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Widerruf roter Dauerkennzeichen bei Beanstandungen des Kontrollheftes

Oberverwaltungsgericht Bremen – Az.: 1 B 55/21 – Beschluss vom 18.03.2021

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen – 5. Kammer – vom 15. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird ebenfalls auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf des ihm zugeteilten roten Dauerkennzeichens und gegen die ihm auferlegte Pflicht zur Abgabe dieses Kennzeichens einstweilen bis zur Entscheidung in der Hauptsache wiederherzustellen.

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, ergeben nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern ist.

Die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an rascher Durchsetzung des Widerrufs der Zuteilung des roten Dauerkennzeichens zur wiederkehrenden Verwendung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich sowohl der mit Bescheid vom 18.09.2018 ausgesprochene Widerruf der Zuteilung des roten Dauerkennzeichens (1.) als auch die mit Verfügung vom 04.09.2020 angeordnete Rückgabepflicht (2.) bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweisen und dass ein besonderes Vollzugsinteresse gegeben sei (3.).

1. Die Einschätzung der Antragsgegnerin und des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 FZV für die Zuteilung des roten Kennzeichens zur wiederkehrenden betrieblichen Verwendung lägen im Fall des Antragstellers nicht mehr vor, weil der Antragsteller nicht mehr zuverlässig im Sinne des § 16 Abs. 3 FZV sei, ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden. Die Zuverlässigkeit i.S.d. § 16 Abs. 3 FZV ist regelmäßig jedenfalls dann in Frage gestellt, wenn die betreffende Person gegen die einschlägigen Vorschriften im Umgang mit den roten Dauerkennzeichen verstoßen hat (BayVGH, Beschl. v. 28.10.2015 – 11 ZB 15.1618, juris Rn. 13; SächsOVG, Beschl. v. 05.03.2019 – 3 B 367/18, juris Rn. 7).

Das ist hier der Fall. Das Verwaltungsgericht hat zunächst ausführlich dargelegt, dass der Antragsteller die mit dem Kennzeichen unternommenen Fahrten bereits nicht den in § 16 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 FZV normierten Anforderungen entsprechend in den Fahrzeugschein- und Fahrtennachweisheften dokumentiert habe. Das Verwaltungsgericht hat zudem festgestellt, dass der Antragsteller den vom Gesetz begrenzten Einsatzbereich des roten Kennzeichens überschritten habe. Nach § 16 Abs. 1 FZV dürften diese nur zu unternehmensbedingten Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrten angebracht werden. Die Fahrt am 18.07.2018 mit einem Mercedes Transporter unter Verwendung des roten Kennzeichens durch den Bruder des Antragstellers sei nicht als eine solche Fahrt zu sehen. Das Verwaltungsgericht hat sodann die Auffassung vertreten, dass sich aus diesen Verstößen in einer Gesamtschau die Unzuverlässigkeit des Antragstellers ergebe.

Diese Argumentation wird vom Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Soweit der Antragsteller lediglich geltend macht, dass hinsichtlich der Fahrt mit dem Mercedes Transporter am 18.07.2018 sowohl ein Bußgeldverfahren gegen ihn wie auch gegen den seinerzeitigen Fahrzeugführer eingeleitet worden sei, im Rahmen der Beweisaufnahme der Sachverhalt dann geklärt und das Verfahren bezogen auf den Fahrzeugführer eingestellt worden sei, ergibt sich nichts anderes. Der Antragsteller legt bereits nicht dar, mit welchem Ergebnis der Sachverhalt im Rahmen der Beweisaufnahme geklärt worden sein soll. Er belegt zudem die Einstellung des Bußgeldverfahrens gegenüber dem Fahrzeugführer nicht, worauf auch bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat. Schließlich führt er auch nicht aus, welchen Stand das nach seinen eigenen Angaben auch ihm gegenüber eingeleitete Bußgeldverfahren hat. Soweit der Antragsteller auf „den diesbezüglichen Sachvortrag“ verweist, genügt dies dem Darlegungserfordernis nicht.

2. Mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich auch die mit Bescheid vom 04.09.2020 angeordnete Rückgabepflicht bei summarischer Prüfung als rechtmäßig erweist, setzt sich die Beschwerdebegründung bereits nicht auseinander.

