Landgericht Coburg
Az.: 22 O 58/01
Verkündet am 24.04.2001
Endurteil wegen Schadensersatzes hat der Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Coburg, Breundl, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2001 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.700,– DM abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beklagte begehrt Schadensersatz aus einem Unfall in Höhe von 11.474,74 DM sowie 20,– DM vorgerichtliche Kosten.
Die Beklagte ist Kfz-Haftpflichtversicherer ihres Versicherungsnehmers X. Dieser war am 10.04.1998 auf der Autobahn Zagrab-Karlovac in Kroatien unterwegs. Gegen 2.10 Uhr stellte der Versicherungnehmer der Beklagten das Fahrzeug, einen Pkw Volvo, amt1. Kennzeichen YY-YY XXX mit laufendem Motor, angeschaltetem Licht und Warnblinkanlage auf der Standspur der Autobahn rechts ab. Der Vater der Klägerin näherte sich auf der rechten Fahrspur der Autobahn dem Fahrzeug des Versicherungsnehmers der Beklagten. Als er die angeschaltete Warnblinkanlage bemerkte, wechselte er vorsichtshalber auf die linke Fahrspur. Etwa 200 m nach dem Fahrzeug des Versicherungsnehmers der Beklagten nahm er plötzlich eine dunkele Gestalt auf der Autobahn vor sich wahr. Dabei handelte es sich um den Versicherungsnehmer der Beklagten. Obwohl der Vater der Klägerin noch versuchte zu bremsen, wurde der Versicherungsnehmer der Beklagten frontal erfaßt und schleuderte über das Fahrzeug. Der Versicherungsnehmer der Beklagten, der bei dem Unfall verstarb, war stark alkoholisiert. Der Blutalkoholwert betrug 2,28 Promille. Im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Übersetzung des Unfallhergangs aus dem Kroatischen (Anlage K 1).
Infolge des Unfalls entstand der Klägerin ein Gesamtsachschaden von 11.474,74 DM. Hinsichtlich der einzelnen Schadenspositionen wird Bezug genommen auf Blatt 9, 10 d. A..
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe den entstandenen Schaden als Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers, des Versicherungsnehmers X zu ersetzen. Obgleich sich der Versicherungsnehmer der Beklagten mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,28 Promille zu Fuß auf der linken Fahrbahnspur der Autobahn bewegt habe, sei der Schaden durch den Gebrauch des Fahrzeugs des Versicherungsnehmers der Beklagten verursacht worden. Dies zeige sich schon daran, dass am Fahrzeug der Motor gelaufen sei, sowie das Licht und die Warnblinkanlage angeschaltet gewesen seien. Darüber hinaus sei die Unfallstelle nur mit dem Auto zu erreichen gewesen, weil ein Stück der Autobahn links und rechts mit einem Zaun versehen sei, so dass Fahrer und Pkw die Autobahn nur durch die vorgesehenen Ausfahrten verlassen können.
Die Klägerin beantragt zuletzt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.494,74 DM nebst 10 % Zinsen aus 11.474,74 DM seit 12.08.1998 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, Klageabweisung. Die Beklagte ist der Auffassung, ein Anspruch folge nicht aus §§ 1, 3 Nr. 1 PflVG i. V. m..§ 10 Abs. 1 AKB, weil der Schaden nicht durch den Gebrauch des Versicherungsnehmers der Beklagten verursacht worden sei. Jedenfalls aber müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden anrechnen lassen.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 24.04.2001 mit den Parteien die Sach- und Rechtslage erörtert: Insoweit wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteile.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Coburg gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1. GVG sachlich und gemäß § 17 ZPO örtlich zuständig.
II.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus §§ 1, 3 Nr. 1 PflVG i. V. m. § 10 Abs. 1 AKB. Der Schaden wurde nicht durch den Gebrauch des Fahrzeugs des Versicherungsnehmers der Beklagten verursacht.
