Zusammenfassung:
Wie hoch ist der Streitwert einer Folgekündigung im Kündigungsschutzprozess anzusetzen? Von welchen Faktoren ist die Bemessung des Streitwertes einer Folgekündigung abhängig? Mit diesen Fragen setzte sich das Landesarbeitsgericht Köln im anliegenden Beschluss auseinander.
Landesarbeitsgericht Köln
Az: 11 Ta 214/14
Beschluss vom 06.10.2015
Tenor
Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 13.05.2014 – 6 Ca 4388/13 – abgeändert und der Streitwert für das Verfahren und den Vergleich auf 19.427,04 EUR festgesetzt.
Gründe
Die nach § 68 Abs. 1 GKG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist (teilweise) begründet.
1. Bei mehreren Kündigungen ist der Wert der ersten Kündigung mit drei Monatsverdiensten zu bemessen. Für die streitwertmäßige Erfassung von Folgekündigungen ist auf die Zeitdifferenz zwischen den Zeitpunkten des Wirksamwerdens der einzelnen Kündigungen abzustellen. Ist diese größer als drei Monate kommt die Kappungsgrenze des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG zum Tragen; ist die Zeitdifferenz geringer, ist jeweils der auf diesen Zeitraum entfallende Entgeltbetrag maßgeblich. Soweit die erkennende Kammer „in der Regel“ mindestens einen Bruttomonatsverdienst je Folgekündigung angesetzt hat (vgl. : LAG Beschluss vom 08.10.2013 – 11 Ta 246/13 – m.w.N.) ist dies dahin gehend zu präzisieren, dass diese Regel nicht den Fall mehrerer, in kurzem zeitlichen Abstand ausgesprochener Kündigungen bei gleichbleibendem Kündigungssachverhalt und identischem (wirtschaftlichen) Klägerinteresse erfasst. Insoweit bestehen keine Bedenken den Empfehlungen des sogenannten Streitwertkatalogs der Streitwertkommission der Präsidenten der Landesarbeitsgerichte in der überarbeiteten Fassung vom 09.07.2014, dort unter Ziffer I. 20.3., zu folgen.
Hieraus folgt für den Streitfall, der durch einen einheitlichen Kündigungssachverhalt bei gleichbleibendem rein wirtschaftlichen Interesse des Klägers gekennzeichnet ist, dass für die erste angegriffene Kündigung vom 10.08.2013 zum 12.08.2013, deren Ausspruch streitig war, drei Monatsverdienste, für die weitere (hilfsweise ordentliche) Kündigung vom 12.08.2013 zum 15.09.2013 die Zeitdifferenz bis zum 15.09.2013 und schließlich für die Kündigung vom 28.08.2013 zum 30.09.2013 die verbliebene Zeitdifferenz bis Ende September 2013 zugrunde zu legen ist. Ausgehend von einer tatsächlichen durchschnittlichen Arbeitszeit laut Klägervortrag von202,2 Stunden im Monat bei einem Stundenlohn von zuletzt11,56 EUR = 2.337,43 EUR Bruttomonatslohn ergibt sich hiernach ein Betrag von 7.012,29 EUR für die erste Kündigung sowie weiteren 2.571,17 EUR für die zweite Kündigung und weiteren 1.168,72 EUR für die dritte Kündigung. Somit sind für den Kündigungsschutz im Streitfall insgesamt 10.752,18 EUR anzusetzen.
2. Der unbezifferte Klageantrag des Klägers auf Auszahlung des Nettolohns nebst Abführung der Sozialversicherungsbeträge für den Zeitraum 01.08.2013 bis 30.09.2013 ist mangels anderweitiger Angaben auf der Grundlage des genannten Bruttodurchschnittsverdienstes auf 4.674,86 EUR festzusetzen.
3. Hinsichtlich der weiteren Streitgegenstände (Inhalt der Arbeitsbescheinigung, Entschädigung für zu viel geleistete Arbeitsstunden, Feststellung der Unzumutbarkeit der Beschäftigung, Urlaubsentgelt und Abführung weiterer Sozialabgaben) hat das Arbeitsgericht den Streitwert auf 4.000,00 EUR in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte festgesetzt. Dies wird von der Beschwerde auch nicht angegriffen und ist unter Berücksichtigung des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG a.F. nicht zu beanstanden.
4. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.