Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 13 B 1581/20.NE – Beschluss vom 26.10.2020
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller betreiben gastronomische Einrichtungen in Bonn, im Rhein-Sieg-Kreis und in Köln. Sie begehren die vorläufige Außervollzugsetzung von § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Zweiten Verordnung (vom 16. Oktober 2020, GV. NRW. S. 978a) zur Änderung der Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO) vom 30. September 2020 (GV. NRW. S. 923).
§ 15a CoronaSchVO hat den folgenden Wortlaut:
§ 15a
Regionale Anpassungen an das Infektionsgeschehen
(1) Die nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörden beobachten mit Unterstützung des Landeszentrums Gesundheit fortlaufend das lokale, regionale und landesweite Infektionsgeschehen. Ein wesentlicher Indikator ist dabei die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen bezogen auf 100.000 Einwohner (7-Tages-Inzidenz).
(2) Liegt die 7-Tages-Inzidenz nach den täglichen Veröffentlichungen des Landeszentrums Gesundheit bezogen auf einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt über dem Wert von 35 und ist das Infektionsgeschehen nicht ausschließlich auf bestimmte Einrichtungen o.ä. zurückzuführen und einzugrenzen, stellt der betroffene Kreis oder die kreisfreie Stadt am ersten Werktag, für den der entsprechende Inzidenzwert festgestellt wird, durch Allgemeinverfügung für ihr Gebiet das Erreichen der Gefährdungsstufe 1 fest. Liegt die 7-Tages-Inzidenz nach Satz 1 über dem Wert von 50, stellt der betroffene Kreis oder die kreisfreie Stadt das Erreichen der Gefährdungsstufe 2 fest. Die Feststellungen der Gefährdungsstufen 1 und 2 können erst aufgehoben werden, nachdem die jeweiligen Grenzwerte der 7-Tages-Inzidenz über einen Zeitraum von sieben aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten wurden. Kreise können das Gebiet einzelner Gemeinden von der Feststellung ausdrücklich ausnehmen, wenn dort gesichert ein signifikant geringeres Infektionsgeschehen unterhalb der jeweiligen Grenzwerte festzustellen ist und eine Verbreitung des Infektionsgeschehens in diese Gemeinden – gerade bei Umsetzung der verschärften Schutzmaßnahmen im restlichen Kreisgebiet – ausgeschlossen erscheint.
(3) Mit der Feststellung der Gefährdungsstufe 1 treten in den jeweiligen Kommunen die folgenden Regelungen in Kraft:
1. Veranstaltungen und Versammlungen im Sinne der §§ 4, 6, 7, 8, 9 und 13 sowie Kongresse mit mehr als 1.000 Personen sind unzulässig,
2. abweichend von § 13 Absatz 5 Satz 2 dürfen ab dem 19. Oktober 2020 an Festen höchstens 25 Personen teilnehmen,
3. abweichend von § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 1a und 3a besteht die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung auch am Sitz- oder Stehplatz in geschlossenen Räumlichkeiten bei Konzerten und Aufführungen und sonstigen Veranstaltungen und Versammlungen nach § 13 Absatz 1 und 2, soweit dies nicht mit der Tätigkeit (zum Beispiel als Moderator, Vortragender) unvereinbar ist, sowie als Zuschauer von Sportveranstaltungen,
4. abweichend von § 2b Absatz 1, § 6 Absatz 2, § 7 Absatz 1, § 8 Absatz 1, § 10 Absatz 6 und § 13 Absatz 1 darf das Erfordernis eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen Personen, die nicht zu den in § 1 Absatz 2 genannten Gruppen gehören, nicht durch die Sicherstellung der qualifizierten Rückverfolgbarkeit nach § 2a Absatz 2 ersetzt werden,
5. die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in öffentlichen Außenbereichen, in denen regelmäßig eine Unterschreitung des Mindestabstands zu erwarten ist (z.B. stark frequentierte Fußgängerzonen); die entsprechenden Bereiche sind in der Allgemeinverfügung nach Absatz 2 festzulegen.
Soweit die betroffenen Kommunen weitergehende Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens (beispielsweise eine Sperrstunde für gastronomische Einrichtungen) für erforderlich halten, stimmen sie diese mit dem Landeszentrum Gesundheit unter Beteiligung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales und mit der zuständigen Bezirksregierung ab und setzen diese um.
