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Berufsunfähigkeitsversicherung: Beamtenklausel – Vermutung der Berufsunfähigkeit

LG Mannheim, Az.: 8 O 143/06

Urteil vom 10.10.2007

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus dem Versicherungsvertrag Nr. LV 6-909.770/7-0328 Euro 6.600,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils

600,00 Euro seit dem 01.07.2005,

600,00 Euro seit dem 01.08.2005,

600,00 Euro seit dem 01.09.2005,

600,00 Euro seit dem 01.10.2005,

600,00 Euro seit dem 01.11.2005,

600,00 Euro seit dem 01.12.2005,

600,00 Euro seit dem 01.01.2006,

600,00 Euro seit dem 01.02.2006,

600,00 Euro seit dem 01.03.2006,

600,00 Euro seit dem 01.04.2006,

600,00 Euro seit dem 01.05.2006

zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 768,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils

69,60 Euro seit dem 01.07.2005,

69,60 Euro seit dem 01.08.2005,

69,60 Euro seit dem 01.09.2005,

69,60 Euro seit dem 01.10.2005,

69,60 Euro seit dem 01.11.2005,

69,60 Euro seit dem 01.12.2005,

69,60 Euro seit dem 01.01.2006,

69,60 Euro seit dem 01.02.2006,

69,60 Euro seit dem 01.03.2006,

69,60 Euro seit dem 01.04.2006,

69,60 Euro seit dem 01.05.2006

zu zahlen, sowie weitere 816,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.03.2006.

3. Die Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.06.2006 eine monatliche Rente in Höhe von 600,00 Euro zu zahlen längstens bis zum 01.03.2029 zuzüglich Rentenerhöhung gemäß Überschussbeteiligung aus dem jährlichen Geschäftsergebnis.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 15 %, die Beklagte 85 %.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Berufsunfähigkeitsversicherung: Beamtenklausel - Vermutung der Berufsunfähigkeit
Symbolfoto: Elnur/bigstock

Der Kläger macht mit vorliegender Klage Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung geltend.

Der Kläger schloss am 01.03.2004 mit Versicherungsbeginn zum 24.02.2004 eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Nr. LV bei der Beklagten ab (Anlage A 1). Es wurde für den Fall einer nachgewiesenen Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % neben der Beitragsbefreiung die Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 600,00 Euro vereinbart. Der monatliche Beitrag beträgt 69,60 Euro. Der Vertrag endet zum 01.03.2029. Dem Vertrag wurden die Allgemeinen Bedingungen für die selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung zugrunde gelegt (Anlage A 1). In den Besonderen Vereinbarungen auf Blatt 2 des Versicherungsscheins ist folgende Regelung enthalten:

„Für Beamte im öffentlichen Dienst auf Lebenszeit, auf Widerruf oder auf Probe gilt die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit und begrenzter Dienstunfähigkeit ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen als vollständige Berufsunfähigkeit …“

Gemäß § 1 Ziff. 3 der Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung entstehen die Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Beitragsbefreiung und Auszahlung der Berufsunfähigkeitsrente mit Ablauf des Monats, in dem Berufsunfähigkeit eingetreten ist.

Der Kläger war vom 01.08.1987 bis zum 01.06.2005 als Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb/Briefzusteller bei der D. beschäftigt. Wegen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit im einzelnen wird auf die Darlegungen in der Klageschrift vom 23.05.2006 (ABl. 4/5) Bezug genommen.

Seit Oktober 2004 traten Rückenschmerzen auf, wegen derer er sich in ärztliche Behandlung begab (Anlage A 2). Er wurde zur fachorthopädischen Behandlung zu Dr. überwiesen, von dort wurde Arbeitsunfähigkeit ab dem 29.11.2004 bescheinigt (Anlage A 3). Vom 18.02. bis zum 11.03.2005 begab sich der Kläger in eine stationäre Reha-Maßnahme nach W. Es wurde dort am 15.03.2005 ein Bandscheibenvorfall L4/5 durch die Zeugen Dr. med. diagnostiziert und die Durchführung einer Operation empfohlen (Anlage A 4).

