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Fahrzeugbeschädigung eines abgestellten Fahrzeugs durch herabstürzenden Ast

Sturmschaden durch Ast: Mieter scheitert mit Schadensersatzklage gegen Vermieter

Das Landgericht Fulda hat in seinem Urteil vom 10.02.2015 entschieden, dass kein Schadensersatzanspruch für den Kläger besteht, da die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt hat. Die Beklagte hatte den Baumbestand, von dem ein Ast auf das Fahrzeug des Klägers fiel, ordnungsgemäß kontrolliert. Die Schadensentstehung durch den herabstürzenden Ast wurde als unvermeidbar angesehen und die Klage somit abgewiesen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 O 730/13   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Schadensersatzklage abgewiesen: Kein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz für die Beschädigung seines Fahrzeugs.
  2. Verkehrssicherungspflicht: Die Beklagte hatte die Verpflichtung, die Bäume auf ihrem Grundstück regelmäßig zu kontrollieren.
  3. Regelmäßige Kontrollen: Die Bäume wurden zweimal jährlich von qualifiziertem Personal kontrolliert.
  4. Keine Auffälligkeiten festgestellt: Bei den Kontrollen wurden keine Anzeichen für Gefahren durch den später betroffenen Baum festgestellt.
  5. Unvorhersehbarkeit des Ereignisses: Der Astbruch wurde als schicksalhaft und durch den Sturm bedingt angesehen.
  6. Keine Verkehrssicherungspflichtverletzung: Die Beklagte hat die notwendigen Kontrollen durchgeführt und keine Hinweise auf eine Gefahr übersehen.
  7. Kein Anspruch aus anderen Rechtsgrundlagen: Auch aus anderen möglichen Anspruchsgrundlagen ergibt sich kein Schadensersatzanspruch für den Kläger.
  8. Kosten des Rechtsstreits: Der Kläger muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Ast verursacht Schaden: Fahrzeugbeschädigung auf Parkplatz
(Symbolfoto: Carlos Amarillo /Shutterstock.com)

In Deutschland ist die Haftung für Fahrzeugbeschädigungen durch herabstürzende Äste ein komplexes Thema. Grundsätzlich haftet der Eigentümer oder Verantwortliche der Lokalität, auf der sich der Baum befindet. Es gibt jedoch Ausnahmen: Bei fahrlässigem Handeln des Fahrzeughalters kann eine Mithaftung entstehen, während im Fall von Sturmschäden in der Regel die Versicherung des Fahrzeughalters einspringt.

Die Verkehrssicherungspflicht, einschließlich Baumkontrollen, spielt eine zentrale Rolle, um Verkehrssicherungspflichtverletzungen und mögliche Schadensersatzansprüche zu klären. Ein konkretes Urteil zu diesem Thema wird im Folgenden vorgestellt und besprochen.

Der Sturmschaden-Fall: Fahrzeugbeschädigung durch einen herabstürzenden Ast

Ein ungewöhnlicher Rechtsfall fand seinen Abschluss am Landgericht Fulda, als ein Kläger Schadensersatz für sein durch einen herabstürzenden Ast beschädigtes Fahrzeug forderte. Die entscheidende Frage: Hatte die Beklagte, eine Wohnungsvermieterin, ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt?

Hintergründe des Schadensereignisses: Ein Sturm und seine Folgen

Am 6. August 2013 parkte der Kläger seinen Toyota Avensis auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz einer Wohnanlage. Ein Sturm zog über Fulda, und ein mächtiger Ast eines Feldahorns brach ab, fiel auf das Auto und verursachte erheblichen Schaden. Der Kläger forderte daraufhin Schadensersatz, da seiner Meinung nach der Baum bereits vorher morsch und bruchanfällig war und keine angemessene Baumkontrolle durch die Beklagte stattgefunden hatte.

