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Beschneidung alter Nachbarbäume – Vorsicht vor den Folgen

OLG Brandenburg, Az.: 5 U 109/16, Urteil vom 08.02.2018

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 29. August 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam – Az. 1 O 5/14 – unter Zurückweisung seiner weitergehenden Berufung teilweise abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.943,65 Euro sowie 4.314,94 Euro jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Februar 2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 72 % und der Beklagte zu 28 % zu tragen.

4. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung der gegnerischen Partei jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 40.369,14 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter, am … gelegener Grundstücke in der …… . Auf dem von der Straße aus gesehen links gelegenen Grundstück des Klägers stehen an der rechten Seite parallel zur Grundstücksgrenze mehrere Lindenbäume, die eine Allee an der Grundstücksauffahrt bilden. Beide Parteien gehen davon aus, dass die Linden mit Errichtung des Hauses gepflanzt wurden. Die Villenkolonie wurde 1911 gegründet und die Villen wurden bis in die 1930er Jahre errichtet. Das Grundstück des Beklagten ist mit einer Allee von Kugelrobinien bepflanzt sowie mit Buchsbaumbüschen. Der Beklagte forderte den Kläger im Jahr 2012 mehrfach zum Rückschnitt der Linden und einer Robinie im hinteren Teil seines Grundstücks auf, da durch Laub, Blüten und Samen sowie Vogelkot sein Grundstück und eine Terrasse erheblich beeinträchtigt seien. Schließlich veranlasste er im Januar und März 2013 durch eine Fachfirma, die Streithelferin, den Rückschnitt von sieben Linden und einer im hinteren Teil des klägerischen Grundstücks stehenden Robinie. Der Kläger begehrt Schadensersatz für den Rückschnitt der Bäume sowie für zwei Pfeifensträucher, deren Rückschnitt durch den Beklagten streitig ist.

Beschneidung alter Nachbarbäume – Vorsicht vor den Folgen
Symbolfoto: Kirisa99/Bigstock

Der Kläger hat behauptet, der Rückschnitt sei nicht fachgerecht erfolgt, was er durch Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Gutachten des Sachverständigenbüros B…, Sachverständiger H… W… vom 1. August 2013 (Bl. 18 ff. d. A.) im Einzelnen ausgeführt hat. Zudem hat er die Ansicht vertreten, dass auch der Baumbestand denkmalgeschützt sei, so dass die Kürzung der Bäume ohne Genehmigung der Denkmalschutzbehörde unzulässig sei. Den durch den Rückschnitt entstandenen Schaden hat der von ihm beauftragte Gutachter auf 35.830 Euro bemessen. Diesen Betrag und die Kosten für die Einholung des Sachverständigengutachtens in Höhe von 4.539,14 Euro, jeweils nebst gesetzlichen Zinsen seit Rechtshängigkeit, hat der Kläger erstinstanzlich begehrt.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat ausgeführt, dass nicht nur wegen des Überhangs der Zweige, sondern auch zur Verkehrssicherung der Rückschnitt erforderlich gewesen sei. Der Kläger hat – insoweit unstreitig – zuvor keine Baumpflegemaßnahmen auf der dem Grundstück des Beklagten zugewandten Seite ausführen lassen. Der Beklagte hat behauptet, der Rückschnitt sei fachgerecht ausgeführt worden. Auch sei seiner Auffassung nach der Rückschnitt nicht in unverhältnismäßigem Umfang vorgenommen worden; die Äste der Bäume ragten weiterhin auf sein Grundstück, sie endeten jetzt in einer Tiefe von 2 bis 3 Metern über dem Grundstück von der Grenze aus gesehen. Die Beträge, die in dem vom Kläger eingeholten Gutachten aufgeführt seien, seien überhöht. Sie berücksichtigten insbesondere nicht ausreichend eingetretene Vorschäden, die durch Erdarbeiten auf dem klägerischen Grundstück entstanden seien. Die Gefahr, dass die Bäume infolge des Rückschnitts absterben, bestehe nicht. Die Bäume seien weiterhin vital. Die Pfeifensträucher habe er insoweit zurückgeschnitten, als diese durch den Zaun geragt hätten. Er sei nicht für eine Kürzung der oberen Krone dieser Sträucher verantwortlich. Die Robinie habe der Kläger ohnehin fällen wollen, sie sei schon vor Vornahme des Rückschnitts erkrankt. Insoweit sei ein Schaden nicht entstanden. Dort sei auch lediglich Totholz beseitigt worden. Er ist der Ansicht gewesen, dass die Bäume nicht unter Denkmalschutz standen, jedenfalls sei ihm dies nicht bekannt gewesen.

Der Beklagte hat mit einer Widerklage die Verurteilung des Klägers zur Durchführung weiterer Rückschnittarbeiten an Pflanzen und Bäumen sowie zur Zahlung einer Entschädigung erhoben.

Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen wird auf die tatsächlichen Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage im Umfang von 5.207,72 Euro und anteiliger Sachverständigenkosten in Höhe von 15 % des geltend gemachten Gesamtbetrages, dies sind 680,71 Euro, stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Widerklage ist abgetrennt worden. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 1 BGB sei auf der Grundlage der Ausführungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. We… unter Berücksichtigung einer Kürzung von 25 % für Vorschäden zu berechnen. Der Beklagte sei verpflichtet, den Überhang nach den Grundsätzen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in einem Umfang von 2 m, gemessen von der Grundstücksgrenze, zu dulden, da es sich um rund 100 Jahre alten Baumbestand handele, der schon vorhanden gewesen sei, als der Beklagte das Grundstück im Jahr 2008 erworben habe. Der Rückschnitt sei an einer Stelle auf dem klägerischen Grundstück erfolgt, im Übrigen sei er nur zulässig, wenn er unter Beachtung der denkmalrechtlichen Zielsetzungen und mit einer Genehmigung der Denkmalschutzbehörde durchgeführt werde. Für die Berechnung des Schadens sei die Wertminderung des Grundstücks maßgeblich, berechnet nach der Methode Koch. Das Gericht folgt hierzu den Ausführungen des Sachverständigen, wonach die Kronen der Lindenbäume durch den Rückschnitt nicht mehr gleichmäßig gestaltet seien und daher keine einheitliche Form mehr aufwiesen. Der Kronenradius der Linden Nr. 2 bis 7 betrage in westlicher Richtung 2,9 m, in östlicher Richtung hingegen 6,1 m. Es liege ein Schaden vor, der sich aus einem sogenannten „Funktionsschaden“ und den „Nachsorgekosten“ berechne. Dieser sei für die Linden um 25 % zu kürzen, weil der Beklagte geltend gemacht habe, dass auch Rückschnittmaßnahmen bewertet worden seien, für die er nicht verantwortlich sei. Die vom Sachverständigen angesetzten Kosten gingen zutreffend von den Preisangaben eines Marktführers, der Baumschule Br…, aus, um die durchschnittlichen Anschaffungskosten zu ermitteln. Vorschäden an den Bäumen infolge von Verletzungen der Wurzeln habe der Sachverständige nicht feststellen können. Der für die Wertermittlung der Herstellung des Baumes angesetzte Zinssatz von 3,04 % sei ebenso wenig zu beanstanden, er werde für die Herstellungszeit von bis zu 20 Jahren in der Fachliteratur angenommen. Die Abzinsung von 4 % für die Berechnung der Kosten für die Anwachspflege sei sachgerecht. Ein Zuschlag für das Vitalitätsrisiko sei nicht zu berücksichtigen, weil die Linden weiterhin vital seien. Die Robinie werde bei der Schadensberechnung nicht berücksichtigt, weil der Kläger sie selbst habe fällen wollen. Dass der Beklagte die Pfeifensträucher zurückgeschnitten habe, sei nicht bewiesen. Die Sachverständigenkosten seien entsprechend dem Verhältnis der Begründetheit der Hauptforderung zur Gesamtforderung im Umfang von 15 % erstattungsfähig.

