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Einbruchdiebstahl: Nachweis – Hausratsversicherung

Oberlandesgericht Karlsruhe

Az.: 12 U 159/05

Urteil vom 20.09.2005

Vorinstanz: Landgericht Karlsruhe, Az.: 4 O 457/04, Urteil vom 27.05.2005


Leitsatz:

Der Nachweis eines Einbruchdiebstahl im Sinne von § 5 Nr.1 VHB, bei dem keine Einbruchspuren festzustellen sind, setzt voraus, dass nicht versicherte Begehungsweisen praktisch ausscheiden.


In dem Rechtsstreit wegen Forderung hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2005 für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 27.05.2005 – 4 O 457/04 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)

Der Kläger nimmt die Beklagte als Hausratversicherer in Anspruch. Bei ihm sei während seines Urlaubs vom 09.01.2003 – 17.01.2003 eingebrochen und Gegenstände im Wert von € 46.900,00 seien entwendet worden. Dem Versicherungsvertrag vom 19.07.2002 liegen die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 2002) zugrunde.

Die Beklagte bestreitet das Vorliegen eines versicherten Einbruchdiebstahls. Sie beruft sich außerdem auf ihre Leistungsfreiheit, weil der Kläger der Polizei nicht bzw. nicht rechtzeitig eine Liste der entwendeten Gegenstände vorgelegt habe. Außerdem bestreitet sie das behauptete Abhandenkommen von Bargeld, Schmuck und Elektrogeräten.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Karlsruhe Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es sich nach der Beweisaufnahme nicht vom Vorliegen eines versicherten Einbruchdiebstahls hat überzeugen können. Der Kläger habe zur Überzeugung des Gerichts keine Einbruchsspuren nachweisen können. Zwar sei der Profilzylinders des Schlosses zur Hauseingangstür ausgebaut gewesen. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens sei der Ausbau des Zylinders bei diesem Schloss jedoch nur bei geöffneter Tür ohne gravierende Beschädigungen möglich gewesen. Da solche Spuren nicht hätten festgestellt werden können, handle es sich auch bei dem ausgebauten Zylinder nicht um eine Einbruchsspur.

Mit seiner dagegen gerichteten Berufung beantragt der Kläger, die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu verurteilen, an ihn € 46.900,00 zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 29.07.2004 zu bezahlen.

Der Kläger ist der Ansicht, er habe den Nachweis des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls geführt. Die Schäden an dem Hoftor seien Einbruchsspuren, denn die Diebe hätten durch das Loch im Tor hindurch greifen und so das Tor öffnen können. Auch der ausgebaute Schließzylinder deute auf einen Einbruch hin. Mittels auf dem Markt erhältlicher Geräte sei der Ausbau des Zylinders auch ohne Beschädigungen möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des landgerichtlichen Urteils, die Berufung zurückzuweisen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochten Urteils wird Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

II. (§ 540 Abs. 1 Nr.2 ZPO)

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, weil der Kläger bereits das äußere Bild eines versicherten Einbruchsdiebstahls nicht nachgewiesen hat.

1.

Gemäß § 5 Nr. 1 a VHB 2002 liegt ein versicherter Einbruchdiebstahl vor, wenn der Dieb in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mittels falscher Schlüssel oder anderer nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmter Werkzeuge eindringt. Einen solchen Sachverhalt hat der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen.

Der Versicherungsnehmer genügt seiner Beweislast für den behaupteten Einbruchsdiebstahl allerdings bereits dann, wenn er einen Sachverhalt behauptet und beweist, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass die versicherte Sache in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Art und Weise entwendet worden ist. Beim Einbruchsdiebstahl genügt es indes nicht, dass der Versicherungsnehmer nur das äußere Bild eines einfachen Diebstahls nachweist. Es müssen sich zusätzlich auch Einbruchsspuren feststellen lassen (BGH VersR 1996, 187; v. 14.6.1995 -IV ZR 116/94, MDR 1996, 264 = VersR 1995, 956; Prölss/Martin/Kollhosser, WG Kommentar, 27. Aufl. 2004, § 49 Rz. 48). An solchen fehlt es hier. Auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil wird diesbezüglich Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen erschüttert die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht.

a. Der Schaden am Hoftor stellt keine Einbruchsspur dar. Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass die 47 cm lange und 14 cm breite „Beschädigung“ durch die ermittelnden Polizeibeamten nicht als Einbruchsspur angesehen wurde, da sich diese Beschädigungen im unteren Bereich des Holztors befunden hätten. Es mag zwar sein, dass es möglich ist, durch diese Öffnung durchzugreifen und so die Tür zu öffnen. Es ist aber schon nicht wahrscheinlich, dass die Beschädigung des Holztores in einem Zusammenhang mit dem behaupteten Einbruch in das Gebäude des Klägers steht. Hiergegen spricht schon, dass diese Methode sehr lärmend ist und den Tätern, die nach Darstellung des Klägers in sein Haus eingedrungen sein sollen, eine schnellere und leisere Methode zur Verfügung gestanden hätte, nämlich das Aufhebeln des Tores mit den Hebelwerkzeugen, die zur Öffnung der Kellertüre Verwendung gefunden haben. Darüber hinaus liegt allein in dem Einbrechen in einen umschlossenen Hof kein bedingungsgemäßer Einbruch in einen Raum eines Gebäudes (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., D IV Rdn. 2)

