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Fristverlängerungsantrag – Notwendigkeit der Mitteilung der Einwilligung des Gegners

Fristverlängerungsanträge: Gegnerische Einwilligung entscheidend für Berufungserfolg

Bei einem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um mehr als einen Monat ist die Mitteilung der Zustimmung des Gegners an das Gericht essenziell; deren Fehlen führt zur Unzulässigkeit der Berufung, unabhängig von einer tatsächlich erteilten Zustimmung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 9 U 50/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Bei der Beantragung einer Fristverlängerung für die Berufungsbegründung um mehr als einen Monat ist es notwendig, das Einverständnis des Gegners dem Gericht mitzuteilen.
  • Die Nichtmitteilung der Zustimmung des Gegners am letzten Tag der ursprünglichen Frist führt dazu, dass der Antrag zurückgewiesen wird und die Berufung als unzulässig gilt.
  • Eine nachträgliche Mitteilung der Zustimmung oder der Hinweis auf eine tatsächlich erfolgte Zustimmung ändert nichts am Ablauf der Frist und der Unzulässigkeit der Berufung.
  • Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund versäumter Fristen hat ohne nachvollziehbare Entschuldigung keinen Erfolg.
  • Die Entscheidung des Landgerichts zugunsten der Klägerin, die auf glaubhaften Zeugenaussagen basiert, wird vom Berufungsgericht bestätigt.
  • Die Beweiswürdigung des Landgerichts wird als sorgfältig, schlüssig und überzeugend angesehen, und die Berufungsangriffe der Beklagten stellen das Urteil nicht in Frage.

Berufung: Fristen und Formalia im Fokus

Verfahrensfristen spielen im Rechtsleben eine zentrale Rolle. Bei der Berufung regeln sie den Verlauf und grenzen Handlungsspielräume ein. Eine strikte Einhaltung ist unabdingbar, dennoch gewähren Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen Fristverlängerungen.

Wird hierbei eine Fristverlängerung um mehr als einen Monat beantragt, bringt dies besondere Erfordernisse mit sich. Die Zustimmung der Gegenseite muss eingeholt und dem Gericht fristgerecht mitgeteilt werden. Versäumnisse in diesem Punkt können schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.

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➜ Der Fall im Detail


Die zentrale Rolle der Einwilligung des Gegners bei Fristverlängerungsanträgen

In einem richtungsweisenden Urteil des OLG Frankfurt, Aktenzeichen 9 U 50/23, wurde am 06.12.2023 eine bedeutsame Entscheidung zur Notwendigkeit der Mitteilung der Einwilligung des Gegners bei Anträgen auf Fristverlängerung der Berufungsbegründungsfrist getroffen. Die Rechtssache entstand aus einem Verlängerungsantrag der Beklagtenvertretung, der am letzten Tag der laufenden Frist eingereicht wurde, ohne dass die Zustimmung der Gegenseite, wie gesetzlich gefordert, explizit kommuniziert wurde.

Die Entscheidungsgründe des Gerichts

Das Gericht stellte klar, dass die Einwilligung des Gegners in Fällen, in denen eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um mehr als einen Monat beantragt wird, ausdrücklich im Antrag dargelegt werden muss. Diese Vorgabe basiert auf § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO, der darauf abzielt, die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit im Berufungsverfahren zu gewährleisten. Die Richter betonten, dass eine nachträgliche Bekanntgabe der Zustimmung oder die Annahme, dass die Zustimmung implizit erteilt wurde, rechtlich nicht ausreichend ist, um den Anforderungen der Prozessordnung gerecht zu werden.

Konsequenzen der unterlassenen Mitteilung

Die unmittelbare Konsequenz der unterlassenen Mitteilung war die Zurückweisung des Verlängerungsantrags durch das Gericht, was letztlich zur Unzulässigkeit der Berufung führte. Dies verdeutlicht die strenge Auslegung der prozessualen Vorschriften durch das Gericht und unterstreicht die Bedeutung der genauen Einhaltung formaler Anforderungen im Berufungsverfahren. Das Gericht betonte, dass weder die nachträgliche Mitteilung der Einwilligung des Gegners noch der tatsächliche Umstand der erteilten Zustimmung den Verstoß gegen die prozessualen Anforderungen heilen können.

