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Oberflächenwasserableitung – Unterlassung

OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ

Az.: 1 A 11462/05.OVG

Urteil vom 11.05.2006

Vorinstanz: Verwaltungsgerichts Trier, Az.: 5 K 283/05.TR


In dem Verwaltungsrechtsstreit wegen Wasserrechts hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2006, für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der beklagten Verbandsgemeinde, die Ableitung von Oberflächenwasser über ihr gehörende Grundstücke im Katastrophenfall in Zukunft zu unterlassen.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Flur …, Flurstücke …, … und … der Gemarkung K…. Auf der Parzelle … befinden sich eine Lagerhalle und ein mit Verbundsteinen gepflasterter Hof. Westlich grenzen die unbebauten Parzellen … und … an, die ebenfalls befestigt sind und der Parzelle … den Zugang zur Bundesstraße 53 vermitteln. Hinter den Grundstücken der Klägerin steigt das bewaldete Gelände steil an. Unweit oberhalb der Parzellen der Klägerin verläuft auf dem Flurstück … ein Wirtschaftsweg in ost-westlicher Richtung.

Zu Beginn des Jahres 2003 kam es im Raum B… zu einem außergewöhnlichen Niederschlagsereignis mit Überflutungen und Erdrutschen. Die Mosel führte erhebliches Hochwasser. Aus dem Außenbereichsgelände hinter der Gebäudegruppe „A…“, zu der das Anwesen der Klägerin zählt, floss Niederschlagswasser unkontrolliert ab. Am 2. Januar 2003 vormittags wurde durch den Notruf einer Nachbarin der Klägerin die Feuerwehr alarmiert. Diese leitete das von oberhalb zuströmende Wasser, das den Bereich hinter den Gebäuden bereits überflutet hatte, mit Hilfe von an dem vorbezeichneten Wirtschaftsweg angebrachten Sandsäcken und Bohlen gezielt über das Gelände zwischen den Gebäuden der Klägerin und deren Nachbarin (Parzelle …) hindurch. Auf diese Weise floss das Wasser auf die B 53 und von dort in die Mosel.

Mit Schreiben vom 10. Januar 2003 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und machte geltend, das Oberflächenwasser, das vor dem 2. Januar 2003 ungeregelt abgelaufen sei, ohne Schaden zu verursachen, sei gezielt über ihre Parzellen geleitet worden und habe dort zu Schäden geführt. Ein solcher Wasserabfluss müsse künftig durch geeignete Maßnahmen verhindert werden. Die Schäden müssten ausgeglichen werden.

Nachdem es zwischen den Beteiligten zu keiner Einigung kam, erhob die Klägerin im September 2004 bei dem Amtsgericht B… Klage gegen die Stadt B…, vertreten durch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde, mit der sie u.a. beantragte, die Stadt zu verurteilen, es zu unterlassen, künftig Oberflächenwasser auf ihre Grundstücke zu leiten.

Das Amtsgericht erklärte den Zivilrechtsweg für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Trier.

Dieses wies die mittlerweile auf die Beklagte umgestellte Klage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. April 2005 im Wesentlichen mit folgender Begründung ab: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Unterlassung der Durchleitung von Oberflächenwasser über ihre Grundstücke im Katastrophenfall. Entsprechende von der Beklagten auch in Zukunft erwogene Maßnahmen seien nicht rechtswidrig, sodass insoweit kein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch bestehe. Im vorliegenden Fall habe die Feuerwehr den einfachsten Weg zur Abwehr der Wassergefahr gewählt, indem sie das Oberflächenwasser zwischen den Parzellen … und … hindurchgeleitet habe.

Das könne im Rahmen von § 8 Abs. 2 LBKG nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden. Eine andere Wasserführung wäre mit einem größeren Aufwand verbunden gewesen, der der Beklagten nicht zumutbar sei. Das gelte insbesondere in Anbetracht der äußerst selten zu erwartenden und dann nur relativ geringfügigen Schäden an den Grundstücken der Klägerin.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin.