b. Auch die Tatsache, dass der Schließzylinder an der Hauseingangstür ausgebaut war und die Tür offen stand, lässt nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass hier die Täter durch einen Einbruch in die Wohnung des Klägers gelangten. Spuren eines gewaltsamen Ausbaus des Profilzylinders konnten durch den Sachverständigen nicht festgestellt werden. Der Sachverständige konnte ausschließen, dass es bei geschlossener Tür ohne passenden Schlüssel möglich gewesen wäre, den Profilzylinder ohne Beschädigungen am Zylinder und am Einsteckschloss herauszuziehen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung greifen nicht durch. Die Verwendung der vom Kläger erwähnten Einbruchswerkzeuge (Anlageband Berufungsakte) könnten diese Spurenlage ebenfalls nicht erklären. Denn auch diese können den hier verwendeten Schließzylinder nicht ohne Beschädigungen „herausziehen“. So handelt es sich bei der „Spezial-Ausziehvorrichtung für Schließzylinder“ nach der Produktbeschreibung um eine Vorrichtung, die die Tür durch Herausziehen des Zylinders öffnet, wogegen das verwendete Schloss aber nach den Ausführungen des Sachverständigen und der Produktbeschreibung des Schlossherstellers (Anlage zum Sachverständigengutachten, AS I, 136 R) durch eine zusätzliche Schließnase besonders geschützt ist. Aus diesem Grund ist auch die auf demselben Prinzip funktionierende „Zieh-Fix“ – Technik nicht zur Öffnung der Tür geeignet. Der „Power-Cracker“ funktioniert dagegen durch „Abbrechen des Schließzylinders“, was nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen deutliche Beschädigungen am Einsteckschloss verursacht hätte, die jedoch nicht festgestellt werden konnten. Die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens liegen nicht vor. Der Senat hat keine Zweifel an der Sachkunde des Gutachters. Solche werden insbesondere nicht durch den gemäß § 531 Abs.2 Nr.3 ZPO nicht zuzulassenden, weil erst im zweiten Rechtszug eingeführten Vortrag des Klägers zu den angeführten, allgemein erhältlichen Öffnungswerkzeugen begründet. Der Sachverständige hat sich ausdrücklich mit der Frage eines spurenlosen Ausbaus befasst und nachvollziehbar erläutert, dass dieser bei der Art des verwendeten Schließzylinders eine geöffnete Tür voraussetzt. Ein Einbruch durch diese Tür ist daher aufgrund der aufgefundenen Spuren nicht nachgewiesen.

c. Zutreffend stellt das Landgericht fest, dass auch die aufgebrochene Tür zwischen Kellerraum und Wohnräumen keine Spur darstellt, mit der sich ein Einbruch in die Wohnräume nachweisen lässt. Das Haus hat keine Kellerfenster, daher konnte diese Tür nur dann aufgebrochen werden, wenn sich die Täter bereits in den Wohnräumen befanden. Dass Gegenstände aus dem Keller abhanden gekommen sind, behauptet der Kläger nicht.

Da keine Spuren festgestellt werden konnten, die dem Senat nach der Lebenserfahrung die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Einbruchsdiebstahls vermitteln konnten, hat der Kläger das äußere Bild eines versicherten Diebstahls nicht nachgewiesen. Dem Senat ist allerdings aus anderen Verfahren bekannt, dass auch das spurenlose Öffnen von Türschlössern möglich ist. Somit ist nicht ausgeschlossen, dass die Eingangstür erbrochen wurde und der Ausbau des Schließzylinders danach in der vom Sachverständigen dargestellten Weise erfolgte. Allein diese Möglichkeit reicht jedoch zum Nachweis eines versicherten Einbruchdiebstahls nicht aus. Der Versicherungsnehmer muss in einem solchen Fall vielmehr nachweisen, dass andere nicht versicherte Begehungsweisen praktisch ausscheiden. Dies setzt den Nachweis voraus, dass die Tür verschlossen war und erfordert zudem das Vorliegen von Beweisanzeichen, welche die Verwendung der vorhandenen Original- oder richtigen Schlüssel unwahrscheinlich machen (Senat OLGR 2004, 446; BGH NJW-RR 1990, 607; wohl enger: OLG Köln U. v. 05.07.2005 – 9 U 164/04 -; vgl. auch Prölss/Martin/Knappmann, a.a.O., VHB 84 § 5 Rdn.1).

Solche Beweisanzeichen liegen hier nicht vor. Dass ein Ausbau bei geöffneter Tür nicht mehr notwendig war, macht eine versicherte Öffnung der Tür nicht einmal wahrscheinlicher als eine nichtversicherte. Sowohl bei offener Tür als auch bei der Verwendung eines passenden Schlüssels liegt eine Manipulation am Schloss näher, um etwaige Hinweise auf den Täter zu verschleiern. Hierzu hat der Verwender von hoch entwickelten Einbruchswerkzeugen keinen Anlass. Ihm würde der damit verbundene Zeitverlust nur nachteilig sein.

Zudem hat der Kläger nicht bewiesen, dass der Zugang zum versicherten Objekt verschlossen war. Im ersten Rechtszug hat er sich auf das ausdrückliche Bestreiten des Beklagten zum Beweis seines Vorbringens auf den Zeugen K berufen, der aber mangels Anwesenheit bei der Abreise des Klägers hierzu keine Angaben machen konnte. Erst mit Schriftsatz vom 30.08.2005, der erst am Tag vor dem Senatstermin eingegangen ist, hat er sich auf die Zeugin C berufen, die in der Nacht vor der Abreise bei ihm übernachtet habe. Dieses ohne Darlegung eines Zulassungsgrundes (§ 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO) eingeführte Beweismittel kann jedoch gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zugelassen werden.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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