AG Hamburg-St. Georg, Az.: 920 C 380/16, Urteil vom 31.08.2018
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.532,24 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.11.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.500,00 Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.11.2016 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus den Behandlungen vom 06.05.2015, 16.05.2015, 27.05.2015, 29.06.2015, 18.08.2015, 08.12.2015 und 21.12.2015 künftig entstehen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
6. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
7. Der Streitwert wird auf EUR 3.532,24 festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen einer ihrer Ansicht nach fehlgeschlagenen kosmetischen Behandlung durch die Beklagte.
Die Klägerin war seit 2010 Kundin der Beklagten. Am 06.05.2015 begab sie sich in das Geschäftslokal der Beklagten, um ihr Augenbrauen Permanent Make-up auffrischen zu lassen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde durch die Beklagte bei der Klägerin das sog. Long-Time-Liner-Verfahren angewendet. Dabei werden Farbpigmente mittels eines elektrischen Pigmentiergeräts und einer Pigmentiernadel in die oberste Hautschicht eingebracht. Am 06.05.2015 wandte die Beklagte erstmals (nach vorangegangener eintägiger Schulung) eine sogenannte Blading Methode an. Dabei ist zwischen den Parteien streitig (aber letztlich unerheblich), ob es sich um ein Diamantblading oder Microblading gehandelt hat. Bei der Blading Methode handelt es sich um eine manuelle Methode, bei welcher die Linien der Härchenzeichnungen der Augenbrauen mit sog. Blades in die Haut eingeschnitten und die Farbpigmente eingearbeitet werden. Die Blades werden im vorderen Ende eines Kalligraphen eingesteckt. Die Klägerin zeigte sich mit dem Ergebnis unzufrieden und beanstandete einen falschen Ansatz der Augenbrauen und deren unterschiedliche Stärke mit einer Chat-Nachricht nebst Lichtbildern vom 07.05.2015 (Anlage K 1, Bl. 11 d.A.). Die Beklagte antwortete mit „Ja die Rechte fängt später und die sind unterschiedlich… Ich messe das mit die am Samstag den 16… aus und dann machen wir es perfekt… für mich wichtig immer noch mal nachmessen sorry…“ Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Anlage K 1 (Bl. 11 d.A.) verwiesen. Am 16.05.2015 erfolgte eine weitere Behandlung mit dem Long-Time-Liner-Verfahren. Die Beklagte nahm Korrekturen vor. Die Klägerin zeigte sich zunächst zufrieden. Sie sei superhappy, noch nie habe sie eine so tolle Form gehabt. Sie freue sich so doll über die absolut perfekte Arbeit und den nächsten Termin. Gleichwohl fanden am 27.05.2015, 29.06.2015, 18.08.2015, 08.12.2015 und 21.12.2015 weitere Behandlungen statt. Die Parteien erwogen auch verschiedene Methoden zur Entfernung des Permanent Make-ups der Klägerin (Lasermethode, Milchsäuremethode) Die Klägerin entschied sich für die Laserbehandlung im Institut“…“. Diese wurden in mehreren Sitzungen durch die Zeugin … ausgeführt. Die Behandlung dauert an. Bisher fanden dort insgesamt 7 Behandlungen statt. I, Laufe der Laserbehandlungen kam es zu einem grünlichen Farbumschlag. Nach 7 Behandlungen im Institut „…“ ließ die Klägerin im Institut „…“ im Jahr 2018 zur Beseitigung des grünlichen Farbtons 2 weitere Behandlungen mit einem Tatoo-Remover-Verfahren durchführen. Für 7 Laserbehandlungen im Institut „…“ und 2 Behandlungen im Institut … wandte die Klägerin insgesamt EUR 1.200,00 auf. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 3.7.2018 /Bl. 297 d.A.) und 13.02.2018 (Bl. 243 d.A.) nebst Anlagen verwiesen.