(4) Mit der Feststellung der Gefährdungsstufe 2 treten in den jeweiligen Kommunen die folgenden Regelungen zusätzlich in Kraft:
1. Veranstaltungen und Versammlungen im Sinne der §§ 4, 6, 7, 8, 9 und 13 sowie Kongresse sind ab dem vierten Tag nach der Feststellung der Gefährdungsstufe mit mehr als 100 Personen unzulässig, wenn nicht drei Tage vor der Veranstaltung ein Konzept nach § 2b bei der zuständigen unteren Gesundheitsbehörde vorgelegt wurde; auch mit einem solchen Konzept sind Veranstaltungen mit mehr als 500 Personen im Freien oder mehr als 250 Personen in Innenräumen unzulässig,
2. der Betrieb von gastronomischen Einrichtungen im Sinne von § 14 Absatz 1 und 2 sowie der Verkauf von alkoholischen Getränken sind zwischen 23 Uhr und 6 Uhr unzulässig,
3. abweichend von § 13 Absatz 5 Satz 2 dürfen ab dem 19. Oktober 2020 an Festen höchstens 10 Personen teilnehmen,
4. abweichend von § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 beträgt die zulässige Gruppengröße höchstens fünf Personen.
Weitergehende Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens sind, soweit erforderlich – insbesondere bei fortschreitendem Infektionsgeschehen, in Abstimmung mit den in Absatz 3 genannten Stellen anzuordnen.
(5) Die besonderen Beschränkungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 gelten nicht für Beerdigungen, Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz sowie Veranstaltungen und Versammlungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfür- und -vorsorge (insbesondere politische Veranstaltungen von Parteien einschließlich Aufstellungsversammlungen zu Wahlen und Vorbereitungsversammlungen dazu sowie Blutspendetermine) zu dienen bestimmt.
(6) Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales kann durch Erlass landeseinheitliche Vorgaben für die nach Absatz 2 und Absatz 3 umzusetzenden zusätzlichen Schutzmaßnahmen festlegen.“
Die Antragsteller haben am 19. Oktober 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Zur Begründung machen sie im Wesentlichen geltend: Der mit der Regelung verbundene Eingriff in ihre Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sei nicht gerechtfertigt. Gastronomische Einrichtungen spielten bei der Verbreitung des Coronavirus nur eine untergeordnete Rolle. Die bereits umgesetzten Hygienekonzepte des Verordnungsgebers seien ausreichend. Nach 23 Uhr stelle sich das Infektionsrisiko nicht anders dar als vor 23 Uhr. Ein Betriebsverbot zur Nachtzeit habe lediglich zur Folge, dass sich die Menschen auf öffentlichen Plätzen zusammenfänden. Dass Abstandvorschriften unter Alkoholeinfluss nicht mehr beachtet würden, sei spekulativ. Im Übrigen sei dies von den Gastwirten sicherzustellen, was auch bislang funktioniert habe. Die von den Gastwirten zu erwartenden Umsatzeinbußen stünden in keinem Verhältnis zu dem von der Regelung zu erwartenden Infektionsschutzertrag.
Die Antragsteller beantragen, § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO in der ab dem 17. Oktober 2020 gültigen Fassung im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen.
Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen und beantragt, den Antrag abzulehnen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Der gemäß § 47 Abs. 6, Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 109a JustG NRW statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet. Die von den Antragstellern begehrte einstweilige Anordnung ist nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten (§ 47 Abs. 6 VwGO).
Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Norm zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. September 2015 – 4 VR 2.15 -, juris.
Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht veranlasst. Ein – noch zu erhebender – Normenkontrollantrag in der Hauptsache bliebe voraussichtlich ohne Erfolg, weil sich die angegriffenen Regelungen in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO bei einer wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen (1.). Auch unter Berücksichtigung etwaig verbleibender Unsicherheiten bei der rechtlichen Bewertung erscheint eine Außervollzugssetzung der streitgegenständlichen Norm nicht dringend geboten (2.).