Gegen dieses Urteil, das jeweils am 12. September 2016 zugestellt worden ist, wenden sich beide Parteien mit der Berufung. Der Kläger hat am 11. Oktober 2016 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. Dezember 2016 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Beklagte hat seine Berufung am 11. Oktober 2016 eingelegt und sie am 10. November 2016 begründet.

Der Kläger trägt zur Begründung vor: Die Kosten des Sachverständigengutachtens müssten zur Schadensermittlung in voller Höhe erstattungsfähig sein. Die Erwägungen des Sachverständigen zur Höhe des entstandenen Schadens seien zum Teil unzutreffend, weil der Schaden ausgehend von einem Umfang von 16 bis 18 cm und einer Entwicklungsdauer von 60 Jahren berechnet werden müsse, nicht wie vom Sachverständigen We… angenommen, ausgehend von 25 bis 30 cm Umfang und einer Entwicklungszeit von 25 Jahren. Die Entwicklungszeit von 25 Jahren und eine dann erreichte Gesamthöhe von 15 m erfasse nicht die Besonderheiten der hier gegebenen 100jährigen Baumreihe, für die eine Herstellungsdauer von etwa 60 Jahren anzusetzen sei. Es sei ein Unterschied in der „Funktion“, das heißt hier dem Erscheinungsbild des Baumes, ob er nur 40 bis 45 Jahre oder aber deutlich längere Zeit gewachsen sei. Es beginne im Lauf der Zeit eine weitere Alterungsphase, die maßgeblich für die hier vorhandene langjährig gewachsene Allee sei. Daher müsse ein Funktionserfüllungsalter von über 70 Jahren (12 Jahre Baumschule und rund 60 Jahre Wachstum) angesetzt werden. Diesen Aspekt habe das Landgericht nicht ausreichend berücksichtigt. Auch sei die Nachsorge mit Ausnahme der An- und Abfahrten und der Baustelleneinrichtung nicht bei mehreren Bäumen kostengünstiger, da die Bereiche, in denen der Rückschnitt erfolgte, zahlreich seien und berücksichtigt werden müsse, dass das Gesamtbild der geschädigten Bäume erhalten bleibe. Der Abschlag bei den Nachsorgearbeiten von 50 % sei daher zu hoch angesetzt. Ferner müsste die Beschädigung der Pfeifensträucher berücksichtigt werden, da der Beklagte insoweit in das Grundstück des Klägers eingegriffen habe. Zudem müsse die Robinie in die Schadensberechnung einbezogen werden. Schließlich sei die Kürzung des Schadensumfangs durch das Landgericht im Umfang von pauschal 25 % nicht nachvollziehbar, sie sei vom Landgericht auch fachlich nicht näher begründet worden.

Der Kläger beantragt, das am 29. August 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 35.830 Euro und 4.539,14 Euro, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt mit seiner Berufung, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor: Der Kläger habe unberücksichtigt gelassen, dass die Bäume noch vorhanden seien, mithin nur ein Teil des Baumes beschädigt sei. Daher könne der Schaden nicht fiktiv danach berechnet werden, welche Dauer erforderlich sei, bis der Baum 60 Jahre alt sei. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass durch den Rückschnitt dem Kläger auch Baumpflegearbeiten erspart worden seien. Die Pfeifensträucher habe er nicht zurückgeschnitten, ein Schaden sei auch insoweit nicht erkennbar. Er ist der Ansicht, dass der Kläger die Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen nicht im Wege des Schadensersatzes geltend machen könne, da er sich vorprozessual Rat von der Denkmalschutzbehörde hätte holen können. Es sei zutreffend, dass die Gutachterkosten nur anteilig zu ersetzen seien. Zudem seien auch Rationalisierungseffekte zu verzeichnen, weil der Aufwand der Nachpflege bei einer Allee geringer sei, als bei acht einzelnen Bäumen. Die Bäume mit den Nummern drei bis sechs seien auch geringeren Wuchses, die Nachpflege dort mithin weniger aufwändig. Die Robinie habe keinen Wert, da sie optisch dem Grundstück des Klägers nicht zugerechnet werden konnte und ohnehin habe gefällt werden sollen.

Zur Begründung seiner Berufung trägt er vor: Der Tatbestand des angefochtenen Urteils sei unrichtig, soweit dort ausgeführt werde, der Kläger habe ihm mitgeteilt, dass die Bäume unter Denkmalschutz stünden. Zudem sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass das Denkmal nicht an der Grundstücksgrenze ende. Das Landgericht habe zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass die Schnittstellen an den Bäumen vom klägerischen Grundstück gar nicht erkennbar seien. Da die Beschädigungen innerhalb einer Skala als „Funktionsschaden der Stufe 1“ einzuschätzen seien, bei der zwar Teile fehlten, der Baum im Übrigen aber unbeschadet sei, sei die Sichtbarkeit für die Schadensfeststellung von Bedeutung. Wegen der fehlenden Erkennbarkeit der Schäden wäre es geboten gewesen, eine Inaugenscheinnahme durchzuführen. Das Landgericht habe nicht ausgeführt, inwiefern ihm schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen sei. Es hätte berücksichtigen müssen, dass er eine Fachfirma beauftragt habe, also davon habe ausgehen dürfen, dass keine Schäden verursacht würden, zumal ihm die Firma auch den schadensfreien Rückschnitt zugesichert habe. Der Sachverständige habe bestätigt, dass der Beklagte als Laie den Rückschnitt nicht hinsichtlich möglicher Schadensfolgen habe einschätzen können. Hinzu komme, dass in der Stadt W… bei Straßenbäumen, aber auch im Park S… an anderen Stellen Linden deutlich stärker zurückgeschnitten würden, was ihm bekannt gewesen sei. Er habe auch in Bezug auf den Denkmalschutz nicht fahrlässig gehandelt, weil kein Anlass bestanden habe, bei der Denkmalschutzbehörde nachzufragen. Den Rückschnitt des Stämmlings am ersten Baum habe er in diesem Umfang nicht in Auftrag gegeben. Diesen Schnitt habe die Fachfirma auf eigene Veranlassung vorgenommen. Er habe einen Schnitt in einer Tiefe von etwa 1,5 m auf seinem Grundstück vorgegeben. Die möglicherweise fehlerhafte Einschätzung der Fachfirma habe er nicht zu verantworten. Die Kürzung des Schadensumfangs um 25 % sei im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass der Sachverständige Prof. Dr. We… Schnitte berücksichtigt habe, die nicht durch ihn verursacht worden seien.

Im einem Verfahren vor dem VG Potsdam, bei dem er gegen Anordnungen der Denkmalschutzbehörde vorgehe, habe der Vorsitzende sich dahin geäußert, dass nicht ohne Weiteres davon auszugehen sei, dass das Denkmalschutzrecht die Rechte des Nachbarn zurückdränge. Der Vorsitzende habe sich dafür ausgesprochen, unter dem Gesichtspunkt des Denkmalschutzes das zuzulassen, was zivilrechtlich zulässig sei. Die im Park S… durchgeführten Arbeiten zur Baumpflege (s. Lichtbilder Bl. 113 ff.) bestätigten, dass der Denkmalschutz einem Rückschnitt der Bäume nicht entgegenstehe.

