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Beseitigung einer Abflussrohrverstopfung bei gemeinschaftlicher Abflussleitung

AG Oldenburg – Az.: 3 C 3005/18 – Urteil vom 27.03.2019

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt 837,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 9.9.2017 an den Kläger zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 70 %, der Kläger trägt 30 % der Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Der Streitwert wird auf 1198,75 € festgelegt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Kosten für die Reinigung und Reparatur eines Abflussrohres.

Die Parteien sind jeweils Eigentümer und Bewohner benachbarter Grundstücke. Die Abflüsse der beiden Häuser führen in ein gemeinsam genutztes Abflussrohr. Während eine Verstopfung am 28.7.2017 beseitig wurde, ist seitens der Fachfirma „…“ festgestellt worden, dass dieses Rohr im Bereich der gemeinsamen Nutzung teilweise abgesackt sei, so dass sich dort weitere Verstopfungen bilden konnten Die Absackung wurde durch die vom Kläger beauftragte Fachfirma „…“ beseitigt. Für die Beseitigung der Absackung sowie für die Bereitstellung eines USB-Sticks hat die Fachfirma dem Kläger insgesamt 1.675,40 € in Rechnung gestellt. Für die Beseitigung der ebenfalls vorgelegenen Verstopfung hat die Fachfirma darüber hinaus 722,09 € in Rechnung gestellt. Alle Beträge wurden durch den Beklagten ausgeglichen.

Der Kläger behauptet, am 28.7.2017 habe eine Verstopfung des gemeinsam genutzten Abflussrohres vorgelegen. Darüber hinaus habe auch eine Absenkung des gemeinsam genutzten Abflussrohrs vorgelegen. Der Beklagte zu 1) habe sich verweigert, einer fachgerechten Beseitigung der Absenkung zuzustimmen. Daher sei es erforderlich gewesen, dass der Kläger die Beseitigung alleine beauftragt hat.

Aufgrund dessen beantragt der Kläger,

1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.198,75 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 9.9.2017 zu zahlen.

2. die Beklagten zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 112,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszins seit dem 9.9.2017 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Hierzu führen sie aus, dass die erste Verstopfung nicht im gemeinsam genutzten Teil des Abflussrohres bestanden habe. Außerdem behaupten sie, der Beklagte zu 1) hätte grundsätzlich einer Beseitigung der Absenkung zugestimmt, habe aber eine weitere Fachmeinung hinsichtlich der Notwendigkeit und ein weiteres Angebot einholen wollen.

Das Gericht hat durch Einholung eines Sachverständigengutachten Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 26.9.2018 sowie sein Ergänzungsgutachten vom 15.1.2019 verwiesen.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, ab nur teilweise begründet.

Die Forderung der anteiligen Kostenerstattung in Höhe von 361,05 € wegen der Rohrreinigung vom 28.7.2017 ist unbegründet.

Beseitigung einer Abflussrohrverstopfung bei gemeinschaftlicher Abflussleitung
(Symbolfoto: ilmarinfoto/Shutterstock.com)

Der Kläger behauptet die Verstopfung habe sich in dem gemeinsam genutzten Teilrohr befunden, während die Beklagten dies bestreiten. Eine Kostenerstattung kann lediglich aus §§ 748, 741, 742, 744Abs. 2 BGB hergeleitet werden. Die Parteien sind eine Nutzungs-gemeinschaft, da sie einen Teil des Abflussrohres gemeinsam nutzen. Auf solch gemeinsame Nutzung sind die Regelungen zur Gemeinschaft in §§ 741 ff. BGB entsprechend anwendbar. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 922 S. 4 BGB. (MüKoBGB-Schmitt BGB § 741, Rn. 75; Staudinger-vProff (2015) § 744, Rn. 133f.). Allerdings beziehen sich die Regelungen des §§ 741 ff. BGB lediglich auf die tatsächlich gemeinsam genutzten Gegenstände. Die einzelnen Zuflüsse von den Wohnungen bzw. Häusern zum gemeinschaftlich genutzten Abflussrohr fallen nicht unter diese Regelungen. Der Kläger hätte daher beweisen müssen, dass die am 28.7.2017 beseitigte Verstopfung im gemeinsam genutzten Rohrteil belegen war. Die Tatsache, dass ein Teil des Rohres abgesackt war, legt zwar die Vermutung nahe, dass sich die Verstopfung dort befand, beweist dies aber noch nicht. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um eine bloße Koinzidenz handelt. Aus dem Sachverständigengutachten geht nicht hervor, dass sich die Verstopfung im gemeinsam genutzten Rohr befand. Aus dem Klägervortrag gehen keine weiteren auf den Beleg der streitigen Tatsachenbehauptung gerichteten Beweisanträge hervor. Somit ist der Kläger beweisfällig geblieben.