Der Wiedereinsetzungsantrag und seine Ablehnung

Ein weiteres Element des Falles war der vom Beklagtenvertreter eingelegte Wiedereinsetzungsantrag in die versäumte Berufungsbegründungsfrist. Das Gericht lehnte diesen Antrag ab, da keine entschuldbaren Gründe für die Nichteinhaltung der Frist vorlagen. Besonders hervorgehoben wurde, dass die Erkrankung der Ehefrau des Beklagtenvertreters keinen direkten Einfluss auf die Einreichung des Fristverlängerungsantrags hatte und somit kein entschuldbarer Grund im Sinne des § 233 ZPO vorlag.

Bestätigung der landgerichtlichen Entscheidung

Letztlich bestätigte das OLG Frankfurt die Entscheidung des Landgerichts, die der Klägerin Schadensersatz wegen eines Vorfalls zusprach. Die Beweisführung und -würdigung des Landgerichts wurden als sorgfältig, schlüssig und überzeugend beurteilt. Die Berufungsangriffe, die sich lediglich auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen bezogen, konnten das Ergebnis nicht in Frage stellen, was die richterliche Entscheidungsfindung in diesem Fall untermauert.

Dieses Urteil verdeutlicht die rigiden Anforderungen an die prozessuale Korrektheit bei Fristverlängerungsanträgen im Berufungsverfahren und die Wichtigkeit der expliziten Mitteilung der Zustimmung des Gegners, um eine erfolgreiche Berufung zu ermöglichen.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was muss bei einem Fristverlängerungsantrag im Berufungsverfahren beachtet werden?

Bei einem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sind folgende Punkte zu beachten:

Grundsätzlich können Fristen auf Antrag verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden (§ 224 ZPO). An die Darlegung eines erheblichen Grundes für die Notwendigkeit der Fristverlängerung werden bei einem ersten Antrag keine hohen Anforderungen gestellt. Der bloße Hinweis auf eine Arbeitsüberlastung reicht aus, ohne dass es einer weiteren Substantiierung bedarf.

Wird eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um mehr als einen Monat beantragt, ist zwingend die Einwilligung des Gegners erforderlich (§ 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Diese Zustimmung muss mit dem Fristverlängerungsantrag vorgelegt oder zumindest anwaltlich versichert werden. Fehlt die Zustimmung, kann das Gericht dem Antrag nicht stattgeben.

Auch bei einem zweiten Fristverlängerungsantrag ist die Einwilligung des Gegners notwendig. Liegt diese vor, darf der Anwalt darauf vertrauen, dass dem Antrag stattgegeben wird – unabhängig von einem vorangegangenen warnenden Hinweis des Gerichts. Anhaltspunkte, dass das Vertrauen nicht gerechtfertigt sein könnte, müssen nicht vorliegen.

Der Antrag auf Fristverlängerung muss vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gestellt werden. Eine bloße Ankündigung eines Antrags enthält weder unmittelbar noch konkludent den Antrag selbst. Auch ein lediglich „vorsorglich“ ohne Begründung gestellter Antrag reicht nicht aus.

Fazit: Die formalen Anforderungen an einen Fristverlängerungsantrag im Berufungsverfahren, insbesondere die explizite Mitteilung der Zustimmung des Gegners, dienen der Rechtssicherheit und müssen unbedingt beachtet werden. Geschieht dies nicht, droht die Verwerfung der Berufung als unzulässig.

Warum ist die Einwilligung des Gegners bei Fristverlängerungsanträgen wichtig?

Die Einwilligung des Gegners bei Fristverlängerungsanträgen im Berufungsverfahren ist aus mehreren Gründen von zentraler Bedeutung:

Zum einen dient das Zustimmungserfordernis der Verfahrensökonomie und Prozessbeschleunigung. Durch die Mitwirkung des Gegners soll verhindert werden, dass eine Partei das Verfahren durch wiederholte Fristverlängerungsanträge unangemessen in die Länge zieht. Der Gegner hat so die Möglichkeit, einer übermäßigen Verzögerung entgegenzuwirken.

Zum anderen gewährleistet die Zustimmung der Gegenseite einen fairen Interessenausgleich zwischen den Parteien und die Waffengleichheit im Prozess. Der Gegner erhält Gelegenheit, sich zur beantragten Fristverlängerung zu äußern und seine Sicht darzulegen. So kann er substantiiert vortragen, warum eine weitere Verzögerung für ihn unzumutbar wäre.

