Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Az: 14 Sa 604/08
Urteil vom 10.07.2008
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg a. d. H. vom 17.01.2008 – 2 Ca 1060/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages.
Mit Arbeitsvertrag vom 07.10.2005 vereinbarten die Parteien die Beschäftigung der Klägerin bei der Beklagten vom 10.10.2005 bis zum 31.12.2006 (Bl. 5 d. A.). Diesen Vertrag unterschrieb die Klägerin am Mittag/späten Vormittag des 10.10.2005, nachdem sie von der Beklagten um 8.00 Uhr in die Arbeitsagentur N. einbestellt worden war. In der Folgezeit wurde die Klägerin als Arbeitsvermittlerin im Bereich SGB II in der A. Havelland, Standort F. eingesetzt.
Am 25.01.2006 sowie am 30.10.2006 unterzeichneten die Parteien Änderungsverträge, welche die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin und neu in Kraft getretene tarifliche Bestimmungen betrafen (Bl. 6 und 7 d. A.). Mit Vertrag vom 07.12.2006 vereinbarten sie sodann die Weiterbeschäftigung des Klägerin bis zum 09.10.2007 (Bl. 8 d. A.). Hierzu legte die Beklagte der Klägerin einen Vermerk vom 07.12.2006 vor (Bl. 42 d. A.).
Mit der am 18.10.2007 beim Arbeitsgericht Brandenburg eingegangenen Klage macht die Klägerin die Unwirksamkeit der zum 09.10.2007 ablaufenden Befristung geltend. Sie hat vorgetragen, sie habe am 10.10.2005 bereits die Arbeit aufgenommen gehabt, als es zur Unterzeichnung des Arbeitsvertrages zum 07.10.2005 gekommen sei. Es sei daher ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Befristung im Arbeitsvertrag vom 07.12.2006 nicht am 09.10.2007 beendet ist und unbefristet über den 09.10.2007 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 17.01.2008, auf dessen Tatbestand wegen des weiteren Parteivorbringens erster Instanz verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das befristete Arbeitsverhältnis der Parteien sei gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG innerhalb der Gesamtdauer von zwei Jahren in zulässiger Weise mit dem Arbeitsvertrag vom 07.12.2006 einmal bis zum 09.10.2007 verlängert worden. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass das erste befristete Arbeitsverhältnis gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam gewesen sei, weil zuvor mangels Schriftform der Befristungsabrede für einige Stunden ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe, denn sie habe dies nicht gemäß § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem Ablauf des ersten befristeten Vertrages am 31.12.2006 gerichtlich geltend gemacht.
Gegen dieses der Klägerin am 05.03.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 26.03.2008 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und mit am 05.05.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründete Berufung.
Die Klägerin meint, die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Klägerin habe gegen die zunächst vereinbarte Befristung nach deren Ablauf innerhalb der Klagefrist von drei Wochen Klage erheben müssen, lasse sich dem Gesetzestext des § 14 Abs. 2 TzBfG nicht entnehmen. § 17 Satz 1 TzBfG stehe dem nicht entgegen, da die Klagefrist erst mit dem vereinbarten Ende derjenigen Befristung beginne, deren Unwirksamkeit geltend gemacht werden solle. Dies sei vorliegend die am 07.12.2006 vereinbarte Befristung. Die Dreiwochenfrist werde bei mehreren aufeinanderfolgenden Befristungsabreden für jede Befristungsabrede in Lauf gesetzt. Eine rückwirkende Wirksamkeit der Befristungsabrede auf den mangels Schriftform geltenden unbefristeten Arbeitsvertrag sei nicht möglich. Die Auslegung des Arbeitsgerichts benachteilige den Arbeitnehmer, der bereits nach der ersten Befristung Klage erheben müsse, um Unwirksamkeitsgründe der Befristungsabrede geltend zu machen. Schließlich habe die Beklagte gegen ihre Aufklärungs- und Fürsorgepflicht verstoßen, weil sie der Klägerin gegenüber in dem Vermerk vom 07.12.2006 erklärt habe, die neu vorgelegte Befristungsabrede sei zulässig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg vom 17.01.2008 aufzuheben und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Befristung im Arbeitsvertrag vom 07.12.2006 nicht am 09.10.2007 beendet ist und unbefristet über den 09.10.2007 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, es sei fraglich, ob die Klägerin am 10.10.2005 vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages vom 07.10.2005 ihre Tätigkeit bereits aufgenommen habe, da zunächst personalrechtliche Angelegenheiten nach dem „Lehrplan“ vorgesehen gewesen seien, wozu die Unterzeichnung der Arbeitsverträge gehört habe.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 05.05.2008 (Bl. 67 ff. d. A.) und der Beklagten vom 05.06.2008 (Bl. 78 ff. d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 c ArbGG, 519, 520 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG rechtzeitig begründete Berufung ist erfolglos. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der mit der Klage gemäß § 17 Satz 1 TzBfG fristgerecht angegriffene Befristungsabrede vom 07.12.2006 mit dem 09.10.2007 beendet worden ist. Die Berufungskammer folgt den Erwägungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz gibt zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils keinen Anlass. Sie zeigt weder Rechtsfehler noch neue Gesichtspunkte auf, die eine andere Entscheidung rechtfertigen würden.