3. Das Verwaltungsgericht ist schließlich vom Vorliegen eines besonderen Vollzugsinteresses ausgegangen. Dabei hat es maßgeblich darauf abgestellt, dass im Hinblick auf die Vielzahl der Verstöße gegen die Pflichten eines Inhabers roter Kennzeichen durch den Antragsteller, die Befürchtung, dass es zeitnah zu weiteren ähnlichen Verstößen komme, nicht fernliegend sei. Die Befugnisse aus § 16 FZV, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer stünden, erforderten die absolute Zuverlässigkeit des Inhabers eines roten Kennzeichens; es müsse gewährleistet sein, dass dieser die ihm mit der Zuteilung obliegenden Verpflichtungen korrekt einhalte. Dieser Umstand sei gewichtig und dulde angesichts der wiederholten und schwerwiegenden Verstöße des Antragstellers auch nach Erlass der Widerrufsverfügung vorliegend keinen Aufschub, so dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung für gerechtfertigt erachtet werde.

Hierauf geht die Beschwerdebegründung bereits nicht ein.

Lediglich ergänzend und offensichtlich selbständig tragend hat das Verwaltungsgericht noch ausgeführt, dass der Antragsteller auch nach Erlass der Widerrufsverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides weitere Verstöße gegen die ihm aus § 16 FZV obliegenden Pflichten begangen habe, die jeweils die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigten. So ließen die Kilometerstände eines unstreitig zu keinem Zeitpunkt zugelassenen VW Polos des Antragstellers nach Aktenlage hinreichend sicher vermuten, dass das dem Antragsteller zugeteilte rote Kennzeichen missbräuchlich verwendet worden sei. Nach Aktenlage sei zudem hinreichend belegbar, dass das rote Kennzeichen am 03.09.2018 zu missbräuchlichen Zwecken verwendet worden sei, weil der VW Polo an diesem Tag im öffentlichen Straßenraum geparkt gewesen sei und eine Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrt an diesem Tag weder vorgetragen noch aus den maßgeblichen Unterlagen ersichtlich sei. Ein weiterer Umstand, der die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertige, sei schließlich der Vorfall vom 07.03.2019. Der Bruder und die Mutter des Antragstellers seien an diesem Tag bei einer Fahrt nach Polen mit dem im Besitz des Antragstellers stehenden schwarzen Jaguars mit den roten Dauerkennzeichen von der Polizei angetroffen worden und hätten lediglich private Gründe für die Fahrt angegeben.

Soweit der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen die missbräuchliche Verwendung der roten Kennzeichen in diesen Fällen teilweise in Abrede stellt, kann dies bereits deshalb der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil es sich dabei lediglich um ergänzende und selbständig tragende Begründungen des Verwaltungsgerichts zum Vorliegen des besonderen Vollzugsinteresses handelt.

Davon abgesehen ist das Vorbringen aber auch nicht geeignet, die Annahmen des Verwaltungsgerichts zu diesen Vorfällen in Zweifel zu ziehen. Soweit der Antragsteller hinsichtlich des Kilometerstandes von 51.279 km des VW Polos auf eine insgesamt 20.000 km umfassende Überführungsfahrt nach Danzig/Polen zur Reparatur und weiter nach Wladywostok/Russland zum (letztlich gescheiterten) Verkauf im Jahr 2018 verweist, fehlt es bereits an entsprechenden Eintragungen im Fahrtennachweisheft. Jedenfalls aber erklärt diese Fahrt nicht auch die weiteren mit dem Fahrzeug gefahrenen ca. 30.000 Kilometer. Mit dem Vorfall am 03.09.2018 setzt sich der Antragsteller bereits nicht auseinander. Hinsichtlich des Ereignisses am 07.03.2019 verweist der Antragsteller auf die Einstellung des Bußgeldverfahrens gegen seinen Bruder. Das Verwaltungsgericht hat aber zutreffend auf die Unterschiede zwischen der Strafrechtspflege und dem Recht der Gefahrenabwehr hingewiesen. Das Bußgeldverfahren war mit der Begründung eingestellt worden, die Aussagen des Bruders des Antragstellers zu den privaten Gründen der Fahrt seien nicht verwertbar, weil anhand der Aussagen der polizeilichen Zeugen nicht sicher habe festgestellt werden können, ob bzw. wann der Bruder des Antragstellers über sein Schweigerecht belehrt worden sei. Für die Frage des Widerrufs der Zuteilung des roten Dauerkennzeichens reicht es jedoch bereits aus, dass der Bruder lediglich private Gründe vorgetragen hat und der Antragsteller bislang weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren substantiierte Angaben zu den Gründen der Fahrt gemacht hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung der ersten Instanz, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

Der Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

 

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