auswärtiges Studium der KinderBUNDESFINANZHOF
Az.: IX R 101/00
Urteil vom 23.04.2002
Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz
Leitsatz:
Ein Steuerpflichtiger kann für ein Kind, das zum Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnung zu seinem Haushalt gehörte, die Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG unabhängig davon beanspruchen, ob das Kind nach Bezug der ihm unentgeltlich überlassenen Wohnung weiterhin zu seinem Haushalt gehört.
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erwarb eine Eigentumswohnung, deren Besitz, Nutzen und Lasten am 7. November 1997 auf die Klägerin übergingen. Ab diesem Zeitpunkt hat die Klägerin die Eigentumswohnung ihrem Sohn unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt wohnte der Sohn in der Familienwohnung der Klägerin.
Die Klägerin beantragte für die Eigentumswohnung Eigenheimzulage ab 1997 einschließlich der Kinderzulage für ihren Sohn. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) gewährte lediglich die Grundförderung; die Gewährung der Kinderzulage lehnte das FA mit der Begründung ab, der Sohn führe in der ihm unentgeltlich überlassenen Eigentumswohnung einen eigenen Hausstand und gehöre daher nicht mehr zum Haushalt der Klägerin.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 264 veröffentlichten Entscheidung die Ansicht, die Kinderzulage sei zu Recht nicht gewährt worden. Zwar sei die dem Sohn unentgeltlich überlassene Eigentumswohnung von der Klägerin unstreitig mitbenutzt worden, jedoch sei diese Mitbenutzung als untergeordnet anzusehen. Der Haushalt der Klägerin umfasse daher nicht auch die von ihrem Sohn bewohnte Eigentumswohnung. Vielmehr führe der Sohn dort einen eigenen Haushalt.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 1999 aufzuheben und den Bescheid über die Eigenheimzulage ab 1997 vom 28. Juli 1998 dahin zu ändern, dass zusätzlich zur Grundförderung die Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Kinderzulage für ihren Sohn nicht zusteht.
1. Nach § 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG setzt die Gewährung einer Kinderzulage u.a. voraus, dass das Kind im Förderzeitraum (§ 3 EigZulG) zum inländischen Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört oder gehört hat. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall bezüglich des Sohnes der Klägerin gegeben.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 13. Dezember 2001 IX R 15/99 (BFHE 197, 35) entschieden hat, fordert § 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG keine gegenwärtige und dauerhafte Haushaltszugehörigkeit. Vielmehr kann ein Steuerpflichtiger für ein Kind, das im Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnung zu seinem Haushalt gehörte, die Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 EigZulG unabhängig davon beanspruchen, ob das Kind nach Bezug der ihm unentgeltlich überlassenen Wohnung weiterhin zu seinem Haushalt gehört. Da der Sohn der Klägerin im Zeitpunkt der Anschaffung der Eigentumswohnung –und mithin im Förderzeitraum– noch in der Familienwohnung der Klägerin wohnte und damit unstreitig zu ihrem Haushalt gehört hat, kann diese die beantragte Kinderzulage beanspruchen.
Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des FA auch nicht aus § 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG; der Senat verweist insoweit auf seine Ausführungen im Urteil in BFHE 197, 35.
2. Die Sache ist spruchreif; denn unstreitig steht der Klägerin auch ein Anspruch auf Kindergeld nach § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 62 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder ein Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG zu. Die festzusetzende Eigenheimzulage umfasst den Fördergrundbetrag in Höhe von 5.000 DM sowie die Kinderzulage für ein Kind in Höhe von 1.500 DM, gesamt 6.500 DM; dies entspricht einem Betrag von 3.323,39 €.