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Hausverkauf – Baujahrangabe in Maklerexpose

 OLG Hamm

Az: 22 U 127/09

Urteil vom 29.04.2010


Auf die Berufung der Kläger wird das am 2.11.2009 verkündete Urteil der Zivilkammer IX des Landgerichts Detmold abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus weitere 14.248,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 13.350,90 € seit dem 16.12.2008 und aus weiteren 898,00 € seit dem 17.2.2010 zu zahlen, davon 5.774,00 € nur Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs der Kläger gegen das Finanzamt E auf Rückerstattung der Grunderwerbssteuer aus den Bescheiden vom 25.9.2008 (…9 GRST und …8 GRST).

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe

I.

Die Kläger kauften von den Beklagten durch Vertrag vom 25.9.2008 unter Gewährleistungsausschluss ein Zweifamilienhausgrundstück in B. Mit der vorliegenden Klage verlangen sie die Rückabwicklung des Vertrages, weil die von den Beklagten veranlasste Angabe des Baujahres „1950“ im Maklerexposé falsch gewesen sei. Tatsächlich sei das Haus, wie die Beklagten gewusst hätten, schon ca. 1929 erbaut worden.

Das Landgericht hat der Klage nach Zeugenvernehmung bis auf die zusätzlich geltend gemachten Vertragskosten stattgegeben. Die Klageänderung von der ursprünglichen Vollstreckungsabwehrklage in die jetzige Zahlungsklage sei zulässig, weil ein Fall des § 264 Abs. 3 ZPO und zudem Sachdienlichkeit gegeben sei. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus wirksamem Rücktritt gemäß § 437 Nr. 2 BGB. Der Kaufvertrag sei nicht deshalb formnichtig, weil das in Bezug genommene Maklerexposé der Urkunde nicht beigefügt worden sei, denn bei der betreffenden Vertragspassage habe es sich nur um eine Wissenserklärung gehandelt. Der Rücktritt sei nicht wegen einer zuvor schon ausgeübten Minderung ausgeschlossen. Das ursprünglich gestellte Minderungsverlangen sei nicht eindeutig gewesen; da eine Minderung nur für den Fall gewollt gewesen sei, dass der Kaufpreis um 35.000 € auf noch 130.000 € herabgesetzt werde, habe der für eine Gestaltungserklärung erforderliche unbedingte Wille gefehlt. Die Rücktrittserklärung, die in der Klageschrift noch einmal wiederholt worden sei, sei ferner wirksam zugegangen. Sofern die Beklagtenvertreter hierfür keine wirksame Empfangsvollmacht gehabt haben sollten, hätte der Zugang jedenfalls in der Weiterleitung an die Beklagten gelegen. Das Haus weise einen Sachmangel auf, denn aufgrund des Maklerexposés hätten die Kläger von einem Baujahr 1950 ausgehen dürfen. Tatsächlich habe die Beweisaufnahme eine Errichtung ca. 1929/30 ergeben. Die Sanierung des Hauses im Jahre 1975 ändere nichts daran, dass die Abweichung im Baujahr den Wert wesentlich mitbeeinflusse und daher ein Sachmangel sei. Der Gewährleistungsausschluss greife wegen arglistigen Verhaltens nicht ein. Darunter falle auch eine objektiv falsche Erklärung ohne tatsächliche Grundlage („ins Blaue hinein“). Eine solche liege mindestens vor, weil lt. Kaufvertrag die Angaben in dem Exposé ausdrücklich von den Beklagten gestammt hätten, diese jedoch nicht hätten angeben können, auf welcher Grundlage sie von einem Baujahr 1950 ausgegangen seien. Da das Haus seit 1938 im Familienbesitz gewesen sei, sei das auch schwer vorstellbar. Ansprüche auf Ersatz von Vertragskosten bestünden hingegen nicht. Die Kläger hätten nach Bestreiten nicht bewiesen, die vorgelegten Rechnungen auch bezahlt zu haben. Da sie das aber behauptet hätten, bestehe andererseits auch kein Freistellungsanspruch.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Feststellungen und Erwägungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen das Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien.