1. a) Die auf § 32 Satz 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützte Regelung beruht voraussichtlich auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage. Soweit zunehmend diskutiert wird, inwieweit die im Verordnungswege ergriffenen flächendeckenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie noch den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts genügen, und insbesondere in Frage gestellt wird, ob allgemeine Eingriffe in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG in der infektionsschutzrechtlichen Generalklausel derzeit noch eine verfassungsmäßige Ermächtigungsgrundlage haben können,
vgl. zuletzt zu § 32 Satz 1 und 2 i. V .m. § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG als hinreichende Ermächtigungsgrundlage für Betriebsverbote: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 6. Oktober 2020 – 1 S 2871/20 -, juris, Rn. 30 (offen gelassen); zu Eingriffen in die Berufsfreiheit durch das Verbot von Zuschauern bei Sportveranstaltungen: Bay. VGH, Beschluss vom 16. September 2020 – 20 NE 20.1994 -, juris, Rn. 17,
sind solche Bedenken bei vorläufiger Bewertung jedenfalls im vorliegenden Fall nicht begründet. Dabei ist unabhängig von den bisher in der Rechtsprechung des erkennenden Senats angestellten Erwägungen,
siehe insoweit grundlegend Beschluss vom 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 37 ff.; vgl. ferner etwa Beschluss vom 23. Juni 2020 – 13 B 695/20.NE -, juris, Rn. 43 ff., m. w. N.,
zu berücksichtigen, dass es sich zum einen bei den in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO normierten Betriebseinschränkungen um regionale Vorgaben handelt, die nur dann Anwendung finden, wenn der betroffene Kreis oder die betroffene kreisfreie Stadt zuvor das Erreichen der Gefährdungsstufe 2 festgestellt hat, und sie zum anderen im Ausgangspunkt nur die Bedingungen der Berufsausübung regeln.
b) Die in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO getroffenen Anordnungen erweisen auch im Übrigen als voraussichtlich rechtmäßig und genügen insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
aa) Das Betriebsverbot von gastronomischen Einrichtungen im Sinne von § 14 Abs. 1 und 2 sowie das Verkaufsverbot von alkoholischen Getränken in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr in Kommunen der Gefährdungsstufe 2 dient dem legitimen Zweck, die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu verlangsamen, um die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens sicherzustellen. In einer Situation, in der eine 7-Tage-Inzidenz von über 50 festgestellt wird (Gefährdungsstufe 2), droht die Weiterverbreitung des Virus wegen fehlender Nachverfolgungsmöglichkeiten außer Kontrolle zu geraten. Die Anknüpfung an den Orientierungswert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner für die Bestimmung der Gefährdungsstufe 2 dürfte dabei sachgerecht sein. Der Wert beschreibt die in den Lockerungsplänen von Bund und Ländern vereinbarte Obergrenze für Corona-Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen, bis zu der die öffentliche Gesundheitsverwaltung in Deutschland sich zu einer Rückverfolgung der Infektionsketten maximal in der Lage sieht und in der eine weitere Ausbreitung durch Fallfindung mit Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko noch möglich erscheint.
Vgl. Ziffer 3 des Protokolls der Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 6. Mai 2020, abrufbar unter: www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/telefonschaltkonferenz-der-bundes-kanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-am-06-mai-2020-1750988.
Dementsprechend dürfte die Überschreitung dieses Wertes die Gefahr begründen, dass sich das Virus in der Bevölkerung in nicht mehr kontrollierbarer Weise weiterverbreiten wird. Dies gilt insbesondere, weil die Erkrankung unbemerkt erfolgen kann oder nicht stets mit Krankheitssymptomen einhergeht und infolgedessen nicht sichergestellt ist, dass noch konsequent Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Weiterverbreitung ergriffen werden können.
Vgl. dazu bereits OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2020 – 13 B 968/20.NE -, juris, Rn. 77 ff.
Das gegenwärtige Infektionsgeschehen ist durch ein rapides Ansteigen der Infektionszahlen gekennzeichnet. Die 7-Tage-Inzidenz liegt mit Stand vom 25. Oktober 2020 für ganz Deutschland bei einem Wert von 74,9 und für Nordrhein-Westfalen nochmals deutlich darüber bei einem Wert von 104,8.
Vgl. Robert Koch-Institut, Täglicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid-19) (Stand: 25.10.2020), abrufbar unter: https://www.rki.de/ DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Okt_2020/2020-10-25-de.pdf?__blob=publicationFile
Die berichteten R-Werte liegen anders als in früheren Phasen der Epidemie deutlich über 1. Dies lässt sich auch nicht mehr durch wenige einzelne Ursachen erklären. Vielmehr stellt sich das aktuelle Infektionsgeschehen sehr diffus dar.
Vgl. Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 38/2020 vom 17. September 2020, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/38_20.pdf?__blob=publicationFile.