Mit der am 22.12.2016 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgelds, welches sie mit EUR 1.500,00 für angemessen erachtet. Ferner werden Aufwendungen von EUR 700,00 für Laserbehandlungen im Institut „…“, EUR 220,00 für die nachfolgenden Behandlungen durch die Beklagte, EUR 600,00 für ein neues Augenbrauen Permanent Make-up sowie EUR 12,24 an Fahrtkosten begehrt. Geltend gemacht werden ferner EUR 413,64 vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Die Klägerin hatte die Beklagte außergerichtlich zur Zahlung aller entstandenen Schäden aufgefordert. Diese hatte mit Schreiben vom 08.11.2016 sämtliche Forderungen zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt vor, sie habe sich zur Beklagten mit der Bitte begeben, die bestehende Form der Augenbrauen aufzufrischen. Sie habe sich ihre Augenbrauen bei der Beklagten einmal jährlich nachzeichnen lassen. Damit sei sie stets zufrieden gewesen. Als die Beklagte mit der Behandlung angefangen habe, habe es sich ungewohnt angefühlt. Ferner sei ihr aufgefallen, dass die Beklagte weder Messungen noch Skizzierungen vorgenommen habe. die Beklagte habe ihr dann überraschend mitgeteilt, dass sie eine vor kurzem erlernte neue Technik angewendet habe. Dabei habe es sich um das sog. Microblading gehandelt. Ihr sei der Unterschied zu der gewünschten Permanent-Make-up zu keiner Zeit klar gewesen. Nach Abschluss der Behandlung sei erkennbar gewesen, dass die Beklagte die Augenbrauen stark verzeichnet habe. Das völlig unnatürliche, ungleichmäßige und asymmetrische Aussehen der Augenbrauen sei sofort sichtbar gewesen. Als sich der Zustand am nächsten Tag nicht gebessert habe, habe sie die Beklagte erneut kontaktiert und ihr Bilder zugesandt. Die Beklagte habe daraufhin eingeräumt, dass die Augenbrauen unterschiedlich geworden seien und ein vorheriges Nachmessen wichtig gewesen wäre. Am 16.05.2015 sei dann ein Nachbesserungsversuch erfolgt. Dafür habe sie EUR 20,00 entrichtet. Um die Verbesserung der optischen Wirkung zu ermöglichen, seien die Augenbrauen dicker und breiter gezeichnet worden. Zunächst erschien das Ergebnis der einstündigen Behandlung gelungen. Sie habe sich mit einer WhatsApp-Nachricht bedankt. Wenige Tage später seien die gesetzten Farbpigmente aber verblasst und die Asymmetrie habe sich wieder vollständig gezeigt. Auch die nachfolgenden 5 Behandlungen bis Dezember 2015 hätten keine Verbesserung gebracht, die Verzeichnungen seien deutlich verschlimmert worden. Pro Behandlung habe sie EUR 40,00 an die Beklagte gezahlt. Nach etlichen ergebnislosen Besprechungen mit der Beklagten habe sie sich für die Laserbehandlung entschieden. Nach Abschluss der Behandlung sei der ursprüngliche Zustand der Augenbrauen mit Hilfe von Permanent Make-up wiederherzustellen. Dies koste im Schnitt EUR 600,00. Ferner seien ihr im Zusammenhang mit der Lasertherapie Fahrtkosten entstanden bzw. würden noch entstehen in Höhe von insgesamt EUR 12,24 (Einzelheiten Klagschrift Seite 7).
Sie habe bei der Beklagten 5 schmerzhafte Nachbehandlungen über sich ergehen lassen müssen. Außerdem müsse sie 7 schmerzhafte Laserbehandlungen und deren Folgen (Schwellungen, Rötungen) ertragen. Ferner sei die Haut durch die Einschnitte mit dem Skalpell mit kleinen Narben übersät. Außerdem sei sie erheblichem psychischen Druck ausgesetzt, welcher sich insbesondere durch Auswirkungen auf ihr ehemals gesundes Selbstbewusstsein kennzeichne (weitere Einzelheiten Klagschrift S. 7).