Zur Begründung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:

Weder habe im Januar 2003 eine Wassergefahr bestanden noch sei in Zukunft mit einer Gefahr zu rechnen, die Maßnahmen rechtfertigte, wie die Beklagte sie durchgeführt habe und auch künftig wieder ergreifen wolle. Diese Maßnahmen hätten dazu geführt, dass das gesammelt abgeleitete Niederschlagswasser aus dem gesamten rückwärtigen Gelände sturzbachartig über ihre Hof- und Wegeflächen abgeflossen sei. Im Ergebnis sei so eine Gefahr nicht beseitigt, sondern erst geschaffen worden. Zu einem vergleichbaren Wasserabfluss sei es zuvor nie gekommen.

Vielmehr sei auch nach starken, lang anhaltenden Niederschlägen nur eine geringfügige Überflutung ihrer rückwärtigen Hoffläche eingetreten und das Wasser sei jeweils schadlos wieder abgeflossen. Auch bei dem Jahrhunderthochwasser im Dezember 1993 sei dies der Fall gewesen. Die in Rede stehende Maßnahme hätte daher ganz unterbleiben können. Wenn die Beklagte bzw. die Feuerwehr aber schon das Oberflächenwasser mit einer Art Damm ableite, dann müsse dies so geschehen, dass Letzterer an ihren Grundstücken und dem Nachbargrundstück … vorbei weitergeführt werde, damit das Wasser weiter westlich über unbebautes Gelände zur Mosel hin abfließen könne. Dies sei nach den topographischen Gegebenheiten ohne weiteres möglich und verursache keinen nennenswerten Aufwand.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, es in Zukunft zu unterlassen, Oberflächenwasser über den natürlichen Lauf hinaus auf ihre Grundstücke (Gemarkung K…, Flur …, Flurstücke …, … und …) abzuleiten.

Die Beklagte tritt dem entgegen und macht zur Begründung im Wesentlichen geltend:

Die Argumentation der Klägerin sei unverständlich. Anfang Januar 2003 sei in niederschlagsmäßiger Hinsicht ein Jahrhundertereignis eingetreten. Es sei nicht bekannt, dass in dem betroffenen Bereich jemals zuvor derartige Wassermassen abgeflossen seien. Zu dem außergewöhnlichen Wasserabfluss sei es gekommen, weil auf den nach einer länger anhaltenden Niederschlagsperiode bereits nicht mehr aufnahmefähigen Boden nochmals eine extreme Niederschlagsmenge gefallen sei. Der Feuerwehreinsatz sei aufgrund des Hilferufs einer Anwohnerin erfolgt. Die Maßnahmen hätten ausschließlich dem Ziel gedient, Schäden an allen betroffenen Grundstücken abzuwehren oder zu minimieren. Dies sei auch gelungen. Das abfließende Wasser sei am Geländetiefpunkt durch gezielte Maßnahmen über die gepflasterte Hoffläche der Klägerin und die dort befindliche Bebauungslücke zur Mosel hin abgeleitet worden. Dem Vorbringen der Klägerin, dass die Wasserführung anders habe hergestellt werden können, müsse widersprochen werden. Insbesondere sei auf den Flurstücken … und … eine Gefährdung von Wohnbereichen zu besorgen gewesen. Sollte es wieder einmal zu einem vergleichbar intensiven Wasserabfluss kommen, so müssten analoge Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Die damit verbundene kurzfristige Grundstücksbeeinträchtigung sei der Klägerin zuzumuten. Eine Lösung der Problematik mit wasserbaulichen Mitteln würde erhebliche Kosten verursachen. In Anbetracht der Seltenheit entsprechender Niederschlagsereignisse könne dem nicht näher getreten werden.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vornahme einer Ortsbesichtigung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2006 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte mit den zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen, auf die Gerichtsakte des Verfahrens 5 K 1832/04.TR des Verwaltungsgerichts Trier und auf die Verwaltungsunterlagen der Beklagten (eine Heftung) Bezug genommen.

Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung kann in der Sache keinen Erfolg haben.

Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin erhobene Unterlassungsklage zu Recht als zulässig, aber nicht begründet angesehen.