Verkehrssicherungspflicht und Baumkontrollen im Fokus

Die Beklagte, Eigentümerin des Grundstücks, widersprach den Anschuldigungen. Sie betonte, dass regelmäßige Baumkontrollen durchgeführt worden seien, zuletzt zweimal im Jahr 2013 durch den sachkundigen Mitarbeiter N. K. Diese Kontrollen hätten keine Auffälligkeiten am betroffenen Baum gezeigt. Laut Gerichtsentscheidung erfüllte die Beklagte damit ihre Verkehrssicherungspflicht, da nicht jede nur denkbare Gefahr durch einen Baum ausgeschlossen oder beseitigt werden kann.

Gerichtsentscheidung: Keine Verkehrssicherungspflichtverletzung

Das Gericht wies die Klage ab. Es fand keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte, da die durchgeführten Kontrollen den Anforderungen entsprachen. Die Entscheidung basierte auf der Zeugenaussage von N. K., der als qualifizierter Baumkontrolleur die notwendige Sachkunde besaß. Er hatte den Baum zweimal im Jahr, im belaubten und unbelaubten Zustand, überprüft, was den rechtlichen Anforderungen entsprach. Es wurde festgestellt, dass der Astbruch schicksalhaft und durch den Sturm bedingt war, eine konkrete Gefahr durch den Baum war zuvor nicht erkennbar.

Juristische Einordnung und Konsequenzen

Das Urteil zeigt deutlich, dass die Verkehrssicherungspflicht Grenzen hat. Die Beklagte hatte ihre Sorgfaltspflicht durch regelmäßige und fachgerechte Baumkontrollen erfüllt. Eine absolute Sicherheit, insbesondere bei natürlichen Gegebenheiten wie Bäumen, ist rechtlich nicht gefordert. Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht, dass bei Schadensfällen durch Naturereignisse wie Stürmen, die Verantwortlichkeit nicht automatisch beim Grundstückseigentümer liegt. Es muss eine konkrete und erkennbare Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht vorliegen, was im vorliegenden Fall verneint wurde.

Das Urteil hat auch Implikationen für die Praxis der Baumkontrolle. Es bestätigt die Notwendigkeit einer regelmäßigen Überprüfung durch qualifiziertes Personal, um potenzielle Gefahren zu erkennen und zu minimieren. Gleichzeitig wird klar, dass nicht jede unvorhersehbare Naturkatastrophe verhindert werden kann.

In diesem speziellen Fall wurde der Kläger zusätzlich dazu verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei der Kläger die Möglichkeit hat, die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung abzuwenden.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was versteht man unter der Verkehrssicherungspflicht von Grundstückseigentümern?

Die Verkehrssicherungspflicht bezeichnet die gesetzliche Pflicht von Grundstückseigentümern, dafür zu sorgen, dass von ihrem Grundstück keine Gefahren für Dritte ausgehen. Sie sind verpflichtet, alle erforderlichen und zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um Dritte vor Gefahren zu schützen. Dies kann beispielsweise das Entfernen von Schnee und Eis im Winter, das Beseitigen von Laub im Herbst oder das Instandhalten von Gehwegen und Zäunen umfassen.

Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich nicht nur auf das Grundstück selbst, sondern auch auf angrenzende Gehwege. In vielen Gemeinden sind Haus- und Grundstücksbesitzer dazu verpflichtet, die Verkehrssicherungspflicht für die an die jeweiligen Grundstücke angrenzenden Gehwege zu übernehmen.

Die Verkehrssicherungspflicht kann zwar an Mieter, Hausmeister, Reinigungsunternehmen oder andere Dienstleister delegiert werden, jedoch trägt der Grundstücks- bzw. Immobilieneigentümer immer die letztendliche Verantwortung für das Grundstück. Im Falle von Mietern muss die Durchführung dieser Maßnahmen im Mietvertrag geregelt sein.

Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht kann für Immobilienbesitzer bzw. Grundstückseigentümer zu einer teuren Angelegenheit werden. Kommt eine Person auf einem Grundstück infolge der Missachtung der Verkehrssicherungspflicht zu Schaden, kann der Geschädigte gegenüber dem Eigentümer des Grundstücks Schadensersatzansprüche geltend machen.