Die Kläger verfolgen den abgewiesenen Anspruch auf Erstattung von Vertragskosten unter geringfügiger Erweiterung weiter. Das Landgericht hätte auf erforderliche Beweisantritte für die Bezahlung der Rechnungen hinweisen müssen, denn es habe eigentlich auf der Hand gelegen, dass derartige Rechnungen bezahlt worden seien. Die entsprechenden Belege reichen die Kläger nunmehr ein. Der Anspruch wäre aber auch ohne die Bezahlung begründet gewesen, weil sich der Freistellungsanspruch durch das Bestreiten der Beklagten nach Grund und Höhe in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt habe. Inzwischen hätten sie, die Kläger, weitere Grundbuchkosten in Höhe von 898,00 € zahlen müssen.

Die Kläger beantragen,

1. das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie über das landgerichtliche Urteil hinaus weitere 14.248,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 13.350,90 € seit dem 16.12.2008 und aus weiteren 898,00 € seit dem 17.2.2010 zu zahlen,

2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

1. die Berufung der Kläger zurückzuweisen,

2. das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Sie treten dem Anspruch weiterhin schon dem Grunde nach entgegen. Zunächst sei eine Minderung bereits eindeutig und unbedingt durch die anwaltlich beratenen Kläger erklärt gewesen; es handele sich nach dem Gesetz um eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung. Das Objekt sei auch [gemeint: sei auch nicht] mangelhaft. Dass das Haus aus dem Jahre 1929 stamme, werde zwar nicht mehr bestritten. Einen Mangel stelle das aber nicht dar, weil durch die unstreitige Sanierung im Jahre 1975 ein diesem Zeitpunkt entsprechender Stand der Technik bzw. Zustand herbeigeführt worden sei. Das Haus sei verklinkert, mit einer Zentralheizung, neuen Fliesen, Bodenbelägen und Sanitäreinrichtungen ausgestattet worden und beim Kauf in tadellosem Zustand gewesen. Das Baujahr wirke sich daher auf den Wert nicht mehr aus. Allenfalls habe es sich um eine marginale, sich nur ganz geringfügig auswirkende Abweichung gehandelt. Jedenfalls hätten sie, die Beklagten, nicht arglistig gehandelt. Dass ihnen das Baujahr 1929 bekannt gewesen sei, hätten die Kläger nicht beweisen können. Auch der Zeuge B2 – ein früherer Mieter – habe nicht bekundet, mit einem von ihnen über das Baujahr gesprochen zu haben. Aus was für einem Gutachten er das Baujahr entnommen habe, habe er nicht näher erläutern können. Von ihnen habe das Gutachten jedenfalls nicht gestammt. Auch wenn das Haus seit 1938 im Eigentum ihrer Familie gestanden habe, heiße das nicht, dass sie persönlich von dem Alter gewusst hätten. In die Grundakten hätten sie anlässlich des Verkaufs ebenfalls keine Einsicht genommen. Auch könne nicht aus § 10 Abs. 3 des Vertrages eine Zusicherung abgeleitet werden, weil dort nur das Verhältnis zu der Maklerfirma geregelt worden sei.

II.

Von den beiderseits zulässigen Berufungen hat diejenige der Kläger auch in der Sache Erfolg, während das Rechtsmittel der Beklagten der Zurückweisung unterliegt.

1.

Zu Recht hat das Landgericht den Klägern einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i. H. v. 165.000,00 € Zug um Zug gegen Rückübertragung des lastenfreien Grundstücks aus § 346 Abs. 1 i. V. m. §§ 437 Nr. 2 Var. 1 BGB zuerkannt.

a)

Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über das fragliche Grundstück zustandegekommen, der insbesondere nicht wegen unterlassener Mitbeurkundung des in § 10 Abs. 3 in Bezug genommenen Maklerexposés formnichtig ist. Das Exposé sollte durch diese Erwähnung nämlich nicht Vertragsbestandteil, d. h. inhaltlich Gegenstand der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen, werden. Vielmehr ging es in der fraglichen Vertragspassage nur darum, die Haftung der Maklerfirma für das Exposé den Vertragsparteien gegenüber zu regeln, und zu diesem Zweck klarzustellen, auf welcher Informationsquelle es beruhte. Dazu musste es zwangsläufig als solches im Vertragstext erwähnt, jedoch nicht inhaltlich in ihn aufgenommen werden.

b)

Das verkaufte Grundstück war mit einem Sachmangel i. S. v. § 434 BGB behaftet.

aa) Dass das tatsächliche Baujahr des Hauses, also der Zeitpunkt der ursprünglichen Errichtung seines Rohbaus, ca. das Jahr 1929 ist, ist in der Berufungsinstanz nicht mehr streitig.

bb) Dem steht die Angabe in dem Maklerexposé gegenüber, das Haus stamme aus dem Baujahr 1950.