Seit dem 01.07.2005 befindet sich der Kläger wegen gesundheitsbedingter Dienstunfähigkeit im Ruhestand. Wegen anhaltender Rückenbeschwerden und nach Untersuchung des Klägers im Auftrag seines Dienstherrn am 06.04.2005 sowie Beurteilung der Dienstunfähigkeit nach § 42 Abs.1 BBG von Dr. (Anlage A 9) wurde dem Kläger mit Schreiben vom 08.04.2005 von seinem Dienstherrn die Versetzung in den Ruhestand angekündigt (Anlage B 3). Nachdem vom Kläger gegen diese angekündigte Versetzung in den Ruhestand keine Einwendungen erhoben worden sind, ist er mit Bescheid vom 07.06.2005 (Anlage A 6) mit Wirkung zum Ablauf des Monats Juni 2005 in den Ruhestand versetzt worden.

Am 28.04.2005 stellte der Kläger Antrag auf Erbringung der Versicherungsleistungen (Anlage A 7).

Mit Schreiben vom 05.01.2006 wurde dieser Antrag durch die Beklagte abgelehnt.

Mit Schreiben vom 08.03.2006 wurde die Beklagte nochmals außergerichtlich unter Beifügung des Bescheides vom 07.06.2005 aufgefordert, dem Kläger die versicherten Leistungen zu zahlen unter Fristsetzung zum 21.03.2006 (Anlage A 9). Gleichzeitig wurde für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin durch Kostennote mit einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Schlüsselnummer 2400 VV RVG in Rechnung gestellt und zwar in Höhe von 683,80 Euro netto nebst anteiligen Auslagen und Mehrwertsteuer, somit ein Gesamtbetrag von 816,41 Euro, der sich wie folgt zusammensetzt:

Gegenstandswert: 11.183,20 Euro

1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 VV RVG 683,80 Euro

Auslagenvorschuss gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Nettobetrag 703,80 Euro

19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 112,61 Euro

Gesamtbetrag 816,41 Euro

Der Kläger ist der Auffassung, die Zusatzvereinbarung beinhalte eine so genannte Beamtenklausel, wonach im Falle der Versetzung in den Ruhestand aus ausschließlich gesundheitlichen Gründen der unwiderlegbare Beweis für das Vorliegen der Berufsunfähigkeit erbracht sei.

Der Kläger trägt insoweit vor, er habe einen Bandscheibenvorfall mit neurologischen Ausfällen erlitten, deshalb sei er von seinem Dienstherrn wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Die Dienstunfähigkeit sei nach § 42 Abs. 1 S. 1 BBG festgestellt worden.

Der Kläger trägt weiter vor, er sei bereits seit Oktober 2004 bedingungsgemäß berufsunfähig. Er sei nicht mehr in der Lage seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu mehr als 50 % auszuüben, zudem liege Dienstunfähigkeit aus rein gesundheitlichen Gründen vor.

Der Kläger beantragt, 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus dem Versicherungsvertrag Nr. Euro 12.000,00 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus jeweils

600,00 Euro seit dem 01.10.2004,

600,00 Euro seit dem 01.11.2004,

600,00 Euro seit dem 01.12.2004,

600,00 Euro seit dem 01.01.2005,

600,00 Euro seit dem 01.02.2005,

600,00 Euro seit dem 01.03.2005,

600,00 Euro seit dem 01.04.2005,

600,00 Euro seit dem 01.05.2005,

600,00 Euro seit dem 01.06.2005,

600,00 Euro seit dem 01.07.2005,

600,00 Euro seit dem 01.08.2005,

600,00 Euro seit dem 01.09.2005,

600,00 Euro seit dem 01.10.2005,

600,00 Euro seit dem 01.11.2005,

600,00 Euro seit dem 01.12.2005,

600,00 Euro seit dem 01.01.2006,

600,00 Euro seit dem 01.02.2006,

600,00 Euro seit dem 01.03.2006,

600,00 Euro seit dem 01.04.2006,

600,00 Euro seit dem 01.05.2006

zuzüglich Rentenerhöhung gemäß Überschussbeteiligung aus dem jährlichen Geschäftsergebnis zu zahlen, die sich aus den Rentenforderungen ergeben;

