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Erweiterte Maskenpflicht für Grundschüler in Schleswig-Holstein

Vom 22. Februar bis 7. März 2021

Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein – Az.: 3 MR 8/21 – Beschluss vom 04.03.2021

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag, durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO die in § 5 Abs. 1 und 3 getroffenen Regelungen der Landesverordnung über besondere Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 an Schulen (Schulen-Coronaverordnung – SchulencoronaVO) vom 20. Februar 2021 bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen, ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).

I. Der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 6 VwGO ist zulässig. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Eine entsprechende Bestimmung ist in § 67 Landesjustizgesetz enthalten. Die Antragstellerin wendet sich gegen § 5 Abs. 1 und 3 der Landesverordnung über besondere Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 an Schulen (Schulen-Coronaverordnung – SchulencoronaVO) vom 20. Februar 2021, mithin gegen untergesetzliche Normen in Form einer Landesverordnung.

Die neunjährige Antragstellerin, welche die vierte Klasse einer Grundschule im Kreis …..…. besucht, ist antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO), weil sie geltend machen kann, durch die erweiterte Mund-Nasen-Bedeckungspflicht in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 nach § 5 Abs. 1 und 3 SchulencoronaVO in ihrem Recht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Recht auf körperliche Unversehrtheit), aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Allgemeines Persönlichkeitsrecht), Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit) und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt zu sein.

Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin den Antrag ohne ein begleitendes Hauptsacheverfahren gestellt hat; denn der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist schon vor Erhebung des Normenkontrollantrages zulässig (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.05.2009 – 1 MN 12/09 –, juris Rn. 16 f.; OVG Münster, Beschl. v. 17.01.2014 – 2 B 1367/13.NE –, juris Rn. 30; Ziekow; in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 386).

II. Der Antrag ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor.

Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 – 4 VR 5.14 –, juris Rn. 12; Beschl. d. Senats v. 09.04.2020 – 3 MR 4/20 –, juris Rn. 3). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.

Ergibt demnach die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange der Antragstellerin, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für die Antragstellerin günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (Beschl. d. Senats v. 09.04.2020, a.a.O., Rn. 4).

Erweiterte Maskenpflicht für Grundschüler in Schleswig-Holstein
(Symbolfoto: Von Volurol/Shutterstock.com)

Nach diesen Maßstäben scheidet eine vorläufige Außervollzugsetzung von § 5 Abs. 1 und 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 aus; denn ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache erweist sich wahrscheinlich als erfolglos.

Gemäß § 5 Abs. 1 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 gilt in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 eine erweiterte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung wie folgt:

1. für Schülerinnen und Schüler entfällt die Ausnahme von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterrichtsraum gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1; sie sind von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nur dann ausgenommen, wenn bei Abschlussprüfungen, bei mehr als zwei Zeitstunden umfassenden schriftlichen Leistungsnachweisen und bei mündlichen Vorträgen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen eingehalten wird;

2. für Schülerinnen und Schüler entfällt die Ausnahme von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf dem Schulhof und in der Mensa gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2; sie sind von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nur dann ausgenommen, soweit ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen eingehalten wird;

3. für Schülerinnen und Schüler entfällt die Ausnahme von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bei schulischen Veranstaltungen außerhalb des Schulgeländes gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2; sie sind von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nur dann ausgenommen, soweit sie Sport ausüben oder ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen eingehalten wird;

4. für Schülerinnen und Schüler entfällt die Ausnahme von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf Schulwegen zwischen Bus- oder Bahnhaltestellen und der Schule gemäß § 4 Abs. 2; sie sind von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nur dann ausgenommen, soweit ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen außerhalb des eigenen Haushalts eingehalten wird.

Eine gemäß der Schulen-Coronaverordnung bestehende Mund-Nasen-Bedeckungspflicht ist in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 durch das Tragen einer medizinischen oder vergleichbaren Maske oder einer Maske ohne Ausatemventil der Standards FFP2, FFP3, N95, KN95, P2, DS2 oder KF94 zu erfüllen (§ 5 Abs. 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021).

