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Sondernutzungserlaubnis einer Straße für die Außengastronomie


Oberverwaltungsgericht Münster

Az: 11 A 1081/12

Beschluss vom 01.07.2014


Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.


Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1. Der Zulassungsantrag ist zulässig. Ihm bleibt der Erfolg nicht schon deshalb versagt, weil der Kläger das Ziel der ursprünglich erhobenen Klage auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für den Betrieb einer Außengastronomie im Zeitraum vom 1. Mai 2012 bis zum 30. September 2012 durch Errichtung eines Podestes an der N.—–straße in B.      und das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf einer Länge von 12,50 m auf einem Teilbereich des Gehweges und dem angrenzenden Parkstreifen mit Blick auf den inzwischen abgelaufenen Antragszeitraum nicht mehr erreichen kann. Denn der Kläger hat einen Fortsetzungsfeststellungsantrag (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) angekündigt. Ein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr dürfte zu bejahen sein, nachdem der Kläger erklärt hat, auch zukünftig entsprechende Anträge auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis stellen zu wollen. Der Klägerin dürfte auch in Zukunft damit rechnen müssen, dass die Beklagte die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für sein Vorhaben ablehnt.

2. Der Zulassungsantrag ist aber nicht begründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) führt nicht zur Zulassung der Berufung.

a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt. Dabei begegnet es keinen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es – soweit rechtliches Gehör gewährt ist – die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht nur dann sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht.

Vgl. jüngst etwa BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2013 – 1 BvR 3057/11 -, NJW 2013, 3506 (3508 f.) = juris, Rn. 36 und 40.

b) Hiervon ausgehend unterliegt die Richtigkeit der Entscheidung erster Instanz, die Beklagte habe die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis in dem Umfang, der letztlich zwischen den Beteiligten noch im Streit steht, ermessensfehlerfrei abgelehnt, keinen ernstlichen Zweifeln. Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Das Zulassungsvorbringen stellt die Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht schlüssig in Frage.

aa) Zunächst dringt der Kläger nicht mit der Rüge durch, die Sondernutzungserlaubnis sei ermessensfehlerhaft versagt worden, „da die Beklagte nicht alle wesentlichen Tatsachen in ihre Abwägung eingestellt hat“. Wie sich aus dem ablehnenden Bescheid vom 11. August 2010 ohne Weiteres entnehmen lässt, hatte die Beklagte bei ihrer Entscheidung das wirtschaftliche „Interesse des Gaststätteninhabers an einer Ausweitung der Außenschankfläche auf den Fahrbahnbereich“ durchaus vor Augen. Die nunmehr geltend gemachte „wirtschaftliche Bedrohung … durch die fehlende Außengastronomie“ hatte der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht artikuliert. Abgesehen davon, dass eine solche „wirtschaftliche Bedrohung“ kaum mit dem Vorbringen im Klageverfahren in Einklang zu bringen sein dürfte, das Restaurant des Klägers sei „sowohl von der Zeitschrift „Feinschmecker“ als eines der besten ausländischen Restaurants Deutschlands bezeichnet als auch von der Zeitschrift „Gastro Euregio, Guide Essen und Trinken“ unter die TOP 5 in der Euregio gewählt“, was erfahrungsgemäß eine gute Positionierung am Markt voraussetzt bzw. infolge des Werbeeffekts entsprechende Einnahmen nach sich zieht, waren vom Beklagten solche betriebsbedingten wirtschaftlichen Aspekte bei seiner Ermessensentscheidung nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt hinsichtlich der angeführten „besonderen Lage des Lokals bzw. der betroffenen Straße, die sich lediglich im Randbereich der Innenstadt befindet und weder eine Straße mit hohem Durchgangsverkehr noch einer hohen Fußgängerfrequenz ist“.

Die behördliche Ermessensausübung bei der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis hat sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere zählen ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrundes und des Zubehörs), die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbildes, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße und auf Grund eines konkreten Gestaltungskonzeptes (Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraumes, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes und Ähnliches).

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. August 2006 – 11 A 2642/04 -, NWVBl. 2007, 64 (65), vom 5. August 2011 – 11 A 2136/10 -, n. v., S. 3 f. des amtl. Umdrucks, und – zum Widerruf einer Sondernutzungserlaubnis – vom 8. Juni 2012 – 11 B 694/12 -, NWVBl. 2012, 435 (436).