Gleichzeitig steigt mit der Zahl der Neuinfizierungen auch die Zahl der Corona-Patienten in den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern stark an. So werden mit über 1.400 Patienten aktuell etwa 50 % mehr Personen mit Covid-19 stationär behandelt als noch vor einer Woche.
Vgl. Süddeutsche Zeitung online vom 23. Oktober 2020, abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/ gesundheit/gesundheit-duesseldorf-zahl-der-corona-patienten-in-nrw-kliniken-steigt-rasant-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-201023-99-51188.
Die anstehenden Wintermonate, in denen zu erwarten ist, dass sich die Bevölkerung vermehrt und längere Zeit in Innenräumen aufhält, lassen vor diesem Hintergrund ohne geeignete Schutzmaßnahmen eine weitere erhebliche Ausbreitung des Infektionsgeschehens erwarten.
bb) Das im Falle der Feststellung der Gefährdungsstufe 2 geltende Verbot zum Betrieb gastronomischer Einrichtungen im Sinne vom § 14 Abs. 1 und 2 CoronaSchVO sowie das Verbot des Verkaufs alkoholischer Getränke zwischen 23 Uhr und 6 Uhr ist in dieser Situation geeignet, zur Eindämmung bzw. Verlangsamung der Ausbreitung des Infektionsgeschehens beizutragen.
Dabei ist dem Verordnungsgeber, dem eine Schutzpflicht für Leib und Leben obliegt,
vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 – 1 BvR 1025/82 u. a. -, juris, Rn. 69, m. w. N.,
in dieser sehr dynamischen Lage und wegen der fortbestehenden tatsächlichen Ungewissheiten eine Einschätzungsprärogative im Hinblick auf das gewählte Mittel einzuräumen, soweit und solange sich nicht andere Maßnahmen eindeutig als gleich geeignet und weniger belastend darstellen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2020 – 13 B 870/20.NE -, juris, Rn. 39 f., m. w. N.
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen seines Einschätzungsspielraums überschritten haben könnte, ist nicht ersichtlich.
Die streitgegenständlichen Regelungen beruhen im Wesentlichen auf der Grundannahme, dass sich das Coronavirus nach derzeitigen Erkenntnissen bei direkten persönlichen Kontakten über zum Beispiel Sprechen, Husten oder Niesen im Wege einer Tröpfcheninfektion besonders leicht von Mensch zu Mensch verbreitet. Bei der Übertragung spielen nach gegenwärtigem Erkenntnisstand zudem Aerosole, bestehend aus kleinsten Tröpfchenkernen, die längere Zeit in der Umgebungsluft schweben und sich z. B. in Innenräumen anreichern und größere Distanzen überwinden können, eine wesentliche Rolle.
Vgl. zu den Übertragungswegen Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Übertragungswege, abrufbar unter: https://www.rki.de/ DE/Content/InfAZ/ N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText2, Stand: 16. Oktober 2020.
Daran anknüpfend ist das Betriebsverbot für gastronomische Einrichtungen in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr in Kommunen der Gefährdungsstufe 2 in der Herbst- und Winterzeit geeignet, einen Beitrag zur effektiven Eindämmung der Weiterverbreitung des Coronavirus zu leisten, weil es die Kontaktmöglichkeiten in den gastronomischen Einrichtungen während des Zeitraums von 23 Uhr bis 6 Uhr beschränkt. Es verhindert, dass sich wechselnde Gäste oder Gästegruppen zu dieser Zeit in den Einrichtungen einfinden.
Die Sperrstunde reduziert überdies Kontaktmöglichkeiten auf dem Weg von und zu gastronomischen Einrichtungen. Überdies trägt sie durch die Reduzierung der Gästezahlen dazu bei, dass die Gefahr eines Eintrags der Infektion in das weitere berufliche und private Umfeld der (ausbleibenden) Gäste reduziert wird. Gerade im familiären Umfeld lassen sich enge Kontakte, die eine Virusverbreitung begünstigen, nicht immer vermeiden.
Im Übrigen trifft es zwar zu, dass sich das Infektionsrisiko in gastronomischen Einrichtungen, deren Gästezahl bereits durch die Regelungen der Coronaschutzverordnung beschränkt wird, nach 23 Uhr nicht anders darstellt als zuvor. Das ändert, wie ausgeführt, aber nichts daran, dass die Sperrstunde für die Zeit danach einen Beitrag zur Kontaktreduzierung leistet.