Die erweiterte Mund-Nasen-Bedeckungspflicht für Schülerinnen und Schüler in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 beruht auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage (1), die formellen (2) sowie materiellen Voraussetzungen (3) sind gewahrt, diese erweist sich als verhältnismäßig (4) und verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (5).

1) § 5 Abs. 1 und 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 finden in § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1 Nr. 1, 2 und 16 sowie Abs. 3, 5 und 6 IfSG vom 20. Juli 2000 (BGBl.I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 4a des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl.I S. 3136) eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage.

Nach § 32 Satz 1 IfSG können die Landesregierungen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. § 28a Abs. 1 IfSG listet in 17 Nummern auf, welche „notwendigen Schutzmaßnahmen“ insbesondere zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag getroffen werden können.

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Bei summarischer Prüfung stellt sich die Ermächtigungsgrundlage nicht als verfassungswidrig dar. Insbesondere hat der Senat keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des durch das Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) eingefügten § 28a IfSG.

Zwar sind die Befugnisse der Infektionsschutzbehörden und damit vor allem des Verordnungsgebers, nach § 32 IfSG Untersagungs- und Beschränkungsmaßnahmen für ganze Bereiche des gesellschaftlichen Lebens sowie allgemeine Verhaltenspflichten für jedermann zur Bekämpfung von COVID-19 zu erlassen, zum Teil sehr weitgehend und in die Grundrechte der Betroffenen tief eingreifend. Auf der anderen Seite muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese Befugnisse allein auf das Ereignis der Corona-Pandemie zugeschnitten sind und jedenfalls flächendeckend nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag erlassen werden können. Dadurch hat der Bundestag eine Gefährdungseinschätzung durch die Corona-Pandemie, welche sowohl Gefahrenabwehrelemente als auch Gefahrenprognoseelemente enthält, zum Ausdruck gebracht, welche grundsätzlich solch einschneidende Maßnahmen voraussichtlich rechtfertigen kann. Dass der Bundestag hier seinen weiten Gestaltungsspielraum überschritten hätte, ist nicht ersichtlich (so auch VGH München, Beschl. v. 08.12.2020 – 20 NE 20.2461 –, juris Rn. 24; vgl. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 18.12.2020 – 1 S 4028/20 –, juris Rn. 25).

Der Gesetzgeber hat den Behörden und Fachgerichten auch genügend Spielraum belassen, um eine verhältnismäßige Anwendung von § 28, 28a Abs.1 IfSG im Einzelfall sicherzustellen. Die Anforderungen durch allgemeine und besondere (§ 28a Abs. 2 IfSG) Verhältnismäßigkeitserwägungen sowie besondere Verfahrensvorschriften (§ 28a Abs. 5 IfSG) begrenzen die Befugnisse des § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 IfSG. In einer dokumentierten Entscheidung hat der Verordnungsgeber (§ 32 Satz 1 IfSG) die besonders gewichtigen infektiologischen Erfordernisse mit sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit nach § 28a Abs. 6 IfSG abzuwägen (so auch VGH München, a.a.O., Rn. 25).

2) Die formellen Voraussetzungen sind gewahrt. Die Schulen-Coronaverordnung vom 20. Februar 2021 ist als Landesverordnung bezeichnet, die Ermächtigungsgrundlage ist angegeben, ebenso das Datum der Ausfertigung und die erlassende Behörde (vgl. § 56 Abs. 1 LVwG). Die Landesverordnung enthält eine allgemeine Begründung und ist zeitlich – bis zum 7. März 2021 – befristet (vgl. § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG); die Geltungsdauer nach § 28a Abs. 5 Satz 2 IfSG (vier Wochen) wird nicht überschritten.