Die Klägerin beantragt:
1. Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.532,24 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Gebührenschaden in Höhe von EUR 413,64 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus den Behandlungen vom 06.05.2015, 16.05.2015, 27.05.2015, 29.06.2015, 18.08.2015, 08.12.2015 und 21.12.2015 künftig entstehen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Klägerin sei seit 2010 zufriedene Kundin bei ihr gewesen. Des Weiteren habe die Klägerin nach dem Permanent Make-up auch diverse Schönheitskorrekturen im Gesicht und regelmäßige Botox-Behandlungen in Anspruch genommen. Die Klägerin habe auch nicht nur einmal jährlich die Augenbrauen nachzeichne lassen. Vielmehr habe sie bis zum letzten Temin im Dezember 2015 insgesamt 22 Termine bei ihr wahrgenommen. Nach Abschluss der Behandlung am 06.05.2015 habe sie die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Augenbrauen nicht symmetrisch seien. Die Klägerin habe dies auf eine nachlassende Botox Wirkung zurückgeführt. Eine Gesichtsbehandlung durch Botoxinjektionen sei noch am selben Tag erfolgt. Da durch die Botoxbehandlung keine Abhilfe habe geschaffen werden können, habe die Klägerin sie am nächsten Tag konsultiert, und es sei ein weiterer Termin für den 16.05.2015 vereinbart worden. Sie habe nicht eingeräumt, keine Nachmessung vorgenommen zu haben. Nachfolgend sei die Klägerin zufrieden gewesen. Darüber, dass die Farbpigmente wenige Tage später verblasst seien, habe sie die Klägerin nicht informiert. Bei den werteren Terminen habe es sich nicht um Nachbesserungsversuche gehandelt, sondern vielmehr um von der Klägerin gewünschte Nacharbeiten. Dass die Klägerin für jeden Termin 40,00 EUR entrichtet haben will, entspreche nicht der Wahrheit, vielmehr habe die Klägerin oftmals in Naturalien gezahlt. Die Klägerin sei vor Beginn jeder Behandlung wiederholt auf die Risiken hingewiesen worden und habe ihr Einverständnis mit den Behandlungen auch schriftlich erklärt.
Bereits im Jahr 2007 sei die Klägerin mit einer Vorpigmentierung im Studio… erschienen. Bereits zu diesem Zeitpunkt seien erhebliche Vorpigmentierungen vorhanden gewesen. Auch im Jahr 2008 und 2009 habe sich die Klägerin weiteren Permanent Make-up Behandlungen unterzogen. Die Klägerin habe sich weiteren Botox und Hyaluron Behandlung durch Dr. … unterzogen und Frau Dr. …. Auch heute sei die Klägerin in Botox-Behandlung. Auch bestünden erhebliche Zweifel, ob die durchgeführte Lasertherapie nicht verantwortlich ist für das heutige Erscheinungsbild der Klägerin
Hierzu trägt die Klägerin weiter vor, Fakt sei, dass der Beklagten mehrere grobe Behandlungsfehler unterlaufen seien. Es sei unzutreffend, dass sie diverse Schönheitskorrekturen und Botox Behandlungen im Bereich der Augenbrauen habe durchführen lassen. Insbesondere habe sie nicht noch am selben Tag eine Behandlung mit Botox durchführen lassen. Botoxbehandlungen sein im Jahr 2015 nicht durchgeführt worden (Beweis: Bestätigungsschreiben Anlage K 12, Bl.99 d.A.). Behandlungen bei Herrn Dr. … hätten nicht stattgefunden. Sie befinde sich nicht in Behandlung bei M 1 Beauty. Die Beklagte habe ohne Einwilligung, Aufklärung oder Messungen die Augenbrauen mit einer ganz anderen Methode verzeichnet und zwar weit über die bestehende Form des Contour Make-ups hinaus. Deshalb habe die Beklagte versucht, die Überzeichnungen durch weiße Camourflage-Farbe zu überdecken. Das unklare Vorbringender Beklagten zur Zahlung mit Naturalien könne nicht nachvollzogen werden und werde bestritten
Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund der Terminsverfügung nach § 273 ZPO durch Vernehmung der Zeugin … zur behaupteten Verzeichnung der Augenbrauen der Klägerin und zur Anzahl der bei der Klägerin durchgeführten Laserbehandlungen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19.07.2017 (Bl. 102 d.A.) Bezug genommen.