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Das Erfordernis der Gegnereinwilligung ab dem zweiten Verlängerungsantrag soll zudem missbräuchliche und leichtfertige Fristverlängerungsgesuche eindämmen. Die Partei, die eine erneute Verlängerung beantragt, muss sich zunächst um das Einverständnis des Gegners bemühen. Dies zwingt sie, die Erforderlichkeit kritisch zu hinterfragen und mit dem Gegner zu kommunizieren.

Schließlich dient die Zustimmung der Gegenseite auch der Entlastung des Gerichts. Stimmt der Gegner einer beantragten Verlängerung zu, muss das Gericht die Voraussetzungen nicht mehr im Einzelnen prüfen. Es kann dem Antrag ohne weitere Begründung stattgeben, was das Verfahren vereinfacht.

Insgesamt stellt das Zustimmungserfordernis damit einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Anspruch der Parteien auf Gewährung rechtlichen Gehörs und der Verpflichtung zu einer zügigen Prozessführung her. Es trägt so zu einem fairen und effizienten Berufungsverfahren bei.

Was passiert, wenn die Einwilligung des Gegners nicht mitgeteilt wird?

Wenn in einem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist die Einwilligung des Gegners nicht mitgeteilt wird, obwohl diese erforderlich ist, hat dies gravierende Konsequenzen für das Berufungsverfahren:

Das Berufungsgericht darf dem Fristverlängerungsantrag in diesem Fall nicht stattgeben. Denn die Zustimmung des Gegners ist eine zwingende Voraussetzung für die Gewährung einer weiteren Fristverlängerung über einen Monat hinaus (§ 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Fehlt sie, ist das Gericht an einer Bewilligung des Antrags gehindert.

Wird die Berufungsbegründung dann nicht fristgerecht eingereicht, droht die Verwerfung der Berufung als unzulässig. Denn die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist führt gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 ZPO zwingend zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels.

Auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird in der Regel keinen Erfolg haben. Denn der Berufungsführer muss sich das Verschulden seines Anwalts zurechnen lassen. Dieser hätte aber erkennen müssen, dass der Fristverlängerungsantrag ohne Mitteilung der Gegnereinwilligung keine Aussicht auf Erfolg hatte.

Die unterlassene Einholung und Vorlage der Einwilligung des Gegners stellt somit einen schwerwiegenden anwaltlichen Fehler dar, der unmittelbar zum Verlust des Rechtsmittels führen kann. Um dies zu vermeiden, muss der Anwalt die Zustimmung des Gegners rechtzeitig einholen und dem Gericht zusammen mit dem Fristverlängerungsantrag mitteilen.

Fazit: Ohne Mitteilung der erforderlichen Gegnereinwilligung im Fristverlängerungsantrag ist eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ausgeschlossen. Versäumt der Berufungsführer daraufhin die Frist, ist die Berufung in der Regel verloren. Die Vorlage der Einwilligung ist daher von zentraler Bedeutung für den Fortgang des Berufungsverfahrens.

Unter welchen Umständen ist ein Wiedereinsetzungsantrag erfolgversprechend?

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kann unter bestimmten Voraussetzungen Erfolg haben:

Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung

Grundsätzlich ist eine Wiedereinsetzung nur möglich, wenn der Berufungsführer ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Er darf die Fristversäumung also nicht zu vertreten haben.

Dabei muss der Berufungsführer auch für das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten einstehen. Ein Anwaltsverschulden steht der Wiedereinsetzung entgegen, wenn der Anwalt schuldhaft einen Fristverlängerungsantrag ohne die erforderliche Gegnereinwilligung gestellt hat.

Entschuldbare Gründe für eine Wiedereinsetzung

Ein Wiedereinsetzungsantrag kann aber ausnahmsweise Erfolg haben, wenn den Anwalt kein Verschulden trifft. Dies ist etwa der Fall, wenn er sich auf eine erteilte, aber später widerrufene Einwilligung des Gegners verlassen hat. Auch eine plötzliche Erkrankung des Anwalts kann ein Wiedereinsetzungsgrund sein.

Allerdings sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Anwalts hoch. Er muss alle Vorkehrungen treffen, um eine fristgerechte Berufungsbegründung sicherzustellen. Dazu gehört insbesondere, die Gegnereinwilligung rechtzeitig einzuholen und dem Gericht vorzulegen.

Verfahren und Fristen für den Wiedereinsetzungsantrag

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist ab Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Gleichzeitig ist die versäumte Handlung, hier also die Berufungsbegründung, nachzuholen.