Durchgreifende Bedenken an der Zulässigkeit der Klage, die einem Erfolg der Berufung entgegenstehen könnten, bestehen nicht. Aus den Geschehnissen am 2. Januar 2003 und dem nachfolgenden Verhalten der Beklagten lässt sich ein berechtigtes Interesse der Klägerin an einer gerichtlichen Klärung der Frage ableiten, ob die Feuerwehr der Beklagten in einer vergleichbaren Situation des Wasserabflusses aus dem Gelände südlich der Gebäudegruppe „A…“ auch in Zukunft (im Rahmen der §§ 91 Abs. 2 Satz 1 LWG, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 und 2 LBKG) Wasser gesammelt über die Parzellen der Klägerin zur Mosel hin ableiten darf. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass es in dem fraglichen Bereich künftig regelmäßig oder gar oft zu einer Lage kommen wird, wie sie Anfang Januar 2003 bestanden hat. Es ist vielmehr möglich und würde der statistischen Wahrscheinlichkeit entsprechen, dass bis zum nächsten vergleichbaren Ereignis Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte vergehen. Andererseits ist aber auch nicht auszuschließen, dass sich in dem betroffenen Bereich schon recht bald wieder einmal ein außergewöhnlicher Wasserabfluss ergibt, wie er im Januar 2003 zu verzeichnen war. Da die Beklagte für diesen Fall ausdrücklich eine Vorgehensweise analog zu jenem Ereignis angekündigt hat (vgl. deren Schriftsätze vom 23. März und 5. Dezember 2005) und wasserbauliche Maßnahmen, die insoweit Abhilfe schaffen könnten, wegen der damit verbundenen beträchtlichen Kosten nicht beabsichtigt sind, kann der Klägerin ein Rechtsschutzinteresse für die erhobene Unterlassungsklage nicht abgesprochen werden (vgl. dazu Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb. § 40, Rdnrn. 101 f. und Pietzcker, a.a.O., § 42 Abs. 1, Rdnr. 163). Das gilt vor allem deshalb, weil effektiver Rechtsschutz für sie im Ernstfall wegen der dann gegebenen besonderen Eilbedürftigkeit der Maßnahmen, aber auch infolge deren jeweils relativ kurzfristig wieder eintretender Erledigung kaum zu erlangen ist.

In der Sache bleibt die Berufung jedoch ohne Erfolg, weil der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht besteht. Es lässt sich nämlich nicht feststellen, dass die Beklagte es von Rechts wegen in Zukunft zu unterlassen hätte, bei einem Notfalleinsatz wegen eines erheblichen Wasserabflusses aus dem Gelände oberhalb der Gebäudegruppe „A…“ das Wasser gezielt über die Grundstücke der Klägerin zur Mosel hin abzuleiten. Eine solche Ableitung entspricht vielmehr grundsätzlich den rechtlichen Vorgaben und den örtlichen Gegebenheiten, die der Senat bei der durchgeführten Ortsbesichtigung vorgefunden hat.

Auf die Wasserwehr und die Abwehr von Wassergefahren finden gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 LWG die Bestimmungen des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (LBKG) entsprechende Anwendung. Damit gilt auch für diesen Aufgabenbereich, dass die Feuerwehren nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben, um die zu bekämpfenden Gefahren abzuwehren (§ 8 Abs. 2 LBKG); die notwendigen Maßnahmen sind vom Einsatzleiter, ggf. aber auch von Feuerwehrangehörigen und Helfern anderer Hilfsorganisationen zu veranlassen (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LBKG). Eigentümer, Besitzer oder sonstige Nutzungsberechtigte von Grundstücken und baulichen Anlagen an oder in der Nähe der Einsatzstelle haben gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 LBKG die vom Einsatzleiter angeordneten Maßnahmen, insbesondere die in der Vorschrift im Einzelnen aufgezählten Eingriffe, zu dulden. Sie können dafür unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 und 2 LBKG von dem Aufgabenträger, der sie in Anspruch genommen hat, hier also von der Beklagten, eine angemessene Entschädigung verlangen.

Diese rechtlichen Regelungen schließen es nicht aus, in einem mit der Situation von Anfang Januar 2003 vergleichbaren Notfall wiederum eine Wasserableitung über die Parzellen der Klägerin vorzunehmen. Unter der Voraussetzung, dass die Verhältnisse im umgebenden Gelände und auf den Grundstücken der Gebäudegruppe „A…“ im Wesentlichen so fortbestehen, wie der Senat sie bei der durchgeführten Ortsbesichtigung angetroffen hat, kann in einer solchen Ableitung eine geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme zur Bekämpfung einer Wassergefahr liegen.