Die rechtliche Basis der Verkehrssicherungspflicht bilden Artikel 14 des Grundgesetzes („Eigentum verpflichtet“) und § 823 BGB, der besagt, dass jemand, der eine Gefahrenquelle schafft oder betreibt, dazu verpflichtet ist, notwendige Sicherungsmaßnahmen zu treffen, um zu vermeiden, dass die Gefahrenquelle anderen Personen schadet.

Welche Rolle spielt die Qualifikation von Personen bei der Durchführung von Baumkontrollen?

Die Qualifikation von Personen, die Baumkontrollen durchführen, ist von entscheidender Bedeutung, um die Sicherheit und Gesundheit von Bäumen zu gewährleisten und die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. Fachkundige Baumkontrolleure müssen in der Lage sein, Krankheitsanzeichen und Gefahren, die von Bäumen ausgehen können, zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Fachliche Qualifizierung

Die fachliche Qualifizierung der Baumprüfer ist ein zentraler Aspekt, um Baumkontrollen korrekt durchzuführen. Dies beinhaltet umfassende Kenntnisse über Baumarten, Pflanzungstechniken, Baumschutzmaßnahmen und Baumklettertechniken. Qualifizierte Fachkräfte wie European Tree Technicians oder European Tree Workers verfügen über das notwendige Wissen und die Erfahrung, um Baumkontrollen gemäß hohen Qualitätsstandards durchzuführen.

Normen und Zertifikate

Es gibt spezifische Normen und Zertifikate, die die Qualifikation von Baumkontrolleuren regeln. Beispielsweise legt die ZÖNORM L 1122 Standards für Baumpflege und -kontrolle fest, während das FLL-Zertifikat für Baumkontrollen an Fachleute vergeben wird, die über umfassende Kenntnisse und Erfahrung in der Beurteilung und Überprüfung des Zustands von Bäumen verfügen.

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Rechtliche Aspekte

Die Durchführung von Baumkontrollen durch fachkundige Personen ist nicht nur eine Frage der Kompetenz, sondern auch eine rechtliche Anforderung. Eine Kontrolle durch nicht fachkundige Personen kann einer unterlassenen Kontrolle gleichkommen und somit rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Dokumentation und Verantwortung

Die Dokumentation des Entscheidungsprozesses bei der Baumkontrolle ist wichtig, um im Schadensfall nachweisen zu können, dass die Kontrollen fachgerecht durchgeführt wurden. Die Verantwortung für die Baumkontrolle liegt letztendlich beim Eigentümer oder der für die Baumkontrolle verantwortlichen Person, auch wenn die tatsächliche Durchführung an Fachkräfte delegiert wird.

Zusammenfassend ist die Qualifikation von Personen bei der Durchführung von Baumkontrollen ein wesentlicher Faktor, um die Sicherheit zu gewährleisten und den rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Qualifizierte Baumkontrolleure sind in der Lage, potenzielle Gefahren zu erkennen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Schäden zu verhindern und die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen.

Was sind mögliche Konsequenzen, wenn keine Verkehrssicherungspflichtverletzung festgestellt wird?

Wenn keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht festgestellt wird, bedeutet dies, dass der Grundstückseigentümer oder die verantwortliche Person alle notwendigen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um andere vor möglichen Gefahren zu schützen. In diesem Fall gibt es in der Regel keine rechtlichen Konsequenzen für den Eigentümer oder die verantwortliche Person. Es entstehen keine Schadensersatzansprüche und es gibt keine strafrechtlichen Folgen, da keine Rechte oder Güter gemäß § 823 Abs. 1 BGB verletzt wurden.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Verkehrssicherungspflicht nicht bedeutet, dass jeder abstrakten Gefahr vorgebeugt werden muss. Es geht vielmehr darum, dass ein umsichtiger und verständiger Mensch die Maßnahmen trifft, die er für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.