Der Antrag muss substantiiert begründet werden und die Tatsachen darlegen, aus denen sich das fehlende Verschulden ergibt. Gelingt dies nicht, bleibt es bei der Verwerfung der Berufung als unzulässig.

Fazit: Ein erfolgreicher Wiedereinsetzungsantrag nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist setzt voraus, dass den Berufungsführer und seinen Anwalt kein Verschulden an der Fristversäumung trifft. Dies ist nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben. In der Regel führt ein Fristverlängerungsantrag ohne Mitteilung der Gegnereinwilligung daher zum endgültigen Verlust des Berufungsrechts.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Notwendigkeit der Mitteilung der Einwilligung des Gegners bei einem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist. Die explizite Erwähnung der Zustimmung des Gegners ist entscheidend, um Transparenz und Fairness im Verfahren zu gewährleisten.
  • § 522 Abs. 1 ZPO: Bestimmt die Unzulässigkeit der Berufung, wenn die Frist zur Begründung der Berufung nicht eingehalten wird. Im vorgegebenen Kontext zeigt es die direkten Konsequenzen auf, wenn die erforderliche Einwilligung des Gegners nicht oder zu spät mitgeteilt wird.
  • § 233 ZPO: Regelt die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumnis. Hier wird deutlich, dass für eine erfolgreiche Wiedereinsetzung das Fehlen eines Verschuldens bei Fristversäumnis nachgewiesen werden muss, was im konkreten Fall nicht gegeben war.
  • Berufungsrecht: Dieses Rechtsgebiet wird durch die spezifischen Anforderungen an die Berufungsbegründungsfrist und die Mitteilungspflichten bei Fristverlängerungsanträgen berührt. Es zeigt, wie wichtig es ist, prozessuale Fristen und formelle Vorgaben genau einzuhalten, um die Rechtsmittel effektiv nutzen zu können.
  • Zivilprozessordnung (ZPO): Die ZPO als übergeordneter Rechtsbereich, der die Verfahrensregeln für Zivilprozesse in Deutschland festlegt, bildet den rechtlichen Rahmen für die diskutierten Paragraphen und ist grundlegend für das Verständnis der prozessualen Anforderungen und Konsequenzen bei Nichtbeachtung.
  • Beweiswürdigung: Obwohl nicht direkt durch einen spezifischen Paragraphen repräsentiert, spielt die Beweiswürdigung eine entscheidende Rolle im Gerichtsverfahren und beeinflusst maßgeblich die Entscheidungsfindung. Im besprochenen Fall stützte sich das Landgericht auf Zeugenaussagen, um seine Entscheidung zu treffen, was die Bedeutung der glaubhaften Darstellung von Sachverhalten unterstreicht.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 9 U 50/23 – Beschluss vom 06.12.2023

Leitsatz

1. Bei einem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um mehr als einen Monat ist es grundsätzlich erforderlich, dem Gericht mitzuteilen, dass der Gegner zugestimmt hat.

2. Fehlt diese Mitteilung bei einem am letzten Tag der laufenden Frist gestellten Verlängerungsantrag und wird dieser sodann unter Hinweis auf § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO zurückgewiesen, kann der Umstand, dass der Gegner tatsächlich rechtzeitig zugestimmt hatte, am Ablauf der Frist nichts ändern.

In dem Rechtsstreit wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten durch Beschluss zurückzuweisen.

Gründe

Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und 2 ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.

1. Die Berufung ist nach § 522 Abs. 1 ZPO bereits unzulässig, weil die Berufungsbegründung nicht innerhalb der verlängerten Frist bis zum 13.11.2023 eingegangen ist, sondern erst am 17.11.2023.

Der am 13.11.2023 – am letzten Tag der verlängerten Frist – eingegangene weitergehende Verlängerungsantrag wurde mit Verfügung vom 14.11.2023 zurückgewiesen, weil der Beklagtenvertreter bzw. seine Vertreterin – Rechtsanwältin A – im Verlängerungsantrag nicht mitgeteilt hatte, dass die Gegenseite der weiteren Verlängerung zugestimmt hatte, wie dies allerdings nach § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO erforderlich war. Die erforderliche Einwilligung des Gegners muss im Fristverlängerungsantrag im Regelfall ausdrücklich dargelegt werden; eine konkludente Darlegung reicht nur im Ausnahmefall aus (BGH, Beschluss vom 12.4.2006 – XII ZB 74/05). Das Vertrauen auf eine Bewilligung der beantragten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ist dagegen nicht gerechtfertigt, wenn der Berufungsklägervertreter die ihm gegenüber erklärte Einwilligung des Gegners nicht erwähnt (BGH, Beschluss vom 22.3.2005 – XI ZB 36/04).