Das gilt zunächst einmal im Verhältnis zu den im Laufe des Verfahrens angesprochenen Alternativen einer Wasserabführung. Diese kommen als Problemlösung bei einem Notfalleinsatz entweder von vornherein nicht in Betracht oder sie stehen einer Entscheidung, das Wasser über die Grundstücke der Klägerin abzuleiten, jedenfalls nicht zwingend entgegen.

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Insoweit hat die Ortsbesichtigung ergeben, dass eine Ableitung des zuströmenden Wassers über die Parzellen …, …, … und … bei einem Notfalleinsatz keine vertretbare Alternative zu der Anfang 2003 gewählten Vorgehensweise bildet.

Gegen eine solche Maßnahme spricht zum einen der Gegenanstieg, der für das Wasser anfänglich – wohl noch im Bereich der Parzelle … – zu bewältigen wäre und entsprechende Rückhaltevorrichtungen erfordern würde. Zum anderen ist bei dieser Wasserableitung mit größeren Schäden im Außengelände der betroffenen Grundstücke und auch eher mit einer unmittelbaren Gefährdung der dortigen Wohnanwesen selbst zu rechnen als bei einer Ableitung über die Parzellen der Klägerin. Auch eine Abführung des Wassers südlich an den Flurstücken … und … (A… Weg … und …) vorbei dürfte im Einsatzfall wegen der dann zu bewältigenden langen Ableitungsstrecke, des Gegenanstiegs vor dem geteerten Wirtschaftsweg und der Gefährdung insbesondere des Hausanwesens A… Weg … von vornherein ausscheiden.

Letzteres kann von der Alternative, die die Klägerin in erster Linie für vorzugswürdig hält (Ableitung über den westlichen nicht bebauten Bereich der Parzellen … und … sowie eventuell die Parzelle …), nicht mit der gleichen Eindeutigkeit festgestellt werden. Insoweit ist indessen zu beachten, dass eine solche Vorgehensweise neben der etwas längeren Ableitungsstrecke Sicherungsmaßnahmen für die Bebauung (Häuser A… Weg … und …) notwendig macht, weil sonst die Gefahr besteht, dass das abgeleitete Wasser dort eindringt. Solche Sicherungsmaßnahmen sind bei einer Ableitung über die Parzellen der Klägerin nicht oder jedenfalls nur in geringerem Umfang erforderlich. Auch künftig dürfte daher eine Verpflichtung, das Wasser im Einsatzfall trotz der damit verbundenen Erschwernisse über die Flurstücke … und … abzuleiten, kaum bestehen. Eine solche Verpflichtung könnte sich allenfalls auf der Grundlage veränderter tatsächlicher Verhältnisse ergeben, die derzeit jedoch nicht absehbar sind.

Soweit die Klägerin in Abrede stellt, dass Anfang Januar 2003 überhaupt eine Wassergefahr bestanden habe, die den von ihr für rechtswidrig gehaltenen Feuerwehreinsatz gerechtfertigt habe, vermag dies den geltend gemachten Unterlassungsanspruch schon vom Ansatz her nicht zu stützen. Es versteht sich von selbst, dass die Ableitung von zuströmendem Oberflächenwasser zum Schutz der Grundstücke und Baulichkeiten der Gebäudegruppe „A…“ auch in Zukunft grundsätzlich nur beim Vorliegen einer Wassergefahr gerechtfertigt sein kann (§§ 91 Abs. 2 Satz 1 LWG, 8 Abs. 2 LBKG). Die Beklagte nimmt auch nicht etwa ein Recht für sich in Anspruch, die umstrittene Ableitung ohne das Vorliegen einer solchen Gefahr vornehmen zu dürfen. Im Einzelfall kann es indessen für die Einsatzleitung und die Einsatzkräfte schwierig sein, sich in dem zur Verfügung stehenden, naturgemäß engen Zeitrahmen ein in jeder Hinsicht zutreffendes Bild darüber zu verschaffen, ob und in welchem Ausmaß eine Wassergefahr besteht.

Dies hängt im Übrigen entscheidend von den Verhältnissen des jeweiligen konkreten Einzelfalles ab, die derzeit nicht vorhersehbar sind und zu denen daher hier keine Aussagen getroffen werden können.

Dies berücksichtigt, mag es sein, dass es im Januar 2003 ohne ein Eingreifen der Feuerwehr letztlich doch nicht zu einem Wasserabfluss gekommen wäre, der Menschen oder Sachwerte in dem betroffenen Bereich ernsthaft gefährdet hätte.

