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Baustellengerüst – Aufstellungskosten über vereinbarte Bauzeit hinaus

Oberlandesgericht Celle

Az: 16 U 267/06

Urteil vom 03.04.2007


In dem Rechtsstreit hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2007 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27. September 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Berufungswert: 50.112 Euro.

Gründe:

I.
Die Parteien streiten um Mehrkosten/Schadensersatz für über die vertragliche Laufzeit hinausreichende Aufstellung eines Baugerüsts am Bauvorhaben der Beklagten in H.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das LGU verwiesen, das die Klage abgewiesen hat.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Ansprüche weiterverfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung, dass für die geltend gemachten Mehrkosten eine Anspruchsgrundlage aus §§ 6 Nr. 6, 2 Nr. 5 VOB/B, §§ 642, 313 BGB gegeben sei. Insbesondere die Voraussetzungen des § 6 Nr. 6 VOB/B seien vorliegend entgegen der Ansicht des Landgerichts gegeben. Ein Mitverschulden ihrerseits liege nicht vor. Ein Abbau des Gerüstes sei angesichts entgegenstehender Weisung der Beklagten und drohender Ansprüche nicht zumutbar gewesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.112 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 1. Februar 2006 sowie 749,95 Euro Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Bei dem hier vorliegenden selbständigen Gerüstbauvertrag handelt es sich um einen gemischten Vertrag, der z. T. werkvertragliche Elemente enthält (Auf- und Abbau) sowie hinsichtlich der Vorhaltung des Gerüstes mietvertragliche Elemente (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, § 1 VOB/A Rn. 80; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl. Einf. § 631 Rn. 24; Lotz, BauR 2000, 1806; allgemein für die Anwendung von Mietrecht: OLG Hamm BauR 1987, 577).

Die danach gebotene Differenzierung zeigt sich auch daran, dass nach DIN 18451 die ersten vier Wochen der Vorhaltezeit als Nebenleistung bezeichnet werden. Erst bei Gestellung über diese Zeit hinaus ist eine weitere Vergütung für die Vorhaltung des Gerüstes vorgesehen. So sind die Parteien auch im vorliegenden Fall verfahren. Für die Gerüstarbeiten war eine Ausführungsfrist vom 26. Juli bis 9. Dezember 2004 vereinbart (K 1). Aus dem Leistungsverzeichnis ergibt sich eine Grundstandzeit von vier Wochen, die mit entsprechenden Einheitspreisen für Auf- und Abbau berechnet ist. Für die weitere Vorhaltung über die Grundstandzeit hinaus sind dagegen Preise pro qm und Monat berechnet. Die Gebrauchsüberlassung war damit an eine Monatsvergütung in Abhängigkeit von der Anzahl der Quadratmeter des Gerüstes geknüpft.

Im Streit ist zwischen den Parteien die Frage, ob und in welcher Höhe der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht, weil die Beklagte über die vereinbarte Bauzeit hinaus die weitere Vorhaltung des Gerüstes verlangt und die Klägerin das Gerüst hat stehen lassen.

Für diesen Bereich stehen daher mietvertragliche Elemente im Vordergrund, so dass etwaige Ansprüche der Klägerin sich danach auszurichten haben.

Demgegenüber „passen“ die Regeln des Werkvertragsrechts und der VOB/B nicht für die vorliegende Konstellation.

§ 6 Nr. 6 VOB/B, auf den die Klägerin in erster Linie ihren Anspruch stützt, regelt einen Ersatzanspruch für Behinderungen, die der andere Vertragsteil zu vertreten hat. Erfasst sind damit regelmäßig Fälle, in denen der Unternehmer an der Ausführung seiner Leistung gehindert ist, etwa weil sich die Bauzeit verlängert und er mit seinen Leistungen erst später beginnen kann.

