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Corona-Pandemie – Gewaltschutzmaßnahmen gegen Unterschreitung Mindestabstand

AG Cuxhaven – Az.: 11 F 1206/20 EAGS – Beschluss vom 17.06.2020

Der Antrag auf Erlass von Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller zu tragen.

Der Verfahrenswert beträgt 1.000,- EUR.

Gründe

I.

Die Beteiligten sind Nachbarn. Nach dem Vortrag der Antragsteller ist das nachbarschaftliche Verhältnis seit Jahren von Spannungen geprägt.

Die Antragsteller beantragen, gegen den Antragsgegner Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz anzuordnen. Sie tragen dazu vor, am 21. Mai 2020 habe der Antragsgegner mit seiner Ehefrau und weiteren Personen gefeiert. Die Antragsteller seien von einer Bootstour zurückgekehrt und dabei dem Antragsgegner begegnet. Nachdem das Boot am Steg angelegt habe, hätten der Antragsgegner und dessen Ehefrau die Antragsteller angepöbelt. Sie hätten ihn gefragt: „Was guckst du?“. Außerdem habe der Antragsgegner gesagt: „Aschloch, du bist nichts, ihr seid das Letzte!“. Er habe gesagt, der Antragsteller habe „keinen Arsch in der Hose“, es handele sich um eine „Spackenfamilie“, die Antragstellerin zu 2. und die Tochter der Antragsteller hätten „fette Ärsche“. Der Antragsteller habe den Antragsgegner gefilmt. Auf den Filmaufnahmen seien deutliche Provokationen gegenüber den Antragstellern zu sehen. Der Antragsgegner sei aggressiv auf den Antragsteller zu 1. zugegangen und habe versucht, diesem das Mobiltelefon mit dem Ellenbogen aus der Hand zu schlagen. Der Antragsteller habe sich wegdrehen können und sei dadurch nicht getroffen worden.

Der Antragsgegner sei dem Antragsteller bedrohlich nahegekommen. Allein darin liege aufgrund der Corona-Viruspandemie ein nicht hinzunehmender Umstand. Durch die entsprechende feuchte Aussprache hätte, so die Antragsteller, eine Infektion ausgelöst werden können, sofern der Antragsgegner das Virus in sich tragen würde.

Der Antragsteller zu 1. habe sodann die Polizei gerufen. Diese habe den Antragsgegner auf die Polizeiwache mitgenommen. Die Ehefrau des Antragsgegners habe sodann noch mehrfach in Richtung des Grundstücks der Antragsteller den Mittelfinger gezeigt.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Der Erlass von Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz setzt voraus, dass eine Tathandlung nach § 1 Gewaltschutzgesetz dargelegt und glaubhaft gemacht wird. Das ist hier nicht der Fall.

Corona-Pandemie - Gewaltschutzmaßnahmen gegen Unterschreitung Mindestabstand
(Symbolfoto: Von franconiaphoto/Shutterstock.com)

Soweit die Antragsteller dem Antragsgegner Beleidigungen vorwerfen, sind diese nicht durch das Gewaltschutzgesetz geschützt. Die persönliche Ehre ist kein Schutzgut des Gewaltschutzgesetzes. Etwaige zivilrechtliche Ansprüche bleiben unberührt.

Es liegt auch keine Verletzung der Antragsteller an deren Körper, Gesundheit oder in ihrer Freiheit vor. Eine Verletzung des Körpers erfordert einen unbefugten Eingriff in die körperliche Integrität, eine Verletzung der Gesundheit verlangt das Hervorrufen eines Zustandes, der von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweicht (Cirullies/Cirullies, Schutz bei Gewalt und Nachstellung, 2. Auflage, Rn. 27). Der bloße Versuch reicht nicht aus (OLG Celle FamRZ 2012, 1950 für Eindringen in die Wohnung; MüKoBGB/Duden, 8. Aufl., § 1 GewSchG Rn. 17), sondern die Beeinträchtigung muss tatsächlich eingetreten sein. Dass der Antragsteller zu 1. durch das Verhalten des Antragsgegners verletzt wurde, ist nicht ersichtlich.

Eine konkrete, bei objektiver Betrachtung ernstzunehmende Drohung mit einer Körperverletzung ist ebenfalls nicht dargelegt. Insbesondere liegt in der bloßen Unterschreitung des Mindestabstands aufgrund der derzeitigen Kontaktbeschränkungen infolge der aktuellen Corona-Viruspandemie weder eine Körperverletzung noch eine Drohung mit einer solchen. Zum einen ist die Behauptung, der Antragsgegner sei dem Antragsteller „bedrohlich nahe“ gekommen, unsubstantiiert. Eine Unterschreitung eines Mindestabstands von 1,50 m ist damit bei objektiver Betrachtung nicht konkret dargelegt. Selbst wenn das der Fall wäre, kann aber auch nicht schon in der bloßen Unterschreitung eines solchen Abstands eine ernstzunehmende Drohung mit einer Gesundheits- oder Körperverletzung gesehen werden. Das rein abstrakte Risiko einer Infektion mit dem Sars-Coronavirus 2 reicht dafür nicht aus. Es sind keinerlei Anhaltspunkte für eine erhöhte Wahrscheinlichkeit ersichtlich, dass der Antragsgegner das Virus in sich tragen könnte. Was die Antragsteller mit der „entsprechenden feuchten Aussprache“ in Bezug auf den konkreten Fall meinen, ist unklar. Zwar hat auch das erkennende Gericht in der Vergangenheit das gezielte Anspucken eines anderen aufgrund der derzeitigen Corona-Viruspandemie als Gesundheitsverletzung eingestuft. Dass der Antragsgegner einen oder beide Antragsteller angespuckt hätte, ist aber weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 80,81 Abs. 2 Nr 2 FamFG. Gewaltschutzsachen sind sog. Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Kostenfolge entspricht daher im Regelfall dem Obsiegen in der Hauptsache. Es sind keine Gründe ersichtlich, davon im vorliegenden Fall abzuweichen.

 

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