Da das Exposé, wie bereits ausgeführt, nicht inhaltlich Bestandteil der vertraglichen Vereinbarungen geworden ist, handelt es sich dabei zwar nicht um eine vereinbarte Sollbeschaffenheit i. S. d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB und erst recht nicht um eine Beschaffenheitsgarantie i. S. d. § 443 BGB.

Das veröffentlichte Exposé eines vom Verkäufer betrauten Maklers stellt jedoch unter der Geltung des neuen Schuldrechts eine öffentliche Äußerung eines Verkäufergehilfen i. S. d. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB dar mit der Folge, dass die in ihm enthaltenen Angaben eine zu erwartende Sollbeschaffenheit gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB begründen (vgl. OLG Hamm [22. ZS] OLGR 2009, 161 m. w. N.; Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., Rn. 69 zu § 434). Das war hier der Fall. Die Maklerfirma M. Immobilienservice oHG ist, wie die Erwähnung eines entsprechenden Provisionsanspruchs in § 10 Abs. 1 S. 3 des Kaufvertrages zeigt, jedenfalls auch für die Beklagten tätig geworden; eine Veröffentlichung ihrer Exposés erfolgte ausweislich der am unteren Rand angegebenen Adresse www…..de unter anderem im Internet.

Der durch das veröffentlichte Exposé begründeten Beschaffenheitserwartung stehen auch nicht die Vertragsklauseln entgegen, wonach das Objekt verkauft worden ist „wie es liegt und steht“ (§ 2 Abs. 1 S. 3) und keine „Garantien“ abgegeben wurden (§ 2 Abs. 2 S. 4). Hierbei handelt es sich lediglich um allgemein gehaltene Formulierungen, mit denen üblicherweise der Gewährleistungsausschluss und/oder das Fehlen von Beschaffenheitsvereinbarungen oder -garantien bekräftigt wird. Um auch die durch eine öffentliche Äußerung begründete Beschaffenheitserwartung zu beseitigen, hätte es jedoch nach der ausdrücklichen Gesetzesvorschrift des § 434 Abs. 1 S. 3 aE BGB einer „Berichtigung in gleichwertiger Weise“ bedurft. Diese Qualität kommt den o. g. Klauseln wegen ihres nicht hinreichend bestimmten Bezuges auf die im Exposé veröffentlichten Angaben nicht zu.

Die Beklagten behaupten auch nicht, die Baujahresangabe vor Vertragsschluss richtiggestellt oder insoweit auch nur ihr Nichtwissen erklärt zu haben.

cc) Die Abweichung der Ist- von der zu erwartenden Sollbeschaffenheit ist ferner nicht so geringfügig, dass sich die Kläger auf sie nicht berufen könnten. Insbesondere ergibt sich das entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus dem Umstand, dass das Gebäude im Jahre 1975 grundlegend saniert worden sein mag. Die Rohbausubstanz hat sich hierdurch nämlich, worauf in § 2 Abs. 1 S. 4 des Vertrages sogar ausdrücklich hingewiesen worden ist, nicht verändert. Deren Lebensdauer wird zumindest nach der allgemeinen Verkehrsauffassung, auf die es für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit ankommt, als begrenzt angesehen, und zwar üblicherweise auf ca. 100 bis allenfalls 150 Jahre. Angesichts dessen kann eine Abweichung des Rohbaualters um mehr als zwanzig Jahre bzw. um 36 % des angegebenen Alters nicht als vollständig bedeutungslos angesehen werden. Selbst wenn man von einer unerheblichen Abweichung i. S. v. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgehen würde, würde das die Rückabwicklung wegen der den Beklagten zur Last fallenden Arglist – vgl. unten c) – nicht ausschließen (vgl. BGH NJW 2006, 1960).

c)

Auf den in § 2 Abs. 2 des Kaufvertrages vereinbarten Gewährleistungsausschluss können sich die Beklagten gemäß § 444 BGB nicht berufen, weil sie den Mangel arglistig verschwiegen haben.