Ferner wurde Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 25.08.2017 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten der Sachverständigen … vom 22.01.2018 (Bl. 202 ff d.A.) wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Entscheidung ergeht auf Antrag der Klägerin nach Lage der Akten am 11.07.2018 gemäß § 331 a ZPO. Die Beklagte war im Termin vom 11.07.2018 säumig. Der Beklagtenvertreter war ausweislich des zurückgereichten Empfangsbekenntnisses (Bl.294 d.A.) ordnungsgemäß am 11.06.2018 geladen worden. Das persönliche Erscheinen der Parteien war nicht angeordnet. Der Terminsverlegungsantrag der Beklagtenseite ging bei Gericht am 05.07.2018 ein. Auf die richterliche Verfügung zur Glaubhaftmachung der Verhinderung vom 06.07.2018 (Bl. 303) wird verwiesen, ebenso wie auf den zurückweisenden Beschluss bezüglich der Verlegung vom 10.07.2018 (Bl. 308) mangels Glaubhaftmachung der Verhinderung. Beide Schriftstücke wurden vorab an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten per Fax expediert (Sendeprotokolle Bl. 305, 311 d.A.). Der weitere Verlegungsantrag vom 11.07.2018, dem Vorsitzenden in erst durch eine Geschäftsstellenmitarbeiterin im Termin, überreicht, konnte nicht mehr beschieden werden. Auch nachträglich ist die Beklagte bzw. ihr damaliger Prozessbevollmächtigter damit nicht entschuldigt. Zum einen war dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten seit dem 09.07.2018 durch die Hanseatische Rechtsanwaltskammer die Berufsausübung untersagt, zum anderen trägt der geltend gemachte Verlegungsgrund des § 227 Abs.3 ZPO nicht, da der Verlegungsantrag nicht innerhalb der Wochenfrist nach Zugang der Ladung gestellt wurde. Da der Rechtsstreit entscheidungsreif ist, ist dem Antrag der Klägerin auf eine Entscheidung nach Aktenlage gegen die säumige Beklagte zu entsprechen.
II. Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet, im Übrigen (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) unbegründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Schadenersatz (1.) und Schmerzensgeld (2.) im begehrten Umfang aus §§ 253, 280, 611, 823 Abs.1 BGB.
1. Das Gericht hatte mit der Verfügung vom 03.05.2018 (Bl. 264 d.A.) nach Eingang des eingeholten Sachverständigengutachtens bereits auf Folgendes zum Haftungsgrund hingewiesen:
„1. Das Gericht geht zunächst davon aus, dass für die durchgeführte Blading Behandlung (unerheblich ob Diamant Blading oder Micro Blading) vom 06.05.2015 die erforderliche Einverständniserklärung der Klägerin nicht vorliegt. Schriftliches liegt nicht vor. Eine mündliche Einverständniserklärung wäre von der Beklagten zu beweisen, was sie offenbar nicht kann.
