Bayerisches Oberstes Landesgericht – Az.: RE-Miet 6/92 – Urteil vom 23.03.1993
Gründe
I.
Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung, die er an die Beklagte vermietet hat. Er beabsichtigt, ein von ihm derzeit bewohntes, nach seinen Angaben durch Erdarbeiten auf einem Nachbargrundstück erheblich beschädigtes Haus abzureißen und durch einen Neubau mit mehreren Wohnungen zu ersetzen. In eine dieser Wohnungen will er dann einziehen. In der Zeit zwischen Abbruch des alten Hauses und Fertigstellung der neuen Wohnung, die er mit ca. 1 1/2 bis 2 Jahren veranschlagt, möchte er die an die Beklagte vermietete Wohnung selbst nutzen. Er hat deshalb das Mietverhältnis gekündigt. Die Beklagte bestreitet unter anderem den Eigenbedarf.
Das Amtsgericht hat die auf Räumung der Wohnung gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, Eigenbedarf könne grundsätzlich nur dann geltend gemacht werden, wenn er nicht nur vorübergehender Natur sei. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Räumungsbegehren weiter. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 11.11.1992 folgende Fragen zum Rechtsentscheid vorgelegt:
1) Ist es als berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses im Sinne von 564 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 anzusehen, wenn der Vermieter die Räume von vornherein nur vorübergehend für sich als Wohnung benötigt?
2) Bejahendenfalls: Muß der von vornherein nur vorübergehende Eigenbedarf eine bestimmte zeitliche Mindestdauer der Nutzung überschreiten, damit er als berechtigtes Interesse im Sinne von § 564 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB angesehen werden kann?
3) Bejahendenfalls: Ist eine solche zeitliche Mindestdauer nach den Umständen des Einzelfalls oder nach generellen Kriterien zu bestimmen?
4) Sofern die zeitliche Mindestdauer nach generellen Kriterien zu bestimmen ist: Besteht eine absolute zeitliche Untergrenze, die die vorgesehene Dauer der Nutzung in jedem Fall überschreiten muß? Welche Zeitspanne bildet gegebenenfalls diese Untergrenze?
Zur Begründung hat es ausgeführt, sofern ein von vornherein nur vorübergehender Eigenbedarf für eine Kündigung des Mietverhältnisses nach § 564 b Ab8. 1, Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB generell nicht ausreiche, liege eine wirksame Kündigung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses nicht vor. Zu dem selben Ergebnis komme man, wenn die vom Kläger angegebene Bauzeit für die geplante Wohnanlage eine etwa erforderliche zeitliche Mindestdauer des Eigenbedarfs unterschreiten. In beiden Fällen müsse die Berufung erfolglos bleiben, ohne daß es auf eine Beweisaufnahme ankomme. Entspreche hingegen der vom Kläger geltend gemachte vorübergehende Eigenbedarf den Anforderungen des § 564 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB, so müsse die Kündigung, wenn die Beweisaufnahme die Richtigkeit der prognostizierten Bauzeit ergebe, als wirksam angesehen werden, so daß die Berufung zum Erfolg führe. Die Kammer neige der Auffassung zu, daß eine Kündigung des Mietverhältnisses nach § 564 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich nicht zulässig sel, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung von vornherein nur vorübergehend benötige. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn die vorübergehende Nutzung sich über einen nach den Umständen des Einzelfalles erheblichen Zeitraum, in der Regel mehrere Jahre, erstrecke.
II.
1. Die Vorlage, über die das Bayerische Oberste Landesgericht zu entscheiden hat (BayObLGZ 1991, 348/350 und ständige Rechtsprechung des Senats), ist statthaft (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO, vgl. BayObLGZ 1989, 319/321 und BayObLGZ 1992, 100/102). Die übrigen Voraussetzungen für den Erlaß eines Rechtsentscheids sind nur zum Teil gegeben.