Dies erscheint angesichts des Inhalts des bei den Verwaltungsunterlagen befindlichen Berichts des Wehrleiters E… vom 12. März 2003 zwar eher unwahrscheinlich; dort wird nämlich ausgeführt, dass eine Sicherung mit Sandsäcken nur kurzfristig einen Schaden an den Anwesen der Klägerin und ihrer Nachbarin habe verhindern können, wobei das Wasser beträchtliche Schiefermassen angeschwemmt hätte, die einen schadlosen Wasserabfluss erheblich erschwert hätten.

Auch wenn die Einsatzleitung am 2. Januar 2003 hinsichtlich der Gefährlichkeit des Vorgangs jedoch letztlich einer Fehleinschätzung unterlegen sein sollte, folgt daraus noch nicht die Rechtswidrigkeit ihres Vorgehens. Insoweit ist nämlich allgemein anerkannt, dass sich die Rechtmäßigkeit eines Feuerwehreinsatzes grundsätzlich danach beurteilt, ob die Lage aus der Sicht im Zeitpunkt der Einsatzentscheidung in vertretbarer Weise eingeschätzt worden ist (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 29. Juni 2005, NVwZ 2006, 108). Dabei dürfen die Anforderungen an die Richtigkeit der Entscheidung nicht überspannt werden, weil sonst letztlich eine Lähmung der dringend notwendigen und erwünschten Hilfstätigkeit der Einsatzkräfte zu besorgen wäre (vgl. Eisinger/Gräff, Brand- und Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Landesausgabe Rheinland-Pfalz, K 16 RhPf, § 8 Anm. 4 und § 25 Anm. 2.2). Für die Einsatzberechtigung reicht es daher aus, dass die tatsächlichen Umstände bei objektiver Betrachtung in ausreichendem Maße die Wahrscheinlichkeit einer Gefahrenlage begründen; in einem solchen Fall macht es den Einsatz auch nicht rechtswidrig, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der befürchtete Schaden aufgrund objektiv nicht ohne weiteres erkennbarer Umstände doch nicht eintreten konnte (vgl. Lankau, in: Püttner, Handbuch der Kommunalen Wissenschaft und Praxis, 2. Aufl. 1983, Bd. 4, § 73 D 3, S. 134 f.). Nicht außer Acht gelassen werden dürfen freilich solche Überlegungen, die sich nach Lage der Dinge an der Einsatzstelle jedem hätten aufdrängen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1974, NJW 1975, 207, 210).

Nach diesen Grundsätzen ist es nicht gerechtfertigt, den Feuerwehreinsatz vom 2. Januar 2003 als rechtswidrig anzusehen und hieraus die Forderung abzuleiten, dass ein vergleichbarer Einsatz in Zukunft unterbleiben müsse. Vielmehr bestand bei diesem Einsatz aufgrund der objektiv gegebenen Umstände ein hinreichender Grund für die Annahme einer Wassergefahr, der durch die getroffene Maßnahme begegnet werden durfte. Der Senat hat keine Veranlassung, insoweit die Richtigkeit der Angaben der Beklagten, nicht zuletzt auch im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2006, in Zweifel zu ziehen, wonach es seinerzeit im Raum B… aufgrund von lang anhaltenden außergewöhnlichen Regenfällen zu einer Wassersättigung des Bodens und daran anschließend zu relativ spontanen Abflussereignissen gekommen war. Entsprechendes ist auch dem bereits erwähnten Bericht des Wehrleiters E… und den bei den Verwaltungsunterlagen befindlichen Zeitungsartikeln aus dem Trierischen Volksfreund vom 4./5. Januar 2003 zu entnehmen. Dort wird von mehreren Erdrutschen und Schlammlawinen im Raum B… am 2./3. Januar 2003 berichtet, wobei auch das Ereignis an der „A…“ Erwähnung findet. Insgesamt ist auf diese Weise hinreichend belegt, dass dort eine Lage eingetreten war, bei der die durch den Notruf der Nachbarin der Klägerin alarmierte Feuerwehr die getroffene Maßnahme ergreifen durfte. Die Annahme, dass dies zur Abwehr einer Wassergefahr geboten war, erscheint nachvollziehbar und vertretbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

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