Die Verordnung ist ordnungsgemäß im Wege der Ersatzverkündung (§ 60 Abs. 3 Satz 1 LVwG) unterzeichnet auf der Internetseite der Landesregierung (https://www.schleswig-holstein.de/DE/Schwerpunkte/Coronavirus/_documents/ teaser_erlasse.html) bekanntgemacht worden. Die Auffassung der Antragstellerin, die Voraussetzung der Ersatzverkündung („Gefahr im Verzug“) liege nicht vor, da sich die aktuelle Pandemielage schon seit längerer Zeit nicht mehr verändere, ist unzutreffend. Denn es besteht weiterhin aufgrund des dynamischen Verlaufs der Corona-Pandemie ein Bedarf zur kurzfristigen Anpassung der Maßnahmen. Auch ein rechtzeitiges Inkrafttreten der Schulen-Coronaverordnung vom 20. Februar 2021 (einem Samstag) ab dem 22. Februar 2021, als viele Grundschülerinnen und Grundschüler im Land Schleswig-Holstein in den Präsenzunterricht zurückgekehrt sind, wäre bei einer Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein (vgl. § 60 Abs. 1 LVwG) nicht möglich gewesen.

§ 5 Abs. 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 verstößt nicht gegen § 58 Abs. 1 LVwG. Danach müssen Verordnungen in ihrem Inhalt bestimmt sein. § 5 Abs. 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 entspricht inhaltlich der Regelung des § 2a Abs. 1a der Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Corona-BekämpfVO) vom 26. Februar 2021 („Soweit nach dieser Verordnung das Tragen einer qualifizierten Mund-Nasen-Bedeckung vorgeschrieben ist, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass eine medizinische oder vergleichbare Maske oder eine Maske ohne Ausatemventil der Standards FFP2, FFP3, N95, KN95, P2, DS2 oder KF94 zu verwenden ist.“). Nach der Begründung der Landesregierung zu § 2a Abs. 1a Corona-BekämpfVO vom 26. Februar 2021 sind zulässig:

– medizinische Masken nach der europäischen Norm DIN EN 14683:2019+AC: 2019,

– mit medizinischen Masken vergleichbare Masken, d.h. industriell hergestellte Masken aus mehrlagigem Vlies, die eine ähnliche Schutzwirkung bieten, auch wenn sie nicht über eine Zulassung als Medizinprodukt verfügen,

– partikelfiltrierende Halbmasken ohne Ausatemventil folgender Klassen:

– FFP 2 und FFP3 nach der europäischen Norm DIN EN 149:2001+A1:2009,

– N95 nach dem US-amerikanischen Standard NIOSH-42CFR84,

– KN95 nach dem chinesischen Standard GB 2626-2006.

– P2 nach dem australisch-neuseeländischen Standard AS/NZ 1716:2012,

– DS2 nach dem japanischen Standard JMHLW-Notification 214,2018 und

– KF94 nach dem koreanischen Standard 1st Class KMOEL-2017-64.

Vor diesem Hintergrund ist der Einwand der Antragstellerin, für den Verbraucher bestehe bei der Auswahl einer entsprechenden Maske keine hinreichende Orientierung, unberechtigt.

3) § 5 Abs. 1 und 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 stellen sich voraussichtlich als materiell rechtmäßig dar.

Die Voraussetzungen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG liegen vor. In ganz Schleswig-Holstein gibt es bestätigte Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2, welches die meldepflichtige (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. t IfSG) Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) auslöst. Am 20. Februar 2021, dem Tag der Verkündung der Schulen-Coronaverordnung, beliefen sich die bestätigten Fälle für Schleswig-Holstein auf 40.796, 259 mehr als am Vortag; landesweit lag die 7-Tage-Inzidenz bei 50 (vgl. den COVID-19 Lagebericht des RKI vom 20.02.2021, S. 4). Das Infektionsgeschehen ist seitdem – auf gesamt Schleswig-Holstein bezogen – im Wesentlichen unverändert; ausweislich der laufenden Fallzahlenbetrachtung auf dem RKI-Dashboard (vgl. § 28a Abs. 3 Satz 12 IfSG) betrug die 7-Tage-Inzidenz am 2. März 2021 49,7 (bestätigte Falle: 42.638, Steigerung um 98 zum Vortag).

Der Deutsche Bundestag hat am 25. März 2020 aufgrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in Deutschland eine epidemische Lage von nationaler Tragweite von unbestimmter Dauer festgestellt, deren Fortbestehen er am 18. November 2020 bestätigt hat (vgl. Plenarprotokoll 19/154, S. 19169 und Plenarprotokoll 19/191, S. 24109).

Aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG („die zuständige Behörde trifft die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Absatz 1 und in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.“) folgt, dass der Begriff der „Schutzmaßnahmen“ umfassend ist und der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum an geeigneten Schutzmaßnahmen eröffnet, welches durch die Notwendigkeit der Maßnahme im Einzelfall begrenzt wird. Dieses Ergebnis ergibt sich zum einen anhand der Gesetzesmaterialien (vgl. Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drs. 8/2468, S. 27 zu dem insoweit vergleichbaren § 34 BSeuchG). Danach lässt sich die Fülle der Schutzmaßnahmen, die bei Ausbruch einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht von vornherein übersehen (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 26.11.2020 – 3 MR 62/20 –, juris Rn. 27).

Zum anderen hat das Bundesverwaltungsgericht zu den nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG möglichen Schutzmaßnahmen in seinem Urteil vom 22. März 2012 (Az. 3 C 16.11, juris Rn. 24) ausgeführt:

„Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen – „wie“ – des Ergreifens – ist der Behörde, wie bereits ausgeführt, Ermessen eingeräumt (BR-Drs. 566/99 S. 169). Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige Schutzmaßnahmen“ handeln muss, nämlich Maßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten sind. Darüber hinaus sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drs. 8/2468, S. 27 zur Vorgängerregelung in § 24 BSeuchG).“

Mit der Benennung nicht abschließender Regelbeispiele in § 28a Abs. 1 IfSG haben die Regelungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG eine klarstellende Erweiterung erfahren (vgl. BT-Drs. 19/23944 v. 03.11.2020, S. 31).

Die erweiterte Mund-Nasen-Bedeckungspflicht für Schülerinnen und Schüler in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 ist von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Eine „notwendige Schutzmaßnahme“ im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 kann nach § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag insbesondere die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) sein.

4) § 5 Abs. 1 und 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 erweist sich im Hinblick auf die Grundrechte nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (a), Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (b) und Art. 2 Abs. 1 GG (c) als verhältnismäßig.

a) Der Senat hat mit Beschluss vom 28. August 2020 (3 MR 37/20, juris Rn. 21) im Anschluss an den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. August 2020 (13 B 1197/20.N, juris Rn. 89f. m.w.N) durchgreifende Zweifel daran geäußert, dass der Schutzbereich des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) tangiert sein könnte, da hinreichend belastbare Erkenntnisse dafür, dass das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Alltagsmaske) in der Schule geeignet wäre, bei Schülerinnen und Schülern allgemeine Gesundheitsgefahren im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hervorzurufen, gegenwärtig nicht bestehen.

Nach summarischer Prüfung verstößt auch die Pflicht, eine der in § 5 Abs. 3 SchulencoronaVO genannten Masken zu tragen, nicht gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Nach Seite 6 der vom Antragsgegner überreichten Kurzfassung der S3-Leitlinie „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“ vom 1. Februar 2021 (federführend: Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie, Deutsche Gesellschaft für Public Health, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie) würden mit dem Tragen von Masken nur geringe gesundheitliche Nebenwirkungen einhergehen und es gebe keine Evidenz für mögliche Schäden durch das Tragen einer Maske, wobei die Untersuchung neben den Alltagsmasken auch den medizinischen Mund-Nasen-Schutz (OP-Maske) und die partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP2, N95, KN95) einbezogen hat. Auch die vom Antragsgegner überreichte Stellungnahme des Koordinierungskreises für Biologische Arbeitsstoffe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung vom 30. November 2020 kommt zu dem Ergebnis, dass den gemessenen leicht erhöhten CO2-Werten beim Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (OP-Masken) keine gesundheitsschädliche Bedeutung beizumessen sei. Auch bei Kindern und Jugendlichen sei eine Gesundheitsgefahr oder sogenannte „CO2-Vergiftung“ auszuschließen.