Wenn also keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht festgestellt wird, kann dies auch bedeuten, dass keine naheliegende Gefahr bestand, die absolute Rechtsgüter anderer verletzt hätte. In diesem Fall wäre der Eigentümer oder die verantwortliche Person nicht verpflichtet gewesen, weitere Maßnahmen zu ergreifen.

Es ist jedoch immer ratsam, regelmäßige Kontrollen durchzuführen und notwendige Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, um potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Dies dient nicht nur dem Schutz anderer, sondern kann auch dazu beitragen, mögliche rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.


Das vorliegende Urteil

LG Fulda – Az.: 3 O 730/13 – Urteil vom 10.02.2015

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt aufgrund dieses Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz aufgrund einer behaupteten Verkehrssicherungspflichtverletzung.

Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstückes …straße … in F.. Auf diesem Grundstück vermietet sie Wohnungen in einer Wohnanlage. Ebenfalls auf dem Grundstück befindet sich ein zur Wohnanlage gehörender öffentlich zugänglicher Parkplatz, der von den Mietern und den Besuchern und Angehörigen der Mieter benutzt werden kann. Der Parkplatz ist umsäumt von jahrzehntealten hohen Bäumen. Bei einem dieser Bäume handelte es sich um einen jahrzehntealten, mehr als 10 m hohen zweistämmigen Feldahorn mit weit ausladenden Ästen.

Am 06.08.2013 stellte der Kläger den ihm gehörenden Pkw Toyota Avensis, amtliches Kennzeichen N.N., auf dem Parkplatz ab und begab sich zu seiner Ehefrau in deren Mietwohnung. An diesem Tag zog ein Sturm über Fulda hinweg. Infolge des starken Windes brach ein etwa 3 m langer und bis zu 40 cm dicker Starkast des Feldahorns ab und stürzte aus mehreren Metern Höhe auf den Pkw des Klägers. Der Pkw wurde dabei beschädigt.

Nach dem Vorfall wurde der Baum gefällt.

Mit der Klage begehrt der Kläger den Ersatz des bei diesem Vorfall an seinem Pkw entstandenen Schadens (5.790,00 € Sachschaden; 1.235,40 € Nutzungsausfall; 30,00 € Kostenpauschale). Der Kläger hat die Beklagte mit Anwaltsschreiben von 15.08.2013 aufgefordert, ihre Schadensersatzpflicht anzuerkennen. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten hat mit Schreiben vom 28.08.2013 eine Haftung abgelehnt.

Der Kläger behauptet, der linke Stamm des betroffenen Baumes sei bereits Monate und Jahre vor dem 06.08.2013 morsch, krank und bruchanfällig gewesen. Bis zum 06.08.2013 habe die Beklagte den Baum weder einer Sichtkontrolle noch einer genaueren Holzprüfung unterzogen. Jedenfalls sei keine solche Kontrolle durch qualifiziertes Personal erfolgt. Er ist der Ansicht, bei dem beschädigten Baum sei mindestens zweimal jährlich eine Sichtkontrolle und Holzprüfung erforderlich gewesen. Dagegen habe die Beklagte verstoßen und damit ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.

In der Folge habe er den Pkw über 87 Tage nicht nutzen können. Ohne Gewährung von Schadensersatz könne er sich nämlich nicht kurzfristig ein Ersatzfahrzeug besorgen, da er vermögenslos sei und deshalb keinen Kredit bekomme.

Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.055,40 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der EZB seit dem 15.08.2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird – im Nebenpunkt – verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die ihm durch die Inanspruchnahme der unterzeichnende Rechtsanwältin entstanden sind und die 729,23 € betragen, freizustellen und diesen Betrag mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der EZB seit dem 15.08.2013 zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der sturmgeschädigte Baum sei vor dem 06.08.2013 vital gewesen und habe keine Anzeichen für eine Erkrankung aufgewiesen. Dies sei bei den regelmäßigen Kontrollen des Baumbestandes, die die Beklagte auf dem Grundstück …straße … habe ausführen lassen, zu erkennen gewesen. Diese Kontrollen seien durch Herrn N.K. ausgeführt worden, der dafür auch die notwendige Qualifikation aufweise. Dass aus diesem Baum am 06.08.2013 ein Starkast herausgebrochen sei, sei schicksalhaft und nur durch den an diesem Tag herrschenden Sturm bedingt.

Das Gericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 10.04.2014 (Bl. 45 d. A.) Beweis erhoben durch Einholung eines meteorologischen Sachverständigengutachtens des Deutschen Wetterdienstes und durch uneidliche Vernehmung des Zeugen N. K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Deutschen Wetterdienstes von 25.06.2014 (Bl. 51-58 d. A.) und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2014 (Bl. 75-79 d. A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

In Betracht kommt ein Schadensersatzanspruch aufgrund einer Pflichtverletzung des zwischen der Beklagten und der Ehefrau des Klägers bestehenden Mietvertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter oder aufgrund unerlaubter Handlung, jeweils in Verbindung mit einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten. Ein Anspruch besteht jedoch nicht, da die Beklagte keine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

1.

Es bestand eine die Beklagte treffende Verkehrssicherungspflicht, die auf ihrem Grundstück stehenden Bäume regelmäßig – in der Regel zweimal im Jahr – einer äußeren Sichtprüfung zu unterziehen.

Die Beklagte ist verpflichtet, auf dem betroffenen Grundstück den Verkehr der Mieter und der Besucher der Mieter zu sichern, da sie auf dem Grundstück eine Mietwohnanlage betreibt. Sie hat sicherzustellen, dass sowohl Mieter als auch deren Besucher das Grundstück sicher betreten und wieder verlassen können. Das bezieht sich auch auf den Schutz des Eigentums der Mieter und deren Besucher. Insbesondere befindet sich auf dem Grundstück auch ein öffentlich zugänglicher Parkplatz, der zum Befahren durch Mieter und Besucher und zum Abstellen von deren Fahrzeugen bestimmt ist. Die Beklagte muss also sicherstellen, dass der Parkplatz sicher befahrbar ist und von dem Grundstück keine Gefahr für die dort abgestellten Fahrzeuge ausgeht.

Der Parkplatz wird von Bäumen umstanden. Diese stellen eine potentielle Gefahrenquelle dar, da Baumbestandteile wie Äste, Zweige oder auch Baumfrüchte aufgrund biologischer Prozesse wie etwa Alterung oder aufgrund der Witterung wie etwa bei Sturm herunterfallen und abgestellte Fahrzeuge beschädigen können.

Die Beklagte hat daher durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass von den Bäumen so wenig wie möglich Gefahr ausgeht. Ein vollständiges Ausschließen jeder möglichen Gefahr kann indes nicht gefordert werden, da selbst gesunde Bäume bei extremen Wetterbedingungen entwurzelt, geknickt oder abgebrochen werden können. Solches ist unvermeidbar und muss hingenommen werden. Ein vollständiges Entfernen der Bäume von dem Grundstück wäre der Beklagten nicht zuzumuten, da gerade auch Grünbewuchs zu angenehmen Wohnverhältnissen der Mieter beitragen soll. Es reicht daher aus, wenn die Beklagte lediglich Bäume, von denen eine konkrete Gefahr ausgeht, sichert oder entfernt.

Um festzustellen, ob eine Gefahr besteht, hat die Beklagte die Bäume zu überprüfen. Auch bei dieser Überprüfung kann von der Beklagten jedoch nicht jedes erdenkliche Maß von Sorgfalt verlangt werden. Höchstmögliche Sicherheit könnte die Beklagte erlangen, wenn sie etwa jeden einzelnen Baum wöchentlich vom Stamm bis zur Krone kontrollieren ließe. Ein derartiger Aufwand würde jeden wirtschaftlichen Kostenrahmen sprengen und kann nicht verlangt werden. Es reicht, wenn die Beklagte bei der Überprüfung der Bäume einen vernünftigen und auch wirtschaftlich sinnvollen Aufwand betreibt. Nicht jede nur denkbare Gefahr durch einen Baum kann ausgeschlossen oder beseitigt werden. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ist erst dann anzunehmen, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine konkrete Gefahr durch einen Baum hinweisen.