Das landgerichtliche Urteil sei schließlich widersprüchlich, weil das Gericht einen Rückschnitt bis zu einem Überhang von zwei Metern als zulässig ansehe, dies aber bei der Schadensbemessung keine Berücksichtigung gefunden habe. Der Gutachter habe bestätigt, dass er den Rückschnitt auf einer Linie von 1 m bis 1,50 m vorgenommen habe. Allein das Übermaß des Rückschnitts dürfe zur Grundlage der Schadensberechnung gemacht werden.

Das Landgericht habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass für den Beklagten die Nutzung seines Grundstückes im Umfang einer Fläche von etwa 100 qm erheblich beeinträchtigt sei und dass er bei Erwerb davon ausgehen konnte, dass ein Rückschnitt zeitnah erfolgen werde, weil ihm dies der damalige Eigentümer zugesagt habe.

Auch hätten das Schweigen des Klägers auf seine Aufforderungen zum Rückschnitt und die unterlassene Pflege im Rahmen etwaigen Mitverschuldens berücksichtigt werden müssen. Zudem sei sein Einwand, dass die vom Gutachter berücksichtigte Baumschule auf Anfrage einen Preis mitgeteilt habe, der nur 1/6 des Listenpreises erreiche, nicht berücksichtigt worden. Er habe verschiedene Angebote von Baumschulen auch aus der Region vorgelegt, die alle unter dem vom Sachverständigen für die Berechnung verwendeten Preis gelegen hätten. Die von beiden Parteien beauftragten Gutachter seien ebenfalls von geringeren Preisen ausgegangen. Auch sei die Frage, inwieweit der Kläger eigene Pflegemaßnahmen erspart habe und ob er anderenfalls eine „Laubrente“ hätte zahlen müssen, nicht im Urteil erörtert worden. Die zuletzt genannten Positionen hätten schadensmindernd berücksichtigt werden müssen.

Zu beanstanden sei schließlich, dass der vom Gutachter angesetzte inflationsbereinigte Zins zu hoch auf 3 % angesetzt worden sei, statt auf lediglich 2 %. Dies habe er durch Bezugnahme auf Statistiken der Bundesbank und des statistischen Bundesamtes konkret belegt. Die zugunsten des Beklagten wirkende Aufzinsung an anderer Stelle habe der Gutachter demgegenüber um zwei Prozentpunkte gemindert. Dies sei nicht nachvollziehbar.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils hinsichtlich der für die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlichen Kosten sowie hinsichtlich der vom Landgericht vorgenommenen pauschalen Schadenskürzung um 25 %. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

1. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB wegen des Rückschnitts von sieben auf dem Grundstück des Klägers befindlicher Linden. Der Rückschnitt stellt eine Verletzung des Grundstückseigentums des Klägers dar, da die Bäume gemäß § 94 Abs. 1 Satz 2 BGB wesentlicher Bestandteil des Grundstücks des Klägers sind.

2. Die Eigentumsverletzung ist rechtswidrig. Der Beklagte war nicht aufgrund des in § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelten Selbsthilferechts befugt, die Zweige und Äste zurückzuschneiden.

a. Die zurückgeschnittenen Äste und Zweige sind in den Bereich des Grundstücks des Beklagten eingedrungen. Der Bereich des Grundstücks erstreckt sich gemäß § 905 BGB auch auf den Raum über der Oberfläche. Der Rückschnitt der sieben Linden betrifft mit einer Ausnahme den Bereich über dem Grundstück des Beklagten. Der Beklagte hatte – wie die Streithelferin ausgeführt hat und nicht bestritten worden ist – eine Linie oberhalb seiner Buchsbaumsträucher bestimmt, in deren Höhe der Rückschnitt erfolgen sollte. Die Zweige ragen nach dem Rückschnitt noch 1 m bis 1,50 m auf das Grundstück des Beklagten (Bl. 186 unten, Bl. 1315). Aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachten, mit dem er die Klage begründet hat, ergibt sich nichts Abweichendes. Auch danach erfolgte die Kürzung in gleichmäßiger Entfernung parallel zur Grundstücksgrenze (Bl. 25 d. Gutachtens). Der Umfang der Kürzung der Äste der Linden nimmt in Richtung des hinteren Bereichs des Grundstücks ab, da dort die Bäume auf dem Grundstück des Klägers weiter von der Grundstücksgrenze entfernt stehen (vgl. Anlagenordner B-2).

b. Die Ausübung des Selbsthilferechts scheitert nicht an der gemäß § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlichen Aufforderung zum Rückschnitt gegenüber dem Nachbarn unter Bestimmung einer angemessenen Frist. Nach den landgerichtlichen Feststellungen ist hier eine Fristsetzung per E-Mail vom 7. Juni 2012 bis zum 30. Juni 2012 ausgesprochen worden (Anlagenordner, B-18), die sich ihrem Wortlaut nach zwar mehr auf Hecken und bodennahe Pflanzen bezog, aber auch auf Bäume und hohe Sträucher, über die die Parteien bereits zuvor korrespondiert hatten. Mit Schreiben vom 22. Juli 2012 kündigte der Beklagte an, dass er die Arbeiten „in angekündigtem Umfang“ fortsetzen werde und dass durch den Einsatz von Technik zusätzliche Kosten entstehen werden (Anlagenordner, B-19). Schließlich mahnte er letztmals unter dem 10. Januar 2013 die Durchführung von Baumschnittarbeiten unter genauer Bezeichnung des verlangten Umfangs an (Anlagenordner, B-22) unter Fristsetzung bis zum 31. Januar 2013. Die zuletzt nur noch dreiwöchige Frist ist angemessen, da der Beklagte zuvor bereits Rückschnittarbeiten gefordert hatte, hinsichtlich der Bäume erstmals am 29. Mai 2012 (Bl. 9 d.A.).

c. Der Senat geht weiter davon aus, dass die erforderliche Beeinträchtigung des Grundstücks des Beklagten infolge der hinüberragenden Äste und Zweige gegeben war. Da es auf die genaue botanische Bezeichnung bei der Anwendung des § 910 BGB nicht ankommt (Staudinger/Roth, BGB (2016) § 910 Rz. 16), ist grundsätzlich auch der Rückschnitt von Ästen von § 910 BGB erfasst. Der Rückschnitt ist nach § 910 Abs. 2 BGB nur zulässig, wenn eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks gegeben ist. Die Beeinträchtigung muss gerade von dem Überhang ausgehen, der zurückgeschnitten werden soll. Dass die Beeinträchtigung unwesentlich ist, hätte der (störende) Nachbar, hier also der Kläger, darzulegen und zu beweisen (BGH NZM 2005, 318). Auf eine nur unwesentliche Beeinträchtigung hat der Kläger sich nicht berufen. Zudem hat der Beklagte unwidersprochen dargelegt, dass eine Beeinträchtigung durch den Blütenfall, klebrigen Saft der Linde und durch Laub gegeben sei. Die Reinigung des Grundstücks muss nach seinem Vortrag im Herbst mehrmals wöchentlich erfolgen. Lichtbilder, die insbesondere den Laubanfall verdeutlichen, belegen dies (Bl. 412 bis 420 d.A.).

d. Das Selbsthilferecht des Beklagten kann dadurch eingeschränkt sein, dass der Rückschnitt ohne die erforderliche denkmalschutzrechtlich erforderliche Erlaubnis erfolgt ist. Ob dies der Fall ist, kann nach Auffassung des Senates aber dahingestellt bleiben.