2. Einen negativen Einfluss auf das Arbeitsergebnis, sei es die Erstbehandlung oder die Nachbehandlungen, könnten zwar eine oder auch mehrere Botoxbehandlungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der kosmetischen Behandlung durch die Beklagte gehabt haben. Ein konkretes Beweisangebot liegt hier von Seiten der Beklagten nicht vor. Dass sich die Klägerin ggf. zu einem nicht näher zu bestimmenden Zeitpunkt mit Botox behandeln ließ, ist unerheblich. Die Klägerin trägt hier auch keine (weitergehende) sekundäre Darlegungslast.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das eingeholte Sachverständigengutachten in weiten Teilen (Ausnahme: Narbenbildung) für die Klägerin ergiebig. Dass die Sachverständige das nach der Erstbehandlung gefertigte Foto (insgesamt) nicht verwerten konnte, ist unzutreffend. Dies betrifft lediglich den Ansatz der Augenbrauen im vorderen Bereich. Offenbar erkennbar war aber für die Sachverständige die nicht korrekte Härchenzeichnung (Linien zu steil, zu eng gesetzt, zu breit gestaltet, Farbton zu dunkel) und die höhere Gestaltung der linken Augenbraue. Aussagekräftiger und deutlicher sind die Ausführungen im Zusammenhang mit den während oder auch nach der Nachbehandlung vom 16.5.2015 gefertigten Lichtbilder. Zwar sei die aus der Erstbehandlung herrührende zu niedrige Augenbraue in der Höhe korrigiert worden. Der kürzere Bogen der linken Augenbraue sei dagegen nicht korrigiert worden, die Härchenzeichnung weiter zu steil und nicht fachgerecht. Anhand der Vorzeichnung könne festgestellt werden, dass bereits die Anzeichnung zur Korrektur nicht korrekt erfolgt sei; es sei die falsche Mitte ermittelt worden, die linke Augenbraue beginne später als die rechte Augenbraue.
Auch wenn die Sachverständige den Zustand nach Abschluss der Nachbehandlung und Beginn der Laserbehandlung anhand von Lichtbildern nicht beurteilen konnte, ist ihre Schlussfolgerung über ein Fehlschlagen der Nachbehandlung überzeugend. Zwar könne das vor Beginn der Laserbehandlung aufgenommene Foto zur konkreten Beurteilung der Korrekturen nicht herangezogen werden (Gutachten Seite 38). Es sei aber erkennbar, dass zwischenzeitlich weitere Camourflagefarbe nach der ersten Nachbehandlung am 16.5.2015 hinzugekommen sein müsse. Da Korrekturbehandlungen mit Camourflagefarbe zu keinen zufriedenstellenden Ergebnissen führten (Gutachten Seite 32 f), könne festgestellt werden, dass die Beklagte keine fachgerechte Korrektur erzielt habe.
Dass die Laserbehandlung grundsätzlich zur Entfernung der Farbpigmente angezeigt ist, dürfte nach dem Gutachten feststehen. Ob allerdings im Hinblick auf den grünlichen Farbumschlag nach der 4. Laserbehandlung die Weiterbehandlung mit dem im Laserinstitut „endlich ohne“ verwendeten Lasergerät weiterhin angezeigt war, ist allerdings fraglich.
Da eine zum Schaden neigende Konstitution des Geschädigten, die den Schaden ermöglicht oder wesentlich erhöht hat, den Schädiger schon nicht entlastet und den Zurechnungszusammenhang nicht ausschließt, dürfte die Frage der Vorschädigung oder Vorbelastung der Haut der Klägerin durch die Vielzahl vorausgegangener kosmetischer PMU-Behandlungen von untergeordneter Bedeutung sein. Nach der hier dargelegten vorläufigen Einschätzung des Gerichts wäre die Laserbehandlung ohne die nicht fachgerecht durchgeführte Behandlung nicht erforderlich gewesen.“
An dieser Einschätzung hält das Gericht fest. Hinzuzufügen ist allerdings, dass wegen der fehlenden Einverständniserklärung der Klägerin -die vorgelegten Einverständniserklärungen und Aufklärungsbögen verhalten sich nicht über die durchgeführte Bladingbehandlung sondern über ein Long-Time-Liner Permanent Make-up- tatbestandlich eine Körperverletzung i.S.v. § 823 Abs.1 BGB vorliegt.