Soweit die Antragstellerin vorbringt, aufgrund des geschlossenen Einzelhandels stünden lediglich FFP2-Masken zur Verfügung, es sei nicht sichergestellt, dass diese frei von Schadstoffen seien und derartige Schutzmasken sollten nach dem Arbeitsschutzausschuss beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales von Erwachsenen höchstens 75 Minuten getragen werden, dringt sie hiermit nicht durch. Die Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein sind nicht (faktisch) gezwungen, in der Schule eine FFP2-Maske oder andere partikelfiltrierende Halbmasken zu tragen, weil auch die medizinischen Masken (OP-Masken) flächendeckend (vor allem in den nach wie vor geöffneten Apotheken, aber auch in Drogerien) erhältlich sind.

Hinzu kommt, dass die erweiterte Mund-Nasen-Bedeckungspflicht für Schülerinnen und Schüler in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 nicht ausnahmslos angeordnet wird. So sind die Schülerinnen und Schüler vor allem auf dem Schulhof und in der Mensa von der Verpflichtung zum Tragen einer in § 5 Abs. 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 genannten Maske ausgenommen, soweit ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen eingehalten wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021). Die Auffassung der Antragstellerin, die Ausnahme komme nicht zum Tragen, weil bei Grundschulkindern die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern auf dem Schulhof und in der Mensa nicht möglich sei, teilt der Senat nicht. Auch Grundschülerinnen und Grundschüler sind in der Lage, Abstandsregeln, die nunmehr auch für sie in vielen Lebensbereichen seit fast einem Jahr gelten, einzuhalten.

Nach § 6 Abs. 1 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 kann die Aufsicht führende Lehrkraft zudem entscheiden, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Einzelfall aus Gründen, die in der Person der Schülerin oder des Schülers liegen, im Unterricht oder auf dem Schulhof zeitweise ausgesetzt wird oder (Nr. 1) mit Zustimmung der Schulleiterin oder des Schulleiters in bestimmten Unterrichtseinheiten mit den pädagogischen Erfordernissen und den Zielen des Unterrichts nicht vereinbar ist, soweit hierdurch Ereignisse und Aktivitäten mit potentiell erhöhter Infektionsgefährdung, wie insbesondere gemeinsames Singen, nicht befördert werden (Nr. 2). Überdies bestehe nach der Begründung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Schulen-Coronaverordnung vom 20. Februar 2021 gemäß § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG generell eine Fürsorgeverantwortung der Schule, aufgrund derer in Einzelsituationen bei einer Schülerin oder einem Schüler eine vorübergehende „Maskenpause“ zugelassen werde könne.

b) Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) ist bei summarischer Betrachtungsweise ebenfalls nicht tangiert. Dass die Schülerinnen und Schüler durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne von § 5 Abs. 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 daran gehindert werden, mit ihren Mitmenschen nonverbal über die Mimik zu kommunizieren, stellt – zumal in Anbetracht der kurzen Laufzeit der Verordnung von zwei Wochen – keinen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Schülerinnen und Schüler dar. Im Übrigen gelingt nonverbale Kommunikation auch über die nicht durch die Maske bedeckte Augenpartie (vgl. den Beschl. d. Senats v. 13.11.2020 – 3 MR 61/20 –, juris Rn. 36).

c) Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), der mit der erweiterten Mund-Nasen-Bedeckungspflicht für Schülerinnen und Schüler in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 verbunden ist, ist gerechtfertigt.

Dass der Mund-Nasen-Bedeckungsschutz geeignet ist, einer Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus wirksam zu begegnen, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 13. Mai 2020 (Az. 3 MR 14/20, juris) festgestellt. Darin hat der Senat die Einschätzung vertreten, dass die Mund-Nasen-Bedeckung die Verbreitung mit Coronaviren kontaminierter Tröpfchen und Aerosole in einem Bereich, der den Mindestabstand unterschreitet, hemmt und damit dem Schutz der eine infizierte Person umgebenden Menschen dient. Der Senat nimmt weiterhin Bezug auf seine Ausführungen in den Beschlüssen vom 28. August 2020 (3 MR 37/20, juris Rn. 26) und vom 13. November 2020 (3 MR 61/20, juris Rn. 38), mit denen er festgestellt hatte, dass das Tragen einer Alltagsmaske eine flankierende Maßnahme für den Fall darstellt, dass der erforderliche Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, was im schulischen Bereich – und hier insbesondere bei jungen Kindern – zwangsläufig der Fall sein dürfte.