Das Selbsthilferecht des Beklagten ist hier aufgrund des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses im Hinblick auf den Überhang, der vom Baumbestand des Klägers ausgeht, eingeschränkt.

Die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und der Nachbargesetze der Länder regeln das nachbarliche Verhältnis grundsätzlich abschließend. Es kann sich aber im Einzelfall ergeben, dass unter Berücksichtigung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) die gesetzlichen Befugnisse und Verpflichtungen Einschränkungen erfahren. Für den Nachbarn folgt daraus eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, wenn ein über die gesetzlichen Regelungen hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden (BGH NJW-RR 2003, 1313; NJW 2003, 1392; NJW-RR 2008, 610).

Der Bestand des Baumes ist bei einem Rückschnitt des Überhangs gefährdet. Der Sachverständige … hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass generell bei älteren Bäumen starke Kronenschnitte vermieden und allenfalls nur mäßig in kürzeren Abständen zurückgeschnitten werden darf (S. 13 GA). Bei Kronenschnittmaßnahmen an Bäumen ist grundsätzlich darauf zu achten, dass die Vitalität des Baumes und sein arttypisches Erscheinungsbild so weit wie möglich erhalten bleiben. Auch wenn Bäume am Ende ihrer Reife- und Alterungsphase noch über eine gute Vitalität verfügen, sind sie nicht mehr so reaktionsfähig wie Bäume in der Jugendphase. Entsprechend reagieren sie mehr oder weniger empfindlich auf Verluste ihrer assimilierenden Blattmasse. Es besteht die Gefahr einer dauerhaften Beschädigung der Bäume, sie können bei starken Rückschnitten auch absterben, zudem entsteht ein erheblicher Blattverlust. Ferner bieten die Schnittflächen von stärkeren Ästen Wunden, durch die Fäule in den Stamm eindringen kann. Das Schneiden von Grobästen von mehr als 5 cm Durchmesser zieht der Sachverständige lediglich aus Gründen der Verkehrssicherheit in Betracht (S. 14, 20 GA). Lediglich die Entfernung von Totholz und die moderate Kronenauslichtung sowie die Entfernung von Stamm- und Stockaustrieben zählen zu pfleglichen Schnittmaßnahmen.

Hinzu kommt, dass ältere Bäume bei starken Asteinkürzungen zu einer vermehrten Ausbildung von Ersatztrieben am Stamm neigen, zu einer tiefer angesetzten „Sekundärkrone“, die das arttypische Erscheinungsbild beeinträchtigen. Die für Linden typische, leicht nach oben geschwungene Krone wird zerstört, da nachwachsende Reiterate nach oben wachsen und zu Verbuschung führen. Die senkrecht nach oben wachsenden Äste, die sich im Lauf der Jahre verstärken können, weisen eine erhöhte Bruchgefahr auf und sind infolgedessen regelmäßig einzukürzen (S. 18 GA).

Die hier auf dem Grundstück des Klägers stehenden Lindenbäume weisen, wie die Ausführungen des Sachverständigen zu den konkret festgestellten Rückschnittmaßnahmen zeigen (Bl. 27 ff. GA), mehrere Stark- und Grobäste auf, die bei einem Rückschnitt des Überhangs zwangsläufig zu kürzen wären. Der Umstand, dass ein Rückschnitt dieser Stark- und Grobäste, wie oben ausgeführt, erhebliche schädigende Folgen für ältere Bäume haben kann und regelmäßig auch hat, steht dem Rückschnitt des Überhangs durch den Nachbarn entgegen. Denn der Überhang besteht hier gerade im Wesentlichen aus Stark- und Grobästen. Der Senat hält auch entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht eine teilweise Einkürzung der Stark- und Grobäste bis zu einer bestimmten Entfernung von der Grenze für zulässig. Das Kürzen von Stark- und Grobästen ist nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht fachgerecht. Ein solcher, sich regelmäßig schädigend auswirkender Rückschnitt ist daher auch nicht teilweise vom Eigentümer hinzunehmen. Die Durchführung eines pflegenden Rückschnitts, auf den man die Maßnahmen des Beklagten seiner Auffassung nach als zulässiges „minus“ zurückführen könnte, ist nicht Zweck des Selbsthilferechts nach § 910 BGB. Die von dem Beklagten eingewandte wesentliche Beeinträchtigung seines Grundstücks geht nicht von kleineren Ästen und Zweigen aus, die zur Pflege zurückgeschnitten werden könnten. Der Eingriff des Beklagten in das Eigentum des Klägers ist daher auch nicht unter diesem Aspekt (teilweise) rechtmäßig.

Folge der Duldungspflicht kann ein Anspruch auf Entschädigung sein, der beim Ausschluss von Ansprüchen wegen zu dicht an der Grenze gepflanzter Bäume in Betracht kommt (BGHZ 157, 33).

3. Das für den Ersatzanspruch erforderliche Verschulden des Beklagten im Hinblick auf die Eigentumsverletzung ist gegeben. Schuldhaft handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig andere Rechtsgüter verletzt. Fahrlässigkeit ist demjenigen vorzuwerfen, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 BGB. Welcher Sorgfaltsmaßstab dabei anzusetzen ist, ist grundsätzlich nach einem objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab zu entscheiden (BGH NJW 2003, 2022). Maßgebend kann etwa sein, wie die Übung in den betroffenen Verkehrskreisen ausgestaltet ist (BGHZ 65, 308) oder ob Fachleute dem Handelnden ein bestimmtes Verhalten geraten haben (BGH NJW 1971, 1882). Maßstab ist, was ein besonnener und gewissenhafter Angehöriger des jeweiligen Verkehrskreises beachten würde (BGH NJW 1972, 151), hier also das Verhalten eines vernünftig und besonnen handelnden Nachbars.

Danach ist dem Beklagten fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Aus Sicht eines besonnen vorgehenden Nachbarn war es geboten, sich vor der Kürzung eines erkennbar alten, über mehrere Jahrzehnte gewachsenen fremden Baumbestandes nach den Folgen für das fremde Eigentum zu erkundigen. Zwar hat der Beklagte mit der Streithelferin eine Fachfirma beauftragt, den Rückschnitt durchzuführen. Die Vorgabe, in welchem Umfang der Rückschnitt erfolgen sollte, stammte aber vom Beklagten und ist auch nach seinem eigenen Vortrag nicht nach einer Beratung über die Angemessenheit aus baumschutzrechtlicher Sicht durchgeführt worden. Eine solche Beratung hat der Beklagte erst nach dem Schadensereignis eingeholt; das von ihm vorgelegte Gutachten des Sachverständigen H… G… führt aus, dass Stark- und Grobäste nicht geschnitten werden sollen (S. 9 GA G…l), ein gerader „Heckenschnitt“ bei Bäumen abzulehnen ist (S. 10 GA G…), ein gehölzphysiologischer und auch ein baumstatischer Schaden eingetreten sei (S. 11, 12 GA G…).