a) Die Fragen, ob der Wunsch des Vermieters, den Wohnraum vorübergehend für sich zu nutzen, als berechtigtes Interesse an der Beendigung eines Mietverhältnisses anzusehen ist und nach welchen Kriterien in einem solchen Fall die Grenzen des berechtigten Interesses festzulegen sind (Fragen 1 bis 3), können Gegenstand eines Rechtsentscheids sein (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Da sie aus einer speziell für den Kündigungsschutz bei Wohnräumen geltenden Vorschrift zu beantworten sind, handelt es sich um Fragen, die den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betreffen. Die Fragen sind auch für die Entscheidung des Landgerichts erheblich. Gegen die Auffassung des Landgerichts, von ihrer Beantwortung hänge die Wirksamkeit der von dem Kläger ausgesprochenen Kündigung und damit der Ausgang des Rechtsstreits ab, bestehen keine Bedenken. Unter Berücksichtigung der dem Senat gesetzten Grenzen der Überprüfung (vgl. BayObLGZ 1987, 36/38) sind auch keine Gründe ersichtlich, aus denen der Rechtsstreit ohne Beantwortung der Fragen Entscheidungsreif wäre. Die Fragen sind von grundsätzlicher Bedeutung, denn es ist zu erwarten, daß sie auch künftig wiederholt auftreten und unterschiedlich beantwortet werden. Sie waren bisher nicht Gegenstand eines Rechtsentscheids, auch nicht ihrem Inhalt nach (vgl. BayObLGZ 1987, 260/263), und sind nicht durch eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung geklärt (vgl. BayObLGZ 1992, 100/105).
b) Die Frage, ob es für die beabsichtigte Nutzung eine zeitliche Grenze gibt, bei deren Unterschreiten das berechtigte Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses auf jeden Fall zu verneinen ist, und wo gegebenenfalls diese Untergrenze liegt (Frage 4), ist hingegen einem Rechtsentscheid nicht zugänglich.
Ein Rechtsentscheid kann nur ergehen. wenn die vorgelegte Rechtsfrage für die Entscheidung des Landgerichts erheblich ist. Der Rechtsentscheid ist daher nicht zulässig für Fragen, an deren Beantwortung das Landgericht lediglich allgemein und für künftige Fälle interessiert sein mag, auf die es aber im gegebenen Rechtsstreit nicht ankommt (BayObLGZ 1991, 380/382). Es kann nicht Sinn eines Rechtsentscheids sein, ohne rechtserheblichen, das heißt auf den konkreten Fall bezogenen Anlaß Rechtssätze aufzustellen (BayObLGZ 1982, 173/175). Eine solche Handhabung würde dem Rechtsentscheid legislativen Charakter geben; dies entspräche nicht der Aufgabe der Gerichte, das geltende Recht auf den konkreten Fall anzuwenden (BayObLGZ 1970, 169/170).
Entscheidungserheblich ist im vorliegenden Fall die Frage, ob die Absicht des Vermieters, die vermietete Wohnung für mindestens 1 1/2 Jahre selbst zu nutzen, ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB darstellen kann. Zur Beantwortung dieser Frage kommt es nicht darauf an, ob allgemein für die Fälle vorübergehenden Wohnbedarfs des Vermieters eine zeitliche Grenze festgelegt werden kann, bzw. wo und nach welchen Kriterien eine solche Grenze zu ziehen wäre.
3. Der Senat faßt die Rechtsfragen, soweit ein Rechtsentscheid zulässig ist, unter Beschränkung auf den für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlichen Umfang (vgl. BayObLGZ 1983, 280/282) zusammen und beantwortet sie so, wie der Entscheidungssatz lautet.
a) Gemäß S 564 b Abs. 1 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum grundsätzlich nur dann kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB ist ein solches berechtigtes Interesse insbesondere gegeben. wenn der Vermieter die Räume als Wohnung benötigt. Daß der Vermieter, der in den Räumen zwar nur auf absehbare Zeit, während dieser Zeit aber dauernd wohnen möchte, die Räume als Wohnung nutzen will, unterliegt, anders als bei einer nur zeitweiligen Nutzung (vgl. dazu etwa AG München WuM 1989, 299; AG Osnabrück WuM 1989, 300: AG Charlottenburg Mietermagazin 1992, 392), keinem Zweifel. Fraglich ist aber, ob und unter welchen Voraussetzungen er die Räume als Wohnung benötigt, wenn er sie von vornherein nur für eine begrenzte, wenn auch der Dauer nach möglicherweise noch nicht endgültig feststehende Zeit nutzen will. Diese Frage wird ln Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet.
