Haftung des Geschäftsinhabers beim Verkauf von Feuerwerkskörp. an Kinder
Haftung des Herstellers oder Importeurs der Feuerwerkskörper
§ 823 BGB
BGH
Az.: VI ZR 183/97
Urteil vom 26.5.1998
= BGHZ 139, 43-51
Sachverhalt (vereinfacht):
Der Kl. macht gegen die Bekl., die einen Schreibwarenladen betreibt. Schadensersatzansprüche wegen eines Unfalls geltend, den er 1993 im Alter von 8 Jahren erlitt. Ein gleichaltriger Spielkamerad des Kl. hatte bei der Bekl. einen Feuerwerkskörper mit der Bezeichnung „Tolle Biene“ gekauft. Die Bekl. hatte den aus China stammenden Feuerwerkskörper bei dem in Deutschland ansässigen Importeur bezogen. Die Abgabe dieser sog. „Feuerwerksspielwaren“ an Personen unter 18 Jahren unterlag nach den einschlägigen sprengstoffrechtlichen Vorschriften keinen Beschränkungen. Auf der Verpackung hieß es u. a.: „Gegenstand auf den Boden legen, Zündschnur am äußersten Ende entzünden und sich rasch entfernen.“ Der Spielkamerad des Kl. zündete einen der bei der Bekl. gekauften Feuerwerkskörper „Tolle Biene“ an und warf ihn in die Luft. Der Feuerwerkskörper geriet in den Halsausschnitt des Kl., was bei diesem zu erheblichen Verbrennungen mit schweren gesundheitlichen Folgen führte. Mit seiner Revision verfolgt der Kl. seine in beiden Instanzen erfolglose Klage weiter.
Leitsätze:
l. Ein Geschäftsinhaber kann unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht gehalten sein, den Verkauf auch solcher Feuerwerkskörper, deren Abgabe an Personen unter 18 Jahren öffentlich-rechtlich nicht verboten ist, an Kinder im Grundschulalter zu verweigern, wenn für ihn eine aus dem Umgang mit solchen Feuerwerkskörpern drohende Gefahrenlage erkennbar ist.
2. Ob und inwieweit für einen Verkäufer in diesem Sinne ein relevantes Risiko bei der Abgabe frei verkäuflicher Feuerwerkskörper an Kinder erkennbar ist, hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles, insbesondere davon ab, wie das betreffende Produkt vom Hersteller beschrieben und beworben wird und welche praktischen Erkenntnisse dem Verkäufer über die Handhabung derartiger Feuerwerkskörper und über die insoweit maßgeblichen Verhältnisse der Erwerber zugänglich sind.
Haftung des Herstellers oder Importeurs frei verkäuflicher Feuerwerkskörper bei Fehlen von Warnhinweisen auf der Verpackung
§ 823 BGB
BGH
Az.: VI ZR 238/97
Urteil vom 9. 6.1998
= BGHZ 139, 79-88
Sachverhalt (vereinfacht):
Die Kl. macht als gesetzlicher Krankenversicherer aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Ersatz von Schäden geltend, die der damals 10jährige Tobias B. (T) 1992 durch Einwirkung eines Feuerwerkskörpers erlitten hat. Am Unfalltag kaufte T bei der Zweitbekl.. die einen Kiosk betreibt, einen Feuerwerkskörper mit der Bezeichnung „Feuer-Wirbel“. Dieser war von der Erstbekl, (im BGH-Urteil Bekl. zu 3)) aus China importiert und an die Zweitbekl. geliefert worden. Die Abgabe dieser Feuerwerkskörper unterlag nach den einschlägigen sprengstoffrechtlichen Vorschriften keinen Beschränkungen. Auf der Verpackung befand sich die Aufschrift: „Ganzjahresfeuerwerk. Abgabe an Personen unter 18 Jahren erlaubt. Nur im Freien verwenden. Gebrauchsanweisung: Kreisel auf den Boden legen. Am äußersten Ende der Zündschnur anzünden und sich rasch entfernen.“ T, der am Unfalltag mit zwei gleichaltrigen Freunden spielte, steckte mehrere der Feuerwerkskörper in seine Hosentasche; einen Feuerwirbel entzündete er. Auf nicht näher geklärte Weise kam es zur Entzündung auch der Feuerwerkskörper in der Hosentasche, was bei T zu erheblichen Verbrennungen mit schweren gesundheitlichen Folgen führte. Die Kl. hat Versicherungsleistungen i. H. v. DM 22 500,- erbracht. Mit ihrer Revision verfolgen beide Bekl. ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Leitsätze:
a) Ein Hersteller oder Importeur von Feuerwerkskörpern, deren Abgabe an Personen unter 18 Jahren öffentlich-rechtlich nicht verboten ist, hat die Verpackung solcher pyrotechnischen Gegenstände mit besonderen Warnhinweisen zu versehen, die erforderlich sind, um den von der Verwendung dieser Produkte für Kinder ausgehenden Gefahren wirksam zu begegnen.
b) Es sind insbesondere Hinweise geboten, die Endverkäufer veranlassen, diese Feuerwerkskörper nicht an Kinder im Grundschulalter abzugeben, wenn eine Verwendung unter Aufsicht von Erwachsenen nicht sichergestellt ist, und die darüber hinaus geeignet sind, solchen Kindern das Erfordernis einer Aufsicht vor Augen zu führen.