So wird es in aller Regel genügen, die Bäume zweimal im Jahr – nämlich einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand – einer Sichtkontrolle hinsichtlich ihrer Gesundheit und Standsicherheit zu unterziehen. Eine eingehende Untersuchung ist nur dann erforderlich, wenn Umstände vorliegen, die der Erfahrung nach auf eine besondere Gefährdung hindeuten, wie etwa eine spärliche oder trockene Belaubung, trockene Äste, äußere Verletzungen, Wachstumsauffälligkeiten oder Pilzbefall. Die Kontrolle hat durch eine sachkundige Person stattzufinden (vgl. LG Bochum, Urt. v. 04.05.2012, Az. 5 O 101/11; LG Magdeburg, Urt. v. 26.04.2012, Az. 9 O 757/10; OLG Hamm, Urt. v. 24.09.2004, Az. 9 U 158/02; BGH, NJW 1965, 815 ).

2.

Die Beklagte hat diese Pflicht nicht verletzt.

Die Beklagte hat den Baumbestand auf dem betroffenen Grundstück zweimal im Jahr – einmal im belaubten und einmal in unbelaubten Zustand – einer Sichtprüfung unterzogen. Sie hat sich dazu des Mitarbeiters N. K. bedient. Er verfügt über ausreichend Sachkunde. Schäden oder Gefahren sind bei den Sichtkontrollen an dem am 06.08.2013 abgebrochenen Baum nicht erkannt worden.

Dies steht fest aufgrund der Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen K.. Er hat angegeben, er betreue die Außenanlagen auf den Grundstücken der Beklagten. Er führe auch Baumkontrollen durch. Auch das Grundstück …straße … in F. gehöre zu seinem Arbeitsgebiet. Das hier behandelte Schadensereignis vom 06.08.2013 sei ihm bekannt.

Zweimal im Jahr gehe er den Baumbestand der Außenanlage zu einer Sichtkontrolle durch, nämlich einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand. Dabei achte er bei belaubten Bäumen insbesondere auf den Zustand des Laubes (etwa ob die Baumkrone dicht gefüllt ist oder schüttere Stellen aufweist), bei unbelaubten Bäumen insbesondere auf den unmittelbaren Zustand der Krone. Wenn er etwas auffälliges feststelle, nehme er auch Hammer und Sondierungsstab hinzu, damit könne er Hohl- und Faulstellen untersuchen. Wenn sich ihm ein Mangel zeige, beauftrage er eine Fachfirma mit Baumpflegearbeiten. Dann dokumentiere er auch die Mängel durch Fotos. Er dokumentiere es jedoch nicht, wenn er an einem Baum keine Auffälligkeiten feststellen kann.

Er habe den Baum am 26.02.2013 in dieser Weise auf Sicht kontrolliert und ebenso nochmals am 17.07.2013. Das könne er anhand seiner Fahrtenbücher belegen. Aufgefallen sei ihm nichts, sonst hätte er das dokumentiert.