Die in § 5 Abs. 3 Schulen-Coronaverordnung vom 20. Februar 2021 genannten Masken sind erst recht geeignet, einer Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus wirksam zu begegnen. Nach der Kurzfassung der S3-Leitlinie „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“ vom 1. Februar 2021 (S. 6) ist die Wirksamkeit von FFP2-Masken höher als die von medizinischem Mund-Nasen-Schutz und die Wirksamkeit des medizinischen Mund-Nasen-Schutzes höher als die von Alltagsmasken. Überdies kommt auch diese Leitlinie (ebenfalls S. 6) zu dem Ergebnis, dass das Maskentragen die Übertragung von SARS-CoV-2 reduziere und in Schulen als Teil eines Maßnahmenpakets die Infektionshäufigkeit verringere.

Mit dem Einwand, nach den aktuellen Kontaktbeschränkungen des Landes Schleswig-Holstein dürften sich Kinder zu zweit und ohne Maske weiterhin zum Spielen treffen, so dass der Zweck, einen Kontakt der Kinder ohne Maske zu verhindern, gar nicht erreicht werden könne, dringt die Antragstellerin nicht durch. Zweck der erweiterten Mund-Nasen-Bedeckungspflicht für Schülerinnen und Schüler in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 ist es, einer Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus in Schulen zu begegnen. Dieser Zweck wird – wie aufgezeigt – gefördert. Im Übrigen sind auch die von der Antragstellerin angeführten Spieltreffen von zwei Kindern, die im privaten Raum in unterschiedlichen Konstellationen zeitversetzt stattfinden würden, im Hinblick auf die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus nicht mit dem zeitgleichen Präsenzunterricht einer Schulklasse vergleichbar.

Es ist derzeit kein milderes, gleich geeignetes Mittel ersichtlich, so dass die erweiterte Mund-Nasen-Bedeckungspflicht für Schülerinnen und Schüler in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 erforderlich ist. Weniger eingriffsintensive Mittel – wie etwa Lüftungskonzepte, Einsatz von mobilen Luftfiltern, Einsatz von Trennwänden – sind nicht gleich geeignet, den Zweck – Verhinderung des weiteren Anstiegs des Infektionsgeschehens – zu erreichen (vgl. Beschl. d. Senats v. 13. November 2020 – 3 MR 61/20 –, juris Rn. 39). Die von der Antragstellerin angeführten Einreisebeschränkungen und Grenzkontrollen, für welche der Bund und nicht der Antragsgegner zuständig wäre, betreffen bereits nicht den Lebensbereich „Schule“.

§ 5 Abs. 1 und 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 stellen sich auch als angemessen (verhältnismäßig im engeren Sinne) dar.

Der Senat verkennt nicht, dass die erweiterte Mund-Nasen-Bedeckungspflicht in der Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 den Grundschülerinnen und Grundschülern – insbesondere den erst sechs- oder siebenjährigen Erstklässlern sowie den Brillenträgern – im Schulalltag einiges abverlangt. Gleichwohl muss das Interesse an einer nicht bestehenden erweiterten Mund-Nasen-Bedeckungspflicht an Schulen in einer Güterabwägung hinter dem überragenden öffentlichen Interesse an der Eindämmung der Ausbreitung von COVID-19 – betroffen sind die Schutzgüter Leben und körperliche Unversehrtheit im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG – und dem Interesse an der Durchführung von Präsenzunterricht in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 – betroffen ist der staatliche Erziehungs- und Bildungsauftrag aus Art. 7 Abs. 1 GG – zurückstehen.