Die Forderung der anteiligen Kostenübernahme in Höhe von 837,70 € für die Anhebung der abgesackten Leitung ist hingegen begründet. Wie bereits oben ausgeführt sind die Parteien eine Nutzungsgemeinschaft (§ 741 BGB). Für nachbarliche Nutzungsgemeinschaften sind die Regelungen aus zwar §§ 741ff BGB nur zum Teil anwendbar. Zu den anwendbaren Regelungen zählt aber insbesondere § 744 BGB (MüKoBGB-Brückner BGB § 922, Rn. 7). In einer Nutzungsgemeinschaft ist die Verwaltung der gemeinsam genutzten Gegenstände grundsätzlich im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln (§ 744 Abs. 1 BGB). Bei notwendigen Maßregeln hingegen kann auch ein Teilhaber allein die Entscheidung treffen und die Kosten daraus ersetzt verlangen (§§ 744 Abs.2, 748 BGB). Die Beauftragung der Firma „Ihr Rohr- und Kanalprofi“ mit der Anhebung der versackten Leitung war eine solche notwendige Maßregel. Notwendig ist was einem Gegenstand wert- oder substanzerhaltend zugutekommt (Palandt-Sprau § 744, Rn. 3; Staudinger-vProff (2015) § 744 Rn. 21; MüKoBGB-Schmitt BGB, § 744 Rn. 42). Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit die wirtschaftlichen Belastungen den Teilhabern zumutbar sind (Palandt-Sprau § 744, Rn. 3). Die wirtschaftliche Zumutbarkeit richtet sich danach, wie sehr die Teilhaber durch die Maßregel wirtschaftlich an ihre Belastungsgrenze geraten. Dass die Beklagten die Kosten für unzumutbar gehalten haben könnten, haben die Beklagten allerdings nicht vorgetragen. Die Annahme der Beklagten die von der beauftragten Firma gestellte Rechnung sei übersetzt, kann nicht dahingehend ausgelegt (§§ 133, 157 BGB analog) werden, dass die Kosten für die Beklagten unzumutbar wären. Gegenbegriff zur Notwendigkeit ist die Nützlichkeit (vgl. die Differenzierung in § 994 BGB und § 996 BGB). Es ist nicht erforderlich, dass eine notwendige Maßregel unter Handlungs- oder Zeitdruck vorgenommen wird, wenn gleich dies oftmals auch zusammentreffen mag (Staudinger-vProff (2015) § 744 Rn. 22; MüKoBGB-Schmitt BGB, § 744 Rn. 42.). Es reicht vielmehr aus, dass durch die Maßnahme der gemeinsam genutzte Gegenstand in seiner Substanz erhalten wird beziehungsweise die Nutzung weiterhin ermöglicht wird. Durch das Sachverständigengutachten ist verdeutlicht worden, dass eine Absackung, wie sie festgestellt wurde, korrigiert werden muss. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass ein Unterbogen auf ca. 6,50 m Länge des gemeinsamen Leitungsverlaufs festzustellen ist. Dabei betrage der Unterbogen zumindest den vollen Rohrdurchmesser. Der Sachverständige konnte zwar nicht zweifelsfrei feststellen, dass die festgestellte Absackung zur ursprünglichen Verstopfung geführt hat, dies ist aber auch unerheblich. Denn die Tatsache, dass das Abflussrohr abgesackt war, stellt an sich schon eine Gefährdung für die weitere Nutzung dar. Eine solch erhebliche Absackung ist, nach Auffassung des Sachverständigen, stets dazu geeignet zu Verstopfungen zu führen. Daher war es für die weitere zuverlässige Nutzbarkeit des Abflussrohres notwendig, die Absackung zu beseitigen. Der einseitigen Vornahme der notwendigen Anhebung nach § 744 Abs. 2 BGB steht nach Überzeugung des Gerichts auch kein gemeinschaftlicher Beschluss nach § 744 Abs. 1 BGB entgegen. Die Beklagten behaupten in ihrer Klageerwiderung, sie hätten einer Anhebung des abgesackten Rohres dem Grunde nach zu gestimmt, wollten allerdings noch eine zweite Meinung und ein weiteres Angebot einholen. Der Kläger bestreitet diese Darstellung und stellt die Gegenbehauptung auf, der Beklagte zu 1) habe jedwede Beseitigung der Absackung abgelehnt. Die Beklagten sind, da die Frage, ob ein gemeinschaftlicher Beschluss zur Reparatur vorgelegen habe, für sie günstig wäre, beweisbelastet (Thomas/Putzo-Reichold vor § 284, Rn. 23). Diesen Beweis bleiben die Beklagten jedoch schuldig.