Das Gericht ist hinsichtlich der fachgerechten Ausführung im Hinblick auf den unterbreiteten Vergleichsvorschlag nicht so deutlich geworden wie die Sachverständige, die die Ausführung letztlich explizit als nicht fachgerecht wertet. Auf Seite 36 ihres Gutachtens führt die Sachverständige aus, ursächlich für die Asymmetrien sei eine nicht korrekte oder nicht vorgenommene Anzeichnung der geplanten Augenbrauenform. Die Augenbrauenform müsse während des Bladens oder Pigmentierens exakt innerhalb des vorgezeichneten Bereichs eingebracht werden, da ja jede Linie bzw. „Härchen“ formgebend sei. Ein bereits geringfügiges Abweichen von der vorgezeichneten Form führe zu einem asymmetrischen Ergebnis. Die nicht fachgerecht angeordnete Härchenzeichnung sei auf nicht ausreichende Fähigkeiten im Bereich des Bladings zurückzuführen. Die Beklagte habe gerade erst 5 Wochen zuvor diese Methode in einem Eintagesseminar erlernt und habe damit noch nicht über die notwendige Routine und/oder voraussichtlich auch nicht über die notwendigen praktischen Fähigkeiten verfügt.
Zu den Nachbehandlungen führt die Sachverständige aus, bei der ersten Behandlung am 16.05.2015 könne anhand der Vorzeichnungen (Bild 2) festgestellt werden, dass bereits die Anzeichnung nicht korrekt gewesen sei. Da auch die weiteren Korrekturbehandlungen mit Camourflagefarbe zu keinen zufriedenstellenden Ergebnissen geführt habe, da sich sie Camourflagefarbe i d.R. als cremefarbener Belag auf der Haut absetze, könne auch ohne Vorlage eines Fotos von der Abschlussbehandlung festgestellt werden, dass die Beklagte schlussendlich keine fachgerechte Korrektur erzielt habe.
Aus diesen Ausführungen wird zudem deutlich, dass hier Korrekturversuche unternommen wurden und nicht auf Wunsch der Klägerin weitere kosmetische Behandlungen. Dagegen spricht im Übrigen die enge zeitliche Taktung der weiteren Behandlungen. Des Weiteren hält die Sachverständige in ihrem Gutachten fest, dass beide Parteien angegeben hätten, es seien bei der ersten Behandlung keine Vorzeichnungen gemacht worden. Entgegen dem ursprünglichen Vorbringen der Beklagten kann dies bereits aus den ersten gewechselten WhatsApp-Nachrichten geschlossen werden. Welchen Grund hätte die Beklagte ansonsten gehabt, ihre Antwort auf die Beanstandungen der Klägerin mit „für mich wichtig immer noch mal nachmessen“ und dem Wort „sorry“ abzuschließen.
Nach allem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Arbeitsergebnis auch nach den Nachbehandlungen unter kosmetischen Gesichtspunkten derart unzureichend war, dass die Entscheidung der Klägerin für eine Entfernung des PMA gerechtfertigt war. Die ihr in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten für die indizierte (s.u.) Lasertherapie sind mithin adäquat durch die nicht fachgerechte kosmetische Behandlung der Beklagten verursacht.
Hinsichtlich der Lasertherapie und des bis zum Zeitpunkt der Begutachtung verbliebenen Farbumschlags führt die Sachverständige aus, die Lasertherapie sei die gängigste und effektivste Methode zum Entfernen oder Aufhellen von Permanent Make-up oder eines Bladings. Eine Fehlbehandlung durch das Laserinstitut liege nicht vor. da sich das Entfernen der Camourflagefarbe -ursächlich für den Farbumschlag- mit dem Laser als äußerst schwierig gestalte. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Permanent Make-up aus den Jahren 2007 bis 2014 eine starke Farbsättigung aufgewiesen habe, wodurch die Entfernung zusätzlich erschwert worden sei. Die bisherigen Behandlungen (7) mit dem Laser hätten noch nicht zu einer ausreichenden Korrektur der misslungenen Blading Behandlung geführt.