Dem kann voraussichtlich auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass sich die sozialen Kontakte während der Dauer der Sperrstunde auf öffentliche Plätze oder in den privaten Raum verlagerten und eine Weiterverbreitung gerade nicht verhindert werde. Zwar dürfte es zu solchen Effekten kommen. Dass die befürchtete Verlagerung aber zumindest annähernd im gleichen Umfang stattfinden sollte, ist nicht anzunehmen.
Das nächtliche Alkoholverkaufsverbot in Kommunen der Gefährdungsstufe 2 ist ebenfalls geeignet, das Infektionsrisiko zu reduzieren. Abgesehen davon, dass es einer erhöhten Attraktivität des öffentlichen Raums bei geschlossenen gastronomischen Einrichtungen und damit den vorstehend genannten Verlagerungseffekten entgegenwirken kann, trägt es offensichtlich zu der vom Verordnungsgeber bezweckten Verringerung infektiologisch bedenklicher Kontakte bei, indem es auf die unbestreitbar enthemmende Wirkung von Alkohol abzielt. Die enthemmende Wirkung von Alkohol erscheint ohne Weiteres dazu angetan, die Wirksamkeit der zur Kontaktbeschränkung und zur Einhaltung von Mindestabständen im öffentlichen Raum erlassenen Regelungen (vgl. § 1 Abs. 2 und 3, § 2 Abs. 1 CoronaSchVO) negativ zu beeinflussen. Dass die diesbezüglichen Vorgaben bei alkoholbedingter Enthemmung zwar nicht notwendigerweise vorsätzlich missachtet, aber schlicht vergessen werden können, dürfte nicht zweifelhaft sein. Im Übrigen dürfte auch davon auszugehen sein, dass die Bereitschaft zur Einhaltung hygienerechtlicher Schutzvorschriften in einer auch alkoholbedingt enthemmten Grundstimmung generell sinkt. Nach den Ausführungen des Antragsgegners haben die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt, dass die geltenden Maßgaben der Coronaschutzverordnung vor allem zu fortgeschrittener Stunde und mit fortschreitendem Alkoholkonsum missachtet wurden. An diese Erfahrungen darf der Antragsgegner anknüpfen.
cc) Die streitgegenständlichen Regelungen dürften auch erforderlich sein. Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetz- oder Verordnungsgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen.
Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 – 1 BvR 1789/10 -, juris, Rn. 21; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6.15 -, juris, Rn. 49.
Dem Verordnungsgeber wird voraussichtlich nicht vorgehalten werden können, sich nicht für ein anderes, die Berufsfreiheit der Antragsteller weniger beeinträchtigendes Regelungsmodell entschieden zu haben.
Das gilt zunächst in Bezug auf die Sperrstundenregelung. Der Einwand der Antragsteller, das Infektionsumfeld „Gastronomie“ spiele gegenüber anderen Bereichen und insbesondere dem (rein) privaten Umfeld insgesamt eine nur untergeordnete Rolle,
in diesem Sinne auch VG Berlin, Beschluss vom 15. Oktober 2020 – 14 L 422/20 -, juris, Rn. 21,
sodass schon aus diesem Grunde kein Bedarf an weitergehenden Schutzmaßnahmen bestehe, überzeugt angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens bei vorläufiger Bewertung nicht. Die in diesem Zusammenhang angeführten statistischen Daten des Robert Koch-Instituts beziehen sich auf bereits länger zurückliegende Zeiträume,
vgl. etwa Epidemiologisches Bulletin 38/2020 vom 17. September 2020, S. 6 ff., wo ein Datenstand von Mitte August 2020 ausgewiesen ist; abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/38_20.pdf?__blob=publicationFile,
in denen die Lage noch deutlich weniger dynamisch war, und dürften insoweit zumindest zum Teil zeitlich überholt sein. Hinzu tritt die zwischenzeitlich nochmals erhöhte Diffusität des Infektionsgeschehens. Nach der nachvollziehbaren Darstellung des Antragsgegners sind die nordrhein-westfälischen Gesundheitsämter (und damit in der Folge auch das Robert Koch-Institut) in der überwiegenden Zahl der Fälle oftmals nicht (mehr) in der Lage, zu rekonstruieren, wo der Ursprung einer Infektion im Einzelfall liegt.