2. die Beklagte zu verteilen, an den Kläger 1.398,00 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus jeweils

69,60 Euro seit dem 01.10.2004,

69,60 Euro seit dem 01.11.2004,

69,60 Euro seit dem 01.12.2004,

69,60 Euro seit dem 01.01.2005,

69,60 Euro seit dem 01.02.2005,

69,60 Euro seit dem 01.03.2005,

69,60 Euro seit dem 01.04.2005,

69,60 Euro seit dem 01.05.2005,

69,60 Euro seit dem 01.06.2005,

69,60 Euro seit dem 01.07.2005,

69,60 Euro seit dem 01.08.2005,

69,60 Euro seit dem 01.09.2005,

69,60 Euro seit dem 01.10.2005,

69,60 Euro seit dem 01.11.2005,

69,60 Euro seit dem 01.12.2005,

69,60 Euro seit dem 01.01.2006,

69,60 Euro seit dem 01.02.2006,

69,60 Euro seit dem 01.03.2006,

69,60 Euro seit dem 01.04.2006,

69,60 Euro seit dem 01.05.2006

zu zahlen, die sich aus der Beitragsrückerstattung ergeben, sowie weitere 816,41 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.03.2006 zu zahlen;

3. den Beklagten zu verurteilen, die versicherten Leistungen mit Beitrag und Rente ab dem 01.06.2006 solange an den Kläger nebst der vereinbarten Rentenerhöhung zu zahlen, wie bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit besteht, längstens bis zum Ablauf der Versicherung zum 01.03.2029.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, eine Leistungspflicht bestehe nicht, da der Versicherungsfall nicht eingetreten sei.

Aufgrund der Rückenbeschwerden mit Schmerzausstrahlung in den linken Oberschenkel ohne neurologische Ausfälle liege keine bedingungsgemäße allgemeine Berufsunfähigkeit vor. Ein Bandscheibenvorfall als Ursache der Lumboischialgie sei zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen worden. Die andauernden orthopädischen Behandlungen ohne gesicherten Befund sowie die Versetzung in den Ruhestand wären mitursächlich für die Chronifizierung der Beschwerden.

Auch die Voraussetzungen für die Leistungspflicht aufgrund der vereinbarten Dienstunfähigkeitsklausel seien nicht erfüllt. Durch Versetzung in den Ruhestand sei nur eine der beiden Voraussetzungen der aus der Beamtenklausel folgenden Fiktion gegeben. Die weitere Voraussetzung, nämlich dass die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen erfolgt sei, habe der Kläger nicht belegt. Die Beklagte ist insoweit der Auffassung, die von ihr verwendete Beamtenklausel beinhalte keine Bindungswirkung an die Entscheidung des Dienstherrn über die Dienstunfähigkeit, es handle sich insoweit um keine unwiderlegliche Vermutung. Im Zuge der Privatisierung von Post und Telekom sei bezüglich der Versetzungspraxis im öffentlichen Dienst, die darauf abgestellt habe, einen Beamten so lange wie möglich im aktiven Dienst zu halten, eine deutlich bemerkbare Veränderung eingetreten. Dies habe man auf Beklagtenseite erkannt. Durch den Zusatz „ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen“ habe man sich daher bewusst ein eigenes Prüfungsrecht vorbehalten, ob eine nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Dienstunfähigkeit vorliegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 26.04.2007 des Prof. Dr. med., sowie seine mündliche Erläuterung des Gutachtens in der Sitzung vom 08.08.2007 (ABl. 76 ff.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, sie ist jedoch nur teilweise begründet.

Dem Kläger steht aus dem Versicherungsvertrag ab dem 01.07.2005 ein Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 600,00 Euro sowie die Beitragsbefreiung ab diesem Zeitpunkt bis längstens 01.03.2029 zu, solange die Pensionierung aufrecht erhalten bleibt oder im übrigen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliegt. Darüber hinaus eine Rentenerhöhung gemäß Überschussbeteiligung aus dem jährlichen Geschäftsergebnis. Im Übrigen besteht ein Anspruch nicht.