Die Beauftragung einer Fachfirma mit dem Rückschnitt ist nicht mit der Einholung einer sachverständigen Meinung zum erheblichen Eingriff in die Baumkronen alten Baumbestandes gleichzusetzen. Einer solchen Expertise hätte es bedurft, um sicherzustellen, dass der Rückschnitt keine Schädigung der Bäume hervorruft. Der Beklagte hat indes nach eigenem Vortrag die Streithelferin mit einem „fachgerechten Rückschnitt“ und „Totholzentfernung“ beauftragt und dabei, wie die Streithelferin unwidersprochen ausgeführt hat, eine „Linie über seinen Buchskugeln“ definiert. Die Festlegung des Umfangs des Rückschnitts war mithin Teil des vom Beklagten erteilten Auftrages. Die Streithelferin selbst sah ihre Verantwortung lediglich darin, die Schnitte fachgerecht zu setzen, die Äste „abzusetzen“. Dass sie die Beratung des Beklagten hinsichtlich des Umfangs des Rückschnitts übernommen hatte oder dass er das Verhalten der Streithelferin dahin verstehen durfte, hat der Beklagte nicht dargelegt.

Auch der Umstand, dass in der Stadt W… oder am Park S… Bäume regelmäßig stark zurückgeschnitten werden und dies dem Beklagten bekannt war, lässt den Vorwurf einer fahrlässigen Pflichtverletzung nicht entfallen. Denn aus der Ansicht eines Rückschnitts im öffentlichen Raum lässt sich bereits nicht die Befugnis ableiten, fremdes Eigentum in gleicher Weise zurückschneiden zu dürfen. Zudem ist der Betreiber eines öffentlichen Parks bzw. der Straßenbaulastträger gehalten, im Rahmen seiner personellen und finanziellen Möglichkeiten die Verkehrssicherheit dauerhaft zu gewährleisten. Solche Überlegungen können zu der Entscheidung einer Behörde führen, jährlich einen starken Rückschnitt zu veranlassen. Dass ein Grundstückseigentümer gegenüber seinem Nachbarn gleiche Überlegungen anstellen darf, ergibt sich daraus – für ihn erkennbar – nicht. Hinzu kommt, dass die hier beschädigten Bäume, anders als die Straßen- und Parkbepflanzung, bisher nicht in gleicher Weise zurückgeschnitten wurden, der vom Beklagten vorgenommene starke Rückschnitt für die Bäume des Klägers mithin mit größeren Risiken verbunden war.

Ebenso wenig steht schließlich das Argument, dass der Beklagte nach seinem Dafürhalten eine optische Beeinträchtigung nicht festzustellen vermag, seiner Haftung für die Eigentumsverletzung entgegen, die sachverständig festgestellt worden ist. Insoweit wird auf die Ausführungen in der landgerichtlichen Entscheidung verwiesen.

4. Der durch die Eigentumsverletzung entstandene Schaden ist vom Landgericht hinsichtlich der Beschädigung der Bäume überwiegend zutreffend berechnet worden.

a. Soweit der Kläger mit seiner Berufung die Berücksichtigung eines waagerechten Rückschnitts eines Pfeifenstrauchs bei der Schadensberechnung begehrt, dringt seine Berufung nicht durch. Denn der Beklagte hat bestritten, dass er den Rückschnitt im oberen Bereich (Bl. 70 d.A.) vorgenommen oder veranlasst habe. Der Kläger hat eine Handlung des Beklagten nicht unter Beweis gestellt oder dargelegt, warum es nur der Beklagte gewesen sein kann, der die Sträucher zurückgeschnitten oder dies veranlasst hat. Da noch andere Personen auf dem Grundstück des Beklagten wohnen, ist der Rückschnitt durch andere Personen als den Beklagten nicht ausgeschlossen.

Zu Recht hat das Landgericht auch die Robinie am Haus des Klägers von der Schadensberechnung ausgenommen, da ein kausaler Schaden insoweit nicht vorliegt. Ein Schaden besteht nicht, wenn der Geschädigte selbst nach seiner Planung den Erhalt einer Sache nicht beabsichtigt hat. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die der Kläger mit dem Vortrag in der Berufung nicht angegriffen hat, ist dies für die Robinie der Fall. Das vom Kläger mit der Klage vorgelegte Gutachten enthält zu diesem Baum die Umschreibung, dass im Vergleich zu den Linden ein „abweichender Eingangszustand“ vorgelegen habe (S. 19 des Gutachtens H… W…, Bl. 36 d A.). Der Plan im klägerischen Gutachten, Bl. 57 d.A., weist die Robinie als „krank“ aus. Die mit der denkmalpflegerischen Planung vorgelegte Karte des klägerischen Gartens (Anlage zum Schriftsatz vom 20. Januar 2016, Bl. 749 d.A.) sieht die Robinie zur Fällung vor. Dies wird in der weiter vorgelegten Anlage, der Stellungnahme der Landschaftsarchitektin A… B… zu den geplanten Maßnahmen bekräftigt, da dort ausgeführt wird, dass eine „Fällung und Nachpflanzung geplant werden muss“. Zu Recht weist der Beklagte auch darauf hin, dass die Planung des Neubaus einer Mauer im Bereich der Robinie (Bl. 749 d. A.) die Absicht des Klägers belegt, die Robinie, die in Richtung des Nachbargrundstücks gewachsen ist, zu entfernen. Zwar führt die Landschaftsarchitektin B… als Begründung für die Fällung als gartenplanerische Maßnahme die starke Schädigung durch den Rückschnitt an; dass infolgedessen der Rückschnitt erforderlich wäre, hat der gerichtlich beauftragte Gutachter Prof. Dr. We… aber nicht festgestellt. Seiner Einschätzung nach ist eine krankheitsbedingte Schädigung der Robinie auch nach dem Rückschnitt nicht festzustellen gewesen (Stellungnahme des Gutachters im Protokoll vom 11. Mai 2016, S. 16 unten, Bl. 1038 d.A.). Der Kläger hat auf Nachfrage im Termin am 11. Mai 2016 bestätigt, dass er beabsichtigt habe, dort eine Mauer zu errichten (S. 2 des Protokolls, Bl. 1024 d.A.). Auf die Rücknahme der Genehmigung durch die Untere Denkmalschutzbehörde hat der Kläger Widerspruch und Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Dass die Absicht der Fällung weiterhin besteht, hat er weder im Termin noch mit der Berufung in Frage gestellt, obwohl das Landgericht die Robinie bei der Schadensberechnung im Hinblick auf die geplante Fällung unberücksichtigt gelassen hat. Die Begründung des Rechtsmittels beschränkt sich darauf, dass die Robinie im Gutachten des Sachverständigen bewertet worden sei. Die Frage, ob dem Kläger angesichts der beabsichtigten Fällung ein Schaden entstanden ist, war indes vom Sachverständigen nicht zu beantworten.

b. Die Ermittlung und Schätzung des Minderwertes des Grundstücks steht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO im freien Ermessen des Tatrichters. Die Bemessung darf nicht abstrakt erfolgen und muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen. Die Frage ob eine Beweisaufnahme durchzuführen ist und in welchem Umfang diese durchgeführt wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Die Anwendung des bei Baumbeschädigungen durchzuführenden Sachwertverfahrens nach der „Methode Koch“ erfordert regelmäßig die Einholung Gutachtens eines Baum- oder Gehölzsachverständigen (BGHZ 196, 111, Rz. 13).

