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Betonsteine: Ausbleichen ein Mangel?

Oberlandesgericht Köln

Az.: 3 U 21/01

Verkündet am 23.10.2001

Vorinstanz: LG Aachen  – Az.: 8 O 461/00


In dem Rechtsstreit hat der 3 Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2001 f ü r R e c h t  e r k a n n t:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 30. Januar 2001 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 8 O 461/00 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 17.458,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.03.2000 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die der Streithelferin zur Last fallen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Kläger hat in der Sache Erfolg.

Die Kläger können von der Beklagten gemäß § 633 Abs. 3 BGB einen Vorschuss in Höhe von 17.458,00 DM für die von ihnen im Wege der Ersatzvornahme vorgesehene Neuverlegung des Pflasters und der Palisaden auf ihrem Hausgrundstück beanspruchen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellt das Ausbleichen der von der Beklagten verlegten Betonsteine einen Fehler im Sinne von § 633 Abs. 1 BGB dar. Der Farbton „Anthrazit“ ist zwischen den Parteien vertraglich vereinbart worden. Es kann offen bleiben, ob es sich insofern nur um eine Leistungsbeschreibung oder um eine zugesicherte Eigenschaft handelt; denn ein Mangel liegt auf jeden Fall vor, wenn Betonsteine derart schnell ausbleichen, wie dies hier geschehen ist (vgl. OLG Köln, NJW-RR 93, 593). Wie sich aus den von dem Sachverständigen L. gefertigten Fotos ergibt (Bl. 33 ff. der Beiakte 44 H 14/99 AG Düren), sind die Steine hellgrau geworden. Demgegenüber waren sie ausweislich des von den Klägern vorgelegten Lichtbilds (Hülle Bl. 167 d. A.) im Winter nach der Verlegung noch dunkelgrau und bildeten den von den Klägern gewünschten Kontrast zu den hellen Klinkern des Hauses. Unstreitig hat die Beklagte bereits 1997 einen Nachbesserungsversuch durch Überstreichen mit anthrazitfarbiger Spezialfarbe vorgenommen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Steine schon in den ersten 2 Jahren nach der Verlegung hellgrau geworden sind. Ein derartiges Ausbleichen stellt keinen normalen Verschleiß dar. Auch kann nicht angenommen werden, dass die Kläger die Aufhellung durch bestimmte Reinigungsmethoden – etwa mit Chemikalien oder Hochdruckreiniger – selbst bewirkt hätten. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass das Ausbleichen durch die Sonnenlichteinstrahlung und Witterungseinflüsse verursacht worden ist; denn ausweislich der vom Sachverständigen gefertigten Lichtbilder haben die Steine unter der Überdachung, also dort, wo weniger Licht hinkommt, eine dunklere Farbe behalten. Es spricht daher alles dafür, dass die Streithelferin die Betonsteine mit – im Gegensatz zu Eisenoxyd – nicht licht- und wasserfestem Ruß eingefärbt hat. Davon geht auch der Sachverständige L. in seinen Gutachten vom 18.02. und 05.06.2000 aus.

Dass es keine DIN-Normen bzgl. der Farbbeständigkeit von Betonsteinen gibt, ist für die Bejahung eines Fehlers unerheblich. Entscheidend ist, dass die Farbe „Anthrazit“ vereinbart worden ist. Gewährleistungsansprüche nach §§ 633 ff. BGB setzen allerdings voraus, dass der Fehler zum Zeitpunkt der Abnahme vorhanden ist. Entsteht der Fehler erst später, haftet der Unternehmer grundsätzlich nur bei Übernahme einer Garantie. Für die Bejahung eines Werkmangels reicht es aber aus, wenn dieser bei der Abnahme bereits im Keim vorhanden war, mag er sich auch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert haben. Dies ist hier zu bejahen. Die Steine waren zwar seinerzeit noch anthrazitfarben; sie waren aber mit einem nicht licht- und wetterfesten Pigment eingefärbt mit der Folge, dass sie innerhalb relativ kurzer Zeit ihre dunkelgraue Farbe verloren.