1. Leistungen ab dem 01.07.2005:

Der Kläger ist mit Bescheid vom 07.06.2005 mit Wirkung zum Ablauf des Monats Juni 2005 aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt worden. Da die Parteien eine so genannte Beamtenklausel vereinbart haben, ist damit der Versicherungsfall eingetreten. In den Besonderen Vereinbarungen (Seite 2 des Versicherungsscheins) wurde Folgendes vereinbart:

„Für Beamte im öffentlichen Dienst auf Lebenszeit, auf Widerruf oder auf Probe gilt die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit und begrenzter Dienstunfähigkeit ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen als vollständige Berufsunfähigkeit …“

Die Klausel enthält eine unwiderlegbare Vermutung, so dass der Versicherer/die Beklagte weder den Eintritt der Berufsunfähigkeit prüfen, noch den Versicherten auf eine andere Tätigkeit verweisen kann, solange die Pensionierung aufrecht erhalten bleibt (BGH VersR, 89, 903, 95, 1174). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85). Unter Anlegung dieses Maßstabes ergibt die Auslegung der Bedingungen der Beklagten, dass die Besonderen Vereinbarungen eine unwiderlegbare Vermutung vollständiger Berufsunfähigkeit bei Vorliegen der in der Klausel genannten tatbestandlichen Voraussetzungen enthält. Mit dieser Regelung werden die Leistungsvoraussetzungen unmittelbar als erfüllt erklärt, wenn der Versicherte wegen Dienstunfähigkeit ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt wurde. Dass der Versicherer den Versicherungsnehmer damit weitgehend aus seiner Beweispflicht für den Versicherungsfall entlässt, muss dieses Verständnis des Versicherungsnehmers grundsätzlich nicht in Frage stellen. Eine solche Einschränkung erscheint auch naheliegend, weil bereits im Verfahren des gesetzlichen Rentenversicherers es zu einer Prüfung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Möglichkeiten, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, gekommen sein muss. In der vereinbarten Beamtenklausel wird zudem auch das Wort „gilt“ verwendet. Dies bringt gerade im Wortsinne zum Ausdruck, dass auch ohne das Vorliegen der sonstigen bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit der Versicherungsfall als eingetreten angesehen wird. Dass Versicherer für Entlassungen und Pensionierungen in der genannten Art unwiderlegbar von vollständiger Berufsunfähigkeit ausgehen und damit zwangsläufig auf die Möglichkeit verzichten, den Beamten auf in Betracht kommende Vergleichstätigkeiten zu verweisen oder die Dienstunfähigkeit selbst zu überprüfen, ist ihre eigenverantwortliche Entscheidung im Rahmen ihres Leistungsangebots. Gerade vor dem Hintergrund der Einwendung der Beklagten, man habe erkannt, dass sich die Praxis bezüglich der Pensionierung im öffentlichen Dienst geändert habe, oblag es ihr eine entsprechende unmissverständliche Klausel in die Verträge aufzunehmen. Im Gebrauch sind durchaus auch so genannte „zweistufige“ Beamtenklauseln, nachdem die Dienstunfähigkeit “ und “ die Versetzung in den Ruhestand Leistungsvoraussetzungen sind. Hier wird die Dienstunfähigkeit des Beamten vom Versicherer widerlegbar vermutet, da nach dem eindeutigen Wortlaut die Dienstunfähigkeit neben der Versetzung in den Ruhestand vorliegen muss (OLG Nürnberg, VersR 03, 1028, Ombudsmann ZFS 03, 417). Das Wort „und“ fehlt jedoch in der vorliegenden Klausel.