Die Würdigung des eingeholten Sachverständigengutachtens unterliegt als Teil der Beweiswürdigung nur eingeschränkter Prüfung in der Berufungsinstanz: So sind neue Feststellungen zu treffen, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der im Rahmen der Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; hierzu BGH NJW 2005, 1583). Solche Anhaltspunkte können sich insbesondere auch daraus ergeben, dass die Würdigung unvollständig oder widersprüchlich ist, gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt oder Indizien nicht erkannt oder fehlerhaft gewürdigt werden (BGH MDR 2004, 954 (955)). Bei der Beurteilung der Angaben eines Sachverständigen kommt eine ergänzende Beauftragung nur dann in Betracht, wenn Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben des Sachverständigen bestehen. Das kann der Fall sein, wenn die Angaben des Sachverständigen widersprüchlich oder unvollständig waren, wenn der Sachverständige erkennbar nicht sachkundig war, sich die Tatsachengrundlage geändert hat oder wenn neue wissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten zur Beantwortung der Fragen vorliegen (BGH NJW 2003, 3480; NJW-RR 2007, 212). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

aa. Die Ausführungen des Sachverständigen im Wertermittlungsteil (S. 32 ff. des Gutachtens vom 21. Dezember 2015) dazu, dass bei der Herleitung der Normalherstellungskosten für das zu pflanzende Schutz- und Gestaltungsgrün von der Pflanzung einer Ausgangsgröße von 25-30 cm und einer Herstellungszeit von 25 Jahren zugrunde zu legen ist, zeigen solche Fehler nicht auf. Der Einwand des Klägers, er halte eine Ausgangsgröße von 16 bis 18 cm und eine Herstellungszeit von 60 Jahren für sachgerechter, weil das Alter des Baumes an sich die Funktion auf dem Grundstück bestimme und ein alter Baum optisch eine andere Wirkung habe als ein jüngerer, lässt den Aspekt der Schadensminderung außer Betracht. Der Sachverständige berücksichtigt, dass die Wahl der Ausgangsgröße die Dauer der Herstellungszeit beeinflusst und zur Schadensminderung beiträgt (S. 33 GA). Zu der Wahl der Ausgangsgröße hat er ausgeführt, dass bei der Bewertung von einer größeren Ausgangsgröße ausgegangen wird, wenn der Baum eine hohe Funktion hat. Diese Voraussetzungen lägen hier vor (Schatten, Gestaltung, Repräsentation, Sichtschutz, Kleinklima, Tierwelt usw., s. Bl. 32 GA). Die Wahl der Ausgangsgröße hätte Einfluss auf das Interesse des Geschädigten, die zu erfüllenden Funktionen schneller zu erreichen und im Interesse des Schädigers die Schadensberechnung zu begrenzen (s. Erläuterungen Bl. 7 GA). Legte man mit dem Kläger das natürlich gewachsene Aussehen des alten Baumes als vordringliche Funktion zugrunde, würden alle anderen Funktionen zurücktreten, da es eine längere Zeit benötigen würde, sie zu erreichen, nämlich, bis der Baum die gewünschte Größe erreicht hat. Dies entspricht nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht dem fachlich gebotenen Vorgehen (s. auch Auseinandersetzung mit dem Klägergutachten Bl. 43 GA unten, Bl. 44). Eine Abänderung der Schadensbemessung kommt daher insoweit nicht in Betracht.

bb. Soweit der Beklagte sich dagegen wendet, dass der Sachverständige Listenpreise einer großen Baumschule angesetzt habe, die weder von den regional tätigen Baumschulen noch in einer Einzelanfrage des Beklagten bei genau dieser Baumschule erhoben würden, führt dieser Einwand nicht zur Fehlerhaftigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts.

Der Sachverständige hat hierzu im Rahmen seiner Anhörung ergänzende Ausführungen gemacht. Danach handelt es sich bei den Kosten, die diese Baumschule Br… im Listenpreis aufführt, um die im Sinne des § 22 Abs. 2 ImmoWertV aufzuwendenden üblichen Kosten für die Anschaffung der Pflanze. Dem stehe nicht entgegen, dass im Einzelfall günstigere Pflanzen erhältlich sind. Der Ansatz der etwas höheren Listenpreise trage nach den Ausführungen des Sachverständigen dem Umstand Rechnung, dass der Wert des geschädigten Gehölzes rückwirkend ermittelt werden soll. Diese Objektivierung trägt nicht jeder Marktschwankung in den Angebotspreisen Rechnung. Auch die Auswertung aktuellerer Literatur durch den Sachverständigen Prof. Dr. We… bestätigte dieses Ergebnis. Danach ist maßgeblich, welchen Preis eine Fachfirma objektiviert in Rechnung stellt, wenn sie ein Gehölz liefert, pflanzt und pflegt. Der von der Baumschule gewährte Rabatt wird dabei regelmäßig nicht weitergegeben, sondern der Baum mit dem Katalogpreis angesetzt. Dies werde durch die in anderen Schadensfällen vorgelegten Angebote bestätigt (Schulz, Schäden an Bäumen – Zum Baumwert in Schadensersatzfällen, AUR 2016, S. 287 (293). Die in der zitierten Literatur, aber auch in der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. We… zum Ausdruck gebrachte Erfahrung mit Angeboten von Baumschulen steht der Berücksichtigung der Einzelanfrage des Beklagten und der von ihm eingeholten Gegenangebote hier entgegen.

cc. Der mit der Berufung vorgetragene Angriff des Klägers, dass der Sachverständige Prof. Dr. We… bei der Berechnung der Nachsorgekosten auch einen Rationalisierungseffekt in Bezug auf die Pflege der einzelnen Bäume angenommen habe, greift nicht durch. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass er eine Kostenersparnis für die Pflege mehrerer Bäume im Umfang von 50 % gegenüber acht einzeln zu pflegenden Bäumen annimmt (Bl. 39 und 44 GA), die sich aus den Fahrt- und Transportkosten ergebe. Dass der Sachverständige dabei verkannt hat, dass fachlich geschultes Personal mit großer Genauigkeit die vorzunehmenden Nachsorgearbeiten durchführen muss, wie der klägerische Vortrag nahelegt, ist nicht ersichtlich. Der Sachverständige geht von der Nachkontrolle und Pflege gemäß der ZTV-Baumpflege aus (Bl. 39 GA). Der Sachverständige hat in der Beurteilung der Nachsorgekosten (Bl. 39 GA) Bezug genommen auf seine Ausführungen zur Kostenersparnis bei den Anwachskosten (Bl. 34 GA). Dort führt er aus, dass auch für die Arbeitsleistung, nicht nur für die Fahrt- und Transportkosten, eine Kostenersparnis zu berücksichtigen ist, die er bei der Arbeitsleistung auf 50 % und bei den Fahrt- und Transportkosten sogar insgesamt auf 85 % bemisst. Ausgehend davon lässt die Berücksichtigung einer Kostenersparnis von pauschal 50 % für die gesamten Nachpflegekosten einschließlich der Fahrt- und Transportkosten keine fehlerhafte Beurteilung des Sachverständigen zum Nachteil des Klägers befürchten.

Der Einwand des Beklagten, bei den Nachsorgekosten müsse eine Kostenersparnis hinsichtlich der üblichen Pflegekosten berücksichtigt werden, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Denn der Sachverständige hat hierzu im Rahmen seiner Anhörung erläutert, dass die Nachpflegekosten nach der Methode Koch ausdrücklich nur den zusätzlichen Pflegeaufwand aufgrund der vorhandenen Beschädigung erfassen (S. 7 des Protokolls vom 11. Mai 2016, zu Frage 10; Ziffer 2.2.2. und 2.2.3, S. 11, 12 GA).

dd. Soweit der Kläger beanstandet, dass die Kürzung des vom Sachverständigen We… ermittelten Schadensumfangs um pauschal weitere 25 % ohne fachliche Begründung erfolgt sei, hat die Berufung Erfolg.