Die Beklagte kann die Mängelbeseitigung nicht gemäß § 633 Abs. 2 S. 3 BGB verweigern, weil sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Allerdings ist die Mängelbeseitigung nach herrschender Meinung als unzumutbar anzusehen, wenn der Aufwand des Unternehmers in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem mit der Beseitigung der Mängel erzielbaren Erfolg stünde (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 60. Aufl., § 633 Rn. 7; OLG Düsseldorf NJW-RR 97, 450 f.; OLG Celle Baurecht 98, 401 f.). Im vorliegenden Fall sind die Mängelbeseitigungskosten zwar recht hoch, weil eine Nachbesserung nur durch Austausch der Betonsteine möglich ist. Auch handelt es sich nur um einen optischen Mangel. Gleichwohl hält der Senat die Neuverlegung nicht für unzumutbar; denn die Abweichung von der vertraglich vorausgesetzten Farbe ist eklatant. Unstreitig hatten die Kläger schon vorher hellgraue Betonsteine verlegt. Sie wünschten gerade ein anthrazitfarbenes Pflaster, das einen Kontrast zu den hellen Klinkersteinen des Hauses bilden sollte. Wenn sie gewusst hätten, dass die Steine nach derart kurzer Zeit hellgrau wie das vorhandene Pflaster werden würden, hätten sie es dabei belassen und den Aufwand für die Neuverlegung, für die ausweislich der Rechnung der Beklagten vom 05.11.1995 19.308,50 DM angefallen sind, sparen können. Es wiederspricht daher nicht Treu und Glauben, wenn die Kläger auf der Auswechselung der Steine bestehen.

Die Voraussetzungen des § 633 Abs. 3 BGB liegen vor; denn die Beklagte ist mit der Mängelbeseitigung in Verzug. Da die Kläger die Beklagte schon 1997 zur Nachbesserung aufgefordert haben und diese einen untauglichen Nachbesserungsversuch unternommen hat, ist anzunehmen, dass Verzug bereits zum damaligen Zeitpunkt eingetreten ist. Jedenfalls ist die Beklagte aber durch das vorprozessuale Anwaltsschreiben vom 07.03.2000 in Verzug gesetzt worden. Allerdings heißt es dort: „Ihre Auftraggeberin wird hiermit aufgefordert, bis zum 24.03.2000 verbindlich zu erklären, dass sie die Neuverlegung des Pflasters sowie der Palisaden mit geeigneten Pflastersteinen durchführen wird.“ Nach herrschender Meinung stellt die bloße Aufforderung, sich über die Leistungsbereitschaft zu erklären, keine Mahnung dar (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 284 Rn. 17; Münchener Kommentar–Thode, BGB, 3. Aufl., § 284 Rn. 32; OLG Düsseldorf NJW-RR 98, 1749 und LG Berlin MDR 83, 319). Das Schreiben vom 07.03.2000 beschränkt sich aber nicht auf die Aufforderung zur Erklärung über die Leistungsbereitschaft. Vielmehr geht aus ihm unmissverständlich hervor, dass die Kläger von der Beklagten die Mängelbeseitigung verlangen, denn es enthält auch die Erklärung: „Sie wollen vielmehr eine Neuverlegung des Pflasters und der Palisaden haben.“ Das reicht für eine In-Verzugsetzung aus.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind nach Fristablauf Nachbesserungs- und Ersatzvornahmeansprüche nicht ausgeschlossen. Dies wäre nur der Fall, wenn es sich um eine gemäß § 634 Abs. 1 BGB gesetzte Frist handeln würde (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 60. Aufl., § 634 Rn. 6; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9 Aufl., Rn. 1588) Hier handelt es sich aber zweifelsfrei um eine bloße Mahnung zur In-Verzugsetzung gemäß § 633 Abs. 3 BGB; denn die Kläger lassen erklären, dass sie die Arbeiten anderweitig durchführen lassen und die vom Sachverständigen festgesetzten Verlegungskosten als Vorschuss beanspruchen wollen.

Der Anspruch ist nicht verjährt. Das Betonsteinpflaster stellt ein Bauwerk im Sinne von § 638 BGB dar, so dass die fünfjährige Verjährungsfrist gilt (vgl. BGH NJW-RR 92, 592 und 849; OLG Köln NJW-RR 93, 593; Palandt-Sprau, BGB, 60. Aufl., § 638 Rn. 10). Die Abnahme ist im Zusammenhang mit der Bezahlung der Rechnung vom 05.11.1995 erfolgt. Bei Klagezustellung am 02.10.2000 war die Fünfjahresfrist daher noch nicht abgelaufen.

Als Vorschuss können die Kläger die nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L. zu erwartenden Kosten für die Mängelbeseitigung verlangen. Der Sachverständige hat für die Neuverlegung des Pflasters netto 9.350,00 DM und für den Austausch der Betonpalisaden netto 5.700,00 DM, zusammen 15.050,00 DM angesetzt (Bl. 53 der Beiakte). Hinzu kommen 16 % Mehrwertsteuer, also 2.408,00 DM, so dass sich ein Gesamtbetrag von 17.458,00 DM ergibt.

Der Zinsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB a. F. begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 101 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Beklagten: 17.458,00 DM.

 

 

 

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