So liegt der Fall auch hier. Im Verlängerungsantrag vom 13.11.2023 wurde die Einwilligung der Gegenseite nicht erwähnt. Dies wurde vielmehr erst mit einem weiteren Schriftsatz vom 14.11.2023 nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nachgeholt. Dieser Schriftsatz lag bei der Zurückweisung des Verlängerungsantrages dem Vorsitzenden noch nicht vor, was allerdings nicht entscheidend ist, da der Antrag wegen des Fristablaufs am 13.11.2023 auch dann hätte zurückgewiesen werden müssen, wenn auch der Schriftsatz vom 14.11.2023 schon vorgelegt worden wäre. Weder die nachgeholte Mitteilung der Einwilligung noch der Umstand, dass die Einwilligung der Gegenseite tatsächlich bereits telefonisch am 13.11.2023 erteilt worden war, konnten demnach etwas am Fristablauf ändern. Erforderlich wäre gewesen, dass die Bevollmächtigten der Beklagten das Gericht hiervon innerhalb der laufenden Frist in Kenntnis gesetzt hätten.

2. Auch der Wiedereinsetzungsantrag des Beklagtenvertreters vom 24.11.2023 in die versäumte Berufungsbegründungsfrist kann keinen Erfolg haben.

Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO setzt voraus, dass die Partei oder ihr Vertreter, dessen Verschulden sie sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten. Das ist hier nicht der Fall. Es sind keine entschuldbaren Gründe ersichtlich, warum die Anwaltsvertreterin des Beklagtenvertreters, die den weiteren Fristverlängerungsantrag mit Schriftsatz vom 13.11.2023 gestellt hat, die Einwilligung der Gegenseite in die Fristverlängerung nicht rechtzeitig erwähnte. Von den bedauerlichen Komplikationen hinsichtlich des Erkrankung der Ehefrau des Beklagtenvertreters war sie selbst nicht betroffen.

3. Im Übrigen könnte die Berufung auch der Sache nach keinen Erfolg haben.

Das Landgericht hat der Klage zu Recht im tenorierten Umfang stattgegeben. Der Klägerin steht im zugesprochenen Umfang materieller und immaterieller Schadensersatz wegen des Vorfalls am 17.12.2021 zu. Die Berufungsangriffe der Klägerin können dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.

Das Landgericht hat seine Entscheidung im Kern darauf gestützt, dass durch die Aussage der Zeugin1 bewiesen sei, dass die Beklagte die damals 76-jährige Klägerin auf dem Gehweg vor dem Haus Straße1 in Stadt1 vorsätzlich ins Gesicht geschlagen habe und es hierdurch zum Sturz der Klägerin gekommen sei, durch den sie u.a. eine Schenkelhalsfraktur erlitten habe, deren Folgen sie – trotz Operation – nach wie vor beeinträchtigen. Das Landgericht sah die Bekundungen der Zeugin1 trotz des freundschaftlichen Verhältnisses zur Klägerin als glaubhaft an, da sie sich mit den Angaben der Klägerin deckten und nicht durch die Behauptungen der Beklagten widerlegt würden.

Die sorgfältige, in sich schlüssige und überzeugende Beweiswürdigung des Landgerichts ist – auch in Ansehung der protokollierten Aussagen aus der Verhandlung vom 19.6.2023 (Bl. 187a ff. d.A.) insgesamt nicht zu beanstanden. Die – allein auf die Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Zeugin1 abstellenden – Berufungsangriffe zeigen allenfalls auf, dass der Geschehensablauf, der zum Sturz der Klägerin führte, theoretisch auch ein anderer gewesen sein könnte. Die Beklagte setzt dabei allerdings lediglich ihre Version des Geschehensablaufs an die des Landgerichts. Das reicht nicht aus und gibt keinen Anlass für eine Wiederholung der Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht (vgl. zum Ganzen Zöller ZPO, 34. Auflage § 529 Rn 7b ff.).

Der Beklagten bleibt nachgelassen, zum beabsichtigten Vorgehen binnen zweier Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in nicht unerheblicher Höhe vermieden werden können.

Es ist beabsichtigt, den Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren auf 18.887 € festzusetzen (Verurteilungsbeträge zuzüglich 3.000 € für den Feststellungsantrag, wie vom Landgericht angenommen).

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