Für die Bejahung von Arglist im Rechtssinne genügt es, wenn der Verkäufer die Unrichtigkeit der von ihm gemachten Angabe im Sinne bedingten Vorsatzes billigend in Kauf nimmt. Das ist dann der Fall, wenn er die Angabe „ins Blaue hinein“ gemacht hat, d. h. ohne eine Tatsachengrundlage für sie zu haben (vgl. BGH, Urt. v. 7.11.2008 – V ZR 138/07 –, Juris-Rn. 18; NJW 1998, 302, Juris-Rn. 15; NJW 1981, 1441, Juris-Rn. 13). Zutreffend hat das Landgericht hierfür darauf abgestellt, dass die Beklagten eine Tatsachengrundlage für die Annahme, das Haus sei tatsächlich erst 1950 erbaut worden, nicht angegeben haben. Zwar sind die Kläger nach allgemeinen Regeln für das Fehlen einer Tatsachengrundlage – als Merkmal der Arglist – darlegungs- und beweispflichtig; da es sich aber um ein negatives und außerhalb ihrer eigenen Wahrnehmungssphäre liegendes Tatbestandsmerkmal handelt, hätten die Beklagten zuerst im Sinne einer sog. sekundären Darlegungslast das Vorhandensein einer konkreten Tatsachengrundlage behaupten müssen, welches die Kläger sodann hätten widerlegen müssen.

Soweit der Beklagte zu 2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat, das Haus sei in den 50er Jahren zu einem Zweifamilienhaus umgebaut worden, so würde es sich nicht um eine taugliche Tatsachengrundlage für eine Baujahresangabe, d. h. die Angabe des Ersterrichtungsjahres, handeln. Im übrigen hat der Beklagte zu 2 auch gar nicht behauptet, dass es sich hierbei tatsächlich um das seinerzeitige Motiv für die Informationserteilung an die Maklerfirma gehandelt habe.

Auch soweit der Beklagte zu 2 auf Befragen angegeben hat, die Informationserteilung an die Maklerfirma sei durch den von seinem Bruder, dem Beklagten zu 1, beschäftigten Hausverwalter erfolgt, steht dies der Annahme von Arglist im Rechtssinne nicht entgegen. Da mangels abweichender Schilderung davon auszugehen ist, dass die Kontaktaufnahme zwischen dem Hausverwalter und der Maklerfirma mit dem Willen der Beklagten erfolgt ist, sind die von dem Hausverwalter erteilten Informationen ihnen zuzurechnen. Im übrigen haben die Beklagten auch für die Person des Hausverwalters nicht behauptet, dass dieser eine Tatsachengrundlage für die Baujahresangabe „1950“ gehabt habe.

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Schließlich ist Arglist auch nicht deshalb zu verneinen, weil es sich bei der „ins Blaue hinein“ bzw. ohne Tatsachengrundlage gemachten Angabe nicht um eine unmittelbar an den Vertragspartner gerichtete Erklärung gehandelt hat, sondern die Angabe nur mittelbar über die Veröffentlichung durch die Maklerfirma und die Vorschrift des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB zu einem Sollbeschaffenheitsmerkmal geworden ist. Der Umstand, dass die Maklerfirma die erhaltene Baujahresinformation in ihr Exposé aufnehmen und dieses sodann veröffentlichen würde, ist nämlich von den Beklagten ebenfalls zumindest billigend und damit bedingt vorsätzlich in Kauf genommen worden. Denn dies ist gerade der typische, auf der Hand liegende Zweck, zu dem sich ein Makler von einem Verkaufsinteressenten nähere Angaben zu dem Verkaufsobjekt machen lässt.

d)

Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB war den Klägern zum einen aufgrund der gegebenen Arglist nicht zumutbar (§ 440 Abs. 1 S. 1 aE BGB, vgl. BGH NJW 2007, 835). Zum anderen wäre eine „Nachbesserung“ des Baujahres auch unmöglich gewesen.

e)

Das nach allem gegebene Rücktrittsrecht der Kläger war nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie bereits zuvor mit rechtsgestaltender Wirkung von ihrem Minderungsrecht gemäß § 437 Nr. 2 Var. 2 BGB Gebrauch gemacht hätten. Vielmehr hatten sie in ihrem Schreiben vom 3.11.2008 ein vorrangiges Minderungsbegehren ausdrücklich davon abhängig gemacht, dass die Beklagten ihm – einschließlich des genauen Ausmaßes der Minderung – freiwillig zustimmen würden; anderenfalls wollten sie zurücktreten. Dass die Minderung nach der Schuldrechtsreform ein Gestaltungsrecht des Käufers darstellt (§ 441 Abs. 1 S. 1 BGB), kann nicht bedeuten, dass der Käufer die Ausübung nicht auch ausdrücklich von der Zustimmung des Verkäufers abhängig machen darf . Schutzwürdige Belange des Verkäufers, die einem solchen Vorgehen bei – wie hier – hinreichend deutlicher Äußerung des Käufers entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

f)