Der Fall, dass ein Gerüst über die vereinbarte Vertragszeit hinaus aufgestellt bleibt oder bleiben soll, weil es im Bauablauf zu Verzögerungen gekommen ist, lässt sich jedoch nicht unter eine Behinderung im Sinne des § 6 VOB/B subsumieren. Die Klägerin hatte jedenfalls mit Ablauf des Dezember 2004 die vertraglich vereinbarte Zeit für die Gerüststellung erbracht. Eine Behinderung der Klägerin liegt nicht darin, dass die Beklagte darüber hinaus die weitere Vorhaltung verlangt hat. Allenfalls könnte man darin eine Behinderung sehen, dass sich die Klägerin vor die Frage gestellt sah, ob und unter welchen Voraussetzungen sie berechtigt war, ihr Gerüst nunmehr abzubauen.

Entsprechende Regelungen für diese Frage lassen sich dagegen dem Mietrecht entnehmen. Die Parteien haben die Gebrauchsüberlassung über die zunächst vereinbarte Zeit fortgesetzt. Darin ist die schlüssige vertragliche Verlängerung der Vorhaltung zu sehen, die die Klägerin allerdings in Anwendung von § 580a Abs. 3 BGB hätte kündigen können. Das erscheint auch interessengerecht, denn der Beklagte konnte nicht annehmen und darauf vertrauen, dass die Klägerin ohne weiteres mit einer unendlich verlängerten Vorhaltung einverstanden war. Wenn die Klägerin – wie hier – aufgrund anderer vertraglicher Verpflichtungen das aufgestellte Gerüst für eine andere Baustelle benötigte, muss es ihr möglich sein, ihr Gerüst binnen angemessener Frist auch abzubauen, ohne etwa mit Ersatzansprüchen des Beklagten konfrontiert zu werden. Die Klägerin hat dies schließlich auch selbst so gesehen und mit Schreiben vom 13. März 2006 die Kündigung zum 30. April 2006 zumindest angedroht (Anlage B 2).

Umgekehrt folgt aus dem für die Klägerin bestehenden Kündigungsrecht, dass sie keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Anmietung eines Ersatzgerüstes für die streitgegenständliche Zeit von August bis November 2005 hat. § 6 VOB/B greift – wie ausgeführt – nicht ein.

Aus dem Vorstehenden folgt, dass auch ein Anspruch aus § 642 BGB nicht gegeben ist, weil insoweit allein die mietrechtlichen Vorschriften anzuwenden sind. Im Übrigen liegt auch Annahmeverzug der Beklagten ersichtlich nicht vor. Im Gegenteil: sie hat fortwährend die weitere Leistung der Klägerin entgegengenommen.

Ein denkbarer Anspruch aus § 280 BGB würde voraussetzen, dass die Beklagte eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt hat. Das ist jedoch nicht ersichtlich. Die abschnittsweise verlängerte Gebrauchsüberlassung war seitens der Klägerin kündbar. Es war daher in erster Linie ihre Sache, den Beklagten auf die anderweitige vertragliche Bindung hinzuweisen und sodann die weitere Gebrauchsüberlassung zu kündigen. Wenn sie dies zur Wahrung ihrer eigenen Interessen nicht tat, obwohl ihr der Vertrag für das Bauvorhaben in Bielefeld bereits seit langem bekannt war, kann daraus nicht auf eine Vertragsverletzung des Beklagten geschlossen werden.

2. Ob und in welcher Höhe der Klägerin ein vertraglicher Anspruch auf Vergütung der Gerüststellung auch für die Monate August bis November 2005 zusteht, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Insoweit wird auf die Verfügung vom 14. März 2007 und die Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom gleichen Tage hingewiesen. Nur zur Klarstellung hält der Senat fest, dass sich die Klagabweisung erster Instanz nicht auf etwaige weitere vertragliche Vergütungsansprüche aus der weiteren Gebrauchsüberlassung des Gerüstes in dem streitigen Zeitraum bezieht.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

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