Es drängen sich auch annähernd vergleichbar effektive Handlungsalternativen zu der Reduzierung von Kontakten jedenfalls nicht in einer Weise auf, dass allein diese in Frage kommen.
Soweit die Antragsteller darauf verweisen, dass für gastronomische Einrichtungen bereits weitreichende Hygiene- und Infektionsschutzstandards gelten (vgl. § 14 CoronaSchVO i. V. m. Ziffer I der Anlage zur CoronaSchVO), trifft dies zwar zu, ändert aber an den gleichwohl bestehenden Kontakt- und Aufenthaltsmöglichkeiten, die es nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers zu reduzieren gilt, nichts. Die bestehenden Vorgaben wirken nicht dem Umstand entgegen, dass ohne die Sperrstunde zu erwarten ist, dass eine Vielzahl von Personen auf begrenztem Raum über einen regelmäßig nicht unerheblichen Zeitraum und – was gerade in den Wintermonaten zu befürchten sein wird – in schlecht gelüfteten Räumlichkeiten weiter aufeinandertrifft. Gerade bei einem längeren Verweilen von mehreren Personen in geschlossenen Räumen besteht indes ein nicht unbeträchtliches Übertragungsrisiko durch die Aufnahme gegebenenfalls virushaltiger Aerosole.
Vgl. dazu nochmals Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Übertragungswege, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792body Text2, Stand: 16. Oktober 2020.
(Individuelle) Möglichkeiten, die gastronomischen Einrichtungen organisatorisch und räumlich so einzurichten, dass Infektionen weiter minimiert werden, berücksichtigen nicht, dass Kontakte dadurch nicht in gleicher Weise effektiv verringert werden.
Der Verzicht auf die Sperrstunde unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Alkoholverkaufsverbots dürfte kein gleich geeignetes, milderes Mittel darstellen. Unabhängig von der vom Antragsgegner problematisierten Frage, inwieweit sich ein bloßes Ausschankverbot in Gaststätten kontrollieren ließe, gilt dies schon deshalb, weil der Verordnungsgeber mit der Sperrstunde – wie dargelegt – (primär) das eigenständige legitime Ziel verfolgt, soziale Kontakte zeitlich zu limitieren bzw. ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht neu entstehen zu lassen. Dieses Ziel lässt sich voraussichtlich allein mit einem Ausschankverbot nicht ebenso wirksam erreichen, auch wenn davon auszugehen ist, dass die Möglichkeit zum Alkoholkonsum für einen nicht unerheblichen Teil der Nutzer abendlicher gastronomischer Angebote von wesentlicher Bedeutung ist.
Ebenso sind auch hinsichtlich des zeitlich beschränkten Verbots des Verkaufs alkoholischer Getränke, das im Zusammenspiel mit der Sperrstunde faktisch allein den Außer-Haus-Verkauf betrifft, gleich geeignete, den Adressatenkreis des Verbots weniger belastende Maßnahmen nicht ersichtlich. Insbesondere stellte eine strengere Überwachung und Durchsetzung der Einhaltung der Vorgaben der Coronaschutzverordnung durch die Polizei- und Ordnungsbehörden schon mit Blick darauf, was insoweit angesichts der zwangsläufig begrenzten personellen Ressourcen vernünftigerweise erwartbar ist, keine gleichwertige Alternative dar.
So auch zum Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke Bay. VGH, Beschluss vom 13. August 2020 – 20 CS 20.1821-, juris, Rn. 34.
dd) Vor diesem Hintergrund dürften sich die Regelungen zur Sperrstunde und zum Verkaufsverbot für Alkohol schließlich auch als angemessen erweisen.
Angemessen, d. h. verhältnismäßig im engeren Sinne, ist eine freiheitseinschränkende Regelung, wenn das Maß der Belastung des Einzelnen noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Hierbei ist eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, deren Wahrnehmung der Eingriff in Grundrechte dient, und den Auswirkungen auf die Rechtsgüter der davon Betroffenen notwendig. Die Interessen des Gemeinwohls müssen umso gewichtiger sein, je empfindlicher der Einzelne in seiner Freiheit beeinträchtigt wird. Zugleich wird der Gemeinschaftsschutz umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die aus gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können.
St. Rspr., vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 – 2 BvR 2347/15 -, juris, Rn. 265, m. w. N.
