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Fitnessstudiovertrag – fristlose Kündigung bei Vorerkrankung

LG Kiel

Az.: 8 S 54/08

Urteil vom 30.01.2009


Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 313 a, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Die Beklagte ist in dem vom Amtsgericht ausgeurteilten Umfang zur Zahlung des Mitgliedsbeitrages bis zur Beendigung des zweijährigen Vertrages zum 01.03.2008 an die Klägerin verpflichtet, weil sie einen fristlosen Kündigungsgrund, der zu einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages zum September 2006 geführt hätte, nicht bewiesen hat.

Grundsätzlich trägt der Kunde eines Fitnessstudios das Verwendungsrisiko hinsichtlich der Nutzung der ihm durch den Vertrag offenstehenden Fitnesseinrichtungen. Ein fristloses Kündigungsrecht gemäß § 314 BGB und damit eine Ausnahme von dem o. g. Grundsatz besteht lediglich dann, wenn der Kunde durch eine nicht vorhersehbare Erkrankung auf unbestimmte Zeit daran gehindert ist, die Leistungen des Fitnessstudios in Anspruch zu nehmen, so dass ein Festhalten an einem langfristigen Vertrag für ihn unbillig wäre (vgl. AG Hamburg vom 20.07.2007, AG Dortmund vom 12.09.1989, Az.: 125 C 330/86). Dem steht es gleich, wenn der Kunde zwar bei Abschluss des Fitnessvertrages eine Vorerkrankung hatte, diese jedoch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages vollständig ausgeheilt war und mit einem erneuten Aufflammen der Erkrankung nicht zu rechnen war oder die langfristige Aufnahme eines Fitnesstrainings auf ausdrückliches ärztliches Anraten erfolgte. Beides hat die bezüglich des Vorliegens eines fristlosen Kündigungsgrundes beweisbelastete Beklagte nicht bewiesen. Der die Beklagte behandelnde Orthopäde Dr. XXX, der von der Beklagten als Zeuge benannt worden ist, konnte sich nicht daran erinnern, ob die Beklagte vor Abschluss des Fitnessvertrages ihn diesbezüglich um Rat gefragt hatte. Er konnte anhand seiner Behandlungsdokumentation lediglich nachvollziehen, dass die Beklagte als letzten Termin vor dem Abschluss des Fitnessvertrages vom 08.02.2006 am 08.12.2005 bei ihm in Behandlung war, weil sie weiter – wie auch in den Vorjahren – Beschwerden am Knie hatte, nachdem im Jahre 2002 eine angeborene Kniefehlform operativ behandelt worden war. Der Zeuge gab weiter an, dass er für den Fall, dass er von der Beklagten wegen Aufnahme eines Fitnesstrainings in einem Fitnessstudio um Rat gefragt worden sei, dieses sicherlich befürwortet hätte, da ausweislich der im Jahre 2003 vorgenommenen diagnostischen Athroskopie des Knies der Beklagten die Knorpelverhältnisse regelhaft waren, mithin kein Anhalt für einen Verschleiß gegeben war und es bei Kniebeschwerden sinnvoll sein kann, diese mit einer krankengymnastischen Behandlung oder auch mit einem Fitnesstraining zu behandeln. Der Zeuge machte aber auch zugleich deutlich, dass angesichts der gegebenen Vorerkrankung des Knies der Beklagten er einen längerfristigen Fitnessvertrag lediglich nach einer 6- bis 8wöchigen Probephase befürwortet hätte. Bei der Beklagten lagen aufgrund ihres angeborenen Kniefehlers und der Voroperation keine gleichwertigen Knieverhältnisse vor wie bei einem gesunden Patienten, so dass bereits ein erhöhtes Risiko des Auftretens von Kniebeschwerden gegeben war.

Angesichts dieser Angaben des Zeugen hat die Beklagte nicht hinreichend bewiesen, dass der Abschluss des langfristigen, 2 Jahre dauernden Fitnessvertrages auf ausdrückliches ärztliches Anraten hin erfolgte. Es fehlt bereits an einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Besuch der Beklagten bei dem Zeugen Dr. XXX am 08.12.2005 und dem Abschluss des Fitnessvertrages am 18.02.2006. Im Übrigen vermochte sich der Zeuge an eine entsprechende Beratung nicht mehr zu erinnern, da diese auch nicht in seinen Behandlungsunterlagen dokumentiert zu werden pflegt. Die danach verbleibenden Zweifel gehen zulasten der beweisbelasteten Beklagten.

Die Vernehmung des Zeugen Dr. XXX hat zugleich ergeben, dass die Knievorerkrankung der Beklagten bei Abschluss des Fitnessvertrages mit der Klägerin nicht vollständig ausgeheilt war, vielmehr befand sich die Beklagte auch nach der durchgeführten Operation unter Materialentfernung im Jahre 2003 immer wieder in Behandlung bei dem Zeugen, nämlich u. a. am 02.12.2003, 22.06.2004 und 08.12.2005. Anlass der Behandlung waren immer wieder Beschwerden am Knie, die sich zwar milde darstellten, es war beispielsweise kein umfassender Erguss vorhanden, aber letztlich Folge der angeborenen Kniefehlform und der Operation waren und entsprechend behandelt werden mussten.

Bei dieser Sachlage ist das Risiko, aufgrund einer Knieerkrankung den für den Zeitraum von 2 Jahren abgeschlossenen Fitnessvertrag nicht in vollem Umfang nutzen zu können, allein der Beklagten anzulasten. Es bestand aufgrund der angeborenen Kniefehlform und der Operation bei der Beklagten ein erhöhtes Risiko, dass es aufgrund des Trainings im Fitnessstudio zu einer Verschlimmerung der Beschwerden kommen könnte, die eine Nutzung der Fitnesseinrichtung für die Beklagte unmöglich machte. Dieses von der Beklagten einzukalkulierende Risiko hätte von ihr dadurch Rechnung getragen werden können und müssen, dass sie einen nur kurzfristigen Fitnessvertrag abschließt. Entscheidet sich die Beklagte dagegen für eine langfristige Bindung unter Ersparnis von Fitnessgebühren, so hat sie auch das hierdurch erwachsene Verwendungsrisiko zu tragen. Ein fristloses Kündigungsrecht steht ihr bei Auftreten der Kniebeschwerden nicht zu. Die Berufung ist auch nicht bereits deshalb begründet, weil der Tenor des amtsgerichtlichen Urteils einen Zahlungsbetrag in Höhe von 882,00 €, statt 828,00 € ausurteilt. Denn insoweit liegt ausweislich der Entscheidungsgründe, die den ausgeurteilten Zahlungsbetrag mit 828,00 € richtig angeben, ein bloßer Schreibfehler vor, der durch das Amtsgericht gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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