aa) Allgemein ist anerkannt, daß jedenfalls die längerfristige Nutzungsabsicht Eigenbedarf im Sinn des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB begründen kann. Denn das Gesetz verlangt nicht den Willen des Vermieters, dauernd und ständig in den Räumen zu wohnen (Franke in Fischer-Dieskau/ Pergande/Schwender Wohnungsbaurecht § 564 b BGB Anm. 15). Die Grenze wird jedoch im einzelnen unterschiedlich gezogen.
Zum Teil wird angenommen, der der Eigenbedarfskündigung zugrundeliegende Wohnbedarf müsse von mehrjähriger Dauer sein (so z.B. AG Köln WuM 1992, 250, wonach die Unterbringung eines Angehörigen für die Dauer von 2 Jahren nicht genügen soll; ähnlich LG Osnabrück WuM 1980, 207, wonach der Eigenbedarf nicht nur als Übergangslösung geltend gemacht werden darf; vgl. auch Schmidt-Futterer/Blank Wohnraumschutzgesetze 6. Aufl. § 564 b BGB Rn. B 622) wiederholt wird jedoch auch eine geplante Nutzungsdauer von mindestens 1 Jahr als ausreichend angesehen (so etwa AG Bonn WuM 1980, 53; bei 1 1/2 Jahren bejaht von AG Neumarkt WuM 1990, 510; vgl. auch LG Landau NJW-RR 1993, 81). Zum Teil wird ein Zeitraum von 3 bis 6 Monaten genannt (Barthelmess, 2. WKSchG/MHG 4. Aufl. § 564 b BGB Rn. 68 a; vgl. auch LG Hamburg WuM 1990, 22; verneinend AG Ahaus WuM 1973, 248). Jedenfalls genüge nicht die Absicht, die Wohnung nur für wenige Monate zu nutzen, während derer sich der Vermieter auch anderweitig behelfen kann (Staudinger/Sonnenschein BGB 12. Aufl. 2. Bearbeitung Rn. 65, ebenso Emmerich/Sonnenschein Miete 6. Aufl. Rn. 42 a, jeweils zu § 564 b BGB; vgl. auch Soergel/Kummer BGB 11. Aufl. Rn. 34 und BGB-RGRK/Gelhaar 12. Aufl. Rn. 19, jeweils zu § 564 b). Deshalb genüge auch nicht die Absicht, probeweise zur Überprüfung der Verträglichkeit in der neuen Lebensumgebung zu wohnen (LG Waldshut-Tiengen WuM 1978, 5; zweifelnd Barthelmess aaO).
bb) Auch die Kriterien, nach denen die Grenze zu ziehen ist, werden nicht einheitlich dargestellt. Zum Teil wird darauf abgestellt, ob es dem Mieter zuzumuten ist, für die Übergangszeit eine andere Wohnung anzumieten (Schmidt-Futterer/ Blank aaO Rn. B 622). Zum Teil wird auch auf die Art und Größe des Wohnobjekts abgehoben (Barthelmess aaO Rn. 68 a, wonach bei größeren Wohnobjekten eine längere Zelt als bei einzelnen Zimmern erforderlich sein soll). Nach anderer Auffassung muß der Nutzungswunsch ein nicht nur unerhebliches Gewicht haben; das Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses müsse das generelle Interesse des Mieters an der Beibehaltung der Wohnung überwiegen. In diesem Rahmen komme auch der Dauer des Wohnbedarfs Bedeutung zu (Sternel Mietrecht Aktuell 2. Aufl. Rn. 452; ähnlich Staudinger/Sonnenschein aaO Rn. 65 und Eisenschmid WuM 1990, 129/132). Bedeutsam soll ferner sein, ob der Vermieter die Wohnung zur Bildung seines Lebensmittelpunkts benötige, bzw. ob der Nutzungswunsch unter Beachtung der dem Vermieter bei einer vorübergehenden Nutzung entstehenden Kosten vernünftig sei (Eisenschmid aaO).