Daraus ergibt sich, dass der Zeuge K. – auch im konkreten Fall – exakt die Anforderungen der Rechtsprechung an die Verkehrssicherung von baumbestandenen Verkehrsräumen erfüllt hat. Er kontrolliert die ihm anvertrauten Bäume generell zweimal jährlich auf Sicht und hat dies auch bei dem hier zu Schaden gekommenen Baum getan, nämlich am 26.02.2013 (vor Beginn des Austreibens und Blühens der Bäume, also im unbelaubten Zustand) und am 17.07.2013 (im Sommer, also im belaubten Zustand). Nähere Untersuchungen führt er nur bei Auffälligkeiten durch. Das ist nicht zu beanstanden. Mehr kann, wie schon oben dargestellt, nicht verlangt werden. Dies auch dann nicht, wenn es sich bei dem Baum – wie hier – um einen solchen mit V-Zwiesel handelt. Auch diese Bäume müssen nicht besonders aufwändig auf Baumkronenschäden kontrolliert werden. Es besteht – so der Zeuge – lediglich ein besonderes Risiko im Hinblick auf ihre Standfestigkeit im Alter. Ein solches Risiko hat sich hier nicht verwirklicht, der Baum ist nicht im Stamm gebrochen, sondern es hat sich ein Starkast der Baumkrone gelöst. Dies hätte auch nicht durch eine besonders intensive Standfestigkeitskontrolle des Baumes verhindert werden können. Auch die Vorgehensweise des Zeugen bei der Dokumentation ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht nötig, unproblematische Bäume zu dokumentieren, da dies für die Tätigkeit des Zeugen keinerlei Relevanz hat. Tätig werden muss er nur hinsichtlich der problematischen Bäume, während eine Dokumentation der unproblematischen Bäume keinen Nutzen bringen und nur einen unnötigen und unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde. Der Zeuge könnte die gesunden Bäume zwar großflächig fotografieren, Schadstellen wären dann aber nicht erkennbar. Diese wären nur bei einer Nahaufnahme erkennbar, zu der bei einem augenscheinlich gesunden Baum gar kein Anlass besteht.

Die Angaben des Zeugen sind glaubhaft. Widersprüche oder Anzeichen für eine unrichtige Zeugenaussage waren nicht zu erkennen. Die Aussage war lebensnah und – soweit möglich – erkennbar aus eigener Erinnerung geschöpft. Seine anfängliche Unsicherheit über das Datum des Schadensereignisses kann dem Zeugen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Das Ereignis lag zum Zeitpunkt seiner Vernehmung schon fast eineinhalb Jahre zurück. Auch dürfte der Zeuge berufsbedingt häufiger mit Baumschäden in Kontakt kommen. Es ist verständlich, dass er sich nicht an jedes einzelne Schadensereignis aus dem Kopf mit korrektem Datum erinnern kann. Wichtig ist jedoch, dass ihm das Ereignis der Sache nach noch in Erinnerung war. Dies genügt für eine nachvollziehbare Aussage.

Der Zeuge ist auch sachkundig. Er hat angegeben, eine Ausbildung zum Baumkontrolleur absolviert zu haben. In einem solchen Lehrgang werde die Sichtkontrolle der Bäume eingeübt, es würden u. a. Pilz- und Fäulnisarten oder Schadenssymptome besprochen. Im Internet könne dies bei Eingabe des Suchbegriffs „FLL Zertifizierter Baumkontrolleur“ nachrecherchiert werden. Auch diese Angabe ist glaubhaft, der Zeuge auch glaubwürdig, insbesondere kann beim Aufrufen der Website http://www.fll.de/nc/dienstleistungen-links/zertifizierter-baumkontrolleur/zertifizierungen-2010.html verifiziert werden, dass der Zeuge K. am 30.03.2010 die Prüfung zum Zertifizierten FLL-Baumkontrolleur absolviert hat. Ihm fehlte es daher im Jahre 2013 auch nicht an Erfahrung. Auch insoweit hat die Beklagte die von der Rechtsprechung an die Verkehrssicherung gestellten Anforderungen erfüllt.

3.

Unter diesen Gesichtspunkten kann der Beklagten nicht der Vorwurf einer Verkehrssicherungspflichtverletzung gemacht werden. Nachdem also keine Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte festgestellt werden kann, besteht auch kein Anspruch der Klägerin aus §§ 280 Abs. 1, 535, 823 BGB oder aus irgendeiner anderen Anspruchsgrundlage. Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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