Schließlich hat das Landgericht zu Recht eine wirksame Rücktrittserklärung bejaht. Insbesondere kann der Beklagtenvertreter nicht mit Erfolg seine Vollmacht für den Empfang der in der Klageschrift enthaltenen (erneuten) Rücktrittserklärung in Abrede stellen. Wenn er nämlich für den Empfang der Klageschrift  als solchen bevollmächtigt war, dann war er es zwangsläufig auch für deren gesamten Inhalt. Unabhängig davon wäre die Rücktrittserklärung spätestens mit der Weiterleitung der Klageschrift an die Mandanten diesen zugegangen.

2.

Entgegen dem angefochtenen Urteil haben die Kläger aber auch Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Begleitschäden i. H. v. 14.248,98 € gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 437 Nr. 3 Var. 1 BGB.

Von vornherein nicht zu folgen war dem Landgericht in seiner Argumentation, die Kläger hätten die Begleichung der Vertragsunkosten nicht bewiesen und hätten deshalb keinen Zahlungsanspruch, sie hätten sie aber behauptet und hätten deshalb nach eigenem Vortrag auch keinen Freistellungsanspruch. Hier hätte von einem stillschweigenden Haupt- und Hilfsvorbringen ausgegangen werden müssen.

Die Begleichung der Vertragsunkosten ist aber zumindest in zweiter Instanz hinreichend belegt worden. Die Einzelangaben in den vorgelegten Kontoauszügen sind entgegen der Auffassung der Beklagten ausreichend, um die Zahlungen zuordnen zu können, zumal der Anwendungsbereich des § 287 ZPO mit seinem erleichterten Beweismaß eröffnet ist.

Die Kläger sind mit dem Nachweis der Zahlungen auch nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Da es naheliegend war, dass die Klägervertreter die noch nicht erfolgte Nachreichung der mit Schriftsatz vom 20.3.2009 angekündigten Zahlungsbelege übersehen oder sie ggf. nicht mehr für erforderlich gehalten hatten, weil die Beklagten ihr Bestreiten danach nicht mehr ausdrücklich aufrechterhalten hatten, wäre nämlich ein Hinweis durch das Landgericht geboten gewesen.

Insbesondere liegt ein Schaden der Kläger auch bezüglich der von ihnen gezahlten Grunderwerbssteuer vor ungeachtet des Umstandes, dass sie ihre Zahlung infolge der Rückabwicklung des Vertrages voraussichtlich gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2, 3 Grunderwerbssteuergesetz zurückerhalten werden. Zwar soll nach der Entscheidung des 7. Zivilsenates des BGH die Entstehung eines Schadens so lange nicht feststehen, wie ungeklärt ist, ob das Finanzamt die Steuer zurückzahlt (NJW 2002, 2470). Jedoch ergibt sich der Schaden bereits daraus, dass die Kläger die Steuer aus ihrem Vermögen bezahlt haben. Der durch die Rückabwicklung des Kaufvertrages bedingte Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt ist lediglich ein auszugleichender Vorteil, der den Beklagten folglich im Wege der Abtretung herausgegeben werden muss (vgl. BGH [5. Zivilsenat] DNotZ 1993, 696; OLG Hamm [22. ZS], Urt. v. 18.3.2010 – 22 U 120/09 –). Aufgrund dessen steht den Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zu. Seine Aufnahme in die Urteilsformel stellt indes kein Teilunterliegen der Kläger dar, weil sie die Abtretung des Erstattungsanspruchs im vorliegenden Rechtsstreit von vornherein angeboten haben und die Beklagten sich erst auf Befragen im Senatstermin auf das Zurückbehaltungsrecht berufen haben.

3.

Die zuerkannten Rechtshängigkeitszinsen gemäß § 291 BGB können trotz der noch nicht erbrachten Zug-um-Zug-Leistungen verlangt werden, weil sich die Beklagten hiermit gemäß § 298 BGB in Annahmeverzug befinden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

 

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