b) Nach dem Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs vom 20.1.1988 (BGHZ 103, 91) benötigt der Vermieter die Wohnung im Sinne von § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB, wenn er vernünftige, nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Wohnraums hat. Die insoweit maßgebenden Interessen des Vermieters sind bei der Entscheidung darüber, ob Eigenbedarf anzunehmen ist, nicht gegen die Belange des Mieters abzuwägen. Denn § 564 b BGB stellt ausdrücklich auf das Interesse allein des Vermieters ab. Das bei jedem Mieter vorhandene Interesse an der Beibehaltung der Wohnung ist bereits dadurch berücksichtigt, daß die Kündigung des Vermieters von den Voraussetzungen des Eigenbedarfs abhängig gemacht und damit eine ordentliche Kündigung (ohne Vorliegen eines berechtigten Interesses, insbesondere eines Eigenbedarfs) ausgeschlossen ist. Die besonderen Belange des Mieters im Einzelfall sind nur auf dessen Widerspruch nach § 556 a BGB zu beachten. Erst dann hat eine, allerdings umfassende, Abwägung der im Einzelfall gegebenen beiderseitigen Interessen stattzufinden (BGHZ aaO S. 100 f.). Diese Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht beanstandet (BVerfGE 79, 292/302 f.). Auch der Senat geht von ihr aus.
c) Ob der Vermieter vernünftige, nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Wohnraums hat, kann nur aufgrund einer umfassenden Würdigung der vom Vermieter hierfür vorgebrachten Umstände entschieden werden (vgl. OLG Karlsruhe RES § 564 b BGB Nr. 23). Ein berechtigtes Interesse scheidet jedenfalls aus, wenn der Erlangungswunsch mißbräuchlich ist (BVerfGE 79, 292/305). Das Gericht hat die Vernünftigkeit und Nachvollziehbarkeit der Kündigung zu überprüfen und etwaigen Zweifeln nachzugehen (BVerfG NJW 1989, 3007).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die Frage, ob der Vermieter die Räume als Wohnung für sich im Sinne von § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB benötigt und ihm damit ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses zur Seite steht, nicht schon deshalb verneint werden, weil von vornherein absehbar ist, daß er die Wohnung nach einer gewissen Zeit wieder räumen wird (zeitlich begrenzter Eigenbedarf). Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an.
aa) Möchte der Vermieter die Wohnung für längere Zeit in Anspruch nehmen, unterscheidet sich seine Lage nicht grundsätzlich von derjenigen eines Vermieters, der die Wohnung für unbestimmte Zeit nutzen will. Denn es gehört nicht zum Wesen des Eigenbedarfs, daß er für unbestimmte Zeit geltend gemacht wird. Es besteht kein hinreichender Grund, den Vermieter, der die Wohnung zwar begrenzt, aber längerfristig selbst nutzen möchte, anders zu behandeln als den Vermieter, der die Wohnung zwar ohne feste zeitliche Grenze, aber doch unter dem (stillschweigenden) Vorbehalt einer Änderung seiner Lebensverhältnisse nutzen will. Ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB ist daher bei einem längerfristigen Nutzungswunsch dann zu bejahen, wenn die allgemein für einen Eigenbedarf geforderten Voraussetzungen gegeben sind. Als längerfristig sieht der Senat eine Nutzung an, die auf mehrere Jahre angelegt ist. Eine exakte zeitliche Grenze kann allerdings nicht gezogen werden. Dies folgt daraus, daß die Dauer der beabsichtigten Nutzung nur einer von mehreren Faktoren ist, die für das Vorliegen vernünftiger und nachvollziehbarer Gründe maßgebend sind, wenngleich regelmäßig ein bedeutsamer.
