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Grabpflegeaufforderung – Wirksamkeit

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 19 B 1195/22 – Beschluss vom 29.11.2022

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Senat prüft nach § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO nur die fristgerecht dargelegten Gründe. Diese Gründe rechtfertigen es nicht, den erstinstanzlich gestellten Anträgen des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO unter Änderung des angefochtenen Beschlusses stattzugeben.

Das Verwaltungsgericht hat das vorrangig vom Antragsteller angegriffene Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. August 2022 nicht als Verwaltungsakt im Sinn des § 35 Satz 1 VwVfG NRW qualifiziert, deshalb für sein Eilrechtsschutzbegehren einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO als statthaft erachtet und den wesentlichen Teil der hiermit verfolgten Einzelanträge als wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig angesehen. Der Antragsteller begehre mit ihnen vorbeugenden Eilrechtsschutz. Es stehe außer Frage, dass die Antragsgegnerin keine kostenpflichtigen Eingriffe in die Gestaltung der Sarg-Einzelgrabstätte Friedhof T.  , Feld 0, Grabnummer, beabsichtige, ohne zuvor eine entsprechende friedhofsrechtliche Ordnungsverfügung gegen den Antragsteller zu erlassen und ihm die Ersatzvornahme anzudrohen (S. 4 f. des Beschlusses). Die weiteren Anträge des Antragstellers seien ebenfalls unzulässig oder unbegründet.

Gegen diese Entscheidung macht der Antragsteller ohne Erfolg geltend, tatsächlich handele es sich bei dem genannten Schreiben „auch um einen feststellenden und einen anordnenden Verwaltungsakt“ (1.), die Feststellung der Antragsgegnerin, die Grabstätte sei zu groß angelegt, sei am Maßstab der Friedhofssatzung unzutreffend und mit uneinheitlichen Maßangaben begründet (2.), es bestehe zudem „Wiederholungsgefahr“, die darauf beruhe, dass die Antragsgegnerin auf dem Grab ein Schild mit der Aufschrift „Ungepflegt“ aufgestellt habe und zu befürchten sei, „dass weiterhin ähnliche Schilder aufgestellt werden“ (3.), die weiteren Auskunfts- und Unterlassungsanträge seien ebenfalls zulässig und begründet, weil er auf die begehrten Informationen angewiesen sei und nicht hinnehmen müsse, öffentlich „angeprangert“ zu werden (4.).

Grabpflegeaufforderung - Wirksamkeit
(Symbolfoto: hydebrink/Shutterstock.com)

1. Der Senat teilt die Würdigung des Verwaltungsgerichts, die Antragsgegnerin habe mit ihrem ausdrücklich als „Anhörung“ bezeichneten Schreiben vom 2. August 2022 keine als Regelung im Sinn des § 35 Satz 1 VwVfG NRW qualifizierbare verbindliche Rechtsfolge gesetzt. Hiergegen wendet der Antragsteller erfolglos ein, der Wortlaut dieses Schreibens sei „insoweit eindeutig“, er werde darin unter Fristsetzung zu einer bestimmten Handlung aufgefordert, zudem sei die Antragsgegnerin aus der Friedhofssatzung verpflichtet gewesen, sich der Form eines Verwaltungsakts zu bedienen. Mit diesem Einwand lässt der Antragsteller außer Acht, dass die Behörde nach § 9 Halbsatz 1, § 22 Satz 1 VwVfG NRW nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, ob und wann sie ein auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtetes Verwaltungsverfahren durchführt. Auf der Grundlage dieser Bestimmungen darf die Behörde den Bürger auch schon im Vorfeld solcher Maßnahmen unverbindlich im Sinn einer Mitteilung und einer Bitte zu einem bestimmten Verhalten auffordern und ihm hierfür auch eine Frist setzen, ohne dass diese Aufforderung zugleich schon Grundlage einer Verwaltungsvollstreckung sein soll. Die Fristsetzung ist dann in der Regel als die Ankündigung zu verstehen, nach Fristablauf über die Einleitung weitergehender Verwaltungsmaßnahmen zu entscheiden und die bislang lediglich als unverbindlich formulierte Aufforderung gegebenenfalls als verbindliche und vollstreckungsfähige Verwaltungsanordnung auszugestalten. Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt sich weder aus § 43 der Friedhofssatzung (FS) noch aus dem hier vorrangig einschlägigen § 34 FS ableiten, dass sich die Antragsgegnerin „der Form eines Verwaltungsaktes bedienen“ musste, ohne zuvor mit milderen Maßnahmen auf eine Problemlösung hinwirken zu dürfen.