Der Sachverständige hat den Umfang der Schädigung des Kronenvolumens hinsichtlich des Umfangs des Rückschnitts ausgehend von den Angaben des vom Beklagten beauftragten Sachverständigen G… in dessen Gutachten vom 20. August 2014 (S. 11) zugrunde gelegt (S. 31 GA). Er hat, wie er im Termin am 11. Mai 2016 vor dem Landgericht ausgeführt hat (S. 11/12 des Protokolls, Bl. 1033, 1034 d. A.) sodann die Ausdehnung der Krone vor Ort durch Inaugenscheinnahme und Vermessung des noch vorhandenen Kronenvolumens in östlicher und westlicher Richtung ermittelt und schließlich den Umfang des Rückschnitts geschätzt. Dazu hat er ausgeführt, dass die Ausdehnung der Krone sich über Jahrzehnte den örtlichen Gegebenheiten angepasst habe. Sie sei in westlicher Richtung etwa um 52,5 % geringer als in östlicher Richtung. Auf den Umfang des Schadens wirke sich ferner aus, dass die mittlere Kronenansatzhöhe im Westen bei 6,70 m und damit um 1,80 m tiefer liege, als im Osten. Dadurch bedingt sei mehr Kronen- und Blattmasse auf der Westseite geschnitten worden, als dies bei einem höher gelegen Kronenansatz der Fall gewesen wäre. Aus der Stärke der gekürzten Äste ließe sich zudem auf deren Länge vor Vornahme des Rückschnitts schließen. Ausgehend von diesen Überlegungen habe er den Umfang des Kronenrückschnitts bewertet und sei zu anderen Ergebnissen als die von den Parteien beauftragten Sachverständigen gelangt. Hinzugezogen habe er ferner die in der Akte vorhandenen Lichtbilder aus dem Zeitraum vor dem Schadensereignis, etwa das in dem Gutachten des Sachverständigen W… enthaltene Foto aus Sommer 2012 (S. 42, Bl. 59 d. A.). Zu nennen sind überdies die Fotos von Winter 2012 (S. 43, Bl. 60 d.A.) und die vom Kläger mit Schriftsatz vom 20. Januar 2016 eingereichten Lichtbilder vom Januar 2013 (Bl. 752, 753 d. A.), die auch im Vergleich mit den Lichtbildern vom 6. April 2013 (Bl. 754 bis 759 d. A.) den Umfang des Rückschnitts erkennen lassen.

Auch die nach dem Termin am 11. Mai 2016 vom Beklagten vorgetragenen Daten zum Umfang des Grenzüberhangs der Linden 4 bis 7 vor dem Rückschnitt gebieten keine abweichende Bewertung: Der Beklagte führt aus, dass die Linden Nr. 4 bis 7 einen „Überhang“ von 2 bis 4 Metern gehabt hätten. Zu berücksichtigen ist aber, dass der Sachverständige den Kronenradius, d. h. die Entfernung zur Mitte, nicht zum Zaun angegeben hat und die Bäume Nr. 4 bis 7 in unterschiedlicher Entfernung (1,4 m bis 3,1 m) vom Grenzzaun stehen. Die vom Sachverständigen für den Umfang des Rückschnitts angenommenen Orientierungswerte des noch vorhandenen östlichen Kronenradius bei Linde Nr. 4 von 5 m, bei Linde Nr. 5 von 6 m, bei Linde Nr. 6 von 6 m und bei Linde Nr. 7 von 6,5 m führen unter Berücksichtigung der Abstände zum Grenzzaun – auch bei Berücksichtigung des Zaunverlaufs neben der tatsächlichen Grundstücksgrenze – um bis zu 30 cm (Anlage B 6 zur Klageerwiderung) zu jeweils demselben Umfang des Überhangs, den der Beklagte vorgetragen hat. Somit ergäbe sich für Linde Nr. 4 ein Überhang von 3,30 m bis 3,60 m (= Kronenradius von 5 m abzüglich Entfernung zum Zaun von 1,40 m, ggf. abzüglich 0,30 m), bei Linde Nr. 5 von 3,85 m bis 4,15 m (= 6 m – 1,85 m, ggf. -0,30 m), bei Linde Nr. 6 von 3,30 m bis 3,60 m (6 m – 2,40 m, ggf. -0,30 m) und bei Linde Nr. 7 von 3,10 m bis 3,40 m (6,5 m – 3,10 m, ggf. -0,30 m). Diese Werte, die der Berechnung des Sachverständigen nach dessen oben dargestellter Vorgehensweise entsprechen, weichen von dem Vortrag des Beklagten zum Überhang von 2 bis 4 m nicht ab.

Soweit der Beklagte einwendet, dass einzelne Schnittstellen, die der Sachverständige Prof. Dr. We… auf den Lichtbildern im Gutachten (S. 28 bis 30) gekennzeichnet habe, nicht von der Streithelferin gesetzt worden seien, hat dieser Einwand, der nach seiner Erklärung im Termin am 11. Mai 2016 (S. 14 des Protokolls, Bl. 1036 d. A.) etwa sieben Schnitte betreffe, keine Auswirkung auf die Bewertung des Umfangs des Rückschnitts, die, wie der Sachverständige zuvor erklärt hatte, maßgeblich auf den Feststellungen des relativ kurz nach dem Rückschnitt beauftragten Sachverständigen G… basiere (S. 14 des Protokolls, Bl. 1036 d. A.).

Auch soweit der Beklagte einwendet, der Rückschnitt des Stämmlings hätte, wenn die Streithelferin seinem Auftrag gefolgt wäre, im Bereich von 1 m bis 1,50 m hinter der Grundstücksgrenze erfolgen müssen, hält der Senat die Schadensermittlung des Landgerichts nicht für fehlerhaft: Aus den Lichtbildern Bl. 752, 753 d.A. lässt sich entnehmen, dass auch bei Kürzung des Stämmlings 1 m jenseits der Grundstücksgrenze die Tatsache, dass es sich um einen Ast von erheblichem Umfang handelte, hätte berücksichtigt werden müssen. Es wäre auch in diesem Fall ein wesentlicher Teil der weit ausladenden Krone der Linde Nr. 1 gekappt worden; so hat der Beklagte selbst im Schriftsatz vom 15. Juni 2016 (S. 3, Bl. 1082 d.A.) ausgeführt, dass die Linden Nr. 1-3 besonders weit auf sein Grundstück geragt hätten. Auf den durchschnittlich für alle Bäume ermittelten Schadensumfang hat daher die Kürzung um etwa 2 m, für die den Beklagten nach seiner Auffassung kein Verschulden trifft, keine wesentlichen Auswirkungen.