Die Forderung ist auch der Höhe nach berechtigt. Aus §§ 742, 748 BGB folgt, dass in einer Gemeinschaft anfallende Kosten entsprechend ihrer Anteile zu tragen sind. Die Anteile sind im Zweifel gleich zu verteilen. Aus den Vorträgen geht nichts hervor, dass ein Abweichen von dieser Zweifelsregel begründen könnte. Somit sind die beiden Parteien jeweils zu 50% an den Kosten zu beteiligen. Die Kosten für die Anhebung des Rohres sind auch tatsächlich angefallen und beglichen worden. Die ausgleichsfähigen Kosten umfassen solche Kosten, die ein wirtschaftlich vernünftig handelnde und fachlich beratene Person zahlen würde. Der Kläger ist durch die Fachfirma „…“ beraten worden. Das von der Fachfirma erstellte Angebot bot auch keinen Anlass an der Höhe der vermutlichen Kosten zu zweifeln. Die fachliche Einschätzung wurde im Nachhinein durch die nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen bestätigt. Die Höhe der durch die Firma „…“ in Rechnung gestellten Kosten wurden zwar in einzelnen Punkten als überhöht kritisiert, allerdings war diese Überschreitung von verhältnismäßig geringem Umfang. Daher ist dem Kläger nicht vorzuwerfen, er habe wirtschaftlich unvernünftig gehandelt.

Die Forderung der Verzugszinsen ist dem Grunde nach auch begründet (§§ 286 Abs. 1 S.1, 288 Abs. 1 BGB). Allerdings nur soweit sie sich auf die begründete Hauptforderung wegen der Anhebung des Abflussrohres erhoben werden. Die Forderung war fällig und durchsetzbar (§ 271 Abs. 1 BGB) und die Beklagten befanden sich auch in Verzug. In Verzug befindet sich derjenige, dessen geschuldete Leistung angemahnt wurde. Die Beklagten wurden durch das anwaltliche Schreiben vom 29.8.2017 mit einer Frist zum 8.9.2017 angemahnt. Dies begründet den Verzug ab dem 9.9.2017. Die Beklagten haben den Verzug auch zu vertreten (§ 286 Abs. 4 BGB). Die Zinshöhe richtet sich nach § 288 Abs. 1 BGB und beträgt 5 Prozentpunkte über dem Basis-zins.

Die Nebenforderung bezogen auf die außergerichtlichen Anwaltskosten sind unbegründet. Eine Erstattungspflicht könnte sich nur als Verzugsschaden nach §§ 280 Abs. 1 & 2, 286 BGB ergeben (Palandt-Grüneberg § 249, Rn. 56). Dafür hätten sich die Beklagten allerdings bereits im Verzug befinden müssen. Allerdings sind die Beklagten erst durch das anwaltliche Schreiben vom 29.8.2017 in Verzug geraten. Die Kosten sind jedoch schon zuvor angefallen und können daher nicht als Verzugskosten geltend gemacht werden.

Die Kostengrundentscheidung richtet sich nach § 92 Abs.1 S.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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