Der Verordnungsgeber hat sich – ausweislich der Begründung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Schulen-Coronaverordnung vom 20. Februar 2021 gemäß § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG – bei Erlass der Schulen-Coronaverordnung vom 20. Februar 2021 davon leiten lassen, dass sich die infektionshygienische Lage in Schleswig-Holstein verbessert habe. Mit Stand vom 18. Februar 2021 habe die landesweite 7-Tage-Inzidenz (nach RKI) bei 52,4, in drei Kreisen habe sie bei unter 25, in vier Kreisen und zwei kreisfreien Städten zwischen 25 und 50, in vier Kreisen und einer kreisfreien Stadt zwischen 50 und 100 sowie in einer kreisfreien Stadt bei über 100 gelegen. In der Begründung heißt es dann weiter:

„Ist aufgrund dessen eine schrittweise Wiederaufnahme von Präsenzunterricht in den Schulen möglich, sind vorrangig die Schülerinnen und Schüler in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 zu berücksichtigen. Diese Gruppe von Schülerinnen und Schülern ist in besonderem Maße aus verschiedensten Gesichtspunkten auf die Erteilung von schulischem Unterricht und schulischer Betreuung in Präsenz angewiesen. Dabei wird jedoch angesichts der neuen Virusmutationen zugleich festgelegt, dass die Schülerinnen und Schüler in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 fortan auch unabhängig von einer 7-Tage-Inzidenz in der Unterrichts- bzw. Betreuungssituation eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen haben. Ferner besteht für alle Personen in Schule die Verpflichtung zum Tragen einer sog. qualifizierten Mund-Nasen-Bedeckung (insb. Medizinische Maske, Maske ohne Ausatemventil der Standards FFP2, FFP3, N95, KN95, P2, DS2 oder KF94).“

Der Verordnungsgeber hat sich dazu entschieden, die Grundschulen im Interesse des Kindeswohls und der Bildungsgerechtigkeit nach einer mehrwöchigen Schließung (seit Mitte Dezember 2020) ab dem 22. Februar 2021 wieder für den Präsenzunterricht zu öffnen. Verfassungsrechtlich ist der Staat in der Schule nicht auf das ihm durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG zugewiesene Wächteramt beschränkt. Der staatliche Erziehungsauftrag in der Schule, von dem Art. 7 Abs. 1 GG ausgeht, ist in seinem Bereich dem elterlichen Erziehungsrecht gleichgeordnet (vgl. BVerfG, Urt. v. 06.12.1972 – 1 BvR 230/70 –, juris Rn. 81). Dass der Verordnungsgeber angesichts der neuen Virusmutationen die erweiterte Maskenpflicht für Schülerinnen und Schüler der Primarstufe angeordnet hat, ist von der ihm eingeräumten Einschätzungsprärogative gedeckt und deshalb nicht zu beanstanden. Weisen Freiheits- und Schutzbedarfe unterschiedlicher Grundrechtsträger in unterschiedliche Richtungen, haben der Gesetzgeber und auch die von ihm zum Verordnungserlass ermächtigte Exekutive nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von Verfassungs wegen einen Spielraum für den Ausgleich dieser widerstreitenden Grundrechte. Wegen der im fachwissenschaftlichen Diskurs auftretenden Unsicherheiten und der damit unsicheren Entscheidungsgrundlage besteht dabei ein tatsächlicher Einschätzungsspielraum. Dieser Spielraum kann – etwa wegen besonders schwerer Grundrechtsbelastungen und wegen der Möglichkeit zunehmender Erkenntnis – geringer werden (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 13.05.2020 – 1 BvR 1021/20 –, juris Rn. 10). Dass dieser Einschätzungsspielraum derzeit bereits nicht mehr vorhanden wäre bzw. die angeordneten Maßnahmen hiervon nicht mehr abgedeckt wären, ist nicht anzunehmen. Momentan zeigt sich ein erneuter Anstieg der Fallzahlen. Der 7-Tage-R-Wert liegt um 1. Es besteht durch Auftreten verschiedener Virusvarianten ein erhöhtes Risiko einer erneuten stärkeren Zunahme der Fallzahlen. Weltweit wurden verschiedene Virusvarianten nachgewiesen. Seit Mitte Dezember 2020 wird aus dem Vereinigten Königreich über die zunehmende Verbreitung der Virusvariante (B.1.1.7) berichtet, für die es klinisch-diagnostische und epidemiologische Hinweise auf eine erhöhte Übertragbarkeit und schwere Krankheitsverläufe gibt. Ebenfalls wurde vom vermehrten Auftreten einer SARS-CoV-2 Variante in Südafrika (B.1.351) berichtet, die andere Varianten verdrängt, so dass eine erhöhte Übertragbarkeit denkbar ist (vgl. den COVID-19-Lagebricht des RKI v. 02.03.2021, S. 2). Die erweiterte Mund-Nasen-Bedeckungspflicht ist auch auf die Zeit vom 22. Februar bis zum 7. März 2021 befristet. Soweit die Antragstellerin einwendet, es handele sich um eine längerfristige, in ihrer Dauer nicht absehbare Maßnahme, ergeht sie sich in reinen Mutmaßungen, die nicht durch Tatsachen unterlegt sind.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch die Stellungnahme der Ad-hoc-Kommission SARS-CoV-2 der Gesellschaft für Virologie: SARS-CoV-2-Präventionsmassnahmen bei Schulbeginn nach den Sommerferien vom 6. August 2020 (https://www.g-f-v.org/node/1326). Danach steht es nicht im Einklang mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass Kinder keine Rolle in der Pandemie und in der Übertragung spielen. Fehlende Präventions- und Kontrollmaßnahmen – so führen die Virologen weiter aus – könnten in kurzer Zeit zu Ausbrüchen führen, die dann erneute Schulschließungen erzwingen würden. Eine Unterschätzung der Übertragungsgefahren an Schulen wäre kontraproduktiv für das kindliche Wohlergehen und die Erholung der Wirtschaft (vgl. Beschl. d. Senats vom 13.11.2020 – 3 MR 61/20 –, juris Rn. 45).