Auch aus der Formulierung, dass die Versetzung in den Ruhestand „ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen“ erfolgt sein muss, ergibt sich nichts anderes. Diese Formulierung stellt lediglich klar, dass der Gesundheitszustand der alleinige Grund der vorzeitigen Entlassung gewesen sein muss. Auch diese Frage war bereits Streitpunkt bei gerichtlichen Entscheidungen in den entschieden werden musste bei Vorliegen mehrerer Gründe, ob die Entlassung aufgrund des Gesundheitszustandes wenigstens der entscheidende Grund gewesen sein muss (siehe etwa OLG Koblenz, RUS 98, 127, OLG Düsseldorf, VersR, 01, 754). Es oblag der Beklagten als Versicherer eine Formulierung zu wählen, die eine eigenständige Überprüfung ermöglicht. Hierauf wurde jedoch vorliegend verzichtet. Dass im vorliegenden Fall hinsichtlich des Klägers eine Versetzung in den Ruhestand erfolgte ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen ergibt sich aus dem Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand vom 07.06.2005 (Anlage A 6). Dort heißt es, dass der Kläger „wegen dauernder Dienstunfähigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 BBG in den Ruhestand versetzt worden ist“. Dies deckt sich im übrigen auch mit dem Ergebnis der Dienstunfähigkeitsuntersuchung gemäß § 42 Abs. 1 BBG (A 9). Aus dem ärztlichen Gutachten ergibt sich unter Ziff. 4, dass dort festgestellt wird, dass zur Zeit eine verwertbare Arbeitstätigkeit nicht möglich ist. Es wurde ein Bandscheibenvorfall im unteren Lendenbereich diagnostiziert, sowie wesentliche Einschränkungen der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule, verspannte Rückenmuskulatur, Nervendehnungsreizung am linken Bein, sowie eine Schwäche bei Fußhebung und Fußsenkung links festgestellt. Damit erfolgte eine Versetzung in den Ruhestand ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen. Etwas anderes wurde von Beklagtenseite nicht substantiiert dargelegt oder behauptet.

Die Voraussetzungen für die sich aus dem Vertrag ergebende Pflicht zur Leistungserbringung liegen damit vor. Gemäß den Versicherungsbedingungen ist die Beklagte zur Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 600,00 Euro verpflichtet, ab dem 01.07.2005. Gemäß den Besonderen Vereinbarungen (Blatt 2 des Versicherungsscheines) wurde der Vertrag ohne das Recht auf laufende Anpassung des Versicherungsschutzes (Dynamik) policiert. Zu zahlen ist jedoch die Überschussbeteiligung aus dem jährlichen Geschäftsergebnis in Form einer Bonusrente nach § 20 der Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung. Für den vergangenen Zeitraum wurde allerdings zur Höhe der Überschussbeteiligung nicht vorgetragen.

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Mit Eintritt des Versicherungsfalles ist der Kläger zudem von der Beitragspflicht befreit und hat daher keine weiteren Beiträge zu entrichten. Bereits erbrachte Beitragszahlungen erfolgten ohne Rechtsgrund, die Beklagte daher zur Rückzahlung verpflichtet.