In diesem Sinn enthielt das ausdrücklich als „Mängelanzeige“ bezeichnete Schreiben vom 30. Juni 2022 einen ersten mitteilenden und auffordernden Hinweis ohne Verwaltungsaktcharakter („Ich möchte Sie daher bitten, die oben genannten Mängel innerhalb von 4 Wochen zu beseitigen.“). Mit dem als „Mängelanzeige/Anhörung“ bezeichneten Schreiben vom 2. August 2022 hat die Antragsgegnerin den genannten ersten mitteilenden und auffordernden Hinweis ohne Verwaltungsaktcharakter lediglich wiederholt und zugleich mit einer Anhörung nach § 28 VwVfG NRW versehen („gebe ich Ihnen hiermit die Möglichkeit, sich zu diesem Sachverhalt zu äußern.“). Zutreffend hat das Verwaltungsgericht im äußeren Erscheinungsbild des letztgenannten Schreibens eine Bestätigung für diese Auslegung gefunden (Überschrift „Anhörung“, Fehlen eines förmlichen Tenors und einer Rechtsbehelfsbelehrung).

Entgegen der Auffassung des Antragstellers rechtfertigt auch die Formulierung im Schreiben vom 2. August 2022 keine andere Auslegung, bei Nichterfüllung der Mängelbeseitigungsaufforderung werde die Antragsgegnerin von ihrem „Recht Gebrauch machen, Ihre Grabstätte abzuräumen, einzuebnen, mit Rasen einzusäen und die Pflege bis zum Ablauf des Nutzungsrechtes zu übernehmen.“ Auch diese Formulierung hat das Verwaltungsgericht zutreffend als bloßen Hinweis auf die Rechtslage und das drohende weitere Vorgehen der Behörde qualifiziert. Folgerichtig geht die Rechtsauffassung des Antragstellers von vornherein ins Leere, die beiden Schreiben vom 30. Juni 2022 und vom 2. August 2022 seien „als gesetzliche Anhörungen ungeeignet, da eine Anhörung kraft Gesetz vor dem Erlass eines Verwaltungsaktes stattzufinden hat.“

Unzutreffend ist auch die generalisierende Rechtsauffassung des Antragstellers, die Feststellung, „dass eine Grabstätte zu groß angelegt sei, ist mit dem Rechtsmittel des Widerspruchs anfechtbar und damit dem gerichtlichen Rechtsschutz zugänglich.“ Jedenfalls hier hat die Antragsgegnerin die Feststellung zur hier betroffenen Sarg-Einzelgrabstätte aus den bereits angeführten Gründen als keine verbindliche Feststellung mit Verwaltungsaktcharakter ausgestaltet. Unabhängig davon übersieht der Antragsteller mit seinem Einwand § 110 JustG NRW.

2. Ist das Schreiben vom 2. August 2022 danach nicht als Verwaltungsakt im Sinn des § 35 Satz 1 VwVfG NRW zu qualifizieren, hat das Verwaltungsgericht ein Rechtsschutzbedürfnis für vorbeugenden Eilrechtsschutz zutreffend verneint, weil dem Antragsteller am Maßstab des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zuzumuten ist, den Erlass einer friedhofsrechtlichen Ordnungsverfügung abzuwarten und hiergegen (nachträglichen) Eilrechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Die Feststellung der Antragsgegnerin, die Grabstätte sei zu groß angelegt, betrifft die materielle Rechtmäßigkeit einer solchen künftigen Ordnungsverfügung. Ob sie am Maßstab des § 14 Abs. 3 FS zutrifft und welche Maßangaben hierbei zugrunde zu legen sind, ist ebenfalls ausschließlich in einem etwaigen nachträglichen Rechtsschutzverfahren relevant, im vorliegenden Verfahren hingegen unerheblich.

3. Erfolglos bleibt schließlich die Rüge des Antragstellers, die „Wiederholungsgefahr“ beruhe darauf, dass die Antragsgegnerin auf dem Grab ein Schild mit der Aufschrift „Ungepflegt“ aufgestellt habe und zu befürchten sei, „dass weiterhin ähnliche Schilder aufgestellt werden“. Teilweise verfehlt der Antragsteller mit dieser Rüge bereits den für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen prozessrechtlichen Zusammenhang: Auf eine „Wiederholungsgefahr“, die etwa ein berechtigtes Interesse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO für eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen einen erledigten Verwaltungsakt zu begründen vermag, hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt abgestellt. Es hat vielmehr das für vorbeugenden Eilrechtsschutz erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis zutreffend mit der Begründung verneint, dass dem Antragsteller keine irreversiblen, also durch einen nachträglichen Rechtsschutz nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteile drohten (S. 5 des Beschlusses). Auch mit seiner Beschwerdebegründung macht der Antragsteller keine solchen Nachteile geltend.

4. Die weiteren Auskunfts- und Unterlassungsanträge hat das Verwaltungsgericht ebenfalls mit zutreffender Begründung abgelehnt, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 66 Abs. 3 Satz 3, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).

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