Im Hinblick auf die Berufungsbegründung ist ergänzend Folgendes auszuführen:
Ohne Erfolg weist die Klägerin zunächst darauf hin, die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Klägerin habe gegen die zunächst vereinbarte Befristung innerhalb der nach Ablauf dieser Befristung beginnenden Frist von drei Wochen Klage erheben müssen, lasse sich dem Gesetzestext des § 14 Abs. 2 TzBfG nicht entnehmen. Diese Feststellung ist als solche zwar zutreffend, jedoch ergibt sich diese vom Arbeitsgericht angenommene Rechtsfolge nicht aus dem § 14 Abs. 2 TzBfG, sondern aus dem § 17 Satz 1 TzBfG. Hiernach muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist, will er geltend machen, dass die Befristung des Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist. Wie die Klägerin in der Berufungsbegründung selbst feststellt, beginnt hiernach die Dreiwochenfrist bei mehreren aufeinander folgenden Befristungsabreden für jede Befristungsabrede mit dem Ablauf der darin vereinbarten Befristung und nicht erst mit dem Ablauf der letzten Befristung (vgl. zur wortgleichen Vorgängervorschrift des § 1 Abs. 5 Satz 1 BeschFG: BAG vom 24.10.2001, 7 AZR 686/00, NZA 2002, 1335). Beim Abschluss eines gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG verlängerten befristeten Arbeitsvertrages liegt zwar ein einheitlicher Arbeitsvertrag, jedoch liegen zugleich mehrere Befristungsabreden vor, die jeweils unter Geltendmachung bestimmter Unwirksamkeitsgründe angegriffen werden können. Auch die Verlängerungsvereinbarung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist eine Befristungsabrede, die ihrerseits und unabhängig vom der vorangegangenen rechtsunwirksam sein kann. Wenn gemäß § 17 Satz 1 TzBfG die Klagefrist mit dem vereinbarten Ende des Arbeitsvertrages beginnt, so ist hinsichtlich der erstmaligen Befristungsabrede auf das darin vereinbarte Ende und hinsichtlich jeder Verlängerungsvereinbarung auf das mit dieser vereinbarte Ende abzustellen (BAG a.a.O.). Leidet also der befristete Ausgangsvertrag an einem Wirksamkeitsmangel hinsichtlich der vereinbarten Befristung, so ist dies innerhalb der mit Ablauf der im Ausgangsvertrag vereinbarten Ende der Befristung beginnenden Klagefrist geltend zu machen. Unterbleibt dies, so gilt der möglicherweise unwirksam befristete Ausgangsvertrag gemäß § 17 Satz 2TzBfG als Verbindung mit § 7 KSchG als von Anfang an wirksam befristet. Dies ist dann auch bei der Beurteilung der Rechtswirksamkeit nachfolgender Befristungsabreden zugrunde zu legen.
Bei alledem ist auch der Mangel der in § 14 in Abs. 4 TzBfG vorgeschriebenen Schriftform der Befristungsabrede ein Unwirksamkeitsgrund, der innerhalb der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG geltend zu machen ist (BAG vom 01.12.2004, 7 AZRT 198/04, AP Nr. 15 zu § 14 TzBfG; KR-Bader, § 17 TzBfG, Rz. 5).