Unstreitig hat der Versicherungsnehmer der Beklagten am 10.04.1998 gegen – 2.10 Uhr auf der Autobahn Zagreb-Karlovac sein Fahrzeug auf der Standspur abgestellt.. Dabei ließ er den Motor laufen und lieg das Licht sowie die Warnblinkanlage an. Der Versicherungsnehmer der Beklagten. befand sich in stark alkoholisiertem Zustand. Die später -festgestellte Blutalkoholkonzentration betrug 2,28, Promille. In diesem Zustand befand sich der Versicherungsnehmer der Beklagten auf der linken Fahrbahnspur. Dies in einer Entfernung von ca. 275 m zum abgestellten Fahrzeug (vgl. Unfallbericht aus dem Kroatischen, Anlage K 1, dort Seite a).
Unstreitig entstanden der Klägerin ein Gesamtsach- und Vermögensschaden in Höhe von 11.474,74 DM und zusätzlich Mahnkosten in Höhe von 20,– DM.
Der Klägerin steht aber kein Anspruch zu, weil ihr Sach- und Vermögensschaden nicht durch den Gebrauch eines Fahrzeugs verursacht worden ist. Dies erfordert dass zwischen dem Gebrauch des Fahrzeugs .und dem Schadensereignis ein innerer Zusammenhang besteht. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH VersR 1980, 1039, 1040) ist hierfür eine typische Fahrerhandlung erforderlich. Um den Versicherungsschutz nach § 10 AKB nicht über den Zweck der Bestimmung über die unmittelbar vom Fahrzeug ausgehende körperliche Gefahr auszuweiten, ist hierfür eine Handlung erforderlich, die in den gesetzlichen oder durch die Verkehrsauffassung bestimmten Aufgabenkreis eines Kraftfahrers fällt und im Zusammenhang mit einer bestimmten Fahrt geschieht. Eine solche typische Fahrerhandlung liegt hier in dem Verhalten des Versicherungsnehmers der Beklagten aber gerade nicht vor. Mag sein Aufenthalt auf der linken Spur der Autobahn Zagreb-Karlovac noch im Zusammenhang mit einer bestimmten Fahrt stehen, so ist dies jedoch keine Handlung, die in den gesetzlichen oder durch die Verkehrsauffassung bestimmten Aufgabenkreis eines Kraftfahrers fällt. Ein volltrunkener Kraftfahrer darf weder ein Fahrzeug führen, noch ohne näheren Grund – wie beispielsweise einer Panne oder infolge eines verlorenen Gegenstandes, was aber nicht vorgetragengen ist – auf der Autobahn zu Fuß umherirren. Dies kann auch dann nicht in innerem Zusammenhang mit einer konkreten Fahrt stehen, wenn am Fahrzeug der Motor nicht abgestellt ist und die Lichter ebenso wie die Warnblinkanlage angeschaltet sind.
Würde man die Abgrenzung allein danach vornehmen, ob am Fahrzeug noch der Motor läuft oder nicht oder die Lichter noch an sind oder nicht, wäre eine Abgrenzung, ob eine Handlung noch unter die Kfz-Haftpflichtversicherung fällt oder nicht, vom puren Zufall abhängig. Auch kann der Klägerin nicht in ihrer Argumentation gefolgt werden, die Unfallstelle auf der Autobahn sei aufgrund des Zaunes neben der Fahrbahn nur mit dem Auto erreichbar. Vielmehr ist auf den gesetzlich vorgesehenen Aufgabenkreis des Kraftfahrers abzustellen, der hier ersichtlich eklatant überschritten wurde.
Auch das in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin vorgebrachte Argument, der Vater der Klägerin sei ja nur auf die linke Fahrbahnspur gewechselt, weil er auf die Warnblinkanlage des .Fahrzeugs des Versicherungsnehmers, der Beklagten aufmerksam geworden sei, führt nicht dazu, dass in dem Verhalten des Versicherungsnehmers der Beklagten eine typische Fahrerhandlung zu sehen ist. Mac das Anschalten der Warnblinkanlage eine typische Fahrerhandlung sein, so fällt sie nicht in den gesetzlichen bestimmten Aufgabenkreis eines Kraftfahrers, wenn kein Notfall vorliegt.
Aus diesen Gründen ist die Klage abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus ö 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.