Die Antragstellerin vermag nicht mit der Auffassung durchzudringen, ihre verfassungsrechtlich verbrieften Freiheitsrechte dürften nicht zum Schutz von so genannten Risikogruppen (in der Pandemie) beschränkt werden; für diesen Personenkreis stehe nunmehr eine Impfung zur Verfügung. Der Staat darf nämlich Regelungen treffen, die auch den vermutlich gesünderen und weniger gefährdeten Menschen in gewissem Umfang Freiheitsbeschränkungen abverlangen, wenn gerade hierdurch die stärker gefährdeten Menschen geschützt werden sollen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 13.05.2020 – 1 BvR 1021/20 -, juris Rn. 9). Bislang ist zudem nur ein geringer Anteil der Bevölkerung und damit auch der Risikogruppen gegen COVID-19 geimpft; seit dem 26. Dezember 2020 wurden erst 4.389.074 Personen (5,3 % der Gesamtbevölkerung) einmal und 2.215.504 Personen (2,7 % der Gesamtbevölkerung) zweimal gegen COVID-19 geimpft (vgl. COVID-19-Lagebericht des RKI v. 03.03.2021).

5) § 5 Abs. 1 und 3 SchulencoronaVO vom 20. Februar 2021 verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Insoweit ist bereits nicht nachvollziehbar, auf welche Rechtsvorschrift die Antragstellerin Bezug nimmt, wenn sie vorträgt, nach der „aktuellen Satzung des Antragsgegners“ müssten an Arbeits- und Betriebsstätten nur Alltagsmasken getragen werden. Das Ziel, das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei der Arbeit zu minimieren, verfolgt die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 21. Januar 2021 (gültig bis zum 15. März 2021). Nach § 3 Abs. 1 dieser Verordnung hat der Arbeitgeber medizinische Gesichtsmasken oder FFP2-Masken oder in der Anlage bezeichnete vergleichbare Atemschutzmasken (keine Alltagsmasken) zur Verfügung zu stellen, wenn die Anforderungen an die Raumbelegung nach § 2 nicht eingehalten werden können, oder der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, oder bei ausgeführten Tätigkeiten mit Gefährdung durch erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist. Die Beschäftigten haben die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Masken zu tragen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung). Im Übrigen scheidet eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG auch deshalb aus, weil es sich bei der Maskenpflicht an Schulen und Arbeitsstätten um verschiedenartige Sachverhalte handelt; verfassungsrechtlicher Rechtfertigung bedarf indes nur die Ungleichbehandlung von „wesentlich Gleichem“ (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.08.1978 – 2 BvR 831/76 –, juris Rn. 39).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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