Das Sondernutzungserlaubnisrecht ist daher im Grundsatz wirtschafts- und wettbewerbsneutral. Es ist nicht Aufgabe der Straßenbaubehörde, über § 18 StrWG NRW bewusst Wirtschaftsförderung zu betreiben oder betriebswirtschaftlich möglicherweise nicht überlebensfähige Unternehmen durch die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zu unterstützen. Ebenso wenig kann ein Gewerbetreibender etwa verlangen, dass sein Interesse an einer Gewinnmaximierung als besonders und vorrangig zu berücksichtigender Belang bei der Interessenabwägung im Rahmen der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis Beachtung findet und damit – wie hier – „einzig die Podestlösung eine wirtschaftlich tragfähige Außengastronomie vor dem Lokal möglich macht“.

bb) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts werden auch nicht mit dem weiteren Argument aufgezeigt, der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 11. August 2010 sei als ermessensfehlerfrei beurteilt worden, obwohl die Behörde „sich sehr eng an verwaltungsinterne Richtlinien und Beschlüsse gebunden gefühlt und damit kein Ermessen“ ausgeübt habe.

Die Dienstanweisung des ehemaligen Oberbürgermeisters der Beklagten vom 8. September 2006 und der Beschluss des Mobilitätsausschusses vom 7. Juli 2011 sind hier erkennbar ohne Bedeutung. Die Dienstanweisung findet in dem die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ablehnenden Bescheid vom 11. August 2010 mit keinem Wort Erwähnung. Sie war offenkundig für das zuständige Fachamt nicht maßgeblich, so dass sich die Frage einer Überschreitung des „zulässigen Rahmen(s) für ermessenslenkende Richtlinien“ hier nicht stellt. Selbst der Kläger räumt ein, dass sich diese Dienstanweisung „nicht zu einer Podestlösung“ äußert.

Der dem angegriffenen Bescheid vom 11. August 2010 erst nachfolgende Beschluss des Mobilitätsausschusses vom 7. Juli 2011 konnte schon zeitlich die vorausgegangene Ermessensentscheidung der Beklagten nicht beeinflussen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im erstinstanzlichen Verfahren ein Verpflichtungsantrag im Raum stand und es bei Verpflichtungsklagen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt, lässt auch das weitere und vorherige Ermessenserwägungen möglicherweise ergänzende (vgl. § 114 Satz 2 VwGO) Vorbringen der Beklagten im Klageverfahren nicht erkennen, dass sie sich (nunmehr) an etwaige Vorgaben strikt gebunden gefühlt hat.

cc) Der geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zeigt eine Fehlerhaftigkeit des die verwaltungsbehördliche Entscheidung bestätigenden erstinstanzlichen Urteils ebenso wenig auf.

Das Verwaltungsgericht hat sich mit eingehender Begründung den bereits in erster Instanz vorgetragenen Argumenten des Klägers zu den drei Restaurationsbetrieben – „N1.         /Q.    “ an der Straße N2.             , „T.   “ an der U.——straße und „W. “ an der C.            Straße – gewidmet und eine Vergleichbarkeit im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG der dortigen räumlichen und rechtlichen Situationen mit der hier in Rede stehenden Fallkonstellation verneint. Die Argumentation erster Instanz wird durch das Zulassungsvorbringen, das keine grundsätzlich neuen Erwägungen enthält, nicht in Frage gestellt. Vielmehr greift der Kläger nur, ohne konkrete und durchgreifende Beweise für seine Behauptungen darzutun, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an.

Schließlich sei ergänzend auf die – nochmaligen – Einwendungen des Klägers, er sei bereit, „Ausweichparkplätze in unmittelbarer Nähe zur Verfügung zu stellen“ und es könne „nicht von Bedeutung sein, ob diese im öffentlichen Straßenraum oder auf Privatgrundstücken zur Verfügung gestellt werden“, lediglich angemerkt, dass es nicht Sache des Klägers ist, zu entscheiden, an welcher Stelle, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang öffentlicher Parkraum zur Verfügung steht.

Die weiteren Erwägungen zur einer fehlenden Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie zu Straßenreinigungsgründen greifen bereits deshalb nicht durch, weil diese Gesichtspunkte weder für den Ablehnungsbescheid der Beklagten noch für das angefochtene Urteil entscheidungserheblich waren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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