Daraus folgt, dass das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Klägerin die Unwirksamkeit der möglicherweise nur mündlich vereinbarten und Stunden später nur unwirksam schriftlich bestätigten Befristungsabrede vom 10.10.2005 (oder aber die Unwirksamkeit der am Vormittag des 10.10.2005 schriftlich vereinbarten und sich an ein möglicherweise bereits zuvor zustande gekommenes unbefristetes Arbeitsverhältnis anschließende Befristungsabrede gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG) nicht fristgerecht geltend gemacht hat. Das vereinbarte Ende der Ausgangsbefristung war für den 31.12.2006 vorgesehen, gemäß § 17 Satz 1 TzBfG begann hinsichtlich aller diese Ausgangsbefristung betreffenden Unwirksamkeitsgründe die Klagefrist mit diesem Zeitpunkt.
Diese Auslegung des Arbeitsgerichts widerspricht auch nicht dem Gesetzestext oder dem Sinn und Zweck der Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Besteht bereits zwischen den Arbeitsvertragsparteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, so kann gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG im Zusammenhang damit nicht wirksam ein befristetes Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund vereinbart werden. Gilt aber aufgrund der Versäumung der Klagefrist gemäß § 17 Satz 1 TzBfG der nicht rechtswirksam befristete und daher als unbefristet zustande gekommene Ausgangsvertrag gemäß § 17 Satz 2 TzBfG in Verbindung mit § 7 KSchG nach Ablauf der Klagefrist als von Anfang an wirksam befristet, so ist von diesem Zeitpunkt ab auch eine andernfalls gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässige Verlängerung des Arbeitsvertrages als wirksam anzusehen. Aufgrund der Fiktion der §§ 17 Satz 2 TzBfG, 7 KSchG ist nicht (mehr) davon auszugehen, dass mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Soweit die Klägerin einwendet, die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung benachteilige den Arbeitnehmer, der bereits nach der ersten Befristung Klage erheben müsse und nicht die vollen zwei Jahre des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG in Anspruch nehmen könne, bevor er Klage gegen seinen Arbeitgeber erhebe, führt dies auch nicht zum Erfolg. Eine vergleichbare Rechtslage ist bei dem Arbeitnehmer gegeben, der vom Arbeitgeber gekündigt und im Anschluss an die Kündigung unter veränderten Bedingungen aufgrund eines neuen Vertrages weiterbeschäftigt wird. Auch in diesem Falle hat der Arbeitnehmer gemäß § 4 KSchG fristgerecht Kündigungsschutzklage zu erheben und steht vor der Frage, ob er dies trotz Weiterbeschäftigung bei seinem Arbeitgeber tun möchte. Die in § 17 Satz 1 TzBfG vorgesehene Klagefrist dient der Rechtssicherheit und der baldigen Rechtsklarheit für die Arbeitsvertragsparteien. Haben sie trotz möglicher Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages Zweifel an der Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung, so steht ihnen die Möglichkeit offen, die Verlängerung des Arbeitsvertrages unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit der vorangegangenen Befristungsabrede abzuschließen. In diesem Falle kann die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristungsabrede trotz Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses gerichtlich geklärt werden.
Soweit schließlich sich die Klägerin darauf beruft, die Beklagte habe ihre Aufklärungs- und Fürsorgepflicht wegen der ihr gegenüber im Vermerk vom 07.12.2006 abgegebenen Erklärungen verletzt, ist dies vorliegend irrelevant. Zunächst kann es als fraglich bezeichnet werden, ob der Beklagten überhaupt eine Aufklärungspflicht oblag, die Klägerin auf die mögliche Unwirksamkeit der Ausgangsbefristungsabrede hinzuweisen, obwohl sie selbst davon gar nicht ausging. Über einen Sachverhalt kann der Arbeitgeber pflichtgemäß nur dann aufklären, wenn er ihn auch kennt und auch von den daraus zu ziehenden Rechtsfolgen ausgeht oder zumindest ausgehen muss. Dass der Beklagten am 07.12.2006 der von der Klägerin dargestellte Ablauf der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages vom 07.10.2005 noch geläufig war, ist äußerst fraglich. Selbst wenn man aber eine entsprechende Aufklärungspflicht der Beklagten annehmen wollte, so würde die Verletzung derselben nicht zu einer Unwirksamkeit der Befristungsabrede vom 07.12.2006, sondern zu einem Schadensersatzanspruch der Klägerin führen, den sie mit der vorliegenden Klage nicht geltend gemacht hat.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus dem § 97 Abs. 1 ZPO.
III.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
IV.
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Die Klägerin wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) hingewiesen.