2. Leistungen vom 01.10.2004 bis 30.06.2005:

Da die Versetzung in den Ruhestand erst zum Ende Juni 2005 erfolgte, ist die Beamtenklausel mangels Vorliegen der Voraussetzungen bis zu diesem Zeitpunkt nicht einschlägig. Der Kläger hat damit den Eintritt der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen. Ein solcher Nachweis ist dem Kläger nicht gelungen. Nach eingehender Begutachtung kann der Sachverständige Prof. Dr. med. überzeugend zu dem Ergebnis, dass der Kläger in seinem Beruf als Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb/Briefzusteller nicht in der Zeit vom 01.10.2004 bis zum 07.06.2005 aufgrund einer Rückenerkrankung zu mindestens 50 % berufsunfähig war. Der Sachverständige führt aus, dass für die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls entsprechende bildtechnische Untersuchungen erforderlich sind. Verlässliche Aussagen lassen sich nur mittels einer kernspintomographischen Untersuchung gegebenenfalls auch durch CT treffen. Nach Durchsicht der Krankenunterlagen wurde festgestellt, dass eine solche bildtechnische Abklärung beim Kläger gerade nicht stattgefunden hat. Die Diagnose des Bandscheibenvorfalls wurde von dem Reha-Zentrum W ausgesprochen und eine Operationsempfehlung gegeben. Im Rahmen der betriebsärztlichen Untersuchung muss diese Diagnose übernommen worden sein. Es sei zwar von einer Kernspinuntersuchung im Oktober 2004 gesprochen worden. Diese waren jedoch nach den Krankenunterlagen und den Angaben des Klägers nicht durchgeführt worden. Die Diagnose und Empfehlung zur operativen Therapie sei im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar. Im Übrigen erfolgten Behandlungen und Ausstellungen von entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausschließlich durch die behandelnden Hausärzte und Orthopäden. Im Rahmen der durchgeführten Diagnostik mittels Röntgenaufnahme der Brustwirbel und Lendenwirbelsäule zeigen sich gemäß den Ausführungen des Sachverständigen in allen Bewegungssegmenten unauffällige Zwischenwirbelraumweiten ohne Hinweis für Osteochondrosen. Festgestellt wurde dagegen eine Abflachung der physiologischen Lendenlordose sowie eine anlagebedingte rechtskonvexe Skoliose im unteren Abschnitt der Brustwirbelsäule mit einer kompensatorischen leichten linkskonvexen Skoliose im Lumbalbereich der Wirbelsäule. Diese Auffälligkeiten aufgrund objektivierbarer medizinischen Befunde können nach den Ausführungen des Sachverständigen eine vorübergehende Schmerzproblematik von Seiten des Rückens erklären, die sich auch im Sinne einer Lumboischialgie äußern kann. Dies führe jedoch nicht zu einer dauerhaften Einschränkung der Berufsfähigkeit mit zumindest 50 %. Nach Einschätzung des Sachverständigen sind zwar zeitweise Einschränkungen möglich, die jedoch vorübergehender Art sind. Mit gezielter Rückenschule, medikamentös begleitender Behandlung sowie medizinischer Trainingstherapie sei es möglich, den auftretenden Schmerzen entgegenzuwirken. Der Sachverständige gab im Rahmen der mündlichen Erörterung auch an, dass es aufgrund der Fehldiagnose des Bandscheibenvorfalles im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme nicht zu den gezielt erforderlichen therapeutischen Maßnahmen gekommen sein könnte. Die Einschätzungen des vom Gericht bestellten Sachverständigen sind überzeugend und decken sich im Übrigen mit den Feststellungen des privaten fachneurologischen Gutachten des Prof. Dr., der von der Klägerin im Rahmen der Abwicklung des Versicherungsfalles eingeschaltet wurde. Auch hier wurde ausgeführt, dass ein Bandscheibenvorfall als Ursache der Lumboischialgie zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen wurde. Auch hier wird für das Vorliegen des Schmerzgeschehens eine konsequente konservative Behandlung mit Krankengymnastik, Schmerztherapie und gegebenenfalls fachpsychosomatische Behandlung angeraten (Anlage B 1).

Da damit eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen wurde, ist ein Leistungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag nicht gegeben und war auch keine Beitragsbefreiung von Seiten des Versicherers zu gewähren.

3. Nach Ablehnung der Versicherungsleistungen wurde außergerichtlich mit anwaltlicher Hilfe der Leistungsanspruch geltend gemacht, da sich die Beklagte nach der Ablehnung der geltend gemachten Ansprüche in Verzug befand, sind die Kosten ersatzfähig. Die Höhe der entstandenen Kosten wurde von Beklagtenseite nicht streitig gestellt, nach der Entscheidung des BGH vom 07.03.2007 (VIII ZR 86/06) kann auch eine 1,3 Geschäftsgebühr geltend gemacht werden.

4. Nach dem Versicherungsvertrag sind die Zahlungen monatlich im voraus zu erbringen, die Beklagte kam daher jeweils zum 01. eines jeden Monats in Verzug (§ 286 BGB), die Höhe der Zinsen folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 709 S. 2 i.V.m. § 108 ZPO.

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