Davon ausgehend sind die fraglichen Regelungen voraussichtlich nicht zu beanstanden, weil die Schwere der damit verbundenen Grundrechtseingriffe im Ergebnis nicht außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Verordnungszweck steht. Zwar greifen die Maßnahmen vor allem in ganz erheblicher Weise in die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG der davon betroffenen Betreiber gastronomischer Einrichtungen ein und gehen insbesondere für diejenigen Betriebe, die typischerweise einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes erst später am Abend und in der Nacht erzielen, mit gravierenden wirtschaftlichen Einbußen einher. Dies wirkt umso schwerer, als die gesamte Gastronomie bereits infolge der zu Beginn der Pandemie verordneten flächendeckenden Betriebsschließungen große und teils existenzbedrohende Belastungen verkraften musste, die auch durch die vom Antragsgegner bezeichneten Hilfsmaßnahmen vielfach nur ansatzweise kompensiert werden konnten. Gleichwohl überwiegt im Ergebnis das mit § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO zu schützende Interesse daran, die Kontrolle über die Infektionsausbreitung nicht zu verlieren, um so weiterhin eine dann konkret drohende Überforderung des Gesundheitswesens mit unmittelbaren Gefahren für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) abwehren zu können. Die Entwicklung der vergangenen Tage lässt befürchten, dass das Infektionsgeschehen ohne geeignete Gegenmaßnahmen eine gefährliche Dynamik entfaltet, die ungebremst am Ende jedes noch so leistungsfähige Gesundheitssystem an die Grenzen seiner Belastbarkeit und darüber hinaus führt. Wegen der ihm obliegenden präventiven Schutzpflichten muss der Verordnungsgeber weder eine solche Entwicklung abwarten, noch ist er gehalten, einen Anstieg der Fallzahlen in Kauf zu nehmen, der aus seiner Sicht nochmals deutlich einschneidendere Eingriffe in weite Bereiche des privaten, sozialen und öffentlichen Lebens erzwingen würde. Dies dient letztlich auch den Interessen der hier betroffenen Betreiber von gastronomischen Einrichtungen in Kommunen der Gefährdungsstufe 2, denen gegenwärtig immerhin (noch) die Möglichkeit offen steht, ihren Betrieb im Zeitraum von 6 Uhr bis 23 Uhr zu führen.
Hinzu tritt, dass die Regelungen – wie ausgeführt – regional auf Kommunen der Gefährdungsstufe 2 beschränkt sind, also nur in Regionen gelten, in denen die 7-Tages-Inzidenz nach den täglichen Veröffentlichungen des Landeszentrums Gesundheit bezogen auf einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt über dem Wert von 50 liegt und das Infektionsgeschehen nicht ausschließlich auf bestimmte Einrichtungen o. ä. zurückzuführen und einzugrenzen ist (vgl. § 15a Abs. 2 Satz 1, 2 CoronaSchVO). Dieser Geltungsbereich kann noch weiter regional beschränkt werden: Kreise können das Gebiet einzelner Gemeinden von der Feststellung (der Gefährdungsstufe) ausdrücklich ausnehmen, wenn dort gesichert ein signifikant geringeres Infektionsgeschehen unterhalb des Grenzwerts festzustellen ist und eine Verbreitung des Infektionsgeschehens in diese Gemeinden – gerade bei Umsetzung der verschärften Schutzmaßnahmen im restlichen Kreisgebiet – ausgeschlossen erscheint (vgl. § 15a Abs. 2 Satz 4 CoronaSchVO). Schließlich sind die Regelungen nicht nur durch die Geltungsdauer der Coronaschutzverordnung, sondern auch durch die Feststellung der Gefährdungsstufe 2 durch die jeweilige Kommune beschränkt (vgl. § 15a Abs. 2 Satz 3 CoronaSchVO).
2. Soweit im Hinblick auf die vorliegend nur summarisch mögliche Prüfung Unsicherheiten bei der rechtlichen Beurteilung der in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO getroffenen Regelungen verbleiben und man deshalb von (allenfalls) offenen Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache ausgehen wollte, gebietet auch eine ergänzend vorzunehmende folgenorientierte Interessenabwägung nicht dringend den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Angesichts der derzeit rapide ansteigenden Zahl von Neuinfektionen fallen im Anschluss an die vorstehenden Erwägungen zur Angemessenheit die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm schwerer ins Gewicht als die (insbesondere wirtschaftlichen) Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Da die angegriffene Regelung mit Ablauf des 31. Oktober 2020 außer Kraft tritt, zielt der Antrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).