Insgesamt folgt das Gericht den widerspruchsfreien und überzeugenden und ersichtlich fundierten Feststellungen der Sachverständigen, die im Ergebnis auch von den Parteien nicht angegriffen werden.
Wie bereits ausgeführt, entlasten die nicht der Beklagten zurechenbaren Vorbelastungen der Haut die Beklagte nicht, da ohne die Fehlbehandlung am 06.05.2015 die Entfernung des als fehlgeschlagen anzusehenden Arbeitsergebnisses nicht erforderlich gewesen wäre.
Nach allem liegt ein Behandlungsfehler der Beklagten vor. Die Ausführung der Behandlung war nicht fachgerecht. Dies stellt einen nicht durch eine Einwilligung der Klägerin abgedeckten Eingriff in die körperliche Integrität dar, der nach § 823 Abs. 1 BGB zum Schadenersatz und auch zum Ersatz immaterieller Schäden nach § 253 Abs.2 BGB (Schmerzensgeld) verpflichte. Darüber hinaus stehen der Klägerin aber auch Schadenersatzansprüche wegen Schlechterfüllung des Vertrags über eine kosmetische Behandlung nach §§ 280, 611 BGB zur Seite. Dies begründet zugleich im Rahmen des § 823 BGB den Vorwurf des Verschuldens (Fahrlässigkeit). Bei der daneben gegebenen vertraglichen Haftung wegen Schlechterfüllung aus §§ 280, 611 BGB wird das Verschulden nach § 280 Abs.1 S.2 BGB ohnehin vermutet. Mangels Einwilligung war der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Klägerin auch rechtswidrig. Nach allem ist die Beklagte damit zum Schadenersatz verpflichtet, und zwar zum vollständigen Schadenersatz, da ein Mitverschulden oder eine Mitverursachung durch die Klägerin nicht gegeben ist.
Die Klägerin kann zunächst EUR 700,00 für die durchgeführten Laserbehandlungen im Institut „…“ ersetzt verlangen. Über Kosten weiterer Laserbehandlungen verhält sich der Klagantrag zu 1) nicht, so dass nach § 308 ZPO weiteres auch nicht zuzusprechen war. Da auch die Nachbehandlungen durch die nicht fachgerechte Erstbehandlung veranlasst und im Ergebnis nicht zufriedenstellend waren, kann die Klägerin die geleisteten Beträge, zusammen EUR 220,00, als Schadenersatz zurückfordern. Die Beklagte hat substantiiert nicht bestritten, dass die Klägerin diese Beträge tatsächlich an sie gezahlt hat. Ihr Vorbringen, die Klägerin habe teilweise in Naturalien geleistet, ist unverständlich und unerläutert geblieben. Schließlich kann die Klägerin auch Aufwendungen für Fahrtkosten zu den Laserbehandlungen geltend machen. Der Aufwand ist schlüssig dargelegt. Es sind mithin weitere EUR 12,24 zu ersetzen. Schließlich sind die Augenbrauen noch abgeschlossener Laserbehandlung neu zu gestalten, der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen. Dass ein Permanent Make-up der Augenbrauen mit EUR 600,00 anzusetzen ist, ist unstreitig. Der erstattungsfähige Schaden beläuft sich damit auf insgesamt EUR 1.532,24.
Die Zinsforderung ist aus §§ 286 Abs.1 S. 2, 288 Abs. 2 BGB begründet.
2. Die Klägerin hat Anspruch auf Schmerzensgeld in tenoriertem Umfang aus §§ 280, 823, 253 Abs. 2 BGB.
Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes ist zum einen auf die Ausgleichsfunktion, zum anderen auf die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgelds abzustellen, wobei letztere bei fahrlässiger Verursachung der Verletzungen -wie hier- von untergeordneter Bedeutung ist. Für den Ausgleich kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Entscheidend sind dabei Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Beeinträchtigungen. Leiden und Schmerzen, die subjektiv sehr unterschiedlich empfunden werden, müssen dabei anhand medizinischer Fakten objektiviert werden. Fakten dieser Art sind insbesondere die Art der Verletzungen, Dauer einer stationären oder ambulanten Heilbehandlung sowie der Zeitraum und der Grad der Arbeitsunfähigkeit. Entfallen kann ein Schmerzensgeldanspruch bei unbedeutenden Eingriffen, wenn das Wohlbefinden des Verletzten nur kurzfristig beeinträchtigt worden ist.