Die Berücksichtigung von Vorschäden in größerem Umfang als vom Sachverständigen ausgeführt, ist ebenso wenig geboten. Die vom Beklagten eingewandten Wurzelschäden haben bei der Bewertung im Umfang von 10 % als Vorschäden Berücksichtigung gefunden, 15 % sind älteren Astungsnarben zugeordnet worden, zudem eine Alterswertminderung von 13,04 %. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist von einer wesentlichen Vorschädigung der Bäume wegen der im Jahr 2012 durchgeführten Leitungsarbeiten nicht auszugehen, da die Bäume bei der Besichtigung durch den Sachverständigen am 12. November 2015 eine gute Vitalität aufwiesen.

ee. Die Einwände des Beklagten gegen den vom Sachverständigen gewählten Zinssatz für die Aufzinsung der Herstellungskosten von 3 % bleiben ohne Erfolg. Die Aufzinsung der Herstellungskosten dient einerseits dem Zweck, die Vorhaltekosten des Eigentümers wirtschaftlich zu berücksichtigen. Sie stellt zudem einen in der Rechtsprechung bestätigten Anhalt für die Schätzung der trotz Pflanzung des Jungbaums verbleibenden, von Jahr zu Jahr abnehmenden Wertdifferenz zwischen dem mit dem jungen Baum und dem mit dem beschädigten Baum bewachsenen Grundstück dar (BGH NJW 1975, 2061). Der vom Landgericht aufgrund der Stellungnahme des Sachverständigen berücksichtigte Zinssatz von 3,04 % lässt Fehler bei der Schadensschätzung nicht erkennen. In der Fachliteratur wird zum Teil weiterhin die Anwendung eines – für den Beklagten bei der Aufzinsung ungünstigeren – Zinssatzes von 5 % (Hötzel, AUR 2013, 171 (173) unter Hinweis auf BGH NJW 1975, 2061), aber auch von 4 % befürwortet (Schulz, AUR 2014, 92 (98). Der Zinssatz von 4 % ist auch in der Rechtsprechung nicht beanstandet worden (Schulz, AUR 2014, S. 98 zu BGHZ 196, 111). Der vom Sachverständigen Prof. Dr. … angesetzte Zinssatz von 3,04 % (hierzu Tiedtke-Crede, WF 2013, S. 103, Bl. 851 d.A.) berücksichtigt einerseits die inflationsbereinigte Zinsentwicklung, andererseits aber auch das in der oben zitierten Entscheidung genannte Ziel, den Wertverlust des Grundstücks adäquat darzustellen (Tiedtke-Crede, a.a.O.), so dass der Ansatz von rund 3 % als angemessen erachtet wird, auch wenn die Zinsentwicklung über einen längeren Zeitraum inflationsbereinigt eher bei 2 % anzusetzen ist.

Der Zinssatz, der für die Abzinsung der zukünftig noch aufzubringenden Nachsorgekosten angesetzt worden ist, benachteiligt den Beklagten nicht, wie er zuletzt in seiner Berufungsbegründung auch einräumt (S. 13, Bl. 1321 d. A.). Der Zinssatz ist nach den Ausführungen des Sachverständigen und des Landgerichts in Anlehnung an § 246 BGB bestimmt worden. Die Abzinsung, die berücksichtigt, dass der Geschädigte eine Zahlung erhält für Maßnahmen, die er erst zukünftig wird aufbringen müssen und die ihn daher in die Lage versetzt, das Geld bis zur Verwendung anzulegen, wird angesichts der derzeit geringen Zinssätze für kürzere Zeiträume der Nachsorge auch mit einem Zinssatz von 1 bis 2 % angesetzt (Schulz, AUR 2016, 287 (294, 295). Der vom Landgericht angewandte höhere Zinssatz von 4 % berücksichtigt den langen Zeitraum von 70 Jahren für die Nachsorge und die sich daraus ergebenden Unwägbarkeiten für die Zinsentwicklung.

ff. Der zu erstattende Schaden beläuft sich mithin ausgehend von der Wertermittlung des Sachverständigen Prof. Dr. We… auf 6.943,65 Euro (= [609,15 Euro + 382,80 Euro] x 7); dass die Risikokosten im angefochtenen Urteil unberücksichtigt geblieben sind, hat der Kläger nicht angegriffen.

5. Einen Vorteilsausgleich muss der Kläger sich nicht anrechnen lassen. Hinsichtlich des Einwandes des Beklagten, der Kläger habe Baumpflegekosten erspart, wird auf die oben stehenden Ausführungen verwiesen. Aber auch der Umstand, dass dem Beklagten wegen der Pflicht zur Duldung des Überhangs ein Anspruch auf Entschädigung entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann, führt nicht dazu, dass der Schadensersatzanspruch des Klägers um einen solchen Entschädigungsbetrag zu reduzieren wäre.

Bei der Bemessung des ersatzfähigen Schadens müssen Vorteile des Geschädigten berücksichtigt werden, die erstens mit dem Schadensereignis in adäquatem Kausalzusammenhang stehen und deren Abzug zweitens dem Zweck des Schadensersatzes nicht zuwiderläuft, das heißt den Schädiger nicht unbillig begünstigt und den Geschädigten nicht unzumutbar belastet (BGH NJW 2007, 3130; NJW 2010, 675). Es soll damit ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Die Auffassung des Beklagten, der Kläger habe die Zahlung einer Entschädigung erspart, steht nicht mit dem Schadensereignis in Kausalzusammenhang und liefe dem Zweck des Ausgleichs des Vermögensschadens auch zuwider. Der Schadenseintritt war nicht ursächlich dafür, dass der Kläger keine Entschädigung zahlen muss. Ursächlich war vielmehr, dass der Beklagte sich zum Rückschnitt entschied und eine Entschädigung gerade nicht geltend gemacht hat.

Ein Mitverschulden des Klägers an der Schadensentstehung ist schließlich nicht ersichtlich. Der Umstand, dass der Kläger keine Baumpflegemaßnahmen durchführte, hätte vom Beklagten sachgerecht durch Inanspruchnahme des Klägers gemäß § 1004 Abs. 1 BGB, § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog führen können. Dass der Beklagte sich zum Rückschnitt entschied, ist dem Kläger nicht anzulasten.

6. Die Berufung des Klägers ist weiter erfolgreich, soweit er sich gegen die Kürzung der Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens vor Klageerhebung wendet. Die Kosten für die Schadensermittlung sind ein nach § 823 Abs. 1, § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähiger Schaden, der nicht in geringerem Umfang anfällt, wenn das Gericht bei der Bemessung des Schadensersatzes auf das Bestreiten des Gegners hin dem vorprozessual eingeholten Gutachten im Ergebnis nicht folgt. Der Aufwand der Schadensbewertung, die der Geschädigte vor Geltendmachung des Schadens für erforderlich halten durfte, bleibt gleich, da die Vergütung des Sachverständigen nicht danach bemessen wird, welchen Schadensbetrag er für angemessen hält, sondern nach seinem zeitlichen und sonstigen Aufwand.

Lediglich soweit der Beklagte einwendet, die Höhe der Sachverständigenkosten sei zu kürzen, weil der Sachverständige eine Anreise von 314 km gehabt habe, hält der Senat die Reduzierung des zu erstattenden Betrages für geboten. Bei der Beschädigung einer Sache ist gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB der Betrag zu erstatten, der zur Herstellung erforderlich ist, das sind die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (BGH NJW 2012, 50; NJW 2015, 1298). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beauftragung eines Sachverständigen aus dem Bundesland S… für die Gehölzbewertung nicht erforderlich. Der Geschädigte darf zwar einen Baumsachverständigen auswählen, den er für sachkundig und geeignet hält und muss sich nicht auf den nächsten ansässigen Sachverständigen verweisen lassen. Zu den Gründen der Auswahl und zu der Frage, welche Kosten für den Sachverständigen ohnehin entstanden wären, hat der Kläger auf die Einwendungen des Beklagten indes nicht – auch nicht im Rahmen der Erörterung im Senatstermin – vorgetragen. Die Fahrtkosten sind daher nicht erstattungsfähig. Es verbleibt insgesamt ein Rechnungsbetrag von 3.620 Euro netto bzw. 4.314,94 Euro brutto für die Beauftragung des Sachverständigen, der erstattungsfähig ist.

7. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 291 BGB.

8. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs.1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 2, § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergeht gemäß § 47 Abs. 1, § 48 Abs. 1 GKG.

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