bb) Andererseits ergibt sich daraus, daß der Vermieter die Räume nur dann „benötigt“, wenn er sie aus vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen in Anspruch nehmen will, daß Eigenbedarf nur anerkannt werden kann, wenn er auf gewisse Dauer angelegt ist. Will der Vermieter die Wohnung nur für kurze Zeit (wenige Monate) nutzen, so wird man die Kündigung rechtfertigende Gründe nicht allein deshalb bejahen können, weil er seine bisherige Wohnung aus anerkennenswerten Erwägungen verlassen möchte. Der Vermieter benötigt zwar in einem solchen Fall für die fragliche Zeit eine Wohnung. Es wäre jedoch nicht vernünftig und nachvollziehbar, wenn er trotz der damit für den Mieter regelmäßig verbundenen Folgen auf der Unterbringung gerade in der bisher von ihm vermieteten Wohnung beharrte, obwohl ihm für eine kurze Zeitspanne im allgemeinen andere Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
cc) Je länger der (zeitlich begrenzte) Zeitraum ist, für den der Vermieter die Wohnung in Anspruch nehmen möchte, um so eher wird dieser Wunsch als vernünftig und nachvollziehbar gewertet werden können. Das entspricht im übrigen auch der Wertung des Gesetzgebers. Dieser stuft das Interesse an einer zeitlich begrenzten Unterbringung geringer ein, wie sich aus dem verminderten Schutz der Wohnraummietverhältnisse mit vorübergehendem Charakter ergibt (vgl. § 564 b Abs. 7 Nr. 1 BGB und die auf diese Vorschrift verweisenden weiteren Bestimmungen des Wohnraumschutzrechts, etwa § 556 a Abs. 8, § 564 a Abs. 3 Satz 1 BGB; ferner § 565 Abs. 2 Satz 3, § 565 a Abs. 3 BGB). Der Grund liegt in der Überlegung, daß die Räume wegen des nur vorübergehenden Nutzungszwecks nicht zum Lebensmittelpunkt des Nutzers werden sollen, weil eine engere Bindung an die Wohnung nicht bezweckt und in der kurzen Zeit der Nutzung auch nicht erreichbar ist (Franke aaO § 565 BGB Anm. 9.3 S. 46). Diese Wertung kann auch für die Feststellung des berechtigten Interesses im Rahmen des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB herangezogen werden.
In diesem Zusammenhang kann auch von Bedeutung sein, ob der genaue Zeitpunkt, zu dem der Vermieter die Wohnung wieder freigeben kann, noch nicht feststeht und daher die Möglichkeit gegeben ist, daß er über den vorgesehenen Termin hinaus in der Wohnung bleiben muß. Auch wird zu beachten sein, ob der Vermieter besonders dringenden Wohnbedarf darlegen kann, etwa weil seine bisherige Wohnung nicht mehr zur Verfügung steht, oder ob er ein besonderes Interesse gerade an der Nutzung der vermieteten Wohnung hat, etwa weil sein Arbeitsplatz in unmittelbarer Nähe dieser Wohnung liegt und er auf dessen rasche Erreichbarkeit angewiesen ist. Ferner können im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG auch finanzielle Aspekte ins Gewicht fallen, etwa wenn der Vermieter für eine andere Wohnung deutlich größere Aufwendungen tätigen müßte als dies bei einer Nutzung der bisher vermieteten Wohnung der Fall ist. Ob in diesem Zusammenhang ausnahmsweise auch das konkrete Nutzungsinteresse des Mieters zu berücksichtigen ist, wenn es wesentlich geringer ist als das Nutzungsinteresse des Vermieters (etwa weil die Wohnung nur als Zweitwohnung genutzt wird; vgl. dazu BVerfG NJW 1988, 1076), braucht hier nicht entschieden zu werden.
Nach alledem können zwar vernünftige und nachvollziehbare Gründe für eine zeitlich begrenzte Inanspruchnahme der Wohnung durch den Vermieter um so eher bejaht werden, je länger die beabsichtigte Nutzung der Wohnung durch den Vermieter dauern soll. Eine abschließende Würdigung, ob solche vernünftigen und nachvollziehbaren Gründe die Kündigung rechtfertigen, kann jedoch nur unter Berücksichtigung der weiteren für das Nutzungsinteresse des Vermieters maßgebenden Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden