LG Marburg, Az.: 1 OH 14/08
Beschluss vom 01.10.2008
Der Antrag des Antragstellers auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller hat bei der Antragsgegnerin bzw. der … eine Berufsunfähigkeitsversicherung für seinen Sohn, Herrn …, abgeschlossen. Er hat vorgetragen, der Versicherte habe am 01.08.2006 eine Lehre zum Lkw-Mechatroniker begonnen. Er sei stets gehalten gewesen, schweres Material zu heben und zu tragen und habe stets Arbeiten zu verrichten gehabt, die er nur in übergeneigter, zum Teil seitengeneigter und gebückter bzw. gehockter Haltung habe ausüben können. Nach dem Auftreten von Rückenbeschwerden sei festgestellt worden, dass bei dem Versicherten die beiden Wirbel L4/L5 falsch ausgeprägt seien. Zudem sei ein lumbales Reizsyndrom bei leichter Fehlstatik diagnostiziert worden. Die Antragsgegnerin bestreitet dies. Mit seinem Antrag begehrt der Antragsteller die Einholung des schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen u. a. zu der Frage, ob bei dem Versicherten eine zumindest 50-prozentige Berufsunfähigkeit für den von ihm erlernten Beruf des Kfz-Mechatronikers bestehe.
II.
Der Antrag war als unzulässig zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 485 ZPO nicht gegeben sind.
Das selbständige Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO ist darauf beschränkt, den Zustand einer Person, die Ursächlichkeit eines Personenschadens und den Aufwand für die Beseitigung des Personenschadens festzustellen.
Vorliegend sind bereits die einer Begutachtung durch einen Sachverständigen zugrunde zu legenden Anknüpfungstatsachen streitig.
Bezieht sich der Streit auf Anknüpfungstatsachen, die ihrerseits einer Feststellung durch Sachverständigengutachten nicht zugänglich sind, sondern gegebenenfalls mit anderen Beweismitteln geklärt werden müssen, fehlt es gegebenenfalls an einem rechtlichen Interesse an der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 485 Rn. 23). Allerdings ist ein rechtliches Interesse an der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens in derartigen Fällen nicht schon von vornherein ausgeschlossen.
Das rechtliche Interesse für eine Begutachtung im selbständigen Beweisverfahren ist dann nicht gegeben, wenn zur Ermittlung der Anknüpfungstatsachen der Hauptsacheprozess weitgehend vorweg genommen werden müsste, wenn also die Anknüpfungstatsachen schon nach dem kursorischen Vortrag des Antragstellers derartig streitig sind, dass von einem Gutachten nicht die Vermeidung eines Hauptsacheprozesses erwartet werden kann (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2003, 374; OLG Nürnberg, MDR 1997, 501).
Vorliegend ist die Art und Weise der bisherigen Berufsausübung des Versicherten streitig. Es sind mithin vorab streitige, nicht den medizinischen Bereich berührende Fragen zu klären. Demgemäß kann vorliegend nicht im Wege des selbständigen Beweisverfahrens geklärt werden, ob bei dem Versicherten eine zumindest 50-prozentige Berufsunfähigkeit für den von ihm erlernten Beruf des Kfz-Mechatronikers vorliegt (vgl. zur Frage der Feststellung der Berufsunfähigkeit im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens OLG Köln, Beschluss vom 21.05.2003, Az. 5 W 86/02). Die vom Antragsteller begehrte Feststellung dient mithin auch nicht der Vermeidung eines Rechtsstreits, vgl. § 485 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.