Mangels substantiierten Vortrags geht das Gericht zunächst davon aus, dass es sich bei den durch die Beklagte durchgeführten Nachbehandlungen um „Eingriffe“ gehandelt hat, die die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten haben und damit bei der Bemessung des Schmerzendgels unberücksichtigt bleiben. Anders verhält es sich bei den durchgeführten Laserbehandlungen. Hier hat die Zeugin … nachvollziehbar und verwertbar bekundet, die Behandlung dauere pro Augenbraue etwa eine Minute. Diese werde unterbrochen, weil sie schmerzhaft sei. Man könne die Schmerzen mit Fettspritzern von einem Herd vergleichen. Insgesamt dauere die Behandlung 15 bis 20 Minuten weil zwischendurch gekühlt werden müsse. Unstreitig ist, dass es nachfolgend zu Schwellungen und Hautrötungen kommt. Demnach ist die Geringfügigkeitsgrenze hier deutlich überschritten. Das Gericht erachtet ein Schmerzensgeld von EUR 100,00 pro Sitzung für angemessen. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass das äußere Erscheinungsbild der Klägerin wegen der erforderlichen Behandlungspausen zwischen den Lasersitzungen über einen Zeitraum von ca. 1 ½ Jahren unter ästhetisch Gesichtspunkten nicht unerheblich beeinträchtigt ist. Der grünliche Farbumschlag im Bereich der behandelten Augenbrauen ist, wie in den Verhandlungen zu bemerken, augenfällig und dem gepflegten Erscheinungsbild der Klägerin abträglich. Dass die Klägerin unter diesem Übergangszustand psychisch leidet und sich in ihrem alltäglichen privaten und beruflichen Leben beeinträchtigt fühlt, ist ohne weiteres nachvollziehbar und bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen. Soweit sich die Klägerin allerdings auch auf eine Narbenbildung im Bereich der Augenbrauen bezieht, konnte dieser Gesichtspunkt nicht berücksichtigt werden. Die Zeugin B. hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.07.2017 bekundet, es habe minimale Narben gegeben. Sie würde aber nicht sagen, dass die Klägerin stark vernarbt sei in diesem Bereich. Die Sachverständige hat ausgeführt, am Tage der Begutachtung (09.01.2018) seien keine Narben auf der Behandlungsregion vorhanden gewesen. Sollten kleine Narben aus den Behandlungen hervorgegangen sein, hätten sich diese zwischenzeitlich regeneriert. Für die verbleibenden ästhetischen Beeinträchtigungen wird ein Schmerzensgeld von EUR 600,00 als angemessen angesehen, so dass der Klägerin insgesamt ein Schmerzensgeld von EUR 1.500,00 zuzusprechen ist.
Die Zinsforderung ist aus §§ 286 Abs.1 S. 2, 288 Abs.2 BGB begründet.
3. Die Klage ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrags begründet, da die Behandlung der Klägerin noch nicht vollständig abgeschlossen und auch die Möglichkeit eines nicht komplikationslosen Verlaufs des „Neustechens“ der Augenbrauen“ gegeben ist.
4. Den Ausgleich vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten als Schadenersatz kann die Klägerin dagegen nicht verlangen. Sie hat nicht dargelegt, dass ihr jetziger Prozessbevollmächtigter vorgerichtlich überhaupt tätig geworden ist. Vorgetragen wurde mit der Klage lediglich, die Klägerin habe die Beklagte mit Schreiben vom 28.09.2016 erfolglos zur Zahlung aller entstandenen Schäden aufgefordert.
III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs.2, 709 ZPO.