stand der Technik durchgeführt werden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das hier anerkennende Gericht zu der Überzeugung gekommen, dass die Beilackierung des vorderen Stoßfängers und der Parksensoren, sowie der Einstiegstür vorne links nicht erforderlich im Sinne der Norm sind. Diese Kosten in Höhe von 670,25 EUR sind aus diesem Grund nicht zu ersetzen. Der Sachverständige O erläuterte in seinem Gutachten vom 25.02.2017, dass die Beilackierung im Stoßfängerbereich nicht nötig ist, da eine solche auch keine besseren Ergebnisse bezüglich etwaiger Farbtonunterschiede erbringen würde. Er legte dar, dass es in der Regel schon möglich ist durch eine solche Beilackierung Farbunterschiede zwischen bestehendem und auszubesserndem Lack zu vermeiden. Vorliegend soll die Beilackierung hingegen auch am Kotflügel erfolgen, wo sich u.a. Schadstelle befindet. Dabei stellt er jedoch fest, dass ein Farbtonunterschied zwischen Stoßfänger und Kotflügel schon technisch gesehen nicht vermieden werden kann und damit dem Stand der Technik angehört, da beide Fahrzeugteile ein unterschiedliches Material aufweisen. Ein solcher liegt auch bei fabrikneuen Fahrzeugen vor, da die Lackierung auf Metall stets anders aussieht, als auf Kunststoff. Dabei betont der Sachverständige, dass diese Farbunterschiede auch aufgrund dessen bewusst von den Fahrzeugherstellern als Design genutzt wird.

Als Alternative zur Beilackierung ist es laut Sachverständigen möglich durch partielles Lösen und Abkleben des Stoßfängers den Kotflügel zu lackieren. Etwa 60 bis 70 cm weiter zur Fahrertür hin könnte man die sogenannte Blending-Methode anwenden, was auch insbesondere im Hinblick auf die geringe Fläche der Lackverletzung möglich und geboten ist. Er betont, dass die Beilackierung keine besseren Ergebnisse erzielt hätte. Bei gleichbleibendem Ergebnis ist dabei nur der günstigere Aufwandspreis zu erstatten.

Hingegen ergibt sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dass die Verbringungskosten in Höhe von 107,58 EUR zur Schadensbehebung erforderlich waren, sodass diese dem Kläger zu ersetzen ist. Der Sachverständige stellte in seinem Gutachten fest, dass zwischen der Filiale, zu der das klägerische Fahrzeug vom Geschädigten gebracht wurde, und der, die die Lackiererei betreibt, eine Strecke von 10 km liegt, sodass die Verbringung erforderlich war. Auch ist dem Kläger als Geschädigten kein Mitverschulden bezüglich der Auswahl anzulasten, da ihm aufgrund seines Wohnortes nicht ohne Weiteres zumutbar war, sein Fahrzeug direkt zu der Filiale zu bringen, in der sich die Lackiererei befindet.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 186, 188 BGB.

Weiterhin hat die Klägerin einen Anspruch auf außergerichtliche Anwaltskosten nach dem Gegenstandswert, in dem sie hier obsiegt, da nach allgemeiner Ansicht die Rechtsverfolgung nur in der Höhe zweckmäßig und erforderlich war (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 249 Rn. 57). Danach berechnet sich sein Anspruch auf diese Kosten anhand einer 1,3fachen Gebühr den Gegenstandswert betreffend, in dessen Höhe die Klägerin obsiegt. Zuzüglich einer Pauschale in Höhe von 20,00 EUR und Mehrwertsteuer ergibt sich der tenorierte Betrag.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 925,39 EUR festgesetzt.

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